G14/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem zu G14/2024 protokollierten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge
1. das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG) sowohl in der Stammfassung, BGBl I 220/2022, als auch in der durch BGBl I 64/2023 novellierten Fassung zur Gänze,
in eventu
2. §3 Abs1 und 2 Z3 EKBSG idF BGBl I 64/2023 und §3 Abs1 und 2 Z1 EKBSG idF BGBl I 220/2022,
§5 Abs1 Z1 und §6 Abs2 EKBSG idF BGBl I 64/2023 und §3 Abs1 und Abs2 Z1 EKBSG idF BGBl I 220/2022,
§4 Abs2 2. Satz EKBSG idF BGBl I 64/2023 und §3 Abs1 und Abs2 Z1 idF BGBl I 220/2022,
§9 Abs3 EKBSG idF BGBl I 64/2023 sowie idF BGBl I 220/2022, und
§11 EKBSG idF BGBl I 64/2023 sowie idF BGBl I 220/2022
als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Das Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG), BGBl I 220/2022, lautet:
"Allgemeine Bestimmungen
(1) Durch dieses Bundesgesetz wird der Energiekrisenbeitrag-Strom (im Folgenden EKB S) näher geregelt und die Verordnung (EU) 2022/1854 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl. Nr L 261 vom 07.10.2022, S. 1, umgesetzt.
(2) Der EKB S ist eine ausschließliche Bundesabgabe.
(3) Dem EKB S unterliegt die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft, Abfall, Braunkohle, Steinkohle, Erdölerzeugnissen, Torf und Biomasse-Brennstoffen ausgenommen Biomethan, durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom.
Befreiungen
Vom EKB S sind befreit
1. die Veräußerung von Strom aus Demonstrationsprojekten gemäß §7 Abs1 Z7a des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 – ElWOG 2010, BGBl I Nr 110/2010;
2. die Veräußerung von Strom durch einen Erzeuger, dessen Erlöse pro MWh erzeugten Strom bereits aufgrund von nicht gemäß Art8 der VO (EU) 2022/1854 erlassenen staatlichen oder öffentlichen Maßnahmen begrenzt sind; dazu zählt jedenfalls die Veräußerung von Strom aus Anlagen, die eine Marktprämie nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG, BGBl I Nr 150/2021, erhalten, im Ausmaß, in dem die Erlöse bereits einer Rückzahlungsverpflichtung gemäß §11 Abs6 EAG unterliegen, sowie aus Anlagen, die einen Einspeise- oder Nachfolgetarif nach dem Ökostromgesetz, BGBl I Nr 149/2002, oder nach dem Ökostromgesetz 2012, BGBl I Nr 75/2011, erhalten;
3. die Veräußerung von Strom, der als Regelarbeit im Sinne von Art2 Z4 der VO (EU) 2017/2195 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem, ABl. Nr L 312 vom 28.11.2017 S. 6, eingesetzt wird;
4. die Veräußerung von Strom, der für Zwecke des Engpassmanagements gemäß §7 Abs1 Z13a ElWOG 2010 eingesetzt wird;
5. die Veräußerung von Strom, der in inländischen Pumpspeicherkraftwerken erzeugt wird.
Höhe des Beitrags
(1) Bemessungsgrundlage für den EKB S ist die Summe der monatlichen Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom gemäß §1 Abs3, die zwischen dem 1. Dezember 2022 und dem 31. Dezember 2023 erzielt wurde. Die Bemessungsgrundlage beinhaltet auch das Ergebnis von derivativen Kontrakten, die in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Markterlösen stehen. Aufwendungen können nicht berücksichtigt werden.
(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten
1. Überschusserlöse: eine positive Differenz zwischen den Markterlösen des Beitragsschuldners je MWh Strom und der Obergrenze für Markterlöse von 140 Euro je MWh Strom.
2. Markterlöse: die realisierten Erträge, die ein Beitragsschuldner für den Verkauf und die Lieferung von Strom in der Union erhält, unabhängig von der Vertragsform, in der dieser Austausch stattfindet, einschließlich Strombezugsverträgen und anderer Absicherungen gegen Schwankungen auf dem Stromgroßhandelsmarkt und unter Ausschluss jeglicher von Mitgliedstaaten gewährter Unterstützung.
(3) Liegen die notwendigen direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse, können diese Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 20 % der notwendigen, direkten Investitions- und Betriebskosten als Obergrenze für Markterlöse angesetzt werden, sofern der Beitragspflichtige die Voraussetzungen nachweist.
(4) Veräußert der Beitragsschuldner Strom im Sinne des §1 Abs3 an verbundene Unternehmen, sind als Markterlöse für den Verkauf und die Lieferung von Strom jene Beträge anzusetzen, die marktüblichen Konditionen mit fremden Dritten auf derselben Stufe der Lieferkette entsprechen.
