JudikaturVfGH

UA1/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024
Leitsatz

Abweisung eines Antrags eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses "ROT-BLAUER Machtmissbrauch" betreffend die Bestreitung des sachlichen Zusammenhangs einer ergänzenden Beweisanforderung hinsichtlich der Vorlage staatsanwaltschaftlicher Akten durch die Bundesministerin für Justiz; hinreichende Dokumentation der – mündlich vorgetragenen – Begründung des Bestreitungsbeschlusses in einer auszugweisen Darstellung der ersten Ausschusssitzung; keine Rechtswidrigkeit des Bestreitungsbeschlusses auf Grund hinreichender Darlegung der Bestreitung des sachlichen Zusammenhangs; keine hinreichende Begründung der ergänzenden Beweisanforderung insbesondere im Hinblick auf den Zeitraum des Untersuchungsgegenstandes

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass der Beschluss des 'Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden' vom 11. Jänner 2024, mit dem der sachliche Zusammenhang des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung der Abgeordneten Holzleitner, Hafenecker, Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend 'Akten und Unterlagen von ÖVP Regierungsmitgliedern (Gutachten)' mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig ist".

II. Rechtslage

1. Art53 und Art138b Abs1 Z3 B VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.

[…]

Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

3. die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder;

[…]"

2. §56e Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG), BGBl 85/1953, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"c) Bei einem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird

§56e. (1) Der Antrag im Sinne des Art138b Abs1 Z3 B VG hat die Feststellung zu begehren, dass der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, rechtswidrig ist.

(2) Der Antrag hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des Verlangens;

2. die Bezeichnung des Beschlusses;

3. den Sachverhalt;

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;

5. die erforderlichen Beweise;

6. die Angaben und Unterlagen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.

(3) Dem Antrag ist eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des Verlangens der Antragsteller, der gegenständlichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung sowie des Beschlusses des Untersuchungsausschusses anzuschließen.

(4) Ein Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind.

(5) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(6) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

(7) Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses wird das Verlangen auf Erhebung weiterer Beweise wirksam."

3. §24 und §25 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA) zum Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – GOG NR), BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

1. Ein Viertel der Mitglieder des Nationalrates verlangte am 13. Dezember 2023 gemäß Art53 Abs1 zweiter Satz B VG die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden ("ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschuss), mit folgendem Untersuchungsgegenstand (ohne die Begründung des Verlangens und ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

1. Untersucht werden soll,

ob Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw sekretäre, die mit der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) verbunden sind, sowie diesen Organen in den jeweiligen Bundesministerien unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf deren Geheiß oder mit deren Wissen

im Zusammenhang mit

- Inseratenschaltungen und Medienkooperationsvereinbarungen;

- Umfragen, Gutachten und Studien,

- Beauftragung von Werbeagenturen sowie

Betrauung von Personen mit der Leitung oder stellvertretenden Leitung von Organisationseinheiten in der Bundesverwaltung (insbesondere Sektionen, Gruppen und Abteilungen) samt Staatsanwaltschaften und ausgegliederten Rechtsträgern

im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020

aus sachfremden Motiven

gehandelt haben.

2. Vom Untersuchungsgegenstand ist auch die Tätigkeit von ausgegliederten Rechtsträgern erfasst, soweit sie der mittelbaren oder unmittelbaren Ingerenz von Mitgliedern der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw sekretären, die mit der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) verbunden sind, unterlagen.

3. Ebenfalls vom Untersuchungsgegenstand erfasst ist staatsanwaltliches Handeln, das die erwähnten Handlungen im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand hatte.

4. Schließlich ist vom Untersuchungsgegenstand die Frage erfasst, ob durch die erwähnten Handlungen im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 gesetzliche Bestimmungen umgangen oder verletzt wurden sowie ob dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch Schaden entstanden ist.

5. Schließlich ist vom Untersuchungsgegenstand erfasst, ob durch die Bundesvollziehung, ausgenommen die Rechtsprechung, insbesondere durch die COVID Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), natürliche oder juristische Personen, die die SPÖ oder die FPÖ — etwa durch Spenden — unterstützt haben oder diesen Parteien sonst nahestehen oder standen bzw verbunden sind oder waren, zwischen 18. Dezember 2017 und 23. November 2023 aus unsachlichen Gründen bevorzugt behandelt wurden.

Der Untersuchungsausschuss hat diesbezüglich folgende Fragen zu klären:

1. Welche Motive haben die Verwaltung bei der COFAG geleitet?

2. Wer hat die Ausgestaltung der COFAG Förderungen bestimmt?

3. In welchem Ausmaß haben Personen und Unternehmen von COFAG Förderungen profitiert?

4. Welche Handlungen in Zusammenhang mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen wurden von Organen bzw Bediensteten der COFAG oder vom Bundesministerium für Finanzen im Zusammenhang mit der COFAG und diesen Personen und Unternehmen gesetzt?

5. Wurde von der COFAG in Zusammenhang mit Förderungen an die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen 'ein Auge zugedrückt'?

6. In welchem Ausmaß erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Subventionen aus öffentlichen Mitteln?

Dabei insbesondere:

a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Steuerbegünstigungen oder Steuernachlässe, etwa im Zuge von Abgabenprüfungen?

b. Wurden Projekte von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen aus Förderprogrammen des Bundes unterstützt und wenn ja, in welcher Höhe?

c. In welchem Ausmaß arbeiteten Stiftungen und Fonds des Bundes mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zusammen?

7. Wurde der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gegenüber den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen eingehalten?

