JudikaturVwGH

Ro 2020/16/0048 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
31. Januar 2023

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sollte nach der Absicht des Gesetzgebers in Fällen, in denen der Unterhalt einer Person durch die Unterbringung in Anstaltspflege oder einem Heim durch die öffentliche Hand sichergestellt war, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen, wobei es nicht auf die Art der Unterbringung ankam (Bezeichnung als Anstalt oder Heim), sondern ausschließlich auf die gänzliche Kostentragung durch die öffentliche Hand (vgl. VwGH 15.12.2009, 2006/13/0092; 22.12.2005, 2002/15/0181; 2.6.2004, 2003/13/0162; 27.11.2003, 2001/15/0075). Diese Sichtweise wurde vom VwGH - im Hinblick auf den mit dem Familienbeihilfenrecht verfolgten Zweck (Entlastung des Unterhaltsbelasteten) und den typisierenden Charakter der Regelungen des FamLAG 1967 (vgl. VwGH 29.4.2013, 2011/16/0173, mwN) - für sämtliche Fallkonstellationen, in denen der typische Lebensunterhalt (ua Unterkunft, Bekleidung, Verpflegung) durch die öffentliche Hand gedeckt wird, vertreten (vgl. VwGH 4.12.2019, Ra 2017/16/0124; 10.9.2019, Ra 2017/16/0053; sowie 25.2.2016, Ra 2014/16/0014, zum Ausschluss der Familienbeihilfe subsidiär Schutzberechtigter, die Leistungen aus der Grundversorgung erhalten; 29.4.2013, 2011/16/0173, bei Strafgefangenen; 29.9.2010, 2007/13/0120, bei Ableistung des Zivildienstes; 21.9.2006, 2004/15/0103, bei Ableistung des Präsenzdienstes). Zur Frage, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten Auswirkungen auf den Eigenanspruch der Kinder haben kann, hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine gänzliche Unterhaltstragung durch die öffentliche Hand nicht mehr gegeben ist, wenn das Kind selbst zum eigenen Unterhalt beiträgt (vgl. etwa VwGH 27.11.2003, 2001/15/0075, mwN, zu einem Kind, das Pflegegeld und eine Waisenpension bezogen hatte). Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass mit der Änderung des § 6 Abs. 5 FamLAG 1967 (mit BGBl. I Nr. 77/2018) eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH beabsichtigt worden wäre. Nicht nur, dass nach den Gesetzesmaterialien (386/A 26. GP 2) lediglich eine "gesetzliche Präzisierung" - und nicht etwa eine Neuregelung - vorgenommen werden sollte, bewegen sich die darin getätigten weiteren Ausführungen auf dem Boden der dargelegten bisherigen Rechtsprechung (vgl. zur Voraussetzung der gänzlichen Kostentragung durch die öffentliche Hand VwGH 22.12.2005, 2002/15/0181).

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