(5) Der EKB S beträgt 90 % der Überschusserlöse.
(6) Der EKB S stellt eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar (§4 Abs4 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988, BGBl Nr 400/1988).
Absetzbetrag für begünstigte Investitionen
(1) Vom gemäß §3 ermittelten EKB-S kann ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten von begünstigten Investitionsgütern nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Jänner 2024 anfallen. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung von begünstigten Investitionsgütern über diesen Zeitraum hinaus, kann der Absetzbetrag auch für nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Jänner 2024 anfallende Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend gemacht werden.
Begünstigte Investitionen eines verbundenen Unternehmens, das selbst nicht Beitragsschuldner (§5 Abs1) ist, können dem Beitragsschuldner zugerechnet werden. Sofern eine Zurechnung zu mehreren Beitragsschuldnern in Betracht kommt, ist eine sachgerechte Aufteilung der begünstigten Investitionen unter den Beitragsschuldnern vorzunehmen. Dabei ist nach einem einheitlichen Aufteilungsschlüssel vorzugehen und sicherzustellen, dass es nicht zu einer mehrfachen Berücksichtigung derselben begünstigten Investitionen kommt. Jedenfalls ausgeschlossen von der Zurechnung zum Beitragsschuldner sind von der Regulierungsbehörde anerkannte Investitionen oder Energieeffizienzmaßnahmen eines verbundenen Netzbetreibers.
(2) Begünstigte Investitionen sind im Ausmaß von 50 % der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Der Absetzbetrag für begünstigte Investitionen beträgt höchstens 36 Euro je MWh Strom bezogen auf die den Markterlösen gemäß §3 Abs2 Z2 zugrundeliegende gelieferte Menge. In Fällen des §3 Abs3 kann der Absetzbetrag ebenfalls berücksichtigt werden, wobei durch die Geltendmachung des Absetzbetrages bei Erzeugungskosten zwischen 140 Euro und 180 Euro je MWh Strom die Obergrenze von 180 Euro nicht überschritten werden darf.
(3) Der Absetzbetrag kann im Rahmen der Selbstberechnung vom fälligen Betrag (§5 Abs2) abgezogen werden.
Beitragsschuldner, Fälligkeit des Beitrags
(1) Beitragsschuldner ist
1. der Betreiber einer Anlage (§7 Abs1 Z20 ElWOG 2010) zur Erzeugung von Strom gemäß §1 Abs3 mit einer installierten Kapazität von mehr als 1 MW;
2. der Begünstigte eines Strombezugsrechtes aus Erzeugungsanlagen gemäß Z1. Strombezugsrechte sind langfristige Stromlieferungen, die entweder über Istwertaufschaltung direkt oder über Fahrpläne abgewickelt werden und deren Abgeltung nicht auf einem Marktpreis beruht. In diesen Fällen gilt der Betreiber gemäß Z1 insoweit nicht als Beitragsschuldner für die auf das Strombezugsrecht entfallenden Strommengen.
(2) Der EKB S wird zu folgenden Zeitpunkten fällig:
1. am 30. September 2023 für den Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023;
2. am 31. März 2024 für den Zeitraum 1. Juli 2023 bis 31. Dezember 2023.
(3) Die Fälligkeit eines gemäß §201 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, festgesetzten EKB S richtet sich nach Abs2.
Erhebung des Beitrags
(1) Die Erhebung des Beitrags obliegt dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt.
(2) Der Beitragsschuldner hat den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag (§5 Abs2) an das zuständige Finanzamt zu entrichten.
Plausibilitätsprüfung
Die Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E Control) hat auf Ersuchen des zuständigen Finanzamtes oder des Bundesfinanzgerichts im Anlassfall eine Plausibilitätsprüfung hinsichtlich einer allfälligen Beitragsschuldnerschaft sowie hinsichtlich der korrekten Höhe des durch den Beitragsschuldner selbst berechneten Beitrags vorzunehmen. Die E Control ist dazu befugt, in alle Daten und Unterlagen des Beitragsschuldners Einsicht zu nehmen und Auskünfte darüber vom Beitragsschuldner anzufordern. Vom Beitragsschuldner sind der E Control innerhalb von sechs Wochen alle Auskünfte zu beantworten sowie alle angefragten Unterlagen vorzulegen.
Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten
(1) Der Beitragsschuldner ist verpflichtet, Aufzeichnungen zu führen, aus denen sich die Veräußerung von Strom, der Einkauf von Strom, das Eingehen und die Realisierung von Strombezugs- und -veräußerungsrechten, die nach §3 relevanten Veräußerungserlöse sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Absetzbetrages nach §4 für den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2023 ergeben.
