JudikaturVfGH

E1909/2025 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
07. Oktober 2025
Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 30. Jänner 2024 die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Dem Antrag lag ua ein medizinisches Gutachten bei, wonach der Beschwerdeführer auf Grund einer Behinderung nicht in der Lage sei, Deutsch zu erlernen.

Der Beschwerdeführer ist seit 2015 rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig, nachdem seinem Asylantrag vom 28. Oktober 2015 stattgegeben wurde. Der Beschwerdeführer ist somit mehr als sechs, jedoch nicht mehr als zehn Jahre in Österreich rechtmäßig aufhältig.

Mit Bescheid vom 11. April 2024 wies die Steiermärkische Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer noch keinen zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen könne und somit die Voraussetzungen des §11a Abs7 StbG nicht vorliegen würden.

Auch die Voraussetzungen des §11a Abs6 Z1 und 2 StbG, wonach die Staatsbürgerschaft bereits nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von sechs Jahren im Bundesgebiet verliehen werden könne, würden nicht vorliegen. Es sei weder das gesetzlich hiezu geforderte Deutschzertifikat auf B2-Niveau vorgelegt, noch die soziale Integration iSd §11a Abs6 Z2 StbG nachgewiesen worden. Der Beschwerdeführer verfüge auch über keinen Nachweis gemäß §10a Abs1 Z1 StbG (B1 Sprachzertifikat).

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Erkenntnis vom 21. Mai 2025 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, weil der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht erfülle.

Der Beschwerdeführer, der sich seit mehr als sechs Jahren in Österreich aufhalte, erfülle den von §11a Abs7 StbG geforderten mindestens zehnjährigen Aufenthalt in Österreich nicht. Eine Verleihung nach §11a Abs7 StbG komme daher nicht in Betracht.

Stattdessen sei die Verleihung nach §11a Abs6 Z1 StbG denkbar. Diese Bestimmung ermögliche die Verleihung der Staatsbürgerschaft bereits nach einem sechsjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, verlange aber darüber hinaus den Nachweis von Deutschkenntnissen auf B2-Niveau. Einen solchen Nachweis habe der Beschwerdeführer jedoch nicht erbracht, weil er auf Grund seiner Beeinträchtigung den Sprachnachweis nicht erbringen könne.

Während §10a Abs2 Z3 StbG Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen die Erbringung eines Sprachnachweises auf B1-Niveau gemäß §10a Abs1 StbG (also der regulären Verleihungsvoraussetzung bei zehnjährigem Aufenthalt) nicht zumutbar ist, von der Verpflichtung, einen solchen Sprachnachweis zu erbringen, befreie, sei eine solche Ausnahme im Falle der privilegierten Verleihung gemäß §11a Abs6 Z1 StbG (nach nur sechsjährigem Aufenthalt) gesetzlich nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer erfülle somit die gesetzlichen Verleihungsvoraussetzungen nicht.

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung Fremder untereinander sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark wende zu Unrecht die Ausnahme vom Nachweis von Sprachkenntnissen auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen gemäß §10a Abs2 Z3 StbG nicht auch auf den Nachweis von Sprachkenntnissen gemäß §11a Abs6 StbG an. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark unterstelle dadurch §10a Abs2 Z3 StbG einen gleichheitswidrigen Inhalt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe in Art7 Abs1 Satz 3 BVG zum Ausdruck gebracht, dass staatliches Handeln, das zu einer Benachteiligung behinderter Menschen führe, einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfe (VfSlg 19.732/2013). Eine solche Rechtfertigung sei hier nicht ersichtlich. Auch der Zweck des §11a Abs6 StbG, (nur) besonders gut integrierten Fremden eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren zu ermöglichen, könne die Diskriminierung nicht rechtfertigen.

Sollte die Auslegung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, sei §10a Abs2 Z3 StbG iVm §11a Abs6 Z1 StbG gleichheitswidrig.

4. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat die Gerichtsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl 311/1985, idF BGBl I 154/2024 lauten auszugsweise wie folgt:

"

Verleihung

§10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

1. er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

2. […]

(1b) Nicht zu vertreten hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

(2) […]

§10a. (1) Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ist weiters der Nachweis

1. über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §7 Abs2 Z2 Integrationsgesetz (IntG), BGBl I Nr 68/2017, und

2. […]

(2) Ausgenommen von den Nachweisen nach Abs1 sind:

1. […]

3. Fremden, denen auf Grund ihres physisch oder psychisch dauerhaft schlechten Gesundheitszustandes, insbesondere auch auf Grund von Sprach- oder Hörbehinderungen, die Erbringung der Nachweise nicht möglich ist und dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wird.

4. […]

§11a. (1) Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des §10 Abs1 Z2 bis 8, Abs2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. […]

(6) Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet unter den Voraussetzungen des §10 Abs1 Z2 bis 8, Abs2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. er, abweichend von §10a Abs1 Z1, einen Nachweis über Deutschkenntnisse gemäß dem B2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) erbringt, oder

2. er einen Nachweis gemäß §10a Abs1 Z1 erbringt und seine nachhaltige persönliche Integration nachweist, insbesondere durch

a) ein mindestens dreijähriges freiwilliges, ehrenamtliches Engagement in einer gemeinnützigen Organisation, die den Vorgaben des §35 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 195/1961, entspricht, oder

b) eine mindestens dreijährige Ausübung eines Berufes im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich, sofern das daraus erzielte Einkommen durchgängig die monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß §5 Abs2 ASVG erreicht hat, oder

c) die Bekleidung einer Funktion in einem Interessenverband oder einer Interessenvertretung für mindestens drei Jahre hindurch.

Die Tätigkeit des Fremden, mit der die nachhaltige persönliche Integration nachgewiesen werden soll, muss dem Allgemeinwohl in besonderer Weise dienen und einen integrationsrelevanten Mehrwert für seine Integration in Österreich darstellen. Dies ist vom Fremden und der jeweiligen Institution jeweils im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme ausführlich zu begründen.

(7) Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens zehn Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des §10 Abs1 Z2 bis 8, Abs2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn ihm der Status als Asylberechtigter zukommt, sofern das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf Anfrage mitteilt, dass weder ein Verfahren nach §7 AsylG 2005 eingeleitet wurde noch die Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens vorliegen."

2. Die maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes zur Integration rechtmäßig in Österreich aufhältiger Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft (Integrationsgesetz – IntG), BGBl I 68/2017, idF BGBl I 76/2022 lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Hauptstück

Sprachförderung und Orientierung für rechtmäßig niedergelassene Drittstaatsangehörige

Integrationsvereinbarung

§7. (1) […]

(2) Die Integrationsvereinbarung besteht aus zwei aufeinander aufbauenden Modulen:

1. […]

2. das Modul 2 dient dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und der vertieften Vermittlung der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung.

(3) Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 der Integrationsvereinbarung hat die Bundesministerin, die für die Angelegenheiten der Integration zuständig ist, durch Verordnung festzulegen."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

1.1. Grundsätzlich sieht §10 StbG vor, dass die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden kann, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat (und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war). §10 Abs1 StbG normiert in diesem Zusammenhang eine Reihe von Voraussetzungen für die Verleihung, §10 Abs2 StbG regelt Hindernisse, die der Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht entgegenstehen dürfen.

§10a Abs1 StbG regelt als weitere allgemeine Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft ua, dass der Fremde einen Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §7 Abs2 Z2 IntG erbringt, was in der Sache den Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache auf B1 Niveau (einschließlich der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung) bedeutet (vgl näher Plunger , §10a, in: Plunger ua [Hrsg.], Kommentar zum Staatsbürgerschaftsgesetz 2, 2023, Rz 2 ff.). Ausgenommen von der Erbringung eines solchen Nachweises sind gemäß §10a Abs2 Z3 StbG Fremde, denen auf Grund ihres physisch oder psychisch dauerhaft schlechten Gesundheitszustandes, insbesondere auch auf Grund von Sprach- oder Hörbehinderungen, die Erbringung des Nachweises nicht möglich ist und dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wird.

