E3587/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der in der Stadt Damaskus im Jahr 1991 geborene und dort aufgewachsene Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Syriens und Angehöriger der Volksgruppe der Araber mit muslimisch-sunnitischem Bekenntnis. Er schloss im Jahr 2017 das Geologiestudium an der Universität Damaskus ab und verließ am 28. September 2017 Syrien, reiste in den Libanon und von dort weiter nach Russland, wo er bis 20. Dezember 2017 blieb. Anschließend begab er sich in den Sudan, hielt sich dort bis 17. April 2018 auf, und zog dann in den Irak und von dort in die Türkei. Anfang August 2020 reiste er von der Türkei aus nach Griechenland und über Serbien weiter nach Österreich. Der Beschwerdeführer befindet sich seit April 2021 in Österreich. Am 2. April 2021 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid vom 3. Oktober 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, erklärte die Abschiebung nach Syrien für zulässig und stellte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 21. Oktober 2022 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
3. Am 9. Dezember 2022 reiste der Beschwerdeführer nach Deutschland und stellte dort am 15. Dezember 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mitte Mai 2023 zog der Beschwerdeführer wieder zurück nach Österreich und begehrte die Wiederaufnahme in die Grundversorgung.
4. Die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 6. Oktober 2023 mit der Begründung ab, dass es dem Beschwerdeführer als männlichem, im wehrdienstpflichtigen Alter befindlichen Syrer mit Aufenthalt außerhalb Syriens offenstehe, sich als alternative Möglichkeit zur Verweigerung der Ableistung seines Wehrdienstes, die zur (unverhältnismäßigen) Strafverfolgung führen würde, durch Leistung einer im syrischen Wehrrecht vorgesehenen Befreiungsgebühr von einer Einziehung zum Wehrdienst zuverlässig befreien zu lassen. Weiters seien im Verfahren keine Umstände zu Tage getreten, die darauf hinweisen würden, dass der Beschwerdeführer nicht die finanziellen Möglichkeiten hätte, die Gebühr zu bezahlen. Es seien auch keine besonderen Umstände erkennbar, die das syrische Regime veranlassen sollten, dem Beschwerdeführer eine oppositionelle Gesinnung zu unterstellen. Auf Grund der Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers, der Stadt Damaskus, und angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer über einen Universitätsabschluss und Berufserfahrung verfüge, sowie der Unterstützung durch seine Familie, die wohlhabend sei, sei eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien möglich.
5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973), auf Leben (Art2 EMRK) sowie keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden (Art3 EMRK) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
5.1. Begründend wird zum Ersten (zusammengefasst) vorgebracht, dass die Entrichtung einer Gebühr zur Befreiung von der Militärdienstpflicht jedenfalls in den Fallkonstellationen keine für die wehrdienstpflichtige Person zumutbare Alternative darstellen könne, in der die Wehrdienstverweigerung als Akt der politischen Opposition gegenüber den herrschenden Institutionen in einem bewaffneten Konflikt zu begreifen sei, in dem völkerrechtswidrige Mittel und Methoden angewandt werden würden – sohin im Anwendungsbereich des in Art9 Abs2 lite Status-RL beschriebenen Regelbeispiels. Indem das Bundesverwaltungsgericht dies und den rechtlichen Rahmen verkenne und die Frage der Zumutbarkeit der Entrichtung der Gebühr letztlich nur unter Betrachtung der Höhe dieser Gebühr und unter Außerachtlassung der Frage, in welchem Verhältnis diese Handlung zum intendierten Akt politischer Opposition stehe, prüfe, sei dem Bundesverwaltungsgericht die grobe Verkennung der Rechtslage bzw eine denkunmögliche Rechtsanwendung vorzuwerfen. Dahingehend belaste es das angefochtene Erkenntnis mit Willkür.
