G2151/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, §27 Abs2 des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl 76/1985, idF BGBl I 37/2023 als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
§11 und §27 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 37/2023 lauten wie folgt (die angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):
" C. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht
Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht
§11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des §12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im §5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im §5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnische Schule – mindestens gleichwertig ist.
(2a) Die Abs1 und 2 gelten nicht für Schülerinnen und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß §8h Abs2 oder einen Deutschförderkurs gemäß §8h Abs3 des Schulorganisationsgesetzes zu besuchen haben. Diese Schülerinnen und Schüler haben ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.
(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion anzuzeigen. Die Anzeige hat
1. jeweils bis eine Woche nach dem Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres zu erfolgen und
2. jedenfalls die folgenden Angaben und Urkunden zu enthalten:
a) Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum und Anschrift jener Person, welche das Kind führend unterrichten wird,
b) den Ort, an dem der Unterricht erfolgen soll,
c) das Jahreszeugnis über das vorangehende Schuljahr oder ein Zeugnis über die Externistenprüfung über die vorangehende Schulstufe,
d) den Lehrplan, nach welchem, und die Schulstufe, auf der der Unterricht erfolgen soll, sowie
e) eine Zusammenfassung des pädagogischen Konzepts für den Unterricht.
(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in §5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, wenn die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs2 hat ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien stattzufinden, wobei ein Rechtfertigungsgrund gemäß §9 Abs3 diese Frist hemmt. Das Reflexionsgespräch ist
1. mit Kindern oder Jugendlichen, die am häuslichen Unterricht auf der Vorschulstufe oder der 1. bis 8. Schulstufe teilnehmen, an jener Schule, die bei Untersagung des häuslichen Unterrichts zu besuchen wäre, oder, wenn gemäß Abs3 Z2 litd der Lehrplan einer allgemeinbildenden höheren Schule angegeben wurde, an einer Schule dieser Schulart, und
2. mit Kindern oder Jugendlichen, die am häuslichen Unterricht auf der 9. Schulstufe teilnehmen an einer Schule, an welcher der gemäß Abs3 Z2 litd angegebene Lehrplan geführt wird, durchzuführen. Wenn das Kind gemäß Z1 vor Ablauf dieser Frist aus dem Sprengel dieser Schule verzogen ist und bei Reflexionsgesprächen gemäß Z2, hat das Reflexionsgespräch mit zumindest einem Mitglied der Prüfungskommission gemäß Abs5 zu erfolgen.
(5) Die Prüfung des zureichenden Erfolges gemäß Abs4 erster Satz muss an einer Schule im örtlichen Zuständigkeitsbereich jener Schulbehörde abgelegt werden, die für die Einhaltung der Schulpflicht zuständig ist. Die Schulbehörden haben mit Verordnung gemäß §42 Abs4 des Schulunterrichtsgesetzes zumindest zwei Prüfungskommissionen einzurichten.
(6) Die Bildungsdirektion hat die Teilnahme an einem solchen Unterricht zu untersagen und anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des §5 zu erfüllen hat, wenn
1. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist, oder
2. gemäß Abs2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist, oder
3. das Reflexionsgespräch gemäß Abs4 nicht durchgeführt wurde, oder
4. eine Prüfung aufgrund der Bestimmung gemäß §42 Abs6 letzter Satz des Schulunterrichtsgesetzes vor dem Ende des Unterrichtsjahres, für welche der häusliche Unterricht angezeigt wurde, nicht möglich ist, oder
5. Umstände hervortreten, aufgrund welcher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs2 dem Besuch einer öffentlichen Schule nicht mindestens gleichwertig ist, oder
6. der Nachweis des zureichenden Erfolges vor dem Ende des Unterrichtsjahres nicht erbracht wurde. Treten Umstände hervor, die eine Gefährdung des Kindeswohls befürchten lassen, so sind, wenn nicht gemäß §78 der Strafprozessordnung 1975, BGBl Nr 631/1975 vorzugehen ist, die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung oder die Kinder- und Jugendhilfe zu informieren.
[…]
Verfahren
§27. (1) Soweit zur Durchführung von Verfahren andere Organe (zB Schulleiter) als die Schulbehörden berufen sind, finden die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung. Auf diese Verfahren ist §70 Abs2 bis 4 des Schulunterrichtsgesetzes anzuwenden. Gegen Entscheidungen in diesen Angelegenheiten ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. §71 Abs1, 2a und 3 des Schulunterrichtsgesetzes finden sinngemäß Anwendung.
(2) In den Fällen des §11 Abs6 beträgt die Frist für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht fünf Tage. Das Bundesverwaltungsgericht hat ab Vorlage solcher Beschwerden binnen vier Wochen zu entscheiden. "
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 30. Juni 2023 zeigte die Erstbeschwerdeführerin des Anlassverfahrens die Teilnahme ihrer Tochter (Zweitbeschwerdeführerin im Anlassverfahren) an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2023/2024 bei der Bildungsdirektion für Wien an.