1.2. Abweichend vom Grundsatz des §10 Abs1 Z1 StbG ermöglicht §11a Abs6 StbG die Verleihung der Staatsbürgerschaft bereits nach einem rechtmäßigen ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet (sofern die sonstigen Verleihungsvoraussetzungen erfüllt sind und keine Verleihungshindernisse entgegenstehen), wenn der Fremde entweder – abweichend von der allgemeinen Voraussetzung ausreichender Deutschkenntnisse durch Nachweis eines Sprachzertifikats auf B1-Niveau (§10a Abs1 Z1 StbG) – einen Nachweis über Deutschkenntnisse gemäß dem B2-Niveau des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen erbringt (Z1); alternativ ist eine Verleihung unter den sonstigen Voraussetzungen nach einem sechsjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet auch möglich, wenn der Fremde einen Nachweis über Deutschkenntnisse gemäß B1-Niveau, also gemäß §10a Abs1 Z1 StbG erbringt, und seine nachhaltige persönliche Integration nachweist (Z2).

Was dem Gesetzgeber als nachhaltige persönliche Integration vor Augen steht, konkretisiert §11a Abs6 Z2 lita bis c StbG näher. So liegt eine entsprechend nachhaltige persönliche Integration beispielsweise ("insbesondere") dann vor, wenn der Fremde ein mindestens dreijähriges freiwilliges ehrenamtliches Engagement in einer gemeinnützigen Organisation oder eine mindestens dreijährige Ausübung eines Berufs im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich oder eine Funktion in einem Interessenverband oder einer Interessenvertretung für mindestens drei Jahre nachweist. Die Tätigkeit des Fremden, mit der die nachhaltige persönliche Integration nachgewiesen werden soll, muss, so §11a Abs6 vorletzter Satz StbG, dem Allgemeinwohl in besonderer Weise dienen und einen integrationsrelevanten Mehrwert für die Integration des Fremden in Österreich darstellen.

Nach den Erläuterungen zur Novelle BGBl I 136/2013 soll durch die in §11a Abs6 StbG vorgesehene Möglichkeit, bereits nach einem ununterbrochenen Aufenthalt von sechs statt von zehn Jahren die Staatsbürgerschaft zu erwerben, ein Anreiz geschaffen werden, sich ein erhöhtes Sprachniveau (B2-Niveau) anzueignen (Erläut zur RV 2303 BlgNR 24. GP, 9). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass von einem erhöhten Sprachniveau auf eine besonders gute Integration geschlossen werden kann (vgl dazu VwGH 26.1.2023, Ro 2021/01/0001 ua). Kann der Fremde nach sechsjährigem ununterbrochenen Aufenthalt "nur" Sprachkenntnisse auf B1-Niveau (also iSd §10a Abs1 Z1 StbG) nachweisen, so muss er zusätzlich eine nachhaltige persönliche Integration, die die Verleihung der Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren rechtfertigt, durch entsprechende integrative, gemeinwohlorientierte Aktivitäten iSv §11a Abs6 Z2 lita bis c StbG nachweisen.

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht in seiner Begründung des angefochtenen Erkenntnisses vom – unbestrittenen – Sachverhalt aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner gutachterlich nachgewiesenen Beeinträchtigung nicht in der Lage ist, einen Nachweis über Sprachkenntnisse auf B1-Niveau gemäß §10a Abs1 Z1 StbG zu erbringen (und damit auch nicht in der Lage ist, Deutschkenntnisse auf B2-Niveau im Hinblick auf §11a Abs6 Z1 StbG nachzuweisen). Es bestehe diesbezüglich eine andauernde physische und psychische Beeinträchtigung, bei der eine Besserung nicht zu erwarten sei.

Aus dem Behördenakt ergebe sich, dass der Beschwerdeführer als Nachweis einer nachhaltigen Integration iSd §11a Abs6 Z2 lita bis c StbG zwar eine Bestätigung über die Teilnahme an einem einmonatigen Pflegeprojekt für ein Biotop unter Begleitung des Naturschutzbundes für die Steiermark vorweisen könne, sonst aber keine Nachweise über in dieser Hinsicht relevante Tätigkeiten vorliegen würden.

