JudikaturVwGH

Ra 2019/21/0335 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
16. Juli 2020

§ 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 wurde zwar durch das FrÄG 2018 mit Ablauf des 31. August 2018 aufgehoben, die darin enthaltenen Wertungen sind jedoch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich. Dabei bedarf es freilich keiner ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238). Um vor diesem Hintergrund eine Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) zu rechtfertigen, müsste also angesichts des fast dreißigjährigen, zuletzt aufgrund eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" rechtmäßigen Aufenthalts des Fremden und mangels hinreichender Anhaltspunkte, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht die Verleihungsvoraussetzungen für die österreichische Staatsbürgerschaft erfüllt hätte, eine spezifische Gefährdung vom Fremden ausgehen, die im Einzelfall trotz dieses langjährigen Aufenthalts (und der damit verbundenen Integration, insbesondere der Beziehung zu seinen zum Teil noch minderjährigen österreichischen Töchtern) dazu führt, dass eine Aufenthaltsbeendigung iSd § 9 Abs. 1 legcit. iVm. Art. 8 MRK dringend geboten ist. Das kann zwar bei einer Verurteilung wegen qualifizierter Schlepperei der Fall sein, bedarf aber einer eingehenderen Auseinandersetzung mit allen Umständen dieses Falles und insbesondere auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in der beantragten mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152). Bei Bejahung der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ist außerdem begründungsbedürftig, warum nur mit der Verhängung eines unbefristeten Einreisverbots das Auslangen gefunden werden kann (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002).

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