Leitsatz
Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Rechtsstaatsprinzip durch die fünftägige Widerspruchsfrist gegen Entscheidungen der Schule im Provisorialverfahren nach dem SchUG; Außerkrafttreten der Entscheidungen der Schule und Einleitung eines ordentlichen behördlichen Verfahrens nach dem AVG durch Einbringung eines form- und begründungslosen Widerspruchsschreibens; kein Verstoß gegen das Prinzip der faktischen Effektivität des Rechtsschutzes durch das einfache Widerspruchsverfahren sowie die geringen sachlichen und zeitlichen Anforderungen an das – binnen kurzer Frist einzubringende – Rechtsmittel; Erforderlichkeit einer kurzen Rechtsmittelfrist zur Erhaltung eines effektiven und reibungslosen Schulbetriebs und Gewährleistung der notwendigen Planungs- und Rechtssicherheit für Schüler, Erziehungsberechtigte sowie Schulen
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, die Wortfolge "innerhalb von fünf Tagen" in §71 Abs1 SchUG, BGBl 472/1986, idF BGBl I 19/2021 als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), BGBl 472/1986, idF BGBl I 19/2021 lauteten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Verfahren
§70. (1) Soweit zur Durchführung von Verfahren andere Organe als die Schulbehörden berufen sind, finden die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung und sind in den nachstehend angeführten Angelegenheiten die Absätze 2 bis 4 anzuwenden:
a) Aufnahme in die Schule und Übertritt in eine andere Schulart oder eine andere Form oder Fachrichtung einer Schulart (§§3 bis 5, 29 bis 31),
[…]
Provisorialverfahren (Widerspruch)
§71. (1) Gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des §70 Abs1 ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.
(2) Gegen die Entscheidung,
a) daß die Einstufungs , Aufnahms- oder Eignungsprüfung nicht bestanden worden ist (§§3, 8, 28 bis 31),
b) betreffend den Wechsel von Schulstufen (§17 Abs5),
c) dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß §20 Abs6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit §25),
d) daß die Aufnahmsprüfung gemäß §31b Abs3 nicht bestanden worden ist,
e) dass der Schüler auf der nächsten Schulstufe gemäß einem anderen Leistungsniveau unterrichtet wird (§31b Abs7),
f) daß eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlußprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§38, 41, 42),
g) dass dem Ansuchen gemäß §26a nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde,
h) dass der letztmögliche Antritt zu einer Ausgleichsprüfung gemäß §30 Abs6 nicht bestanden worden ist, ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat den Widerspruch unter Anschluß einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluß aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.
(2a) Mit Einbringen des Widerspruches tritt die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des §70 Abs1 und des §71 Abs2 außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.
(3) – (7a) […]
(9) Gegen andere als in Abs1 und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig.
[…]
Fristberechnung
§74. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) […]
(3) Der Beginn und Lauf einer Frist wird durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert.
(4) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, so ist der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen.
(5) – (6) […]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Mit Erledigung der Schulleitung der Volksschule *** vom 24. März 2023 wurde der im Anlassverfahren beschwerdeführenden Partei gemäß §6 Abs2b und 2e Schulpflichtgesetz 1985 mitgeteilt, dass bei ihrem schulpflichtigen Kind die Schulreife nicht vorliege und die Aufnahme des Kindes in die Vorschulstufe mit besonderer Sprachförderung in Deutschförderkursen erfolge.
1.2. Gegen die am 4. April 2023 zugestellte Erledigung erhob die im Anlassverfahren beschwerdeführende Partei mit undatiertem Schreiben, das am 14. April 2023 persönlich in der Volksschule abgegeben wurde, einen begründeten Widerspruch. Mit Bescheid vom 24. April 2023 wies die Bildungsdirektion für Oberösterreich den Widerspruch als verspätet zurück, weil der 11. April 2023 der letzte Tag der Frist zur Einbringung gewesen sei.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die im Anlassverfahren beschwerdeführende Partei Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"5.2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Widerspruchsfrist von fünf Tagen in §71 Abs1 SchUG.
5.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht hegt verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend, dass die gegenüber anderen Provisorialverfahren stark verkürzte Frist zur Erhebung des Widerspruchs dem Gleichheitsgebot iSd Art7 B VG widerspricht.
Für alle Entscheidungen nach §70 Abs1 und §71 Abs2 SchUG gilt gemäß §71 Abs1 und Abs2 SchUG eine Frist zur Erhebung eines Widerspruchs von fünf Tagen. Gemäß §74 Abs1 SchUG beginnt diese Frist am Tag nach der Zustellung und der Lauf der Frist wird durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert (§74 Abs3 SchUG). Bei einem Ende an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag ist der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen (§74 Abs3 SchUG).
Die sehr kurze Widerspruchsfrist geht (ebenso wie die Nichtanwendbarkeit des AVG für die Entscheidungen der Schulorgane) auf die Änderung des Schulunterrichtsgesetzes mit BGBl Nr 231/1977 zurück. In diesem war zunächst im Entwurf RV 401 dB XIV. GP in §71 Abs1 SchUG eine 1 wöchige Berufungsfrist für Entscheidungen in den Angelegenheiten des §70 Abs1 SchUG vorgesehen. In §71 Abs2 SchUG war hingegen eine fünftägige Berufungsfrist mit der Begründung vorgesehen, 'eine knapp vor dem Ende des Unterrichtsjahres abzuhaltende Konferenz stünde einer rechtzeitigen Erledigung anhängiger Rechtsmittel vor Beginn des nächsten Schuljahres entgegen. [...] [Dem] wurde damit begegnet, dass die Durchführung der Konferenz zu Beginn der zweiten Woche vor Ende des Unterrichtsjahres vorgeschrieben wird und dass zum zweiten, die Frist für die Einbringung von Berufungen gegen Entscheidungen, die in der Konferenz gemäß §20 Abs6 zu treffen sind, auf fünf Tage verkürzt wurde (siehe §71 Abs2).' (vgl RV 401 dB XIV. GP S13, 15 16).
Mit dem Ausschussbericht 498 dB XIV.GP (S1 2 und 8) wurde ohne weitere Begründung auch die Berufungsfrist in §71 Abs1 von einer Woche auf fünf Tage gekürzt.
