JudikaturVfGH

V38/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
25. November 2024
Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer VerkehrsbeschränkungsV der Bezirkshauptmannschaft Imst betreffend einen Baustellenbereich auf der A12 Inntal Autobahn; keine Bedenken gegen die Festlegung von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten und -geboten durch einen – einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden – straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid sowie angeschlossene Pläne; Verstoß gegen das Determinierungsgebot durch die unterschiedliche Festlegung des örtlichen Geltungsbereichs in den Bescheiden und Plänen

Spruch

I. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, ZIM VK BAU 1226/3 2021, kundgemacht durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol, der Verfassungsgerichtshof "möge ein Verordnungsprüfungsverfahren in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 09.03.2021, Zl IM VK BAU 1226/3 2021, einleiten und feststellen, dass die Verordnung im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung gesetzwidrig war".

II. Rechtslage

1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU-1226/3-2021, hat folgenden Wortlaut (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"V E R O R D N U N G

Auf Grund der Bestimmungen der §§43 Abs1 a i.V.m. §94 Ziffer 2 in der Fassung,

BGBL. I Nr 52/2005 der Straßenverkehrsordnung 1960 wird verordnet:

Zur Durchführung von Bauarbeiten auf der A12 Inntal Autobahn werden für den

Zeitraum vom 15.03.2021 bis 12.11.2021 von KM 133,400 bis KM 135,200 jeneVerkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote, Verkehrsgebote und –verbote verordnet, die

- aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 05.03.2021 , Zahl

VK-BAU-1226/3-2021

- sowie den angeschlossenen Regelplänen für Bauphase 2 ersichtlich sind, wobei Bescheid und Pläne einen integrierten Bestandteil dieser Verordnung bilden.

Einer dieser Verordnung entgegenstehenden Verkehrsregelung tritt für diese Zeit

außer Kraft.

Für die Bezirkshauptfrau:

[…]"

2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom selben Tag, zur selben Zahl, wurde der Firma STRABAG AG Imst gemäß §90 Abs1 und 3 und §94b StVO 1960 die Bewilligung zur Durchführung von Arbeiten nach Maßgabe des wie folgt beschriebenen Arbeitsablaufes in der Zeit vom 15. März bis 12. November 2021 unter Vorschreibung näher genannter Auflagen bewilligt:

"Straßenbezeichnung A12 Inntal Autobahn

Betroffener Streckenabschnitt: KM 133,400 – KM 135,200 (beide Richtungsfahrbahnen)

Art und Umfang der Arbeiten: Neuherstellung Galerie Innenschale

Beginn der Arbeiten: 15.03.2021

Dauer der Arbeiten: 12.11.2021

Beginn der Vorbereitungs-u.

Baustelleneinrichtungsarbeiten 11.03.2021

Beschreibung des Arbeitsablaufes Lt. als Beilage angehängte Verkehrsleitpläne

Bauphase2- Ingenieurbüro ***"

Gemäß der 1. Auflage ist der Baustellenbereich "entsprechend den Verkehrsplänen für Bauphase 2 – Ingenieurbüro *** - zu beschildern".

3. Die von der verordnungserlassenden Behörde vorlegten Pläne des Ingenieurbüros *** für die A12 Inntal Autobahn enthalten die Projektbeschreibung "INTU Galerie Imst IS3 BPH 2" und umfassen – sowohl in der ersten Fassung vom 15. Februar 2021 als auch in der korrigierten Version vom 1. März 2021 – einen Streckenabschnitt von Straßenkilometer 131,125 bis Straßenkilometer 136,700. Im Bereich von Straßenkilometer 131,225 bis Straßenkilometer 136,000 sind unterschiedliche Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und -gebote verordnet.

4. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, lauten in der jeweils maßgeblichen Fassung wie folgt (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):

"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) [...]

(1a) Sofern es sich nicht um Arbeitsfahrten im Sinne des §27 Abs1 handelt, hat die Behörde zur Durchführung von Arbeiten auf oder neben einer Straße, die zwar vorhersehbar sind und entsprechend geplant werden können, bei denen aber die für die Arbeitsdurchführung erforderlichen Verkehrsregelungen örtlich und/oder zeitlich nicht genau vorherbestimmbar sind, durch Verordnung die aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs oder zur Sicherheit der mit den Arbeiten beschäftigten Personen erforderlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und/oder Verkehrsgebote zu erlassen. In diesen Fällen sind die Organe des Bauführers ermächtigt, nach Maßgabe der Arbeitsdurchführung den örtlichen und zeitlichen Umfang der von der Behörde verordneten Verkehrsmaßnahmen durch die Anbringung oder Sichtbarmachung der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung zu bestimmen, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre. Der Zeitpunkt und der Ort (Bereich) der Anbringung (Sichtbarmachung) ist von den Organen des Bauführers in einem Aktenvermerk (§16 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991) festzuhalten.