Dabei insbesondere:

a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen privilegierten Zugang zu Organen der Vollziehung und allenfalls sogar besondere (im Sinne zB von beschleunigte) Verfahren für sich oder von ihnen benannte Dritte und aus welchem Grund bzw auf Veranlassung von wem innerhalb der Verwaltung?

b. Intervenierte die politische Führungsebene der Bundesministerien in Verwaltungsverfahren und ablaufe betreffend die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen?

c. Wurden Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen tätig und mit welchen Ergebnissen?

d. Wurde durch Leitungsorgane im Wege von Weisungen oder informell auf Aufsichts oder Strafverfahren, von denen die im Untersuchungsgenstand genannten Personen und Unternehmen (wenn auch nicht alleine) betroffen waren, eingewirkt und wenn Ja, auf welche Art?

e. Ließen sich Amtsträger von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Vorteile anbieten oder haben diese sogar angenommen und was war die gewünschte Gegenleistung im Bereich der Vollziehung?

8. Wurden die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen bevorzugt in Regierungstätigkeiten eingebunden?

Dabei insbesondere:

a. Welche Informationen wurden den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zur Verfügung gestellt (etwa durch Bestellung in Organe von staatsnahen Unternehmungen) und ermöglichten diese Informationen ihnen den Erhalt oder Ausbau ihres Vermögens?

b. Von welchen Unternehmungen des Bundes wurde mit Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zuzurechnen sind, zusammengearbeitet und aus welchen Gründen?

c. In welchem Ausmaß und aus welchen Gründen wurden Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zuzurechnen sind, von Bundesorganen beauftragt?

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstandes

1. Inseratenschaltungen und Medienkooperationsvereinbarungen:

Aufklärung über den Abschluss von Inseratengeschäften sowie den Abschluss und den Abruf aus Medienkooperationsvereinbarungen aus sachfremden Motiven, über die damit in Zusammenhang stehende mögliche Umgehung oder Verletzung von Rechtsvorschriften und über die dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch entstandenen Kosten. Insbesondere soll untersucht werden:

a. Die Höhe der jährlich vorgesehenen Mittel für Inserate und Medienkooperationsvereinbarungen und deren Herkunft sowie das Vorliegen von Informationen über die Bewertung der Preisakzeptanz.

b. Die Messung des Erfolges von Kampagnen, die seitens der im Untersuchungsgegenstand genannten Organe und Personen in Auftrag gegeben wurden.

c. Die Ausnutzung aller Rabatte und Boni bei der Schaltung von Inseraten und dem Abschluss von Medienkooperationen durch die im Untersuchungsgegenstand genannten Organe und Personen.

d. Der Versuch der Beeinflussung der Berichterstattung (zB in Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen sowie sonstigen Druckwerken oder elektronischen Medien) durch die (möglicherweise zu überhöhten Preisen erfolgte) Schaltung von Inseraten oder durch den Abschluss von Medienkooperationen durch die im Untersuchungsgegenstand genannten Organe oder diesen unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

e. Der Versuch der Erlangung einer 'eigentümerähnlichen Funktion' in Medienunternehmen mittels der im Untersuchungsgegenstand erwähnten Handlungen durch die (möglicherweise zu überhöhten Preisen erfolgte) Schaltung von Inseraten oder durch den Abschluss von Medienkooperationsvereinbarungen oder aus anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen Medien und der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Parteien; insbesondere durch die Zahlung überhöhter Rechnungen durch den Bund.

f. Das Vorliegen von 'Kickback Zahlungen' zugunsten der im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien, deren Vorfeld- oder Teilorganisationen, diesen politischen Parteien zurechenbarer oder mit politischen Parteien befreundeter Organisationen im Wege der Schaltung von Inseraten und dem Abschluss von Medienkooperationsvereinbarungen oder aus anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen Medien und der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Parteien; insbesondere durch die Zahlung überhöhter Rechnungen durch den Bund.

2. Umfragen, Gutachten und Studien:

Aufklärung über die Beauftragung von Umfragen, Gutachten und Studien und die Verwendung der Ergebnisse dieser durch die im Untersuchungsgegenstand bezeichneten Organe und Personen:

a. Die Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politischen Parteien nahestehender Unternehmen und Personen ua mit dem mutmaßlichen Ziel der (indirekten) Partei- oder Wahlkampffinanzierung.

b. Die Umgehung von Vergabevorschriften (zB durch das 'Maßschneidern' von Ausschreibungsunterlagen), wodurch den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien unmittelbar oder mittelbar nahestehende Unternehmen und Personen bevorzugt und andere Unternehmen oder Personen entgegen dem Bestbieterprinzip übergangen wurden und allfällige dadurch verursachte Schäden für den Bund.

c. Die Beauftragung von Unternehmen oder Personen, die auch für die im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien tätig sind oder waren oder die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen.

d. Die Ausschreibung sowie die Vergabe von Umfragen, Gutachten, Studien und Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der 'Sonntagsfrage' oder im Zusammenhang mit der Untermauerung politischer Forderungen oder Ideen.

e. Abschluss von Beratungsverträgen mit ehemaligen und aktuellen Kabinettsmitarbeitern, Politikern und deren Angehörigen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen oder standen.

3. Beauftragung von Werbeagenturen

a. Die Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politischen Parteien nahestehender Unternehmen und Personen ua mit dem mutmaßlichen Ziel der (indirekten) Partei- oder Wahlkampffinanzierung.

b. Die Umgehung von Vergabevorschriften (zB durch das 'Maßschneidern' von Ausschreibungsunterlagen), wodurch den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien unmittelbar oder mittelbar nahestehende Unternehmen und Personen bevorzugt und andere Unternehmen oder Personen entgegen dem Bestbieterprinzip übergangen wurden und allfällige dadurch verursachte Schäden für den Bund.

c. Die Beauftragung von Unternehmen oder Personen, die auch für die im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien tätig sind oder waren oder die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen.