Damit wurde für alle Entscheidungen – mit Ausnahme jener gemäß §71 Abs2 litb SchUG (in der aktuellen Fassung §71 Abs2 litc SchUG) betreffend Entscheidungen die in der Konferenz gemäß §20 Abs6 SchUG zu treffen sind – begründungslos die Berufungsfrist von einer Woche auf fünf Tage herabgesetzt.
Diese Frist wurde auch im Zuge der Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit beibehalten.
Aus den Materialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ergibt sich, dass es dem einfachen Gesetzgeber – wie im vorliegenden Fall – verfassungsrechtlich unbenommen bleibt, Provisorialentscheidungen vorzusehen, gegen die ein nicht aufsteigendes Rechtsmittel eingebracht werden kann (AB 1771 dB XXIV.GP S8). Vor diesem Hintergrund kann es daher auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei §71 Abs1 SchUG um eine abweichende Regelung iSd Art11 Abs2 B VG handelt, und auch Art136 Abs2 B VG über das Verfahren der Verwaltungsgerichte bleibt dadurch unberührt (vgl dazu VfGH 10.03.2020, G151/2019).
Die Widerspruchsfrist von fünf Tagen – faktisch zumeist nur drei bis vier Tage (siehe dazu nachstehend) – weicht jedoch nicht nur deutlich von der in Verwaltungsverfahren gegebenen Beschwerdefrist von vier Wochen ab, sondern stellt sich vor allem im Vergleich mit anderen zulässigen Provisorialverfahren als extrem kurz dar. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dabei der bloße Vergleich der Länge von Rechtsmittelfristen ohne Berücksichtigung des jeweiligen Systems des Rechtsmittelrechtes nicht aussagekräftig (vgl VfGH 26.09.2019, G117/2019 uHa VfSlg 15786/2000; VfGH 12.03.2019, G329/2019).
Vergleichbar kurz ist die Widerspruchsfrist von einer Woche in §8 Abs1 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG). Diese unterscheidet sich jedoch dahingehend vom Widerspruch nach §71 Abs1 SchUG, das auch ohne erhobenen Widerspruch ein Feststellungsbescheid durch die Abgabenbehörde zu erlassen ist, gegen den in weiterer Folge eine Beschwerde erhoben werden kann. Im Beschwerdeverfahren nach der BAO besteht darüber hinaus auch kein Neuerungsverbot (zur Verfassungskonformität dieser Regelung siehe VfGH 26.09.2019, G117/2019).
Der Widerspruch gemäß §71 Abs1 SchUG hat diese Wirkung hingegen nicht. Im Gegenteil, obzwar die Entscheidungen gemäß §70 (und §71 Abs2) SchUG keine Bescheide darstellen, haben diese bei Unterlassen eines Widerspruchs oder – wie fallgegenständlich – Versäumnis der Widerspruchsfrist die Wirkung der Unabänderlichkeit der getroffenen Entscheidung hinsichtlich der darin enthaltenen Begründungselemente zu Folge (vgl dazu VwGH RS3 29.06.1992, 91/10/0109).
In anderen Provisorialverfahren, deren Entscheidungen bei Fristversäumnis oder Unterlassen eines Rechtsmittels ebenfalls die Wirkung der Unabänderlichkeit der getroffenen Entscheidung haben, ist die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels zur Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens jedoch mehr als doppelt so lang als in §71 Abs1 SchUG. So beträgt die Frist für eine Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid gemäß §57 AVG ebenso zwei Wochen, wie jene für einen Einspruch gegen eine Strafverfügung gemäß §49 VStG. Die Vorstellung nach §26 Abs5 RAO beträgt 14 Tage.
Dass für den Widerspruch nach §71 Abs1 SchUG keine Begründung erforderlich ist – wenngleich dies die Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit fallbezogen einfordert –, kann bei dieser Betrachtung insofern außer Acht gelassen werden, weil dies auch auf die bereits erwähnten Provisorialverfahren zutrifft.
Bezogen auf §71 Abs1 SchUG hat der Gesetzgeber nun weder einen sachlichen Grund für die sehr kurze Frist dargelegt, noch ist ein solcher erkennbar. Zweifellos ist im Schulrecht eine rasche Entscheidung und ein schnelles Verfahren im Sinne aller Beteiligten. Es ist jedoch auch vor dem Hintergrund, dass bei rechtzeitigem Widerspruch dieser gemäß §71 Abs2a SchUG außer Kraft tritt und das schulrechtliche Verwaltungsverfahren erst beginnt, sowie dem Umstand, dass die zuständige Schulbehörde – und nicht etwa die Konferenz oder eine Prüfungskommission – zur Durchführung des schulrechtlichen Verwaltungsverfahrens samt Entscheidung berufen ist, nicht erkennbar, weshalb die Frist zum Eintritt in das schulrechtliche Verwaltungsverfahren um die Hälfte kürzer ist, als in anderen Provisorialverfahren. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade im Schulrecht sensible soziale Bereiche von Minderjährigen betroffen sind, etwa die Absolvierung eines zusätzlichen (Vor)Schuljahres oder der Verlust der bereits seit mehreren Jahren bestehenden sozialen Gruppe, oder gar das Ende der Schullaufbahn.
Angesichts der getätigten Überlegungen ist für das Bundesverwaltungsgericht kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb im schulrechtlichen Provisorialverfahren eine kürzere Frist als in anderen vergleichbaren Provisorialverfahren (vgl §57 AVG, §49 VStG, §26 RAO – zur Unterscheidung zum Widerspruch in §8 Abs1 SBBG siehe oben) vorgesehen ist. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts verletzt daher die von anderen Provisorialverfahren abweichende kurze Rechtsmittelfrist das in Art7 B VG garantierte Gleichheitsgebot.