(2)–(11) […]

[…]

§90. Arbeiten auf oder neben der Straße.

(1) Wird durch Arbeiten auf oder neben der Straße der Straßenverkehr beeinträchtigt, so ist hiefür unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung der Behörde erforderlich. Die Bewilligung ist auf Antrag des Bauführers zu erteilen, wenn die Beeinträchtigung nicht wesentlich ist oder wenn es möglich ist, für die Aufrechterhaltung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in anderer Weise zu sorgen.

(2) […]

(3) Die Bewilligung ist unter Berücksichtigung der Art und des Umfanges der Bauführung und der Verkehrsbedeutung der Straße zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs bedingt, befristet oder mit Auflagen (z. B. Absperrung mit rot-weiß gestreiften Schranken) zu erteilen. Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Anlaß von Arbeiten auf oder neben der Straße dürfen nur von der Behörde und nur im unbedingt notwendigen Ausmaß und nur für die unbedingt notwendige Strecke angeordnet werden.

(4) Der Antragsteller hat dem Antrag sämtliche Unterlagen beizulegen, die erforderlich sind, damit die Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs1 beurteilen kann."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wird zur Last gelegt, er habe am 18. August 2021, um 19.38 Uhr, in Imst, auf der A12, bei Straßenkilometer 133,131 in Fahrtrichtung Westen, mit einem Kraftfahrzeug die in diesem Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten. Über den Beschwerdeführer wurde daher wegen einer Übertretung des §52 lita Z10a StVO 1960 gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

2. Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens gegen dieses Straferkenntnis stellt das Landesverwaltungsgericht Tirol den vorliegenden Antrag.

2.1. Zu den Prozessvoraussetzungen wird Folgendes ausgeführt: Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol sei die Frage zu klären, inwieweit der Beschwerdeführer gegen §52 lita Z10a StVO 1960 verstoßen habe. Es würden Bedenken bestehen, dass die angefochtene Verordnung nicht gehörig kundgemacht worden und daher gesetzwidrig sei.

2.2. In der Folge legt das Landesverwaltungsgericht Tirol seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnung dar:

Diese sei gestützt auf §43 Abs1a StVO 1960 erlassen worden. Die angefochtene Verordnung lege als örtlichen Geltungsbereich explizit den Bereich von Straßenkilometer 133,400 bis Straßenkilometer 135,200 fest. Der im Straferkenntnis angenommene Tatort für die vermeintliche Geschwindigkeitsübertretung befinde sich bei Straßenkilometer 133,131 und stütze sich laut Angaben der Bezirkshauptmannschaft Imst auf den einen Bestandteil der Verordnung bildenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU 1226/3 2021. Die Verordnung verweise somit auf einen individuellen Verwaltungsakt, welcher den in der Verordnung genannten örtlichen Geltungsbereich erweitere.

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

Im Zeitraum vom 15. März bis 12. November 2021 sei die Durchführung von Baumaßnahmen im Bereich der Straßenkilometer 133,400 bis 135,200 auf der A12 Inntal Autobahn bei der "Galerie Imst" erforderlich gewesen. Zu diesem Zweck sei geplant gewesen, den gesamten Verkehr in beiden Fahrtrichtungen auf der Richtungsfahrbahn Innsbruck zu führen und die Richtungsfahrbahn Bregenz für den Baubetrieb zu sperren.

Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU 1226/3 2021, seien zur Durchführung dieser Bauarbeiten auf der A12 Inntal Autobahn für den Zeitraum vom 15. März bis zum 12. November 2021, von Straßenkilometer 133,400 bis Straßenkilometer 135,200, Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote verordnet worden, welche im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU 1226/3 2021, sowie in den diesem Bescheid angeschlossenen "Regelplänen für Bauphase 2" angeführt seien. Der Bescheid und die Pläne seien zu Bestandteilen der Verordnung erklärt worden.

In den Regelplänen sei ua vorgesehen gewesen, auf der A12 Inntal Autobahn, in Fahrtrichtung Bregenz, bei Straßenkilometer 132,825 – sohin außerhalb des in der Verordnung genannten Bereiches – ein Straßenverkehrszeichen gemäß §52 lita Z10a StVO 1960 (Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h) anzubringen. Auf Grund eines Abnahmeprotokolls der ASFINAG Alpenstraßen GmbH vom 17. März 2021 sei davon auszugehen, dass dieses Straßenverkehrszeichen auch tatsächlich angebracht worden sei.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich das in Rede stehende Beschränkungszeichen im Zeitraum vom 16. März bis 12. November 2021 auf der A12 Inntal Autobahn, bei Straßenkilometer 132,825, und somit außerhalb des Geltungsbereiches der angefochtenen Verordnung befunden habe.