5.2. Des Weiteren moniert der Beschwerdeführer hinsichtlich der Verweigerung subsidiären Schutzes, dass das Bundesverwaltungsgericht bei richtiger Rechtsanwendung die vom Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C 901/19 aufgestellten Kriterien zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz heranziehen hätte müssen. In Verbindung mit den von ihm selbst getroffenen Feststellungen zur Situation in Syrien hätte es das Vorliegen dieser Voraussetzungen klar bejahen müssen. Indem das Bundesverwaltungsgericht dies und den rechtlichen Rahmen verkenne und die Frage, ob die Situation in Syrien bzw am Herkunftsort des Beschwerdeführers, der Stadt Damaskus, die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde, einerseits am Maßstab – nur – des §11 AsylG 2005 prüfe, und andererseits bei der zumindest in Ansätzen sichtbaren Bezugnahme auf Art15 litc Status-RL – entgegen der klar anderslautenden Auslegung dieser Bestimmung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – allein Opferzahlen heranziehe, um das Vorliegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne der zitierten Bestimmung zu verneinen, sei dem Bundesverwaltungsgericht abermals die grobe Verkennung der Rechtslage bzw eine denkunmögliche Rechtsanwendung vorzuwerfen. Auch dahingehend belaste es das angefochtene Erkenntnis mit Willkür.
6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht haben die Verwaltungs- bzw Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch jeweils abgesehen.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 13.836/1994, 14.650/1996, 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001, 20.374/2020; VfGH 14.3.2023, E3480/2022), oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001, 18.614/2008, 20.448/2021 und 20.478/2021).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001, 20.371/2020 und 20.405/2020).
1.2. Das gemäß Art2 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Leben wird durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn es auf einer Art2 EMRK widersprechenden Rechtsgrundlage oder auf einer diesem Grund- recht widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht sowie auch bei groben Verfahrensfehlern. In gleicher Weise verletzt ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes das gemäß Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, wenn eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Anwendung eines der genannten Verfassungsvorschrift widersprechenden Gesetzes ergangen ist, wenn sie auf einer dem genannten Grundrecht widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht oder wenn dem Verwaltungsgericht grobe Verfahrensfehler unterlaufen sind (vgl VfSlg 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005, 20.491/2021).
Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (s etwa EGMR 7.7.1989, 14.038/88, Soering ; 30.10.1991, 13.163/87 ua, Vilvarajah ; 6.3.2001, 45.276/99, Hilal ) davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden in welcher Form immer außer Landes zu schaffen, unter dem Blickwinkel des Art3 EMRK erheblich wer- den und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er gebracht werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl VfSlg 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997). Nichts anderes ist im Hinblick auf Art2 EMRK anzunehmen, wenn dem Fremden im Zielland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tötung droht (s etwa EGMR 8.11.2005, 13.284/04, Bader ua ; 23.3.2016, 43.611/11, F. G. ; vgl VfGH 16.12.2021, E4227/2021).
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen noch sind ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung der genannten Grundrechte darstellen (vgl VfSlg 13.897/1994, 15.026/1997, 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005). Ob ihm sonstige Fehler bei der Rechtsanwendung unterlaufen sind, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen. Dem Bundesverwaltungsgericht ist insbesondere auch kein willkürliches Verhalten vorzuwerfen:
2.1. In seiner Beweiswürdigung legt das Bundesverwaltungsgericht insbesondere dar, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, ein asylrelevantes Fluchtvorbringen zu erstatten. Der Beschwerdeführer könne sich durch Leistung einer im syrischen Wehrrecht vorgesehenen Befreiungsgebühr von einer Einziehung zum Wehrdienst zuverlässig befreien lassen. Dem Beschwerdeführer sei es zudem durchaus möglich und nach seinen Verhältnissen zumutbar, den entsprechenden Betrag für die Leistung einer Kompensationszahlung aufzubringen und die nötigen administrativen Schritte vorzunehmen, um sich von seiner Wehrpflicht in Syrien zu befreien. Ein in die Verfassungssphäre reichender Mangel kann darin nicht erkannt werden.
2.2. Dem Bundesverwaltungsgericht ist auch bei seiner Beurteilung hinsichtlich der Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen.