5.2.2. Ergänzend hegt das Bundesverwaltungsgericht auch Bedenken im Hinblick auf die faktische Effizienz des Rechtsmittels.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass Rechtsschutzeinrichtungen nicht nur die Erlangung einer rechtsrichtigen Entscheidung, sondern auch ein Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen müssen, wie dies auch Art13 MRK zum Ausdruck bringt, der eine 'wirksame Beschwerde' verlangt. In diesem Sinn sind die Voraussetzungen bei einer für den Rechtsschutz maßgeblichen Regelung wie jener über die Dauer einer Rechtsmittelfrist nur dann gegeben, wenn sie dem negativ beschiedenen potentiellen Rechtsschutzsuchenden gewährleistet, sein Rechtsmittel in einer Weise auszuführen, die sowohl dem Inhalt der anzufechtenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht adäquat ist als auch dem zu dieser Entscheidung führenden, allenfalls mit Mängel behafteten Verfahren. Dazu wird es zumindest bei Auftreten schwieriger Rechtsfragen zur ausreichenden Wahrung der Interessen einer Partei unumgänglich sein, sich eines rechtskundigen Beraters und Vertreters zu bedienen. (vgl insb VfSlg 15786/2000; 10291/1984; 11196/1986; 12683/1991; 13834/1994).
Die faktische Effizienz eines Rechtsmittels hängt somit eng damit zusammen, wie komplex das entsprechende Verwaltungsverfahren ausgestaltet ist und welche (materiellen) Anforderungen an das Rechtsmittel gestellt werden.
Wenngleich sich §71 SchUG außer der Schriftlichkeit und der Einbringungsart keine weiteren Formalvoraussetzungen entnehmen lassen, so ist zu bedenken, dass die Erziehungsberechtigten unter Umständen erstmals mit dem Sachverhalt konfrontiert sind, da der Entscheidung durch die Schulorgane kein ordentliches Ermittlungsverfahren nach dem AVG vorangeht, in das sie zwingend einzubinden gewesen wären (vgl §70 Abs2 SchuG: 'Dem Schüler [...] ist, sofern der Sachverhalt nicht von vornherein klar gegeben ist [...], Gelegenheit zu geben, zu den Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen.'). (Nicht nur) im gegenständlichen Fall verlangt die Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit darüber hinaus im Gegensatz zum gesetzlichen Erfordernis auch einen 'begründeten Widerspruchsantrag'. Als evident ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass Ausführungen zur angenommenen Unrichtigkeit der getroffenen Entscheidung nicht nur die Erfolgschancen erhöhen, sondern auch wesentlich zu einer Beschleunigung des nachfolgenden Verfahrens beitragen können (so auch Andergassen, Schulrecht 2022/23 RN 527 uHa Jonak/Kövesi, Das österreichische Schulrecht, §71 SchUG FN7).
Zur Erreichung eines faktisch effizienten Rechtsschutzes kann der Gesetzgeber zwar auch kürzere Rechtsmittelfristen einräumen, diese müssen jedoch auch unter Berücksichtigung besonderer Kalenderkonstellationen wie zB dem Aufeinanderfolgen von Feiertagen ermöglichen, fachliche Hilfe beizuziehen und eine ausreichend begründete Berufung einzubringen (vgl dazu VfSlG 15218/1998).
Dies ist fallbezogen nicht gegeben. Die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs beträgt auf Grund der in §74 Abs3 und Abs4 SchUG normierten Einrechnung des Wochenendes sowie von Feiertagen in die Frist nur im Falle einer Zustellung an einem Montag tatsächlich fünf Tage, an denen eine fachliche Hilfe beigezogen werden kann. Bei Zustellungen an einem Dienstag liegen nur vier solche Tage in der Frist zur Erhebung eines Widerspruchs, bei Zustellungen an einem Mittwoch, Donnerstag oder Freitag jeweils nur drei. Bei speziellen Konstellationen, wie etwa einer Zustellung am Gründonnerstag, fallen nur zwei Tage, an denen eine fachliche Hilfe beigezogen werden kann, in die Widerrufsfrist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Samstage zwar grundsätzlich als Werktage zählen, an Samstagen die Beiziehung einer fachlichen Hilfe, sei es in Schulen oder im Wege von Rechtsanwaltskanzleien de facto jedoch nicht möglich ist. Selbst die Hotline der Ombudsstelle für Schulen im BMBWF ist nur von Montag bis Freitag 09:00 bis 16:00 Uhr telefonisch erreichbar.
Damit kommt der ohnehin sehr kurzen Widerspruchsfrist nicht nur bei besonderen Kalenderkonstellationen, sondern bei jeder Entscheidung von Schulorganen zusätzlich ein aleatorischer Charakter in Abhängigkeit vom Zustellzeitpunkt zu. Zusätzlich fallen im Falle der Zustellung durch Hinterlegung bei der Post bzw einem Postpartner gegebenenfalls weitere Tage der Frist weg.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts stellt daher die kurze Rechtsmittelfrist vor dem Hintergrund, dass der Entscheidung kein ordentliches Verwaltungsverfahren vorangegangen ist, und die tatsächlich gegebene Frist vom aleatorischen Element des Zustellvorgangs (Zeitpunkt, Zustellung durch Hinterlegung oder persönliche Übernahme, ...) abhängt, kein effektives Rechtsmittel dar und verletzt das rechtsstaatliche Prinzip."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, "der Verfassungsgerichthof wolle aussprechen, dass die angefochtene Wortfolge nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird". Sie tritt den im Antrag erhobenen Bedenken – auszugsweise – wie folgt entgegen (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"[…]
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot gemäß Art7 Abs1 B VG:
Das antragstellende Gericht hegt im Wesentlichen Bedenken hinsichtlich der sachlichen Rechtfertigung der im Vergleich zu Rechtsmittelfristen in anderen Provisorialverfahren 'stark verkürzte[n]' Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG. Es verweist dazu auf §8 des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes – SBBG, BGBl I Nr 113/2015, §49 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, §26 der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl Nr 96/1868, sowie §57 AVG; in Hinblick auf §8 SBBG weist es darauf hin, dass im 'Beschwerdeverfahren nach der BAO' kein Neuerungsverbot bestehe, der Widerspruch gemäß §71 Abs1 SchUG 'diese Wirkung' hingegen nicht habe. Das Gericht führt weiters aus, dass nicht erkennbar sei, warum die Widerspruchsfrist nur fünf Tage betrage, zumal das Verfahren vor der Schulbehörde erst nach rechtzeitiger Einbringung eines Widerspruchs beginne. Ferner seien – so das Gericht – im Schulrecht sensible soziale Bereiche Minderjähriger betroffen, die sich auf die weitere Schullaufbahn auswirken könnten.
