JudikaturVwGH

1414/68 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 1969

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Finanzkommissär Dr. Glöckel, über die Beschwerde des LC in G, vertreten durch Dr. Alfred Eichholzer, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 19/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 8. August 1968, Zl. B 36/3 IV/68, betreffend Säumniszuschlag und Mahngebühr wegen verspätet abgeführter Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Steiermark) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Beschwerdeführer überreichte am 3. April 1967 für die an seinem Handelsgewerbe beteiligten vier stillen Gesellschafter unter Hinweis auf den am 31. März 1967 vorgenommenen Bilanzabschluß für das Jahr 1965 Kapitalertragsteuer-Anmeldungen 1965, gab die Höhe der kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünfte pro stillen Gesellschafter mit je S 407.559,-- und die einbehaltene Kapitalertragsteuer mit je S 72.138,-- bekannt und verwies schließlich darauf, daß er in einem am 29. März 1967 eingebrachten Stundungsansuchen u. a. auch um vorläufige Stundung der genannten Kapitalertragsteuerbeträge angesucht habe.

Das Finanzamt setzte jedoch, weil der Beschwerdeführer die im letzten Satz des § 87 Abs. 5 EStG vorgeschriebene, Maximalfrist zur Abfuhr der Kapitalertragsteuer 1965 nicht eingehalten hatte, einen Säumniszuschlag von S 5.771,-- und eine Mahngebühr von S 200,-- fest.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er verwies dabei darauf, daß auf Grund der zwischen ihm und den stillen Gesellschaftern geschlossenen Vereinbarung letzteren die Gewinnanteile erst im Zeitpunkt der Bilanzerstellung zufließen. Dies sei im vorliegenden Fall am 31. März 1967 gewesen, an welchem Tage die Bilanz 1965 erstellt worden sei. Die Kapitalertragsteuer-Anmeldungen seien am 3. April 1967 erfolgt; ein Stundungsansuchen sei bereits am 29. März 1967 eingebracht worden, sodaß eine Säumnis nicht eingetreten sei. Wohl schreibe § 87 Abs. 5 EStG vor, daß die Kapitalertragsteuer spätestens sechs Monate nach Schluß des Kalenderjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werde, abzuführen sei, doch könne eine Kapitalertragsteuer nur anfallen; wenn dem stillen Gesellschafter der Kapitalertrag überhaupt bekannt sei. Es sei undenkbar, die Kapitalertragsteuer für einen noch nicht zugeflossenen Kapitalertrag, dessen Höhe noch gar nicht bekannt sei, abzuführen. Die. belangte Behörde gab mit Bescheid vom 8. August 1968 der Berufung keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß zufolge des letzten Satzes des § 87 Abs. 5 EStG die Kapitalertragsteuer spätestens sechs Monate nach Schluß des Kalender- oder Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, abzuführen sei. Damit habe der Gesetzgeber die Abfuhr der Kapitalertragsteuer unabhängig von dem Bestehen einer besonderen Vereinbarung über den Zeitpunkt der Ausschüttung und unabhängig vom Tage der Ausstellung der Bilanz zeitlich begrenzt. Eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Ausschüttung könne nur in jenen Fällen steuerlich von Bedeutung sein, in denen ein Ausschüttungszeitpunkt innerhalb von sechs Monaten nach Schluß des Kalender- oder Wirtschaftsjahres festgelegt werde. Es könne jedoch durch eine spätere Aufstellung der Bilanz die Abfuhr der Kapitalertragsteuer nicht auf einen späteren Zeitpunkt als sechs Monate nach Schluß des Kalender- oder Wirtschaftsjahres verschoben werden. Die Bilanzaufstellung innerhalb des sechsmonatlichen. Zeitraumes sei vom Gesetzgeber gewollt und zumutbar. Könne aber die Bilanzaufstellung innerhalb dieses Zeitraumes aus besonderen Gründen nicht erfolgen, so habe der Abgabepflichtige die Möglichkeit, durch ein rechtzeitig eingebrachtes. Zahlungserleichterungsansuchen die Folgen einer verspäteten Entrichtung der Kapitalertragsteuer zu verhindern. Da somit die Kapitalertragsteuer 1965 im vorliegenden Fall nicht spätestens am 30. Juni 1966 entrichtet und auch ein Zahlungserleichterungsansuchen nicht mindestens eine Woche vor dem letzten Zahlungstag eingereicht worden sei, seien der Säumniszuschlag und die Mahngebühr zu Recht vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 87 Abs. 1 EStG hat der Schuldner die Kapitalertragsteuer für den Gläubiger einzubehalten. Er hat den Steuerabzug in dem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Ist bei Einkünften aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbda1s stiller Gesellschafter in dem Beteiligungsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, so gilt gemäß § 87 Abs. 5 EStG. als Zeitpunkt des Zufließens des Kapitalertrages der Tag nach der Aufstellung der Bilanz mit der Gewinn- und Verlustrechnung oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteiles des stillen Gesellschafters. Die Kapitalertragsteuer ist jedoch spätestens sechs Monate nach Schluß des Kalender- oder Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, abzuführen.