(2) Der Beitragsschuldner hat dem zuständigen Finanzamt am Fälligkeitstag (§5 Abs2) eine Aufstellung zu übermitteln, aus der sich die Berechnung des abgeführten Beitrags nachvollziehbar und überprüfbar ergibt.
(3) Der Beitragsschuldner hat der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie oder einem von ihr beauftragten Dienstleister folgende Daten und Unterlagen zum Zweck der Berichterstattung an die Europäische Kommission zu übermitteln:
1. bis zum 20. Jänner 2023 die von 1. Dezember bis 31. Dezember 2022 erzielten Überschusserlöse und
2. bis zum 20. April 2023 die von 1. Jänner bis 31. März 2023 erzielten Überschusserlöse.
Verordnungsermächtigungen
(1) Der Bundesminister für Finanzen wird gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt
1. die Ableitung der Markterlöse für erzeugte Strommengen im Sinne des §3 Abs2 Z2 sowie die Voraussetzungen samt Inlandsbezug für den Absetzbetrag für begünstigte Investitionen gemäß §4,
2. die Plausibilitätsprüfung gemäß §7 und
3. die Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten gemäß §8
mit Verordnung näher zu konkretisieren.
(2) Der Bundesminister für Finanzen wird gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt auch andere, als die in §4 Abs1 genannten Investitionen, als begünstigte Investitionen anzuerkennen. Voraussetzung dafür ist, dass solche Investitionen im Interesse der Energiewende und der Transformation zur Klimaneutralität gelegen sind. Dabei kann auch vorgesehen werden, dass auch solche Investitionen begünstigt sind, die vor dem 1. Jänner 2024 nachweislich begonnen haben und noch nicht abgeschlossen sind.
(3) Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes dürfen auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
Schlussbestimmung und Vollziehung
(1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist
1. hinsichtlich §3, §4, und §§7 bis 9 der Bundesminister für Finanzen gemeinsam mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie,
2. im Übrigen der Bundesminister für Finanzen
betraut.
(2) Der E Control sind die aufgrund dieses Gesetzes anfallenden Kosten vom Bundesminister für Finanzen aus den mit dem EKB S erzielten Einnahmen zu erstatten.
(3) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Gesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Inkrafttreten
Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Dezember 2022 in Kraft."
2. Die durch BGBl I 64/2023 novellierten Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom lauten wie folgt:
"Höhe des Beitrags
(1) […]
(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten
1. Überschusserlöse: eine positive Differenz zwischen den Markterlösen des Beitragsschuldners je MWh Strom und der jeweiligen Obergrenze für Markterlöse gemäß Z3.
[…]
3. Obergrenze für Markterlöse:
a) für Überschusserlöse, die von 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 erzielt wurden, beträgt die Obergrenze 140 Euro je MWh Strom;
b) für Überschusserlöse, die nach dem 31. Mai 2023 erzielt wurden, beträgt die Obergrenze 120 Euro je MWh Strom.
Absetzbetrag für begünstigte Investitionen
(1) […]
(2) Begünstigte Investitionen sind im Ausmaß von 50 % der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Der Absetzbetrag für begünstigte Investitionen beträgt höchstens 36 Euro je MWh Strom bezogen auf die den Markterlösen gemäß §3 Abs2 Z2 zugrundeliegende gelieferte Menge. In Fällen des §3 Abs3 kann der Absetzbetrag ebenfalls berücksichtigt werden, wobei für
– den Zeitraum von 1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023 bei Erzeugungskosten zwischen 140 Euro und 180 Euro je MWh Strom und
– den Zeitraum nach dem 31. Mai 2023 bei Erzeugungskosten zwischen 120 Euro und 180 Euro je MWh Strom
die Obergrenze von 180 Euro nicht überschritten werden darf.
Inkrafttreten
(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Dezember 2022 in Kraft.
(2) §3 Abs2 und §4 Abs2, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2023, treten mit 1. Juni 2023 in Kraft."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die antragstellende Gesellschaft sei in Österreich im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, tätig, aber nicht berechtigt, Strom an Endkunden zu verkaufen. Sie sei darauf angewiesen, den von ihr produzierten Strom über die Strombörse oder außerbörslich an Stromhändler zu verkaufen. Dazu habe die antragstellende Gesellschaft ein langfristiges Power Purchase Agreement mit einer zur Belieferung von Endkunden berechtigten Gesellschaft abgeschlossen und verkaufe bereits seit 1. November 2021 konstant und unabhängig von den Entwicklungen am Strommarkt Strom um € 0,17995/kWh (das entspricht € 179,‒/MWh) an diese Gesellschaft. Die Vertragspartnerin der antragstellenden Gesellschaft habe den Strom in den Jahren 2022 und 2023 deutlich teurer an Endverbraucher weiterverkauft.