Diesem Vorbringen wird seitens der Bundesregierung Folgendes entgegengehalten:
1.1. Der Verfassungsgerichtshof sieht es in seiner ständigen Rechtsprechung als sachlich gerechtfertigt an, in unterschiedlichen Verfahrensbereichen unterschiedliche Ordnungssysteme vorzusehen, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze 'in sich gleichheitskonform' gestaltet sind (vgl VfSlg 10.770/1986, 13.420/1993, 15.493/1999, 19.202/2010 und 19.762/2013).
Das Schulrecht weist solche Erfordernisse und Besonderheiten auf:
Schulrechtliche Verfahren können nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Kalenderjahr ein geleitet und abgeschlossen werden. Diese richten sich vielmehr nach den im Schulzeitgesetz 1985, BGBl Nr 77/1985, determinierten Zeitpunkten (zB Beginn und Ende des Schul- bzw Unterrichtsjahres). Zur Aufrechterhaltung eines geordneten Schulbetriebes sind meist sehr viele Verfahren innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums durchzuführen. Dies gilt für alle in §70 Abs1 SchUG geregelten Verfahren (vgl §70 Abs1 lita bis k SchUG), somit auch für die Schulreifefeststellung und die erstmalige Aufnahme in die Schule. Die Aufnahmeverfahren betreffen alle im betreffenden Zeitraum schulpflichtig werdenden Kinder im betreffenden Schulsprengel; sie sind vor Ende des der Aufnahme vorangehenden Unterrichtsjahres abzuschließen (vgl die Fristen für die Festlegung der Klassen- und Gruppengrößen durch den Schulleiter gemäß §8a Abs1 und 2 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl Nr 242/1962).
Die Widerspruchsfrist für die in §70 Abs1 lita bis k SchUG geregelten Verfahren dient der Sicherstellung eines reibungslosen und effektiven Schulbetriebes (vgl ErlRV 2212 BlgNR XXIV. GP, 2 f). Sie ist eine von mehreren verfahrensrechtlichen Regelungen, die eine möglichst rasche und effiziente Durchführung schulrechtlicher Verfahren gewährleisten und damit dem Bedürfnis der Kinder und Erziehungsberechtigten nach Rechts- und Planungssicherheit Rechnung tragen. Hinsichtlich der Aufnahme erweist sich die angefochtene Bestimmung in Hinblick auf die Frist für die Schülereinschreibung (§6 Abs3 des Schulpflichtgesetzes 1985) sowie die Entscheidungsfristen der Schulleitung (§73 Abs1 SchUG), der Schulbehörde (§73 Abs3 SchUG) und des Verwaltungsgerichts (§73 Abs5 SchUG) auch als 'in sich gleichheitskonform' im Sinn der eingangs zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes.
1.2. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, für verschiedene Sachmaterien innerhalb eines bestimmten Verfahrensrechts differenzierende (Fristen )Regelungen zu treffen (VfSlg 20.317/2019). Wie das antragstellende Gericht selbst ausführt, ist der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zufolge ein bloßer Vergleich der Länge von Rechtsmittelfristen nicht aussagekräftig, wenn nicht zugleich das jeweilige System des Rechtsmittelrechts mit verglichen wird (VfSlg 20.337/2019).
1.2.1. Das antragstellende Gericht zieht ua einen Vergleich zwischen der fünftägigen Widerspruchsfrist in §71 Abs1 SchUG und der einwöchigen Widerspruchsfrist in §8 Abs7 SBBG.
Das Rechtsmittelverfahren gemäß §8 SBBG weist jedoch einige signifikante Unterschiede auf. Der Widerspruch gemäß §8 Abs7 SBBG ist durch persönliche Vorsprache beim Amt für Betrugsbekämpfung zu erheben. Er ist also mit einem erheblich größeren Aufwand verbunden als jener nach §71 Abs1 SchUG, für den nur die Schriftform vorgesehen ist. Die Widerspruchsfrist gemäß §8 Abs7 SBBG ist demgegenüber jedoch nicht wesentlich länger und wurde vom Verfassungsgerichtshof dennoch als dem Aufwand angemessen erachtet (VfSlg 20.337/2019).
Vom bloßen Vergleich der Länge der Widerspruchsfrist des §71 Abs1 SchUG mit jener des §8 Abs7 SBBG auf die Unsachlichkeit der Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG zu schließen, greift allerdings auch vor dem Hintergrund der sonstigen Bestimmungen der zitierten Verfahrensordnungen zu kurz. Unter Betrachtung des gesamten in §8 SBBG geregelten Verfahrens unterscheidet sich die verfahrensrechtliche Position des Rechtsmittelwerbers von jener im schulrechtlichen Aufnahmeverfahren deutlich:
Im Verfahren gemäß §8 SBBG soll dem betroffenen Rechtsträger mitgeteilt werden, dass ein Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmers vorliegt, wobei die Verdachtsmitteilung gemäß §8 Abs5 und 6 SBBG ohne Zustellnachweis zuzustellen ist. Unabhängig davon, ob im Verfahren gemäß §8 SBBG ein Widerspruch erhoben wird, wird ein Feststellungsbescheid über das Vorliegen eines Scheinunternehmens erlassen; eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ist gemäß §8 Abs8 SBBG binnen einer Frist von einer Woche einzubringen (vgl §8 Abs12 Z2 SBBG). Demgegenüber wirkt der Betroffene im Verfahren gemäß §70 Abs1 lita SchUG aufgrund der Anmeldung und der Vorstellung gemäß §6 Abs1 des Schulpflichtgesetzes 1985 bereits am Beginn des Verfahrens maßgeblich an der Sachverhaltsfeststellung mit. Vor der Entscheidung der Schule ist dem Aufnahmswerber gemäß §70 Abs2 SchUG Gelegenheit zu geben, zu den Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen, insbesondere dann, wenn seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werden soll. Darüber hinaus ist die Entscheidung der Schulleitung gemäß §72 Abs1 SchUG – anders, als die Mitteilung gemäß §8 Abs4 SBBG – nachweislich zuzustellen. Unter Berücksichtigung der Unterschiede in den jeweiligen Verfahrensrechten, insbesondere den zustellrechtlichen Sonderbestimmungen des §8 Abs5 und 6 SBBG, ist die Widerspruchsfrist von fünf Tagen in §71 Abs1 SchUG gegenüber der Widerspruchsfrist von einer Woche gemäß §8 SBBG nicht unsachlich.