4. Betrauung von Personen mit der Leitung oder stellvertretenden Leitung von Organisationseinheiten in der Bundesverwaltung (insbesondere Sektionen, Gruppen und Abteilungen) samt Staatsanwaltschaften und ausgegliederten Rechtsträgern

Aufklärung über die allfällige Einflussnahme auf die Betrauung sowie Bestellung mit Führungs- und Leitungsfunktionen sowie von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien aus sachfremden Motiven, über die damit in Zusammenhang stehende mögliche Umgehung oder Verletzung von Rechtsvorschriften und über die dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch entstandenen Kosten. Insbesondere soll untersucht werden:

a. Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen für Planstellen- und Arbeitsplatzbesetzungen sowie der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes und hinsichtlich Staatsanwältinnen und Staatsanwälten des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz sowie der Bestimmungen für die Betrauung bzw Bestellung von Führungskräften (zB Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer) und von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien von Stiftungen, Fonds und

Anstalten im Sinne des Art126b Abs1 B VG sowie von Unternehmungen gemäß Art126b Abs2 B VG.

b. Berücksichtigung der fachlichen und persönlichen Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Arbeitsplätzen mit Personen, insbesondere mit (ehemaligen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kabinetten bzw Büros von Staatssekretären.

c. Sachfremde Einflussnahme auf Stellenausschreibungstexte, insbesondere im Hinblick auf das 'Maßschneidern' zu Gunsten parteipolitisch genehmer Bewerberinnen und Bewerber, auf die Zusammensetzung der Begutachtungs- bzw Bewertungskommissionen sowie auf die Gutachten und Besetzungsempfehlungen der Begutachtungs- bzw Bewertungskommissionen.

d. Politische Interventionen von (ehemaligen) oder für (ehemalige) Politikerinnen und Politiker, von (ehemaligen) oder für (ehemalige) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kabinetten und Büros von Staatsekretären sowie Personen, die politischen Parteien nahestehen.

e. Grundlagen und Begründungen von Organisationsreformen und deren Auswirkungen auf die Personalstruktur in den einzelnen Bundesministerien (Zentralstellen und nachgeordnete Dienststellen).

f. Inhalt und Status staatsanwaltschaftlicher Handlungen, insbesondere von Ermittlungshandlungen, im Zusammenhang mit der Einflussnahme auf die Betrauung sowie Bestellung von Führungs- und Leitungsfunktionen in Bundesministerien, nachgeordneten Dienststellen, Unternehmungen sowie von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien gegen Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre oder gegen diesen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

g. Beauftragungen von Gutachten und Studien sowie Vergabe von Beratungs-dienstleistungen durch die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften im Zusammenhang mit Punkt 3.

5. Inhalt und Status staatsanwaltschaftlichen Handelns im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand

6. Beauftragung von Gutachten und Studien sowie Vergabe von Beratungsdienstleistungen durch die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften betreffend Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.

7. COFAG

Aufklärung über das Verhalten der Organe und Bediensteten der COVID Finanzierungsagentur des Bundes ('COFAG') sowie der diesbzgl zuständigen Personen im Bundesministerium für Finanzen gegenüber den im Untersuchungsgenstand genannten Personen und Unternehmen sowie die Gewährung geldwerter Vorteile aus öffentlichen Haushalten in deren Einflussbereich.

Informationsweitergabe und Interventionen

Aufklärung über Vorwürfe der unmittelbaren oder mittelbaren Weitergabe interner Verwaltungsinformationen an im Untersuchungsgegenstand genannte Personen sowie Einflussnahme auf Verwaltungsverfahren im Interesse der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen.

Kooperationen staatsnaher Unternehmen

Aufklärung über Kooperationen, Joint Ventures, gemeinsame Beteiligungen und/oder Syndizierungen zwischen staatlichen und staatsnahen Unternehmen und im Untersuchungsgegenstand genannten Personen bzw den ihnen zurechenbaren Unternehmen und genannten Unternehmen

Staatliche Aufsicht

Aufklärung über die Bemühungen von Behörden bei der staatlichen Aufsicht und der Führung von Strafverfahren jeglicher Art in Zusammenhang mit den Handlungen oder dem Vermögen von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen einschließlich von Finanzstrafverfahren, nicht jedoch Verwaltungsstrafverfahren in Zuständigkeit der Gemeinden, Bezirksverwaltungsbehörden oder Landeshauptleute."

2. Der Geschäftsordnungsausschuss behandelte das (oben unter Punkt 1. angeführte) (Minderheits )Verlangen auf Einsetzung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses. Dabei fand der Antrag der Abgeordneten Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen, der Geschäftsordnungsausschuss wolle die gänzliche oder teilweise Unzulässigkeit des Verlangens feststellen (vgl den Minderheitsbericht gemäß §42 Abs4 GOG NR, AB 2404 BlgNR 27. GP, 1 ff.), nicht die Zustimmung des Geschäftsordnungsausschusses.

Eine gänzliche oder teilweise Unzulässigkeit des (Minderheits-)Verlangens auf Einsetzung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses wurde seitens des Geschäftsordnungsausschusses nicht festgestellt (AB 2404 BlgNR 27. GP, 1).

3. In derselben Sitzung fasste der Geschäftsordnungsausschuss nach §33 Abs6 GOG NR iVm §3 VO UA einstimmige Beschlüsse über die Zusammensetzung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses sowie über die Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwaltes samt deren Stellvertreter (AB 2404 BlgNR 27. GP, 1).

4. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am 14. Dezember 2023 (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Gemäß §24 Abs1 VO UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.

Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen acht Wochen, spätestens jedoch am 9. Februar 2024 zu erfolgen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1 7 zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E Mail - mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2,'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4, 'STRENG GEHEIM' gemäß lnfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.

Klassifizierungen gemäß lnfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß §4 Abs1 lnfOG (§27 Abs6 VO UA, §5 Abs2 lnfOG). Es wird außerdem auf§27 Abs3 VO UA und §5 Abs2 lnfOG hingewiesen.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen. Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit 30. April 2024) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.

Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sine der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

1. Der Bundespräsident

2. Der Präsident des Nationalrates

3. Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nach- bzw beigeordneten

Organe (samt Staatsanwaltschaften und Generalprokuratur) und sonstige ihnen

unterstehenden Einrichtungen (mit Ausnahme der Schulen und Hochschulen) sowie ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und einrichtungen.

4. Die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG)

5. Der Rechnungshof

6. Der Oberste Gerichtshof

7. Das Bundesverwaltungsgericht

8. Das Bundesfinanzgericht

9. Die Bundesdisziplinarbehörde

10. Der Unabhängige Parteien-Transparenzsenat

11. Die Landesgerichte

12. Das Handelsgericht Wien

13. Die KommAustria

Begründung

Die im vorliegenden Beweisbeschluss genannten Organe des Bundes sind vom Untersuchungsgegenstand aus den folgenden Gründen betroffen:

Der Bundespräsident ernennt die Bundesbeamten, wodurch ihm Akten und Unterlagen in Zusammenhang mit Beweisthema 4 vorliegen.

Die Mitglieder der Bundesregierung verfügen in den Bundesministerien samt der nach- bzw beigeordneten Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen über Akten und Unterlagen, die vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind. Im Rahmen der Aufbewahrungspflicht umfassen diese auch Akten und Unterlagen ihrer etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und -einrichtungen. Die Aktenlieferungspflicht betrifft insbesondere betreffend des Beweisthemas 7 aufgrund des Erkenntnisses des VfGH G265/2022, das ua die Verfassungswidrigkeit der Weisungsfreiheit feststellte, auch die COVID 19 Finanzierungsagentur (COFAG).

Der Rechnungshof prüft auf Grund seiner verfassungsgemäßen Kompetenzen insbesondere die Gebarung des Bundes, Unternehmungen des Bundes sowie die Rechenschaftsberichte der Parteien und ist auf Grund seiner Einschaurechte besonders dazu geeignet, zur Aufklärung durch den Untersuchungsausschuss beizutragen.

Der Oberste Gerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, die Bundesdisziplinarbehörde, das Bundesfinanzgericht, die Landesgerichte, die KommAustria, der Unabhängige Parteien Transparenzsenat sowie das Handelsgericht Wien verfügen über Zuständigkeiten in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, insbesondere in Hinblick auf Beweisthema 1 bis 4. Es ist aber auch wahrscheinlich, dass zu den weiteren Beweisthemen Akten und Unterlagen von zumindest abstrakter Relevanz bei diesen vorliegen, da diese Organe regelmäßig zur Kontrolle und Rechtsdurchsetzung in vom Untersuchungsgegenstand umfassten Angelegenheiten berufen sind."

5. In der 1. Sitzung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 stellte das (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) einschreitende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses (neben zahlreichen anderen ergänzenden Beweisanforderungen) das folgende auf §25 Abs2 VO UA gestützte Verlangen nach ergänzenden Beweisanforderungen mit nachstehender Begründung:

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, dem Untersuchungsausschuss alle Gutachten im 'Media Select' Verfahren sowie jenes zum Faktum 'Consulting Fee Charisma Gesellschaft für Handel und Öffentlichkeitsarbeit GmbH' im Verfahren 17 St 25/17t zu übermitteln. Außerdem sind die Gutachten aus dem Verfahren 17 St 5/19d vorzulegen.

Die Frist für die Vorlage ist der 9. Februar 2024.

Begründung

Punkt drei des Untersuchungsgegenstandes beinhaltet, dass 'auch das staatsanwaltliche Handeln, das die genannten Aktivitäten im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand hatte' unter den Untersuchungsgegenstand fällt.

Punkt 5 lautet, dass vom Untersuchungsgegenstand auch erfasst sei, ob durch die Bundesvollziehung, ausgenommen die Rechtsprechung, insbesondere durch die COVID Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), natürliche oder juristische Personen, die die SPÖ oder die FPÖ - etwa durch Spenden - unterstützt haben oder diesen Parteien sonst nahestehen oder standen bzw verbunden sind oder waren, zwischen 18. Dezember 2017 und 23. November 2023 aus unsachlichen Gründen bevorzugt behandelt wurden.

Das sechste Beweisthema lautet: 'Beauftragung von Gutachten und Studien sowie Vergabe von Beratungsdienstleistungen durch die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften betreffend Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.'

Dem folgend bildet der Bereich des staatsanwaltschaftlichen Handelns einen eigenständigen Teil der Untersuchung und die Vergabe von Gutachten durch die Staatsanwaltschaften müssen in die Untersuchung einbezogen werden. Die vorliegende Beweisanforderung fordert nicht die Übermittlung aller Gutachten, sondern lediglich bestimmter Gutachten, die für die Untersuchung besonders relevant sind, da diese gerade eben die Beauftragung von Werbeagenturen zum Gegenstand haben."

6. Der "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungssauschuss fasste am 11. Jänner 2024 den Beschluss gemäß §25 Abs2 VO UA, den sachlichen Zusammenhang des oben angeführten Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten.

Eine Begründung für den Bestreitungsbeschluss findet sich im gemäß §19 Abs1 VO UA iVm §38 GOG NR erstellten Amtlichen Protokoll nicht.

Der "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschuss legte seiner am 31. Jänner 2024 beschlossenen Stellungnahme an den Verfassungsgerichtshof die auszugsweise Darstellung gemäß §33 Abs3 GOG NR iVm §19 Abs2 VO UA und §39 Abs2 GOG NR der 1. (vertraulichen) Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US. 27. GP vom 11. Jänner 2024 vor. Die hier wesentlichen Passagen lauten (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) sagt, er wolle betreffend zwei der soeben eingebrachten Verlangen mündlich einen Antrag auf Bestreitung einbringen.