Die antragstellende Gesellschaft habe in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen in die Errichtung und die Erweiterung von Windkraftanlagen getätigt, denen (noch) verhältnismäßig geringe Erlöse aus der Veräußerung der erzeugten Windenergie gegenüberstünden.
2. Ihre Antragslegitimation begründet die antragstellende Gesellschaft wie folgt:
2.1. Die antragstellende Gesellschaft sei als Stromerzeugerin Adressatin der angefochtenen Norm, die ihr die Verpflichtung auferlege, den Energiekrisenbeitrag-Strom ausgehend von ihren "Überschusserlösen" zu ermitteln und an das Finanzamt abzuführen. Beim Energiekrisenbeitrag-Strom handle es sich um eine Selbstberechnungsabgabe (§6 Abs2 EKBSG), deren Festsetzung grundsätzlich nicht in Form eines Bescheides erfolge. Da die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe schon auf Grund des Gesetzes bestehe, sei dieses für die antragstellende Gesellschaft unmittelbar wirksam geworden und greife nachteilig in deren Rechtssphäre, nämlich in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsausübung ein.
2.2. Der antragstellenden Gesellschaft stehe auch kein anderer zumutbarer Rechtsweg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit des EKBSG zur Verfügung. Zwar bestehe gemäß §201 Bundesabgabenordnung (BAO) die Möglichkeit, in bestimmten Fällen einen Bescheid über die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe zu erhalten. Die bescheidmäßige Festsetzung dürfe jedoch nur dann erfolgen, wenn der Abgabepflichtige der Behörde, obwohl er dazu verpflichtet sei, keinen selbst berechneten Betrag bekanntgebe oder sich seine Selbstberechnung als unrichtig erweise. Die antragstellende Gesellschaft habe ihren Energiekrisenbeitrag-Strom korrekt ermittelt, sodass ihr gegenüber keine bescheidmäßige Festsetzung erfolgen könne.
2.3. Dessen ungeachtet habe die antragstellende Gesellschaft am 27. Oktober 2023 einen Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe mit € 0,‒ gemäß §201 Abs3 Z1 BAO sowie auf Rückzahlung des sich aus der Festsetzung ergebenden Guthabens gestellt. Das Finanzamt habe diesen Antrag mit Bescheid vom 9. Jänner 2024 mit der Begründung abgewiesen, dass die Selbstberechnung der Abgabe durch die antragstellende Gesellschaft richtig gewesen sei und kein Anspruch auf bescheidmäßige Festsetzung bestehe. Da die antragstellende Gesellschaft durch diese Entscheidung nicht beschwert sei, würde eine dagegen erhobene Bescheidbeschwerde zurück- oder abgewiesen. Der antragstellenden Gesellschaft stehe sohin außer dem auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag kein anderer Rechtsweg zur Verfügung, um die behauptete Verfassungswidrigkeit des EKBSG geltend zu machen.
2.4. Damit ihr der Rechtsweg über eine bescheidmäßige Festsetzung nach §201 BAO eröffnet wäre, hätte die antragstellende Gesellschaft absichtlich eine falsche Selbstberechnung vornehmen müssen. In diesem Fall würde sie jedoch den Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 iVm Abs3 litc Finanzstrafgesetz verwirklichen und wäre der Gefahr einer finanzstrafrechtlichen Verfolgung und entsprechender Sanktionen ausgesetzt. Zudem würde sie zur Entrichtung von Säumniszuschlägen gemäß §217 BAO verpflichtet. Dieser mögliche Rechtsweg sei der antragstellenden Gesellschaft nicht zumutbar.
3. Die antragstellende Gesellschaft legt ihre Bedenken zusammengefasst wie folgt dar:
3.1. Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg 18.783/2009 ausgesprochen, dass das objektive Nettoprinzip, demzufolge Ertragssteuern an die Leistungsfähigkeit der Steuersubjekte anzuknüpfen hätten, ein Ausfluss des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes sei. Vor diesem Hintergrund erweise sich das EKBSG als gleichheits- und somit verfassungswidrig: Als Berechnungsgrundlage würden nicht die steuerpflichtigen Gewinne, sondern die erzielten Überschusserlöse herangezogen. Eine sachliche Rechtfertigung dafür sei nicht erkennbar. Auch sei die in §3 Abs2 Z3 EKBSG normierte Obergrenze von zunächst € 140,‒/MWh Strom, die für das zweite Halbjahr 2023 auf € 120,‒/MWh Strom gesenkt worden sei, willkürlich festgelegt worden.