2.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht legt seiner Entscheidung unter anderem das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 9, veröffentlicht am 17. Juli 2023 (LIB), zugrunde. Demnach befinde sich Syrien noch immer im Bürgerkrieg, jedoch sei den Länderberichten zu entnehmen, dass seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht werde, die Hauptstadt als sicheren Bereich in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen. Zwar komme es auch in Damaskus und Damaskus-Umland seit Anfang 2020 zu wiederholten Anschlägen auf bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) bzw regimenahe Personen (LIB, S. 63). Jedoch ließen die vorliegenden Länderberichte erkennen, dass das Kampfgeschehen in Syrien vor allem im Nordwesten (Gouvernements Idlib sowie Teile von Lattakia, Hama und Aleppo) sowie im Berichtszeitraum auch im Südwesten des Landes (Gouvernement Dara’a) stattfinde.
Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht in nachvollziehbarer und nach Regionen (insbesondere hinsichtlich der Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen) differenzierender Weise davon aus, dass sich die Sicherheitslage in der Stadt Damaskus, dem Herkunftsort des Beschwerdeführers, als nicht derart instabil darstellt, dass jede Rückkehr bereits mit einem realen Risiko einer Art2 oder 3 EMRK widersprechenden Gefahr verbunden wäre. Ob dem Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Frage der Sicherheit des Beschwerdeführers (nicht in die Verfassungssphäre reichende) Fehler unterlaufen sind, hat der Verfassungsgerichtshof – wie oben bereits ausgeführt – nicht zu beurteilen (vgl VfSlg 13.837/1994, 13.897/1994, 14.119/1995, 17.586/2005; s. auch VwGH 25.6.2024, Ra 2024/18/0151, Rn 22 ff.).
2.2.2. Im Hinblick auf die Versorgungslage geht das Bundesverwaltungsgericht auf die aktuellen Länderinformationen sowie die individuelle Situation des Beschwerdeführers ein. Die Versorgungslage stelle sich in ganz Syrien auf Grund der Lebensmittelknappheit und hoher Lebensmittelpreise als prekär dar. In Damaskus und den Gouvernements Lattakia und Tartus sei der Zugang zu Wasser, Elektrizität, Bildung und gesundheitlicher Versorgung jedoch grundlegend gewährleistet, wenngleich sich die Versorgungslage auf Grund der Wirtschaftskrise wieder deutlich verschlechtert habe. In der konkreten Situation des Beschwerdeführers sei auf Grund seiner persönlichen Umstände jedoch nicht davon auszugehen, dass dieser im Falle einer Rückkehr auf Grund der beschriebenen Versorgungslage in Syrien, insbesondere in Damaskus, in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer aus einer wohlhabenden Familie stammt, welche in Damaskus im Haus der Familie wohnt und von den Geschwistern des Beschwerdeführers, welche in Deutschland, England, Frankreich und der Türkei leben, unterstützt werden. Das Bundesverwaltungsgericht begründet daher nachvollziehbar, dass die dargestellten Umstände im Lichte einer Gesamtbetrachtung die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer in der Stadt Damaskus in der Lage sein wird, seine Existenz zu sichern. Vor diesem Hintergrund kann dem Bundesverwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgeht, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr keine reale Gefahr einer Verletzung in seinen Rechten gemäß Art2 und 3 EMRK droht.
2.3. Ein Eingriff in das durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende verwaltungsgerichtliche Entscheidung ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn das Verwaltungsgericht bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn es der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art8 Abs1 EMRK widersprechenden und durch Art8 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl VfSlg 11.638/1988, 19.692/2012, 20.063/2016, 20.100/2016, 20.227/2016; VfGH 1.3.2022, E3857/2021 ua).
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art8 EMRK ist eine Interessenabwä- gung vorzunehmen (vgl die in VfSlg 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Frage der Gefährdung des Beschwerdeführers in seinen Rechten auseinandergesetzt. Ihm kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgeht, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art8 EMRK überwiegt (vgl VfSlg 19.086/2010).
III. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Dieses Ergebnis entbindet die Vollzugsbehörde nicht von ihrer Verpflichtung, bei der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme Art3 EMRK (insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei) zu beachten.