Insoweit das antragstellende Gericht auf das Vorliegen eines Neuerungsverbotes abstellt, ist darauf hinzuweisen, dass ein solches im schulrechtlichen Verfahren gemäß §71 SchUG nicht existiert. Mit Erhebung des Widerspruchs tritt die Entscheidung der Schulleitung ex lege außer Kraft; die Schulbehörde ist demnach nicht an die Feststellungen der Schulleitung im Vorverfahren gebunden. Da der Widerspruch nicht zu begründen ist, besteht auch keine Bindung der Schulbehörde an etwaige Widerspruchsgründe. Vielmehr hat die Schulbehörde gemäß §37 Abs1 AVG den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte einzuräumen und neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.
1.2.2. Auch die anderen vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführten Verfahren weisen systematische Unterschiede zum schulrechtlichen Provisorialverfahren auf:
Exemplarisch ist zur Einspruchsfrist gemäß §49 VStG festzuhalten, dass sich die inhaltlichen Anforderungen und Rechtswirkungen des Einspruchs von jenen des Widerspruchs nach §71 Abs1 SchUG unterscheiden. So muss dem Einspruch zu entnehmen sein, gegen welche Teile der Strafverfügung sich dieser richtet (Art und Ausmaß der Strafe, Kostenentscheidung, Schuldspruch). Somit kann durch den Einspruch der Anfechtungsumfang auf das Ausmaß der Strafe oder die Kostenentscheidung beschränkt und damit der Verfahrensgegenstand des ordentlichen Verfahrens eingeschränkt werden (vgl §49 Abs2 VStG; vgl Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 §49 Rz 9 [Stand 1.7.2023, rdb.at]). Der Widerspruch entfaltet keine solche Rechtswirkung, da dieser ex lege die gesamte Entscheidung außer Kraft treten lässt. Schon aus diesem Grund ist die Einbringung des Einspruchs nach §49 VStG deutlich komplexer als die Einbringung des Widerspruchs gemäß §71 Abs1 SchUG.
Ähnliches gilt für das Mandatsverfahren gemäß §57 AVG oder die Vorstellung nach §26 RAO. Weder dem Mandatsbescheid gemäß §57 Abs1 AVG noch dem Beschluss einer Abteilung für den Ausschuss einer Rechtsanwaltskammer gemäß §26 Abs2 RAO muss ein Ermittlungsverfahren vorangehen (vgl VfSlg 20.377/2020). Demgegenüber ist vor einer Entscheidung über die Aufnahme in die Schule gemäß §70 Abs2 SchUG der maßgebende Sachverhalt jedenfalls zu ermitteln und festzustellen; ferner ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Vor diesem verfahrensrechtlichen Hintergrund, insbesondere den Parteirechten im schulrechtlichen Verfahren, ist die im Vergleich zu den zitierten Bestimmungen kürzere Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG angemessen und sachlich.
1.2.3. Zudem werden die vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Verfahren während eines Kalenderjahres mehr oder weniger gleichmäßig anfallen. Demgegenüber sind im Schulwesen spezifische zeitliche und pädagogische Rahmenbedingungen gegeben, wodurch zu bestimmten Zeitpunkten besonders viele und besonders dringliche Verfahren möglichst rasch zu führen sind (vgl zu Verfahren mit besonderer pädagogischer Dringlichkeit §70 Abs1 litj und k SchUG: Fernbleiben bzw Versetzung in die Parallelklasse).
Die effiziente Durchführung der Aufnahmeverfahren und die möglichst rasche Klassenbildung liegen nicht nur im Interesse der Schulverwaltung. Sie dienen auch der Planungssicherheit der Erziehungsberechtigten und der frühzeitigen Einbindung der Kinder in den Klassenverband (zB durch sogenannte 'Schnuppertage', in denen die Kinder ihre künftigen Mitschüler und Lehrer kennenlernen können). Gerade weil im Schulrecht sensible soziale Bereiche betroffen sind, besteht ein großes öffentliches Interesse an der Gewährleistung eines effektiven und reibungslosen Schulbetriebes (vgl Art14 Abs5a B VG).
1.3. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, das schulrechtliche Verfahren anders zu regeln als andere Verfahren: Weder bilden Regelungen aus anderen Verfahrensordnungen einen indirekten Maßstab für die Gleichheitskonformität der für das schulrechtliche Verfahren geltenden Regelungen noch ist dies umgekehrt der Fall; es kommt lediglich darauf an, dass die Regelungen des jeweiligen Ordnungssystems in sich sachlich sind (VfSlg 7331/1974 und 12.863/1991, ferner VfGH 26.11.2018, G219/2018 sowie VfSlg 20.152/2017, 20.249/2018, 20.280/2018 und 20.288/2018).
1.4. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass die Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG vor dem Hintergrund der Erfordernisse und Besonderheiten des Schulrechts sachlich gerechtfertigt ist.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip (Art18 B VG):
Das antragstellende Gericht hegt ferner Bedenken hinsichtlich der faktischen Effizienz des Rechtsschutzes, da eine Widerspruchsfrist von fünf Tagen den Betroffenen gegebenenfalls nur wenig Zeit lasse, fachliche Hilfe beizuziehen. Dabei verweist das Bundesverwaltungsgericht auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, in dem eine Berufungsfrist von zwei Tagen im Verfahren nach dem Asylgesetz 1997, BGBl I Nr 76/1997, als verfassungswidrig erachtet wurde (VfSlg 15.218/1998). Eine Berufungsfrist von zwei Tagen – so der Verfassungsgerichtshof – werde dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsmittels vor dem Hintergrund der praktischen Gegebenheiten und der Komplexität des Asylverfahrens nicht gerecht, zumal anzunehmende Mängel des Bescheides in materieller und formeller Hinsicht in die Form eines den Standpunkt der asylwerbenden Person deutlich zum Ausdruck bringenden Schriftsatzes zu kleiden seien.