3.2. Aus dem Zusammentreffen von umsatzsteuerlichen Regelungen und dem EKBSG ergäben sich komplizierte Rechtsfragen, die die antragstellende Gesellschaft vor unlösbare "Ratespiele" stellten. So sei dem angefochtenen Gesetz etwa nicht zu entnehmen, ob die Umsatzsteuer Teil des "Markterlöses" im Sinne des EKBSG sei; auch die Bedeutung des Begriffes "Erlös" sei unklar. Außerdem werde die antragstellende Gesellschaft anders als andere Unternehmer, die keinen Strom produzierten, mit zwei Verkehrssteuern belastet: Zum einen habe sie die Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen, zusätzlich sei aber noch der Energiekrisenbeitrag-Strom zu entrichten. Diese Doppelbesteuerung komme dabei nicht (wie vom Gesetzgeber vermeintlich intendiert) der Entlastung der Endkunden zu Gute, sondern diene der nicht zweckgebundenen Füllung des "Staatssäckels" und erweise sich aus diesem Grund als unsachlich.
3.3. Zusammen mit dem Energiekrisenbeitrag-Strom habe der Gesetzgeber einen Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger eingeführt, der seine Rechtsgrundlage im Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger (EKBFG), BGBl I 220/2022, habe. Bemessungsgrundlage des Energiekrisenbeitrages-fossile Energieträger sei jener Betrag, um den der steuerpflichtige Gewinn des Erhebungszeitraumes um mehr als 20 % über dem Durchschnittsbetrag des Vergleichszeitraumes liege (§§1 bis 3 EKBFG). Die Abgabe betrage 40 % dieser Bemessungsgrundlage, wobei Absetzbeträge für begünstigte Investitionen vorgesehen seien. Anders als im EKBSG werde in diesem Bundesgesetz also auf die tatsächlich erzielten "Übergewinne" abgestellt, weshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von im wesentlichen gleichen Tatbeständen vorliege, für die kein sachlicher Grund bestehe. Die faktische Besserbehandlung des fossilen Sektors mute unter den Aspekten des Klimaschutzes und der Versorgungssicherheit als nachgerade absurd an .
3.4. Überdies habe der Gesetzgeber gleichheitswidrig zwischen Stromerzeugern und Fernwärmeversorgern sowie zwischen Stromerzeugern und Stromhändlern unterschieden: Während die "Zufallsgewinne" der Stromerzeuger dem Energiekrisenbeitrag-Strom unterlägen, würden weder Fernwärmeversorger noch Stromhändler derartigen Abgaben unterworfen, obwohl auch sie von gestiegenen Preisen im Energiesektor profitierten. Für die Endverbraucher, die zu entlasten das Ziel des angefochtenen Gesetzes sei, ändere sich durch die Verpflichtung der Energiehersteller zur Leistung der Abgabe nichts, da die Preissteigerungen der vergangenen Jahre auf Stromhandelsunternehmen wie jenes, an das sich die antragstellende Gesellschaft vertraglich gebunden habe, zurückzuführen seien.
3.5. Das EKBSG erweise sich aber auch im Lichte seiner eigenen Zielsetzung als unsachlich: Mit dem EKBSG solle (den parlamentarischen Materialien zufolge) eine Senkung der Strompreise bei Endverbrauchern erzielt werden. Auch die Verordnung (EU) 2022/1854, auf der das Gesetz beruhe, sehe in ihrem Art10 Abs1 vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssten, dass alle Überschusserlöse, die sich aus der Anwendung der Obergrenze für die Markterlöse ergeben, gezielt zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden, mit denen Stromendkunden unterstützt werden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf diese Kunden abzumildern. Dieses Ziel habe das EKBSG in Wahrheit aber verfehlt; eine maßgebliche Preisreduktion für Endkunden sei ausgeblieben. Somit verstoße das EKBSG auch insofern gegen den Gleichheitsgrundsatz, als es zur Zielerreichung ungeeignet sei.
3.6. Das EKBSG sei am 29. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden, aber bereits am 1. Dezember 2022 in Kraft getreten (§11 Abs1 EKBSG). Weil mit dem EKBSG erhebliche Belastungen für Normadressaten einhergingen und diese auf den Fortbestand der geltenden Rechtslage hätten vertrauen dürfen, verstoße auch die in §11 Abs1 EKBSG angeordnete rückwirkende Geltung des Gesetzes gegen Art7 B VG. Im Fall der antragstellenden Gesellschaft sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sie überhaupt keinen Energiekrisenbeitrag-Strom zu leisten gehabt hätte, wenn Österreich die von der EU-Notfallmaßnahmenverordnung vorgesehene Obergrenze von € 180,‒/MWh übernommen hätte, da die von der antragstellenden Gesellschaft bereits lange vor dem Inkrafttreten des EKBSG vereinbarten Verkaufspreise unter dieser Grenze (nicht aber unter der Obergrenze nach dem EKBSG) liegen.