'Ich bringe mündlich einen Antrag auf Bestreitung eines Verlangens auf ergänzende Beweisanforderungen betreffend das Verlangen 'Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, dem Untersuchungsausschuss alle Gutachten im 'Media Select'-Verfahren sowie jenes zum Faktum 'Consulting Fee Charisma Gesellschaft für Handel und Öffentlichkeitsarbeit GmbH' im Verfahren 17 St 25/17t zu übermitteln. Außerdem sind die Gutachten aus dem Verfahren 17 St 5/19d vorzulegen.' ein.

Dieser Antrag gemäß §25 Abs2 VO UA wird wie folgt begründet:

Das gegenständliche Verlangen steht in keinem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand 8/UA bzw begehrt die Übermittlung von Akten und Unterlagen außerhalb des Umfangs des Gegenstandes der Untersuchung.

Aus der Begründung des Antrages ergibt sich nicht, aufgrund welcher Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die begehrten Akten und Unterlagen vom Umfang des Gegenstandes der Untersuchung gedeckt sind.

Insbesondere wird nicht dargelegt, inwiefern dieses Verlangen zur Klärung der Fragen dienen soll, wie sie im Untersuchungsgegenstand 8/US gestellt werden.

Im gegenständlichen Verlangen wird ausgeführt wird, dass 'der Bereich des staatsanwaltschaftlichen Handelns einen eigenständigen Teil der Untersuchung [bildet]'. Dies ist nicht richtig. Vielmehr soll der Untersuchungsausschuss gemäß dem 1. Punkt des Untersuchungsgegenstandes 8/US klären, ob Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw sekretäre, die mit der SPÖ oder mit der FPÖ verbunden sind, sowie diesen Organen […] unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter […] im Zusammenhang mit näher umschriebenen Vorgängen im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 aus sachfremden Motiven gehandelt haben.

Gemäß dem 3. Punkt des Untersuchungsgegenstandes 8/US ist staatsanwaltliches Handeln nur so weit umfasst, als dass es die erwähnten Handlungen im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand haben. Wie sich daher eindeutig ergibt, bezieht sich Punkt 3. auf Vorgänge gemäß Punkt 1. und stellt eben keinen eigenständigen Teil der Untersuchung dar.

Aus dem Verlangen ergibt sich aber nicht, dass bzw warum die angeforderten Akten und Unterlagen der Klärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten. Auch geht aus dem Verlangen nicht hervor, inwieweit es im Zusammenhang mit Handlungen von Mitgliedern der Bundesregierung und von Staatssekretärinnen bzw sekretären, die mit der SPÖ oder FPÖ verbunden sind, oder von – diesen Organen in den jeweiligen Bundesministerien unterstellten – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von (abstrakter) Relevanz ist. Auch auf mögliche sachfremde Motive, die es gemäß Untersuchungsgegenstand 8/US zu prüfen gilt, wird nicht näher eingegangen. Schließlich fehlt jede Information betreffend Untersuchungszeitraum.

Es wird in der Begründung nicht nachvollziehbar offengelegt, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstande[s] im Rahmen dieses Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung nachgegangen werden soll, weshalb das gegenständliche Verlangen in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht."

In der auszugsweisen Darstellung der 1. (vertraulichen) Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 lautet es weiter (ohne die Hervorhebung im Original):

"Der Vorsitzende lässt über den Antrag des Mitglieds des Abgeordneten Hanger, den sachlichen Zusammenhang des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderungen betreffend Akten und Unterlagen von ÖVP Regierungsmitgliedern an die Bundesministerin für Justiz mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten, abstimmen. – Annahme."

7. Am 19. Jänner 2024 stellte das einschreitende Viertel der Mitglieder des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses den auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses betreffend "ROT BLAUER Machtmissbrauch", mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderungen eines Viertels seiner Mitglieder mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, und begründete diesen wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"III. Gründe

III.1. Gegenstand des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Vorlage weiterer Akten und Unterlagen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird. Der Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens wird durch den angefochtenen Umfang der Entscheidung des Untersuchungsausschusses begrenzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob der Beschluss des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024, mit dem der sachliche Zusammenhang des Verlangens des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom selben Tag mit dem Untersuchungsgegenstand zur Gänze bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig ist oder nicht.

III.2. Im vorliegenden Fall ist auf Grund der bereits im Zuge der Behandlung des Einsetzungsverlangens im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates formal vorgebrachten Bedenken (vgl Minderheitsbericht in AB 2404 BIgNR) zunächst zu prüfen, ob der Untersuchungsausschuss überhaupt rechtswirksam eingesetzt wurde und die nachfolgend von ihm gesetzten Akte (einschließlich des gegenständlichen Bestreitungsbeschlusses) daher rechtlich betrachtet überhaupt existieren.

III.2.1. In VfSlg 20.370/2020 hatte der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass 'ein Verlangen [...] nur dann zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses führen [kann], wenn der Vorgang, der untersucht werden soll, den Anforderungen des Art53 Abs2 B VG entspricht'. Dieses Erkenntnis bezog sich jedoch auf einen Antrag gemäß Art138b Abs1 Z1 B VG. Mit der Frage, ob ein auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates eingesetzter Untersuchungsausschuss auch dann als eingesetzt gilt, wenn der Geschäftsordnungsausschuss (rechtswidrig) die Unzulässigkeit des Verlangens nicht festgestellt hat, hat sich der Verfassungsgerichtshof bislang nicht befasst.

Die Folge einer fehlerhaften Einsetzung des Untersuchungsausschusses wäre ua, dass der gegenständliche Antrag zurückzuweisen wäre, da den Antragstellern insofern bereits die Aktivlegitimation fehlen würde.

Dies ist jedoch nicht der Fall:

III.2.2. Zwar wurde von der älteren Lehre (vgl insb Mayer, Verfassungsrechtliche Probleme der Untersuchungsausschüsse, in: Mayer/Platzgummer/Brandstetter, Untersuchungsausschüsse und Rechtsstaat 1989, 10; Kahl, Art53 B VG, in: Korinek/Holoubek, B VG, 7. Lfg [2005] Rz 12 mwN, aA Morscher, Absolute Nichtigkeit von Staatsakten, in ES Winkler 1997, 662) eine absolute Nichtigkeit des Untersuchungsgegenstandes im Ausmaß der Verfassungswidrigkeit angenommen.