2.2. Rechtlich geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark zunächst zutreffend davon aus, dass im vorliegenden Fall wegen der länger als sechsjährigen, aber kürzer als zehnjährigen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nur eine Verleihung gemäß §11a Abs6 StbG in Betracht kommt. Diesbezüglich verneint das Landesverwaltungsgericht Steiermark zunächst das Vorliegen einer besonderen Integration gemäß §11a Abs6 Z1 StbG, weil der Beschwerdeführer, wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, wegen seiner Beeinträchtigung nicht in der Lage ist, Deutschkenntnisse auf B2-Niveau nachzuweisen.

Im Hinblick auf den alternativen Verleihungstatbestand einer besonderen nachhaltigen persönlichen Integration gemäß §11a Abs6 Z2 StbG prüft das Landesverwaltungsgericht Steiermark zunächst das Vorliegen des in dieser Bestimmung geforderten Nachweises von Deutschkenntnissen auf B1-Niveau gemäß §10a Abs1 Z1 StbG. In diesem Zusammenhang prüft das Landesverwaltungsgericht Steiermark auch, ob auch für die Zwecke des in §11a Abs6 Z2 StbG geforderten Nachweises von Deutschkenntnissen auf B1-Niveau der Ausnahmetatbestand des §10a Abs2 Z3 StbG zum Tragen kommt, ob also ein Fremder, dem auf Grund seiner physischen oder psychischen dauerhaften Beeinträchtigung die Erbringung dieses Nachweises von Deutschkenntnissen auf B1-Niveau nicht möglich ist, von der Erbringung des Nachweises auch für die Zwecke des §11a Abs6 Z2 StbG ausgenommen ist. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark rekurriert auf die Intention des Gesetzgebers bei der Einführung des Verleihungstatbestandes in §11a Abs6 StbG, Fremde mit einer besonderen persönlichen Integration in den Genuss einer verkürzten Anwartschaft auf Verleihung der Staatsbürgerschaft kommen zu lassen, hält fest, dass für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach §11a Abs6 StbG jedenfalls ein gelungener Integrationsprozess, welcher durch die dort genannten Voraussetzungen nachzuweisen ist, Voraussetzung sei, und kommt zu dem Schluss, dass die Ausnahmebestimmung in §10a Abs2 Z3 StbG sohin auf die Erteilungsvoraussetzungen in §11a Abs6 StbG keine Anwendung finde. Daraus folgt, so das Landesverwaltungsgericht Steiermark, dass dem Beschwerdeführer, der schon über die Verleihungsvoraussetzung gemäß §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG nicht verfügt und auf Grund seines physisch oder psychisch dauerhaft schlechten Gesundheitszustandes auch nicht in der Lage sein wird, den geforderten Nachweis über Deutschkenntnisse auf B1-Niveau zu erbringen, eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet verwehrt sei.

3.1. Mit dieser Auslegung unterstellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG einen gleichheitswidrigen Inhalt:

Art7 Abs1 Satz 3 B VG zufolge darf "Niemand […] wegen seiner Behinderung benachteiligt werden". Gemäß Art7 Abs1 Satz 4 B VG bekennen sich Bund, Länder und Gemeinden dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Art7 Abs1 Satz 3 B VG enthält ein Diskriminierungsverbot nicht nur gegenüber Staatsbürgern, sondern gegenüber Jedermann (s näher und mit weiteren Nachweisen VfSlg 19.732/2013).

Durch Art7 Abs1 Satz 3 B VG soll der "innere Gehalt des Gleichheitssatzes […] durch das explizite Verbot der Diskriminierung von Behinderten nicht verändert, sondern zusätzlich bekräftigt werden, dass auch bei einer auftretenden Ungleichbehandlung von behinderten Menschen der Verfassungsgerichtshof diese immer auf ihre sachliche Rechtfertigung zu überprüfen hat" (AB 785 BlgNR 20. GP, 5). Der Verfassungsgesetzgeber hat mit der Aufnahme eines ausdrücklichen Verbotes der Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Behinderung also betont, dass staatliche Regelungen, die zu einer Benachteiligung behinderter Menschen führen, einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfen (VfSlg 19.732/2013; vgl auch Kneihs , Art7 Abs1 Satz 3, 4 B VG, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 16. Lfg. 2021, Rz 28 f.; Pöschl , Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 681 ff.).