Dazu weist die Bundesregierung auf Folgendes hin:
2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen Rechtsschutzeinrichtungen ein bestimmtes Mindestmaß an Effizienz aufweisen (vgl VfSlg 11.196/ 1986, 13.003/1992, 14.374/1995, 16.460/2002, 18.644/2008 und 20.386/2020 uva.). Bei einer Regelung über die Dauer einer Rechtsmittelfrist ist diese Voraussetzung dann erfüllt, wenn sie gewährleistet, dass der Rechtsschutzsuchende sein Rechtsmittel in einer Weise ausführen kann, die sowohl dem Inhalt der anzufechtenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, als auch dem zu dieser Entscheidung führenden Verfahren angemessen ist. Bei Auftreten von schwierigen Rechtsfragen muss ausreichend Zeit zur Beiziehung eines rechtskundigen Beraters oder Vertreters sein (VfSlg 15.218/1998 und 15.529/1999). Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die Position des Rechtschutzsuchenden, sondern auch Zweck und Inhalt der Regelung, ferner die Inter-essen Dritter sowie schließlich das öffentliche Interesse. Die Gesetzgebung hat unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen, wobei aber dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen Gründen zulässig ist (VfSlg 15.218/1998 und 15.529/1999, im Zusammenhang mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vgl VfSlg 11.196/1986, 13.305/1992, 14.671/1996, 16.245/2001 und 20.239/2018 sowie VfGH 1.3.2023, G146/2022 uva).
2.2. Insoweit sich das antragstellende Gericht auf das eingangs zitierte Erkenntnis VfSlg 15.218/1998 zur zweitägigen Berufungsfrist nach dem Asylgesetz 1997 bezieht, wird dem seitens der Bundesregierung Folgendes entgegengehalten:
Die Einbringung eines Widerspruchs gemäß §71 Abs1 SchUG weist keinen vergleichbar hohen Grad an Komplexität auf. Die Verkürzung der Rechtsmittelfrist in §71 Abs1 SchUG erfolgte gerade wegen der Formfreiheit dieses Verfahrens (vgl ErlRV 401 BlgNR XIV. GP 15 f). Der Widerspruch gemäß §71 Abs1 SchUG bedarf – anders als die Berufung nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – keiner Begründung (vgl demgegenüber zB das Begründungserfordernis für einen Widerspruch gemäß §10 des Berufsreifeprüfungsgesetzes, BGBl I Nr 68/1997). Vor diesem Hintergrund (und bei rechtskonformer Vollziehung der Bestimmung und richtiger Rechtsmittelbelehrung), ist es selbst bei einer besonderen Kalenderkonstellation wie jener des Anlassfalls möglich, sich – so dies für die Erhebung eines unbegründeten Widerspruchs überhaupt notwendig sein sollte – beraten zu lassen und den schriftlichen Widerspruch rechtzeitig einzubringen.
Insofern das Bundesverwaltungsgericht vorbringt, dass Kinder und Erziehungsberechtigte in den Verfahren zur Schulreifefeststellung und zur Aufnahme nicht eingebunden wären, wird auf die persönliche Vorstellung des Kindes zur Ermittlung der Schulreife, die Unterlagenvorlage gemäß §6 Abs1 und 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, die in Präsenz durchzuführende Testung nach §4 Abs2a SchUG sowie die Verpflichtung zur Anhörung des Aufnahmswerbers, wenn seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird (§70 Abs2 SchUG), hingewiesen.
Der Widerspruch gemäß §71 Abs1 SchUG ist ein effizientes Rechtsmittel; er führt – unabhängig von einer allfälligen Begründung – zum Außerkrafttreten der bekämpften Entscheidung und zur Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.
2.3. Die Bundesregierung vertritt daher die Ansicht, dass die Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG den inhaltlichen und formalen Erfordernissen des Rechtsmittels angemessen und der Widerspruch darüber hinaus faktisch effizient ausgestaltet ist.
3. Zu den Bedenken im Hinblick Art13 EMRK:
Das antragstellende Gericht macht einen Verstoß gegen Art13 EMRK geltend, ohne dieses Recht jedoch mit einem anderen Konventionsrecht in Verbindung zu setzen.
Dazu verweist die Bundesregierung darauf, dass Art13 EMRK ein Recht auf eine Beschwerde gegen die Verletzung eines Konventionsrechtes normiert. Da das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK somit nur in Verbindung mit einem anderen materiellen Konventionsrecht geltend gemacht werden kann (vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK7 [2021] §24 Rz 184), geht das Vorbringen des antragstellenden Gerichts somit ins Leere.
[…]"
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Bestimmung bei seiner Entscheidung (denkmöglich) anzuwenden hat.
1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Der Antrag ist nicht begründet.
2.3. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Beurteilung von folgendem Verständnis der einschlägigen Regelungen des SchUG aus:
2.3.1. §70 SchUG enthält besondere Verfahrensbestimmungen für die Erlassung von Entscheidungen, die in subjektive Rechte der Schüler eingreifen und die zunächst durch andere Organe als die Schulbehörden zu treffen sind.
2.3.2. Bis zum Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes für den Schul- und Kultusbereich, BGBl I 75/2013, war gemäß §71 Abs1 SchUG gegen Entscheidungen anderer Organe als der Schulbehörden in den Angelegenheiten des §70 Abs1 SchUG das Rechtsmittel der Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig. Über die Berufung hatte zunächst die seinerzeitige Schulbehörde erster Instanz (vgl §3 Abs1 Z1 des Bundes Schulaufsichtsgesetzes, BGBl 240/1962, idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich, BGBl I 75/2013) zu entscheiden. Zum Teil unterlagen deren Entscheidungen noch einem weiteren Instanzenzug an die seinerzeitige Schulbehörde zweiter Instanz (vgl §71 Abs8 SchUG iVm §3 Abs1 Z2 Bundes Schulaufsichtsgesetz, jeweils in der Fassung vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich, BGBl I 75/2013).
Mit Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes für den Schul- und Kultusbereich, BGBl I 75/2013, wurde vor dem Hintergrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51/2012, und in Anbetracht der grundsätzlichen Abschaffung administrativer Instanzenzüge vorgesehen, dass gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des §70 Abs1 und §71 Abs2 SchUG Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig ist. Durch den neuen Begriff "Widerspruch" werde dem Gesetzgeber zufolge klargestellt, dass es sich bei Entscheidungen von anderen Organen als den Schulbehörden des Bundes um provisoriale Entscheidungen handle, die durch Widerspruch erst zu einem ordentlichen behördlichen Verfahren führen (Erläut zur RV 2212 BlgNR 24. GP, 3).
2.3.3. §71 Abs2a SchUG sieht vor, dass die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des §70 Abs1 und §71 Abs2 SchUG mit Einbringen des Widerspruchs außer Kraft tritt. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.