4. Die Tiroler Landesregierung hat mitgeteilt, dass sie über keine auf die angefochtene Verordnung Bezug habenden Akten verfüge und dass auf die Erstattung einer Äußerung verzichtet werde.

5. Die mitbeteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich im Wesentlichen den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht beginnend mit VfSlg 20.182/2027 davon aus, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

Die angefochtene Verordnung wurde ausweislich der vorgelegten Verordnungsakten durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen kundgemacht, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Dem Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol liegt ein Straferkenntnis zugrunde, in welchem dem Beschwerdeführer eine Geschwindigkeitsübertretung im Geltungsbereich der angefochtenen Verordnung zur Last gelegt wird. Es ist daher offenkundig, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol die angefochtene Verordnung im Beschwerdeverfahren anzuwenden hat.

1.3. Ungeachtet der Formulierung des Antrages, "der Verfassungsgerichtshof möge ein Verordnungsprüfungsverfahren in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung der Verordnung […] einleiten und feststellen, dass die Verordnung im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung gesetzwidrig war", ist der Antrag im Zusammenhang mit seiner Begründung als Aufhebungsbegehren zu verstehen (VfSlg 17.695/2005, 20.223/2017; VfGH 24.11.2016, V18-19/2016).

1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist begründet.

2.2.1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol äußert das Bedenken, dass der Geltungsbereich der angefochtenen Verordnung durch den Verweis auf den straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid erweitert worden sei. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erblickt darin zwar eine fehlerhafte Kundmachung, macht der Sache nach jedoch Bedenken gegen die ausreichende Determinierung der angefochtenen Verordnung geltend.

2.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss der Inhalt einer Verordnung als Gesetz im materiellen Sinn das weitere Vollzugsgeschehen iSd Art18 Abs1 B VG ausreichend vorherbestimmen (vgl VfSlg 7072/1973, 19.592/2011) und insbesondere dem Normunterworfenen die Möglichkeit geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten (VfSlg 19.592/2011, 19.721/2012 mwN).

2.2.3. Diesen Anforderungen wird die angefochtene Verordnung nicht gerecht:

Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU 1226/32021, wurden zur Durchführung von Bauarbeiten auf der A12 Inntal Autobahn für den Zeitraum vom 15. März bis 12. November 2021 jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und -gebote verordnet, die aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom selben Tag, zur selben Zahl, sowie den angeschlossenen Regelplänen für die Bauphase 2 ersichtlich sind. Der in der Verordnung genannte Bescheid und die angeschlossenen Pläne bilden einen Bestandteil der Verordnung. Durch den ausdrücklichen Verweis auf den straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid sowie die angeschlossenen Pläne wird die darin jeweils enthaltene Festlegung des Baustellenbereiches (auch) zum Inhalt der angefochtenen Verordnung (vgl in diesem Sinne VfGH 25.6.2021, V506/2020 ua).

Sowohl in der Verordnung als auch in dem straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid wird als örtlicher Geltungsbereich der Streckenabschnitt von Straßenkilometer 133,400 bis Straßenkilometer 135,200 bezeichnet. Laut Auflage 1. des Bescheides ist der Baustellenbereich "entsprechend den Verkehrsplänen für Bauphase 2 – Ingenieurbüro *** - zu beschildern". Diese – einen Streckenabschnitt von Straßenkilometer 131,125 bis Straßenkilometer 136,700 umfassenden – Pläne enthalten unterschiedliche Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und -gebote im Bereich von Straßenkilometer 131,225 bis Straßenkilometer 136,000. Dadurch, dass sich aus der angefochtenen Verordnung in Verbindung mit dem einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Bescheid ein anderer örtlicher Geltungsbereich ergibt als aus den – ebenfalls einen Bestandteil der angefochtenen Verordnung bildenden – Plänen, kommt für den Normunterworfenen nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, für welchen Bereich mit der angefochtenen Verordnung Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und -gebote verordnet werden. Die angefochtene Verordnung ist daher gesetzwidrig, weil sie nicht den Erfordernissen an eine möglichst genaue Umschreibung des örtlichen Geltungsbereiches iSd Rechtsprechung entspricht (vgl VfSlg 20.251/2018).

2.3. Die angefochtene Verordnung ist daher wegen eines Verstoßes gegen Art18 Abs1 B VG gesetzwidrig.

V. Ergebnis

1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 9. März 2021, IM VK BAU 1226/3 2021, ist als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B VG und §59 Abs2 iVm §2 Abs1 litj Tir Landes-Verlautbarungsgesetz 2021.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Fall eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).