Mit Bescheid vom 28. August 2023 untersagte die Bildungsdirektion für Wien die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin im Anlassverfahren an häuslichem Unterricht (Spruchpunkt I.), ordnete an, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Anlassverfahren ihre Schulpflicht im Schuljahr 2023/2024 an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule iSd §5 Schulpflichtgesetz 1985 zu erfüllen habe (Spruchpunkt II.), wies die Erstbeschwerdeführerin im Anlassverfahren auf ihre Pflicht, für die Erfüllung der Schulpflicht der Zweitbeschwerdeführerin im Anlassverfahren zu sorgen, hin (Spruchpunkt III.) und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus (Spruchpunkt IV.).
Gegen diese Entscheidung erhob die Erstbeschwerdeführerin im Anlassverfahren Beschwerde. Die Bildungsdirektion für Wien wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. September 2023 als verspätet zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 die Frist zur Erhebung der Beschwerde fünf Tage betrage. Da der Bescheid der Erstbeschwerdeführerin im Anlassverfahren am 31. August 2023 zugestellt worden sei, sei die am 7. September 2023 erhobene Beschwerde verspätet.
Gegen diese Entscheidung stellte die Erstbeschwerdeführerin des Anlassverfahrens einen Vorlageantrag.
2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, der Sache nach wie folgt dar:
"[…]
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass eines gleichgelagerten, bei ihm anhängigen Beschwerdefalles mit Beschluss vom 29. Juni 2023, E867/2023, gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B VG die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §27 Abs2 SchPflG i.d.F. BGBl I Nr 35/2018 von Amts wegen beschlossen. In der Begründung dieses Beschlusses legt der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken wie folgt näher dar:
'Abweichend von §7 Abs4 VwGVG ordnet §27 Abs2 iVm §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985 idF BGBl I 35/2018 an, dass die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid der Bildungsdirektion in Fällen des §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985 fünf Tage beträgt.
Die Verkürzung der Beschwerdefrist in diesen Fällen sowie die verkürzte Entscheidungsfrist für das Bundesverwaltungsgericht wurden erstmals in §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 idF BGBl I 35/2018 vorgesehen und traten mit 1. September 2018 in Kraft. Bis zur Novellierung des Schulpflichtgesetzes 1985 durch BGBl I 232/2021 hatten die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten eines schulpflichtigen Kindes den Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder die Teilnahme an häuslichem Unterricht gemäß §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985 erst jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Gesetzgeber begründet die Verkürzung der Rechtsmittelfrist und der Entscheidungsfrist für das Bundesverwaltungsgericht damit, dass 'die Verfahrensabläufe zu Gunsten der Rechtsklarheit zeitlich gestrafft werden' sollen (Erläut zur RV 107 BlgNR 26. GP, 10).
Seit der genannten Novelle endet die Anzeigefrist jedoch schon mit dem Ende des vorhergehenden Schuljahres. Dadurch wurde das Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung insoweit abgeschwächt, als seither die gesamten Hauptferien – also neun Wochen – zwischen dem Ende der Anzeigefrist und dem Beginn des neuen Schuljahres, zu welchem Rechtssicherheit über den weiteren Schulbesuch bestehen soll, liegen.
In sämtlichen Novellen des Schulpflichtgesetzes 1985 seit der Fassung BGBl I 35/2018 wurden im Interesse der Verfahrensbeschleunigung ausschließlich die Beschwerdefrist für die Partei sowie die Entscheidungsfrist für das Bundesverwaltungsgericht eingeschränkt. Der Gesetzgeber hat jedoch keine Vorkehrungen für eine (wesentliche) Beschleunigung der Verfahren vor der Schulbehörde getroffen. Dieser steht weiterhin einerseits die allgemeine Entscheidungsfrist von sechs Monaten gemäß §73 Abs1 AVG zu sowie – falls eine Beschwerde erhoben wird – die zweimonatige Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß §14 Abs1 VwGVG. Sollte ein Vorlageantrag eingebracht werden, gibt es darüber hinaus weder im VwGVG noch im Schulpflichtgesetz 1985 eine Frist, binnen derer die Schulbehörde dem Antrag nachzukommen hat.
Die beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens kommt daher ausschließlich in einer Verkürzung der Beschwerdefrist sowie der Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausdruck. Eine einseitige Belastung Rechtsunterworfener ist jedoch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht zulässig (vgl VfSlg 20239/2018 mwN).
Eine Unerlässlichkeit der Verkürzung der Beschwerdefrist auf fünf Tage in den Fällen des §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 vermag der Verfassungsgerichtshof daher vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung vorläufig nicht zu erkennen.
Der Verfassungsgerichtshof anerkennt grundsätzlich sowohl die Besonderheiten verschiedener Verfahren, die Abweichungen von Regelungen einheitlicher Verfahrensgesetze im Sinne von Art136 Abs2 iVm Art11 Abs2 B VG erforderlich machen können (vgl zum Asylrecht iVm den Bestimmungen des AVG VfSlg 13.831/1994, 13.834/1994, 13.838/1994, 15.218/1998, 17.340/2004), als auch das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Planbarkeit der Unterrichtsorganisation und Rechtssicherheit hinsichtlich des Schulbesuchs vor Beginn des nächsten Schuljahres.