2.3.4. Die Frist zur Einbringung des Widerspruchs beträgt gemäß §71 Abs1 SchUG fünf Tage. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E Mail) bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Eine Begründung ist nicht erforderlich.
2.3.5. Gemäß §74 Abs1 SchUG ist bei der Berechnung der Frist jener Tag nicht miteinzurechnen, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß Abs3 wird der Beginn und Lauf der Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, so ist der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen (Abs4). Die Tage des Postlaufes sind nicht in die Frist einzurechnen (Abs5).
2.4. Das Bundesverwaltungsgericht hegt zunächst verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend, dass die gegenüber anderen Provisorialverfahren stark verkürzte Frist zur Erhebung des Widerspruchs dem Gleichheitsgebot iSd Art7 Abs1 B VG widerspreche. Die Widerspruchsfrist von fünf Tagen weiche nicht nur deutlich von der in Verwaltungsverfahren gegebenen Beschwerdefrist von vier Wochen ab, sondern stelle sich vor allem im Vergleich mit anderen zulässigen Provisorialverfahren als extrem kurz dar. Dass für den Widerspruch nach §71 Abs1 SchUG keine Begründung erforderlich sei, könne außer Acht gelassen werden, weil dies auch auf vergleichbare Provisorialverfahren zutreffe, die allerdings eine längere Rechtsmittelfrist vorsehen würden. Ebenso habe der Gesetzgeber keinen sachlichen Grund für die sehr kurze Frist dargelegt, ein solcher sei auch nicht erkennbar.
2.5. Die Bundesregierung entgegnet diesem Bedenken im Wesentlichen, dass der Verfassungsgerichtshof es in seiner ständigen Rechtsprechung als sachlich gerechtfertigt ansehe, in unterschiedlichen Verfahrensbereichen unterschiedliche Ordnungssysteme vorzusehen, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze "in sich gleichheitskonform" gestaltet seien. Das Schulrecht weise solche Erfordernisse und Besonderheiten auf, zumal sich schulrechtliche Verfahren nach den im Schulzeitgesetz 1985 determinierten Zeitpunkten richten würden. Die Widerspruchsfrist für die in §70 Abs1 lita bis k SchUG geregelten Verfahren diene der Sicherstellung eines reibungslosen und effektiven Schulbetriebes. Sie sei eine von mehreren verfahrensrechtlichen Regelungen, die eine möglichst rasche und effiziente Durchführung schulrechtlicher Verfahren gewährleisten und damit dem Bedürfnis der Kinder und Erziehungsberechtigten nach Rechts- und Planungssicherheit Rechnung tragen würden. Schließlich wiesen die vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführten Verfahren systematische Unterschiede auf.
2.6. Der Verfassungsgerichtshof teilt das vom Bundesverwaltungsgericht vorgetragene Bedenken, die fünftägige Widerspruchsfrist verstoße gegen Art7 Abs1 B VG, nicht:
2.6.1. Dem Gesetzgeber sind durch den Gleichheitsgrundsatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 8169/1977, 15.590/1999, 18.269/2007). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).
Die vom Gesetzgeber in unterschiedlichen Verfahrensbereichen festgelegten Rechtsmittelfristen sind einem Vergleich aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht ohne Weiteres zugänglich: Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass aus dem Vergleich unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Regelungen unter Sachlichkeitsgesichtspunkten nichts zu gewinnen ist, weil es dem Gesetzgeber innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsrahmens grundsätzlich offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform ausgestaltet sind (vgl VfSlg 13.455/1993, 15.190/1998 mwN, 19.762/2013, 19.831/2013, 19.881/2014 und 20.264/2018; vgl auch VfGH 20.9.2012, G37/12 ua). Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seiner Rechtsprechung in bestimmten Konstellationen auch verfahrensrechtliche Regelungen unterschiedlicher Regelungssysteme am Gleichheitsgrundsatz gemessen (vgl zB VfSlg 18.412/2008, 19.690/2012, 19.831/2013 und 19.943/2014).
2.6.2. Mit der sachlichen Rechtfertigung von Fristen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt befasst und festgestellt, dass die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt wäre, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (s VfSlg 5484/1967, 9314/1982, 15.661/1999, 20.298/2018). Dem Gesetzgeber kommt bei der Festsetzung der Frist sohin ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu, verfassungsrechtliche Grenzen sind durch den Gleichheitsgrundsatz insbesondere dahin gesetzt, dass die festgesetzte Frist – von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend – hinreichen muss, um das Rechtsmittel auszuführen und einzubringen. Anderenfalls wäre Verfahrensbeteiligten durch die Frist der Zugang zum Gericht faktisch verwehrt und wäre eine solche Regelung mit dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot unvereinbar (vgl VfSlg 5484/1967, 9314/1982, 15.661/1999, 16.641/2012).
2.6.3. Die durch Widerspruch iSd §70 Abs1 und §71 Abs2 SchUG bekämpfbaren Entscheidungen der in §70 Abs1 SchUG bezeichneten Organe hat der Gesetzgeber bewusst von jenen Entscheidungen abgegrenzt, in denen keine provisoriale Entscheidung ergeht (vgl §71 Abs9 SchUG). Auf Grund der besonderen Situation an Schulen hat er spezifische Bestimmungen für bestimmte schulrechtliche Verfahren vorgesehen, in denen sich die Anwendbarkeit des AVG als unpraktikabel herausgestellt hat (Erläut zur RV 2212 BlgNR 24. GP, 1 f.; vgl Juranek, Das österreichische Schulrecht 6 , 2022, 288 f.).
Die Entscheidungen der Schule (§70 Abs1 lita bis k und §71 Abs2 lita bis h SchUG) sind provisoriale Entscheidungen, die mündlich oder schriftlich ergehen können (§70 Abs3 SchUG) und die die im Schulrecht notwendige Einfachheit und Praktikabilität des Verfahrens gewährleisten. Durch die Einbringung eines Widerspruchs treten sie außer Kraft, was die Einleitung eines ordentlichen behördlichen Verfahrens nach dem AVG zur Folge hat. Im Hinblick auf die durch die zeitlichen Bedingungen des Schulbetriebs gegebene Dringlichkeit sind die Maßnahmen der Schulbehörde innerhalb verkürzter Entscheidungsfristen ehestmöglich zu treffen, um rechtliche Entscheidungen zu gewährleisten, die das schulische Fortkommen möglichst wenig beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund ist sowohl die Erlassung spezifischer Verfahrensbestimmungen als auch die kurze Widerspruchsfrist erforderlich, um einen effektiven und reibungslosen Schulbetrieb zu erhalten und die notwendige Planungs- und Rechtssicherheit für Schüler, Erziehungsberechtigte sowie die Schulen selbst zu gewährleisten (Erläut zur RV 2212 BlgNR 24. GP, 1).