3.2. Das Erfordernis des Nachweises von Deutschkenntnissen, wie es §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG auf B1-Niveau vorsieht, benachteiligt Menschen mit einer einschlägigen Beeinträchtigung gegenüber nichtbehinderten Menschen. Menschen mit einer einschlägigen Behinderung wie der Beschwerdeführer wären, wenn dieser Nachweis für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG auch für sie zwingend erforderlich wäre, von der Möglichkeit der Verleihung der Staatsbürgerschaft nach einem sechsjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet von vornherein ausgeschlossen, ohne Rücksicht darauf, ob sie die sonstigen Voraussetzungen zur Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllen.

Gerade deswegen (vgl in diese Richtung die Erläut zur RV 1189 BlgNR 22. GP, 6 sowie die Erläut zur RV 2303 BlgNR 24. GP, 9) sieht §10a Abs2 Z3 StbG für den Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse gemäß §10a Abs1 Z1 StbG, also bei Verleihung der Staatsbürgerschaft nach mehr als zehnjährigem Aufenthalt, Ausnahmen für Fremde mit einer einschlägigen Beeinträchtigung vor. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, dass dies bei §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG nicht so sein sollte.

Im Lichte des Art7 Abs1 Satz 3 BVG ist daher der Verweis in §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG, dass der Fremde für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach mindestens sechsjährigem Aufenthalt einen Nachweis gemäß §10a Abs1 Z1 StbG zu erbringen hat, also einen Nachweis von Deutschkenntnissen auf B1-Niveau, so zu verstehen, dass er auch die Ausnahme des §10a Abs2 Z3 StbG für Fremde, denen auf Grund einer einschlägigen Behinderung dieser Nachweis nicht möglich ist, mitumfasst. Indem das Landesverwaltungsgericht Steiermark dies verkannt hat, ist es in seiner Begründung diesbezüglich von einer denkunmöglichen weil einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellenden Auslegung des §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG ausgegangen.

Anzumerken bleibt, dass sich die solchermaßen gebotene verfassungskonforme Interpretation im Hinblick auf Art7 Abs1 Satz 3 BVG auf §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG bezieht (und sich nicht, was das Landesverwaltungsgericht Steiermark insoweit zu Recht verneint, auch auf §11a Abs6 Z1 StbG erstreckt).

4. In der Folge ist für Menschen mit einschlägiger Behinderung, für die daher eine Ausnahme vom Nachweis gemäß §11a Abs6 Z2 erster Halbsatz StbG besteht, weiters zu prüfen, ob sie eine nachhaltige persönliche Integration iSd §11a Abs6 Z2 lita bis c StbG nachweisen können.

Diesbezüglich geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark auch im Lichte des Art7 Abs1 Satz 3 B VG verfassungsrechtlich unbedenklich davon aus, dass die vom Beschwerdeführer nachgewiesene bloß einmonatige Tätigkeit der Naturpflege diese Anforderungen jedenfalls nicht erfüllt. Darüberhinausgehende (Nachweise über) einschlägige Aktivitäten oder Hinweise darauf, dass ihn eine solche Integrationsvoraussetzung unsachlich benachteiligen würde, hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht vorgebracht.

Vor diesem Hintergrund ist dem Landesverwaltungsgericht Steiermark in seinem Ergebnis, die Beschwerde abzuweisen, weil die Verleihungsvoraussetzungen des §11a Abs6 Z2 StbG insgesamt nicht vorliegen, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Der Beschwerdeführer ist, weil er unstrittig keine nachhaltige persönliche Integration iSd §11a Abs6 Z2 lita bis c StbG nachweisen kann, durch das seinen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §11a Abs6 StbG abweisende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art7 Abs1 Satz 3 B VG oder auch nicht in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder in einem Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.