Mit der Verkürzung der Beschwerdefrist von vier Wochen auf fünf Tage dürfte der Gesetzgeber erreichen, dass Verfahren gemäß §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985 insgesamt – nimmt man an, dass Beschwerdeführer die ihnen zur Verfügung stehende Frist voll ausschöpfen – um etwas mehr als drei Wochen verkürzt werden. Eine weitere Verkürzung um fünf Monate dürfte im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erreicht werden.
Zugleich ist aber für diese Verfahren keine gesetzliche Vorkehrung für eine (wesentliche) Beschleunigung des Verfahrens vor der Schulbehörde getroffen. Für die Bildungsdirektion gilt weiterhin die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß §73 Abs1 AVG.
Wenn die Schulbehörde etwa nach Einlangen einer (rechtzeitigen) Anzeige nach §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985 ihre Entscheidungsfrist von sechs Monaten voll ausschöpft, ergeht ein etwaiger Bescheid im Jänner des Folgejahres. Sollte im Anschluss eine Beschwerde (rechtzeitig binnen fünf Tagen) eingebracht werden, könnte entweder das Bundesverwaltungsgericht gleich binnen vier Wochen entscheiden oder die Schulbehörde erneut binnen zwei Monaten eine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Sollte ein Vorlageantrag eingebracht werden, kann das Bundesverwaltungsgericht frühestens binnen vier Wochen ab der Vorlage eine Entscheidung treffen. Die laut Gesetzgeber angestrebte Rechtssicherheit wäre dann – wie im Anlassfall – erst im Februar oder gar erst April gegeben.
Damit dürfte es aber ausgeschlossen sein, dass die Verkürzung der Beschwerdefrist als unerlässlich zur Erreichung des öffentlichen Interesses der Planbarkeit der Unterrichtsorganisation und Rechtssicherheit hinsichtlich des Schulbesuchs vor Beginn des nächsten Schuljahres gilt. Die Verkürzung der Beschwerdefrist dürfte somit als nicht erforderlich gegen Art136 Abs2 B VG verstoßen.'
3.2. Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Bedenken. Da §27 Abs2 SchPflG i.d.F. BGBl I Nr 37/2023, mit Ausnahme des Verweises auf §11 Abs6 SchPflG (anstatt auf §11 Abs3 SchPflG), wortident mit §27 Abs2 i.d.F. BGBl I Nr 35/2018 ist, ist der aus dem Spruch ersichtliche Aufhebungsantrag zu stellen. Der beantragte Aufhebungsumfang entspricht dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 2023, E867/2023.
[…]"
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie im Wesentlichen inhaltlich auf die im Verfahren zu G261/2023 erstattete Äußerung verweist.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass das Bundesverwaltungsgericht die in seinem Antrag angefochtene Bestimmung in seiner Entscheidung (denkmöglich) anzuwenden hat.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Der Antrag ist nicht begründet.
2.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht begründet den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag der Sache nach damit, dass der Verfassungsgerichtshof aus Anlass eines gleichgelagerten, bei ihm anhängigen Beschwerdefalles mit Beschluss vom 29. Juni 2023, E867/2023, gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B VG die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 35/2018 von Amts wegen beschlossen habe. Das Bundesverwaltungsgericht teile die im Beschluss ausgeführten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes.
Da §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 37/2023 mit Ausnahme des Verweises auf §11 Abs6 Schulpflichtgesetz 1985 (anstatt auf §11 Abs3 Schulpflichtgesetz 1985) wortident mit §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 35/2018 sei, sei der Aufhebungsantrag zu stellen.
2.2.2. Seit der Novelle BGBl I 35/2018 ergibt sich aus §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 eine Frist von fünf Tagen für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht.
Bis zur Novelle BGBl I 37/2023 enthielt §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 einen Verweis auf §11 Abs3 leg cit. Demnach konnte die Bildungsdirektion die Teilnahme an häuslichem Unterricht oder
am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht untersagen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass die in §11 Abs1 oder 2 Schulpflichtgesetz 1985 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben oder wenn gemäß §11 Abs2a leg cit eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen war.
Mit der Novelle BGBl I 37/2023 wurde der Verweis in §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 durch einen Verweis auf §11 Abs6 leg cit ersetzt. §11 Schulpflichtgesetz 1985 wurde durch die Novelle BGBl I 37/2023 dahingehend geändert, dass vor dem Hintergrund der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit alle Untersagungsgründe und Gründe für die Anordnung des Unterrichts an einer Schule gemäß §5 Schulpflichtgesetz 1985 in §11 Abs6 Schulpflichtgesetz 1985 zusammengefasst wurden (Erläut zur RV 1956 BlgNR 27. GP, 2).
2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 4. März 2024, G261/2023, festgestellt, dass §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 35/2018 nicht verfassungswidrig war. Da sich die rechtlichen Wirkungen des §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985 durch die Novelle BGBl I 37/2023 nicht geändert haben, kann sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken, auf die Entscheidungsgründe seines zu G261/2023 am 4. März 2024 gefällten Erkenntnisses hinzuweisen.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §27 Abs2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl 76/1985, idF BGBl I 37/2023 erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.