Solche spezifischen Verfahrensbestimmungen sind schon auf Grund der Besonderheiten des Schulrechts einem Vergleich mit sich aus anderen Materiengesetzen ergebenden Widerspruchsfristen aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes nicht zugänglich.
Hinzu kommt, dass der Widerspruch gemäß §71 Abs1 SchUG schriftlich in jeder technisch möglichen Form an die Schulbehörde zu richten ist und keiner Begründung bedarf. Es genügt ein formloses Schreiben, das den Widerspruch enthält. Wegen dieser äußerst geringen Anforderungen an das Rechtsmittel ist die fünftägige Widerspruchsfrist selbst unter den vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten Kalenderkonstellationen als noch hinreichend anzusehen, weil das Rechtsmittel gegebenenfalls sofort ohne weitere Ausführungen eingebracht werden kann. Der Verfassungsgerichtshof kann daher keine Gleichheitswidrigkeit der fünftägigen Widerspruchsfrist gemäß §71 Abs1 SchUG erkennen.
2.7. Weiters hegt das Bundesverwaltungsgericht das Bedenken, die Wortfolge "innerhalb von fünf Tagen" in §71 Abs1 SchUG verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil dem Rechtsmittel des Widerspruchs die faktische Effizienz fehle. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verlange, dass einem Rechtsschutzwerber eine wirksame Beschwerde offenstehe. Vor dem Hintergrund der fünftägigen Widerspruchsfrist sei die Konsultation eines rechtskundigen Beraters bzw Vertreters nicht möglich. Ebenso komme der ohnehin schon sehr kurzen Widerspruchsfrist zusätzlich ein aleatorischer Charakter in Abhängigkeit vom Zustellungszeitpunkt zu.
2.8. Die Bundesregierung entgegnet diesem Bedenken im Wesentlichen, dass die Einbringung des Widerspruchs gemäß §71 Abs1 SchUG keinen hohen Grad an Komplexität aufweise. Für die Einbringung des Widerspruchs sei keine Begründung erforderlich. Insofern sei es für einen Rechtsschutzsuchenden möglich, sich allenfalls beraten zu lassen und den schriftlichen Widerspruch rechtzeitig einzubringen. Der Widerspruch sei ein effizientes Rechtsmittel, zumal er unabhängig von einer allfälligen Begründung zum Außerkrafttreten der bekämpften Entscheidung führe.
2.9. Der Verfassungsgerichtshof erkennt auch keinen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip:
2.9.1. Der Verfassungsgerichtshof leitet in ständiger Judikatur aus dem rechtsstaatlichen Prinzip die Forderung nach einem solchen System von Rechtsschutzeinrichtungen ab, das gewährleistet, dass rechtswidrige Akte staatlicher Organe beseitigt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach das Prinzip der faktischen Effektivität des Rechtsschutzes betont (vgl VfSlg 17.340/2004 mwN). Dementsprechend hat der Verfassungsgerichtshof etwa in mehreren Fällen ausgesprochen, dass eine Berufungsfrist von bloß zwei Tagen (nämlich nach §32 AsylG 1997 in der Stammfassung) im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen steht, weil ein faktisch effektiver Rechtsschutz nicht gewahrt ist (VfSlg 15.218/1998; 15.369/1998; 15.529/1999).
Für gesetzliche Verkürzungen von Rechtsmittelfristen ist es von Bedeutung, ob eine Sachentscheidung ergeht, die mitunter die Klärung schwieriger Sachverhaltsfragen, die Durchführung einer Beweiswürdigung und die Erörterung von teils schwierigen Rechtsfragen erfordert (VfSlg 20.040/2016 und 20.193/2017). Dem Rechtsschutzsuchenden muss in solchen Konstellationen die Möglichkeit geboten werden, sich der Hilfe einer fachkundigen (wenngleich nicht notwendigerweise rechtskundigen) Person als Beistand zu bedienen (VfSlg 10.291/1984, 15.218/1998).
Die fünftägige Widerspruchsfrist stellt sich – wie das Bundesverwaltungsgericht darlegt – im Hinblick auf das allfällige Beiziehen einer rechtskundigen Beratung bzw Vertretung als kurz dar. Das Widerspruchsverfahren ist aber durch Einfachheit geprägt: Das Gesetz sieht keine komplexen Anforderungen an das Rechtsmittel vor. Vielmehr ist der Widerspruch niederschwellig ausgestaltet. Es genügt die begründungslose Aussage, Widerspruch zu erheben und dies schriftlich zu tun. Zudem tritt eine provisoriale Entscheidung nach Einbringen eines rechtzeitigen Widerspruchs jedenfalls außer Kraft.
Es handelt sich dabei nicht um Entscheidungen, die mitunter die Klärung schwieriger Sachverhalts- oder Rechtsfragen erfordern (vgl VfSlg 20.040/2016). Selbst wenn sich trotzdem schwierige Sachverhalts- oder Rechtsfragen stellen, kann die Klärung auch im ordentlichen Verwaltungsverfahren stattfinden. Auch ein allfälliges Hinzuziehen fach- bzw rechtskundiger Personen (vgl VfSlg 10.291/1984, 15.218/1998) ist auf Grund der geringen sachlichen und zeitlichen Anforderungen an das Rechtsmittel des Widerspruchs in der Regel möglich bzw kann nach Einbringen des Rechtsmittels im ordentlichen Verwaltungsverfahren erfolgen.
2.10. Die Wortfolge "innerhalb von fünf Tagen" in §71 Abs1 SchUG widerspricht somit nicht dem Gleichheitsgrundsatz oder dem
Rechtsstaatsprinzip.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "innerhalb von fünf Tagen" in §71 Abs1 SchUG, BGBl 472/1986, idF BGBl I 19/2021 erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.