Nach dieser Gesetzesstelle ist somit bei der Kapitalertragsteuer der Steuerabzug grundsätzlich wohl im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge vorzunehmen. Das Gesetz sieht jedoch ausdrücklich Ausnahmen von dieser Regel vor. So wird z. B. im § 87 Abs. 4 EStG. bestimmt, daß bei Kapitalgesellschaften als Zeitpunkt des Zufließens der Gewinnanteile der Tag nach der Beschlußfassung über die Dividendenausschüttung zu gelten hat, wenn nur die Ausschüttung, nicht aber der Zeitpunkt der Ausschüttung im Gesellschafterbeschluß festgesetzt wurde. Auch in diesem Fall ist also von Kapitalerträgen, die noch gar nicht zugeflossen sind, die Kapitalertragsteuer abzuführen.

Nicht anders ist es aber bei der durch den letzten Satz des § 87 Abs. 5 EStG getroffenen Sonderregelung. Auch sie ist eine Spezialbestimmung über die Entstehung einer Steuerschuld im Sinne des § 4 Abs. 3 BAO, die der generellen Regelung des § 4 Abs. 2 lit. a Z. 3 BAO., die auf den Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte abgestellt ist, vorgeht. Der Beschwerdeführer kann sich daher in diesem Sonderfall auch licht mit Erfolg auf die allgemeinen Bestimmungen des § 4 Abs. 2 BAO berufen.

Es ist aber auch unrichtig, wenn der Beschwerdeführer meint, daß der letzte Satz des § 87 Abs. 5 EStG nur für jene Fälle Geltung haben könne, in welchem die Bilanzerstellung innerhalb des sechsmonatlichen Zeitraumes erfolge und bloß die Ausschüttung des Gewinnanteiles an den stillen Gesellschafter vereinbarungsgemäß über diesen Zeitraum hinausgeschoben werde. Denn in diesem Fall würde es sich um eine Stundung des Kapitalertrages handeln, die im § 87 Abs. 6 EStG besonders geregelt ist.

Der Gesetzgeber ist vielmehr bei der Schaffung der gegenständlichen Gesetzesbestimmung offenbar davon ausgegangen, daß die Bilanzen für das abgelaufene Kalenderjahr normalerweise innerhalb von drei Monaten erstellt werden (§ 134 Abs. 1 BAO), und er hat daher als äußerste Frist für die Abfuhr der Kapitalertragsteuer hinsichtlich der dem Steuerabzug unterliegenden Gewinnanteile die doppelte Frist (sechs Monate) festgesetzt. Denn es wäre nicht einzusehen, warum gerade die Besteuerung der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter darüber hinaus generell noch weiter hinausgeschoben werden sollte. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß in Einzelfällen die Bilanz auch innerhalb von sechs Monaten nicht erstellt werden kann, so bleibt es dem Schuldner der Kapitalerträge .unbenommen, in einem solchen Fall spätestens eine Woche vor dem Ablauf der sechsmonatlichen Frist um Zahlungserleichterungen anzusuchen (§ 217 Abs. 2 BAO). Da der Beschwerdeführer aber ein solches Ansuchen nicht rechtzeitig gestellt hat, war die Abgabenbehörde zur Festsetzung eines Säumniszuschlages (§ 217 Abs. 1 BAO) wie auch zur Vorschreibung einer Mahngebühr (§§ 227 und 228 BAO) berechtigt.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am 15. Jänner 1969

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