III.2.3. Die jüngere Lehre vertritt eine solche absolute Nichtigkeit auf Grund der Reform des Rechts der Untersuchungsausschüsse (BGBl 1101/2014) jedoch nicht mehr – es findet sich seit der Novelle 2014 keine entsprechende Literaturmeinung mehr. Im Gegenteil erkennen jedoch Scholz (Zum zulässigen Gegenstand parlamentarischer Untersuchungsausschüsse nach der Untersuchungsausschuss-Reform 2014, JRP 23 [2015] 242) und Bußjäger (Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, ÖJZ 2016/50, 351) sowie zuletzt Herbst (in: Jedliczka/Joklik, Das Recht des Untersuchungsausschusses [2023] Art53 B VG, Rz 41) in den neu geschaffenen Prüfverfahren ein Fehlerkalkül. Konrath/Neugebauer/Posnik (Das neue Untersuchungsausschussverfahren im Nationalrat, JRP 23 [2015] 222) verneinen gleichfalls unter Hinweis auf die neuen Prüfverfahren die Möglichkeit einer absoluten Nichtigkeit.

Dies geht mit der generellen Auffassung in der Literatur einher, dass absolute Nichtigkeit in einem Rechtsstaat nur ultima ratio sein darf (vgl bereits Merkl, Die Lehre von der Rechtskraft [1923] 295f; Balthasar, Absolute Nichtigkeit genereller Normen in der österreichischen Rechtsordnung [2016] 9ff mwN). Auch die Judikatur hat eine absolute Nichtigkeit von nicht gesetzesförmigen generellen Akten nur sehr zurückhaltend und soweit ersichtlich nur in zwei Fällen angenommen (VfSlg 6277/1970, 7608/1975; vgl auch VfSlg 9044/1981 sowie in Hinblick auf individuelle Akte von Gesetzgebungsorganen VfSlg 11.882/1988, 13.450/1993, 13.641/1993).

III.2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat auch ansonsten mit nur einer einzigen Ausnahme (soweit ersichtlich) die Annahme einer absoluten Nichtigkeit abgelehnt (vgl VfSlg 15.066/1997, 16.152/2001, 16.852/2003 19.894/2014; jedoch VfGH 1.10.1999, B851-853/99, aber ohne nähere Begründung). Der Verfassungs-gerichtshof hat in VfSlg 6277/1970, 7608/1975 als auch VfSlg 9044/1981 darauf verwiesen, dass bereits die Existenz irgendeines Verfahrens, mit dem die Beseitigung der Rechtswidrigkeit ermöglicht wird, eine absolute Nichtigkeit ausschließt. Dafür sei es weder erforderlich, dass dieser Rechtsbehelf aktuell noch offensteht (etwa auf Grund von Fristenläufen), noch dass er denselben Parteien zur Verfügung steht.

III.2.5. Schäffer/Kneihs (in: Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 18. Lfg [2017] Art140 B VG, Rz 32) haben außerdem zu Recht darauf hingewiesen, dass in VfSlg 6277/1970, 7608/1975 die absolute Nichtigkeit nicht durch den Mangel eines Rechtsbehelfs, sondern vielmehr durch die zusätzliche Annahme des Verfassungsgerichtshofs, dass die Bundesverfassung einen solchen fehlerhaften Akt nicht im Rechtsbestand belassen wolle, begründet wurde. In anderen Konstellationen kann jedoch von der Bundesverfassung geradezu beabsichtigt sein, einen solchen – wenngleich fehlerhaften – Akt in der Rechtsordnung zu belassen. So hat etwa die Aufhebung einer Wahl gemäß Art141 Abs1 lita B VG gerade eben nicht zur Folge, dass insofern rechtswidrig erzeugte, weil von gar nicht gewählten Mandataren beschlossene Akte gleichermaßen untergehen (Balthasar, Absolute Nichtigkeit genereller Normen in der österreichischen Rechtsordnung [2016] 17).

III.2.6. Im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsausschuss liegt eine solche Konstellation vor: Nachdem die Art130 Abs1a sowie Art138b Abs1 Z2 bis 7 B VG den rechtlichen Bestand eines Untersuchungsausschusses voraussetzen und diese gerade die Rechtsbehelfe zur Verfügung stellen, damit sich von der Ausübung von Zwangsbefugnissen durch einen Untersuchungsausschuss Betroffene gegen allfällige rechtswidrige Anwendung dieser Zwangsbefugnisse zur Wehr setzen können, bleibt für die Annahme einer absoluten Nichtigkeit kein Raum.

III.2.7. Unbestritten ist, dass der Präsident des Nationalrates in der 247. Sitzung des Nationalrates am 15. Dezember 2023 die Einsetzung des Untersuchungsausschusses festgestellt hat und die Einsetzung kundgemacht wurde. Der Untersuchungsausschuss hat seine Tätigkeit tatsächlich aufgenommen und insofern hat der Untersuchungsgegenstand auch Rechtsfolgen gezeitigt – insbesondere wurden im grundsätzlichen Beweisbeschluss eine Vielzahl von Organen zur Aktenvorlage verpflichtet und bereits Ladungsanträge beschlossen bzw Ladungsverlangen wirksam.

Der Verfassungsgerichtshof hat in Zusammenhang mit der Anfechtung von Wahlen bereits erkannt, dass der Abschluss des Wahlverfahrens die Annahme einer absoluten Nichtigkeit ausschließt (vgl VfSlg 15.066/1997, 15.458/1999). Gleichermaßen hat er die Annahme absoluter Nichtigkeit ausgeschlossen, wenn der dem in Frage stehenden Akt angelastete Fehler seiner Schwere nach ungeeignet ist, mehr als eine Verfassungswidrigkeit zu bewirken (vgl VfSlg 16.152/2001). Er hat insofern auf Winkler (Die absolute Nichtigkeit von Verwaltungsakten. Eine rechtstheoretische Grundlegung [1960]) Bezug genommen, der Evidenz und Gravität als Kriterien der Bestimmung absoluter Nichtigkeit heranzog.

