JudikaturVwGH

3320/78 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
17. Januar 1979

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maximilianstraße 9, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Oktober 1978, Zl. Ve-551-232/3, betreffend eine Verwaltungsstrafe nach der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Mit Straferkenntnis des. Stadtmagistrates Innsbruck vom 25. Juli 1978 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle sieben Tage Ersatzarreststrafe, verhängt. Als erwiesen nahm die Strafbehörde erster Instanz an, der Beschwerdeführer habe im Frühjahr 1977 auf dem Grundstück nn/16 KG Innsbruck ein Gewächshaus ohne baubehördliche Bewilligung errichtet.

Die dagegen erhobene Berufung wies die Tiroler Landesregierung mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet ab. Die belangte Behörde beurteilte das errichtete Gewächshaus als bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, welches, wenngleich es so konstruiert sei, daß es in relativ kurzer Zeit aufgestellt werden kann, eine mit dem Boden verbundene Anlage darstelle. Für die sachgemäße Herstellung dieses Bauwerkes seien auch bautechnische Kenntnisse erforderlich. Es handle sich um ein Gebäude im Sinne des § 3 Abs. 2 TBO, welches im Hinblick auf seine Höhe von 3,20 m auch von Menschen betreten werden könne. Hätte der Beschwerdeführer Zweifel über die Bewilligungspflicht gehegt, wäre er verpflichtet gewesen, diese durch eine Anfrage bei einer kompetenten Stelle zu klären. Als mildernd sei der Umstand zu werten, daß in der Zwischenzeit eine Baubewilligung erwirkt worden sei. Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers sei unter Bedachtnahme auf die im Gesetz normierte Höchststrafe von S 60.000,-- und im Hinblick auf den Umfang der konsenslosen Bauführung die verhängte Strafe durchaus schuldangemessen.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Er erachtet sich dadurch in seinen Rechten verletzt, weil die belangte Behörde zu Unrecht sein Bauvorhaben als bewilligungspflichtig beurteilt habe.

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu. Nach § 3 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 42/1974, sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechte Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Gebäude sind nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle - die erste Bauordnungsnovelle, LGB1.Nr. 37/1978, hat in dieser Beziehung keine Änderung gebracht - überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Nach § 53 Abs..1 lit. a TBO begeht unter anderem eine Verwaltungsübertretung, wer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführt. § 53 Abs. 2 TBO normiert schließlich, Verwaltungsübertretungen seien mit Geldstrafen bis zu S 60.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten zu bestrafen.

Der Beschwerdeführer vermeint, bei dem errichteten Gewächshaus sei eine Verbindung mit dem Boden im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO nicht gegeben, weil das Gesetz von einer Verbindung mit dem Boden nur dann ausgehe, wenn auch eine durch Fundamente geschaffene Verbindung mit dem Boden vorliege, wie sich aus der Definition des Begriffes Neubau im Sinne des § 3 Abs. 5 TBO ergebe. Ein Neubau ist nach dieser gesetzlichen Bestimmung die Errichtung eines neuen Gebäudes, auch wenn nach Abtragung eines Gebäudes Teile dieses Gebäudes, wie Fundamente oder Mauern, wieder verwendet werden. Die Aufzählung der Fundamente im § 3 Abs. 5.TBO bedeutet entgegen dem Beschwerdevorbringen jedoch nicht, daß für den Begriff der baulichen Anlage Fundamente unbedingt erforderlich sind, sondern der Gesetzgeber wollte vielmehr klarstellen, daß ein Neubau - und nicht etwa ein Zubau oder Umbau - auch dann gegeben ist, wenn Teile des abgetragenen Gebäudes wieder verwendet werden. Weder für ein Gebäude noch für eine sonstige bauliche Anlage sind Fundamente begriffsnotwendig. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 10. Juli 1956, Slg. N. F. Nr. 4125/A, u.a.). Der Gerichtshof teilt die Meinung der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß ein 3,20 m hohes Gewächshaus nicht nur eine mit dem Boden verbundene Anlage darstellt, sondern daß zu seiner fachgerechten Herstellung - eine entsprechende Sicherung gegen Wind, räumt selbst der Beschwerdeführer ein - bautechnische Kenntnisse im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO erforderlich sind. Die vom Gesetz geforderte Verbindung mit dem Boden dient der Abgrenzung gegenüber fahrbaren Objekten, etwa einem Wohnwagen, doch hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. September 197o, Zl. 1515, 1516/70, betreffend einen Beschwerdefall nach der Bauordnung für Wien, selbst einen unverrückbar aufgestellten Wohnwagen als Bauwerk im Sinne des Gesetzes qualifiziert. Darüber hinaus kann ein solches Gebäude von Menschen betreten werden und dient dem Schutz von Sachen (Pflanzen), erfüllt also die Begriffsmerkmale eines Gebäudes im Sinne des § 3 Abs. 2 TBO. Ob eine solche Begriffsbestimmung des Gebäudes mit dem Begriff des Gebäudes nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches übereinstimmt oder nicht, ist für die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung der Bauordnung rechtlich unerheblich, weil der Tiroler Landesgesetzgeber in baupolizeilichen Angelegenheiten nach Art. 15 Abs. 1 BVG verfassungsrechtlich in keiner Weise an eine Begriffsbestimmung des Bundesgesetzgebers gebunden ist. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vermag daher eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides nicht darzutun. überdies dient die Regelung der §§ 293 und 297 ABGB der Abgrenzung von beweglichen und unbeweglichen Sachen und in diesem Zusammenhang hat der Bundesgesetzgeber - ohne den Begriff des Gebäudes selbst zu definieren - das Merkmal („ohne Verletzung ihrer Substanz“) angeführt, das in der Beschwerde als entscheidendes Kriterium angesehen wird.

Dem Beschwerdeführer ist durchaus zuzugeben, daß die unmittelbare Errichtung eines Gewächshauses, wie etwa auch die Errichtung einer zerlegbaren Bauhütte, kein außergewöhnliches Maß bautechnischer Kenntnisse erfordert, jedoch darf nicht übersehen werden, daß die mangelnde fachgerechte Ausführung und die damit gegebene Einsturzgefahr und die Gefahr der Beeinträchtigung der Sicherheit vorübergehender Passanten den Interessen öffentlicher Sicherheit zuwiderläuft. Der in der Beschwerde unternommene Vergleich mit einem Zelt erweist sich als nicht zutreffend, weil für die Errichtung eines normalen Zeltes - abgesehen von dem nicht üblichen „Baustoff“ - keine bautechnischen Kenntnisse erforderlich sind. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, daß für die Errichtung des Gewächshauses eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war. Der Beschwerdeführer wurde daher in dem geltend gemachten Recht nicht verletzt.

Da schon die Beschwerde in Verbindung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Jänner 1979

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