3.7. Die antragstellende Gesellschaft erachtet sich darüber hinaus in ihrem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt. Der Energiekrisenbeitrag-Strom sei eine Steuer mit konfiskatorischem Effekt und stelle im Hinblick auf das dem angefochtenen Gesetz zugrunde liegende Allgemeininteresse einen unverhältnismäßigen Eingriff dar, sodass das EKBSG auch in Widerspruch zu Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK stehe.
3.8. Soweit das EKBSG die bei der Ausübung der Geschäftstätigkeit der antragstellenden Gesellschaft generierten Einnahmen betreffe, greife es auch in den Schutzbereich des Art6 StGG und somit in die Erwerbsausübungsfreiheit der antragstellenden Gesellschaft ein und verletze dieses Grundrecht, da die getroffenen Regelungen weder im öffentlichen Interesse lägen noch verhältnismäßig seien.
3.9. Außerdem bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass die Verordnung (EU) 2022/1854, in Umsetzung derer das EKBSG erlassen worden sei, ihrerseits gegen das europäische Primärrecht verstoße und nichtig sei, weil Art122 Abs1 AEUV, auf den sich die Verordnung berufe, keine geeignete Rechtsgrundlage für deren Erlassung darstelle. Sofern von einer Determiniertheit des EKBSG durch diese Verordnung ausgegangen werde, regt die antragstellende Gesellschaft an, die Frage der Wirksamkeit der Art6 bis 8 der Verordnung dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Unabhängig davon habe die Gültigkeit der genannten unionsrechtlichen Verordnung mit 30. Juni 2023 geendet. Dadurch sei das EKBSG, das darüber hinaus in Geltung stehe, seit dem 1. Juli 2023 nur mehr am Maßstab des österreichischen Verfassungsrechtes zu messen.
Schließlich verletze das EKBSG in der Grundrechtecharta der Europäischen Union gewährleistete Grundrechte, insbesondere das Recht auf Nichtdiskriminierung gemäß Art21 GRC sowie die Eigentumsfreiheit gemäß Art17 GRC. Da diese Garantien in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung glichen, seien sie als Maßstab für das verfassungsgerichtliche Normenkontrollverfahren heranzuziehen.
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in welcher sie auszugsweise Folgendes ausführt:
"[…]
II. Zu den Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:
[…]
Im Zusammenhang mit Individualanträgen betreffend Selbstberechnungsabgaben (mitunter auch Selbstbemessungsabgaben genannt) vertritt der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Möglichkeit besteht, einen Antrag auf Rückerstattung der im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgaben nach dem jeweils angegriffenen Gesetz mit der Begründung zu stellen, die Abgabenentrichtung hätte sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes als unrichtig erwiesen (beginnend mit VfSlg 9571/1982, 9867/1983 und 9900/1983).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf die vorliegenden Individualanträge führt zur Unzulässigkeit derselben:
Die Antragssteller sind zwar als Beitragsschuldner des EKB-S Normadressaten der angefochtenen Bestimmungen, das EKBSG greift in ihre Rechtssphäre ein, jedoch nicht unmittelbar: Den Antragsstellern steht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Festsetzung gemäß §201 BAO zur Verfügung. Dazu kann auch auf die Ausführungen im Individualantrag G8/2024 (Seite 20, Rz. 63 ff.) verwiesen werden, in denen die Antragsteller selbst angeben, dass gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Bescheidbeschwerde erhoben wurde und eine Beschwerde gemäß Art144 B VG beabsichtigt ist, sollte das Bundesfinanzgericht die Argumentation des Finanzamts teilen. Der Individualantrag erfolge 'aus anwaltlicher Vorsicht' und im Hinblick auf die Rechtsprechung zur fehlenden Anlassfallwirkung nach Bekanntgabe eines Prüfungsbeschlusses […]
Aus – offenbar erst nach Einbringung der gegenständlichen Anträge – ergangenen Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichts ergibt sich mittlerweile, dass es die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragsteller nicht teilt und entsprechende Beschwerden als unbegründet abgewiesen wurden (BFG 16.2.2024, RV/7100521/2024 [FINDOK 143633, laut der Anmerkung in der Findok ist zu diesem Verfahren eine VfGH-Beschwerde zur Zahl E1287/2024 anhängig]; vgl weiters FINDOK 143757, 143932 und 143844).
