Ra 2024/13/0110 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Nach § 34 Abs. 6 Teilstrich 5 EStG 1988 (idF des AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012) können Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden, ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts abgezogen werden (§ 35 Abs. 5 EStG 1988). Diese Bestimmung sieht somit vor, dass die genannten Aufwendungen "an Stelle" der in § 35 Abs. 3 EStG 1988 geregelten Freibeträge geltend gemacht werden können und diesfalls der Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 nicht zum Tragen kommt. Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser (tatsächlichen) Aufwendungen (ohne Selbstbehalt) ist daher das Vorliegen einer Behinderung des Steuerpflichtigen selbst, oder seines (Ehe-)Partners oder Kindes; nur dann liegen Aufwendungen "im Sinne des § 35" vor. Die Tatsache der Behinderung ist nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen - im Folgenden näher genannten - Stelle nachzuweisen. Dass der Gesetzgeber die Geltendmachung tatsächlicher behinderungsbedingter Aufwendungen (ohne Selbstbehalt) an andere Voraussetzungen knüpfen wollte als die Geltendmachung der Freibeträge, ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Systematik der genannten Bestimmungen. Die Möglichkeit, tatsächliche Aufwendungen "an Stelle" der Freibeträge geltend zu machen, bedingt vielmehr, dass die Kriterien für die Geltendmachung der Freibeträge - damit auch der Nachweis des Vorliegens einer Behinderung in der vorgesehenen Form, somit durch eine amtliche Bescheinigung - grundsätzlich erfüllt sein müssen. Diesfalls hat der Steuerpflichtige die Wahl, entweder die Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 oder seine tatsächlichen Aufwendungen (dann ohne Selbstbehalt) geltend zu machen.