III.2.8. Schlussendlich kann dem Verfassungsgesetzgeber nicht unterstellt werden, die mit der möglichen absoluten Nichtigkeit eines Untersuchungsgegenstands verbundenen Probleme in der Novelle BGBI I 101/2014 ignoriert zu haben. Hatte diese Novelle doch unter Verweis einerseits auf die Erfahrungen in den Untersuchungsausschüssen der 23. und 24. Gesetzgebungsperiode, die von regelmäßigen Konflikten um die Verfassungskonformität von Untersuchungsgegenständen geprägt war, und andererseits auf die einschlägige Literatur gerade zum Zweck, die Rechtssicherheit zu erhöhen und 'die Voraussetzungen für eine rasche und zielgerichtete Abwicklung des Untersuchungsauftrags' zu schaffen (AB 439 BIgNR XXV.GP, 2 und 3).

III.2.9. Der Untersuchungsausschuss wurde daher wirksam eingesetzt.

III.3. In weiterer Folge ist nunmehr zu prüfen, ob eine (behauptete) Verfassungs-widrigkeit des Untersuchungsgegenstandes auch (noch) in Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG gegenständlich sein kann.

III.3.1. Dies ist der Fall:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besteht die Notwendig-keit einer strengen Auslegung und Abgrenzung der einzelnen Tatbestände des B VG zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 7669/1975, 8602/1979, 9044/1981, 20.259/2018 mwN in Hinblick auf Verfahren nach Art141 Abs1 B VG). Dies wird vom Verfassungsgerichtshof mit der vorgesehenen Befristung der einzelnen Tatbestände sowie der Verhinderung einer vom Verfassungsgesetzgeber nicht beabsichtigten partiellen Doppelgleisigkeit der Rechtsschutzverfolgung begründet. Dies muss gleichermaßen für die einzelnen Tatbestände des Art138b Abs1 B VG gelten. Denn sowohl die in §§56c bis 56h VfGG vorgesehenen konkreten Regelungen über Fristen als auch die darin eingeräumten Parteistellungen könnten ansonsten beliebig umgangen werden, der Zweck der entsprechenden Bestimmungen wäre vereitelt (vgl auch VfSlg 2804/1955; Hengstschläger, Der Rechnungshof [1982] 355). In diesem Sinne unterscheidet auch die Überschrift des 2. Hauptstücks, Teil E des VfGG zwischen Anträgen betreffend die Einsetzung und Anträgen betreffend die Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen, was eine klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Anträgen voraussetzt.

III.3.2. Aus den genannten Bestimmungen geht außerdem hervor, dass der Verfassungsgerichtshof nicht berufen ist, über abstrakte Meinungsverschiedenheiten zu judizieren; vielmehr muss die Meinungsverschiedenheit stets einen konkreten Anlassfall betreffen, der ausreichend bestimmt oder bestimmbar ist (vgl VfGH 30.11.2017, KR1/2017 mwN in Hinblick auf Verfahren gemäß Art126a B VG; VfSlg 14.697/1996 mwN in Hinblick auf ein Verfahren gemäß Art148f B VG). Diese Konkretisierung ist auch erforderlich, um dem Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Identität einer rechtskräftig entschiedenen Sache zu ermöglichen (vgl VfSlg 3431/1958). Der Verfassungsgerichtshof hat dementsprechend festgehalten, dass seine Erkenntnisse gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG in Rechtskraft erwachsen (VfGH 5.5.2021, UA1/2021 39).

III.3.3. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Art138b Abs1 Z3 B VG den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung der 'Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird', beruft. Maßstab eines Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG ist somit – im Gegensatz zu anderen Verfahren – auf Grund ausdrücklicher verfassungsgesetzlicher Anordnung der Untersuchungsgegenstand. Dessen Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben muss auch in einem Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG beachtlich sein, da der Verfassungsgerichtshof sonst lediglich auf die (formale) Nachprüfung der Entscheidung des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrates im Verfahren zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschränkt wäre. In diesem Sinne führt Herbst (Art53 B VG, in: Jedliczka/Joklik, aa0, Rz 41f) aus, dass der Verfassungsgerichtshof – ein entsprechendes Vorbringen vorausgesetzt – die Übereinstimmung des Untersuchungsgegenstandes mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben incidenter überprüfen könne.

III.3.4. Dem steht auf Grund der ausdrücklichen Anordnung in Art138b Abs1 Z3 B VG auch nicht entgegen, dass – wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 8.2.2021, Ra 2021/03/0001) ausgeführt hat – eine auch nur inzidente Beurteilung der Notwendigkeit und der Zweckmäßigkeit parlamentarischer Akte den Gerichten verwehrt ist.

III.4. Somit ist nunmehr zu prüfen, ob bereits das Einsetzungsverlangen gegen die Vorgaben des Art53 Abs2 B VG verstößt und insofern kein tauglicher Maßstab für die Beurteilung des sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung mit dem Untersuchungsgegenstand besteht. In einem solchen Fall wäre jeglicher Bestreitungsbeschluss von vornherein mit Rechtswidrigkeit belastet.