Auch den Ausführungen im Antrag G14/2024 (Seite 11 f.), wonach kein anderer zumutbarer Rechtsweg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit des EKBSG zur Verfügung stand, kann nicht gefolgt werden. Das in FN 7 zitierte VwGH-Judikat (Zl 89/14/0057) scheint für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, zumal es dort (nur) um einen Aussetzungsbescheid gemäß §281 BAO in der Fassung BGBl Nr 194/1961 ging. Der Beschwerdeführer sah sich im Recht auf Durchführung des Berufungsverfahrens ohne Aussetzung sowie auf Wahrung des Parteiengehöres und ordnungsgemäße Bescheidbegründung verletzt, es wurden jedoch offenbar keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die materielle Rechtslage (dort offenbar zu einer Frage des gewerblichen Grundstückshandels, vgl die verwiesene Zl 89/14/0004) geäußert.
Die antragstellende Gesellschaft zu G14/2023 bringt vor, sie hätte eine falsche Selbstberechnung vornehmen müssen und sich mit der Abgabe einer 'Nullmeldung' ua der Gefahr einer finanzstrafrechtlichen Verfolgung im Sinne des §33 Abs1 in Verbindung mit 3 litc (gemeint wohl litb) des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) ausgesetzt; es wäre unzumutbar, durch Provozierung eines Strafbescheides einen Weg zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der den Bescheid tragenden Rechtsvorschrift zu eröffnen. Auch diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen:
Grundsätzlich macht sich nach §33 Abs1 FinStrG derjenige der Abgabenhinterziehung schuldig, der vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Ob das Delikt des §33 FinStrG tatsächlich verwirklicht wird, hängt demnach davon ab, ob abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten verletzt wurden. Mit der Offenlegung der nach der geltenden Rechtslage anzusetzenden Bemessungsgrundlagen wäre die Offenlegungspflicht nicht verletzt und daher das Finanzvergehen nach §33 Abs1 und 3 litb FinStrG nicht verwirklicht worden.
Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit Selbstberechnungsabgaben und möglichen finanzstrafrechtlichen Konsequenzen schon mehrfach die Zumutbarkeit des Bescheidverfahrens bejaht, vgl zB aus VfSlg 19.564/2011: 'Die antragstellenden Gesellschaften können somit entweder (im Falle bereits erfolgter Abfuhr) im Wege eines Rückzahlungsantrages oder aber durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung nach §201 BAO erwirken. Dieser Weg ist zumutbar (vgl hiezu VfSlg 13.105/1992, 16.193/2001 mwN). Die antragstellenden Gesellschaften würden sich bei einer solchen Vorgangsweise auch nicht der Gefahr einer finanzstrafrechtlichen Verfolgung aussetzen (vgl §49 Abs1 lita FinStrG)'.
Wenn die Antragsteller argumentieren, 'dass bei verfassungskonformer Auslegung des EKBSG der EKB-S mit 0,00€ hätte festgesetzt werden müssen, weshalb die Abweisung [des Antrages auf Erlassung von Steuerbescheiden] unzulässig war' und ausführen (in Antrag G8/2024 Seite 19 Rz. 65), dass sie 'bewusst gegen das Gesetz verstoßen und sich der Gefahr von Säumniszuschlägen aussetzen' müssten, um einen bekämpfbaren Steuerbescheid zu erhalten, ist ihnen entgegen zu halten, dass dies angesichts des von den Antragstellern selbst angesprochenen Abweisungsbescheides und der Bescheidbeschwerde nicht schlüssig ist. Ein erwirkter Abweisungsbescheid betreffend die Festsetzung stellt nämlich einen bekämpfbaren Bescheid dar und eröffnet damit einen zumutbaren Rechtsweg, um die verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Etwaige drohende Säumniszuschläge begründen keine Legitimation zur Anfechtung von Gesetzen oder Verordnungen mittels Individualantrag, weil die Verpflichtung zur Zahlung des Säumniszuschlags hinausgeschoben bzw vermieden werden kann (vgl etwa §217 Abs4 BAO; VfSlg 13.868/1994).
Den Antragstellern steht somit die Möglichkeit offen, eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zu erwirken. Gegen diese Entscheidung kann in der Folge gemäß Art144 Abs1 B VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben und [können] auf diesem Wege die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen an den Verfassungsgerichtshof herantragen werden. Sollte das Bundesfinanzgericht die Bedenken der Antragsteller teilen, was nach den oben zitierten Erkenntnissen jedoch nicht der Fall ist, hätte es gemäß Art89 Abs2 in Verbindung mit Art135 Abs4 B VG einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art140 Abs1 Z1 lita B VG zu stellen.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass die Anträge zur Gänze unzulässig sind.
[…]"
In der Sache tritt die Bundesregierung dem Antrag mit näherer Begründung entgegen und beantragt, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag als unzulässig zurückweisen, in eventu aussprechen möge, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.
IV. Zur Zulässigkeit des Antrages
1. Der Antrag ist unzulässig.
2. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
3. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
4. Die antragstellende Gesellschaft begründet ihre Antragslegitimation damit, dass ihr kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung stehe, um die behauptete Verfassungswidrigkeit des EKBSG geltend zu machen. Zwar sehe §201 BAO vor, dass auf Antrag des Abgabepflichtigen eine Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben wie dem Energiekrisenbeitrag-Strom (§6 Abs2 EKBSG) mit Abgabenbescheid zu erfolgen habe. Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides sei jedoch, dass der Abgabepflichtige der Behörde keine Selbstberechnung übermittle oder sich diese als unrichtig erweise. Wer zur Entrichtung des Energiekrisenbeitrag-Strom verpflichtet sei, aber keine oder eine unrichtige Selbstberechnung vornehme, verwirkliche jedoch den Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 iVm Abs3 litc Finanzstrafgesetz. Es sei der antragstellenden Gesellschaft nicht zuzumuten, sich strafrechtswidrig verhalten zu müssen, nur um ein Straferkenntnis zu erwirken und die Frage der Verfassungsmäßigkeit des EKBSG auf diesem Weg an den Verfassungsgerichtshof herantragen zu können. Ferner müsste die antragstellende Gesellschaft auf diesem Rechtsweg auch mit der Verhängung von Säumniszuschlägen gemäß §217 BAO rechnen.
5. Diese Rechtsansicht vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu teilen:
5.1. Beitragsschuldner des Energiekrisenbeitrages-Strom ist gemäß §5 Abs1 Z1 EKBSG der Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von Strom gemäß §1 Abs3 EKBSG. §6 Abs2 EKBSG sieht vor, dass der Beitragsschuldner den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag an das zuständige Finanzamt zu entrichten hat. Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß §201 Abs1 BAO nach Maßgabe des Abs2 und muss nach Maßgabe des Abs3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, der Abgabenbehörde keinen selbst berechneten Betrag bekannt gibt oder sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Nach §201 Abs2 Z3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des §303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Nach §201 Abs3 Z1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht wird.
5.2. Die antragstellende Gesellschaft kann somit nach Vornahme der Selbstberechnung eine Festsetzung mit dem Hinweis beantragen, die Selbstberechnung erweise sich als nicht richtig (vgl VfSlg 9571/1982; 9867/1983; 9900/1983; 19.883/2014). Bei Beschreitung dieses Weges befände sie sich, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach den zitierten Vorschriften betrifft, in keiner anderen Situation als Abgabepflichtige, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Bescheiden rügen wollen. Es ist daher nicht erkennbar, dass die antragstellende Gesellschaft ein Straferkenntnis erwirken müsste, um die Frage der Verfassungsmäßigkeit an den Verfassungsgerichtshof herantragen zu können.
5.3. Der antragstellenden Gesellschaft steht somit die Möglichkeit offen, im abgabenbehördlichen Verfahren eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zu erwirken, in welcher über das Bestehen einer Verpflichtung zur Entrichtung des Energiekrisenbeitrag Strom abgesprochen wird. Gegen eine derartige Entscheidung kann sie in der Folge gemäß Art144 Abs1 B VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Normen anders als im Wege des – bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten – Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof herantragen.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht steht der antragstellenden Gesellschaft zudem die Möglichkeit offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Gesetzesbestimmungen vorzutragen und das gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B VG antragsberechtigte Bundesfinanzgericht zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zu veranlassen.
5.4. Wie die antragstellende Gesellschaft ausführt, hat sie den skizzierten, behauptetermaßen unzumutbaren Rechtsweg bereits beschritten: Ihr auf bescheidmäßige Festsetzung des Energiekrisenbeitrages-Strom sowie auf Rückzahlung des sich aus dieser Festsetzung ergebenden Guthabens gerichteter Antrag wurde mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 9. Jänner 2024 als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hätte die antragstellende Partei Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gemäß Art130 Abs1 Z1 B VG erheben können.
6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besteht ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung einer behaupteten Verfassungswidrigkeit, der die Zulässigkeit eines auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrags ausschließt, wenn im Fall des Betroffenen ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das Gelegenheit zu einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg 8312/1978, 9939/1984, 10.857/1986, 11.823/1988). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig war, in welchem der Antragsteller über die Möglichkeit verfügte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (vgl VfSlg 12.810/1991 und 13.344/1993). Ein Individualantrag wäre in diesen Fällen nur bei Vorliegen von – hier nicht behaupteten – besonderen, außergewöhnlichen Umständen zulässig (VfSlg 8312/1978, 11823/1988, 14.710/1996, 17.131/2004, 17.966/2006, 19.293/2011).
7. Da der antragstellenden Gesellschaft sohin ein zumutbarer Rechtsweg zur Verfügung stand, um die behauptete Verfassungswidrigkeit des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom geltend zu machen, erweist sich der auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützte Antrag schon aus diesem Grund als unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.