III.4.1. Das Einsetzungsverlangen entspricht den Anforderungen des Art53 Abs2 B VG nicht:

Der Untersuchungsgegenstand begründet den Rahmen des Tätigkeitsbereiches des Untersuchungsausschusses, bindet diesen und bildet gleichzeitig die Begrenzung der diesem übertragenen Zwangsbefugnisse. Zugleich dient die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes aber auch dem Schutz der betroffenen Organe und Dritten. Da der Untersuchungsausschuss an den Untersuchungsgegenstand und die damit verbundenen Zielsetzungen gebunden ist und er im Rahmen des Beweisverfahrens konkrete Fragen untersuchen soll, sowie weil die Grenzen der Verpflichtungen vom Verfahren betroffener Organe und Dritter vom Verfassungsgerichtshof einer Überprüfung unterzogen werden können, muss der Untersuchungsgegenstand, vor allem aus rechtsstaatlichen Gründen, hinreichend bestimmt sein (VfSlg 20.370/2020).

Durch das Erfordernis des Vorliegens eines bestimmten Vorganges wird es umgekehrt aber auch nicht ins Belieben (der beschlussfassenden Mehrheit) des Untersuchungsausschusses gestellt, welche Verlangen auf Beweiserhebung im sachlichen Zusammenhang mit der Untersuchung stehen.

III.4.2. Vor dem Hintergrund, dass der Verfassungsgesetzgeber bei der Beschlussfassung über Art53 Abs2 B VG und insbesondere über die Verwendung des Begriffes 'bestimmter [...] Vorgang' das 'etablierte parlamentarische Konzept' (so Konrath/Neugebauer/Posnik, Das neue Untersuchungsausschussverfahren im Nationalrat, JRP 2015, 216 [218]) aus Art52b B VG und §99 Abs2 GOG NR – der in Ausführung von Art126b Abs4 B VG ergangen ist – vor Augen hatte (AB 439 BIgNR XXV.GP, 3; der Begriff wird in der Praxis weit ausgelegt [vgl dazu Konrath/Neugebauer/Posnik, aa0, 218; Kahl, Art52b B VG, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg], Bundesverfassungsrecht, 7. Lfg [2005] Rz 4; Zögernitz, Nationalrat Geschäftsordnung 4 , 2020, 622]), sind keine zu strengen Anforderungen an die Bestimmtheit des Gegenstandes der Untersuchung (Art53 Abs2 B VG) zu stellen. Der den Bestimmungen des Art52b B VG und des §99 Abs2 GOG NR gemein-same Begriff des 'bestimmten Vorganges' bewirkt in dem dort relevanten Zusammenhang der Gebarungsüberprüfung eine sachliche Einschränkung der jeweils von der Minderheit verlangten Prüfung (Zögemitz, aa0, 622) in dem Sinne, dass der zu untersuchende Vorgang – der Prüfungsgegenstand – konkret, abgegrenzt und im Prüfungsauftrag hinreichend konkretisiert sein muss (Kahl, aa0, Rz 4; vgl auch Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle – Kommentar zum fünften Hauptstück des B VG 'Rechnungs- und Gebarungskontrolle' [2000] 211 sowie VfSlg 20.370/2020).

III.4.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach dargelegt hat, darf die Begründungspflicht gleichermaßen nicht überspannt werden (VfGH jeweils 25.8.2022, UA7 45/2022, und UA46 74/2022; 29.6.2022, UA4/2022; 7.12.2022, UA96/22). Wesentlich ist dabei, dass bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses häufig nur begrenzte Kenntnisse über die für den Untersuchungsauftrag relevanten Tatsachen bestehen und daher Spielräume verbleiben müssen, im Sinne des Untersuchungsauftrages Relevantes ermitteln zu können, auch wenn sich ein Einsetzungsverlangen rückblickend als weitgehend erweist. So ist es etwa zulässig, einen Untersuchungsausschuss mit einer 'Rundumaufklärung' zu beauftragen, bei der vorrangiges Ziel ist, 'Licht ins Dunkel' zu bringen (vgl lwers/Lehmann, Verfassungsrechtliche Prüfung des Einsetzungsantrags für den Untersuchungsausschuss 'Corona 2' [2022] 67 zur deutschen Rechtslage). Es bedarf weder eines Verdachtes noch eines Anlasses (VfSlg 20.370/2020).

III.4.4. Die gerichtliche Kontrolle ist mit Rücksicht auf das demokratische Prinzip, das Prinzip der Gewaltenteilung sowie die daraus resultierende parlamentarische Autonomie und die besondere Natur des Untersuchungsverfahrens als Instrument der politischen Aufklärung sowie des damit einhergehenden besonders weiten Spielraums der Einsetzungsminderheit auszuüben (vgl Herbst, in: Jedliczka/Joklik, Das Recht des Untersuchungsausschusses [2023] Vorbemerkung zu Art138b B VG, Rz 6ff). In der deutschen Rechtsprechung wird daher im Interesse des Schutzes der Rechte der Minderheit sogar eine Vermutung der rechtlichen Zulässigkeit eines Einsetzungsantrags judiziert (vgl BayVerfGH NVwZ 1995, 681 [682]).

III.4.5. Der erste, der zweite und der fünfte Punkt des in Frage stehenden Untersuchungsgegenstandes verlangen das Kriterium der 'Verbundenheit' mit SPÖ oder FPÖ. Der fünfte Punkt geht noch darüber hinaus und erweitert dies um die Kriterien des 'Nahestehens' und zusätzlich – durch die ausdrückliche Nennung der Vergangenheitsform – in unbegrenzter zeitlicher Hinsicht. Die Begründung des Einsetzungsverlangens definiert die verwendeten Begriffe nicht näher, sondern schweigt dazu vollständig.

Der Begriff Verbundenheit beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch eine (allenfalls nur gefühlte) Zusammengehörigkeit mit jemandem bzw miteinander. Der Begriff des Nahestehens beschreibt, zu jemandem in enger Beziehung zu stehen oder aufgrund der Eigenart bzw bestimmter Merkmale in die Nähe einer Sache zu gehören.

Diese Begriffe sind – mangels näherer Umschreibung in der Begründung, allgemein anerkannten Kriterien oder einer gesetzlichen Definition – somit regelmäßig Fremdzuschreibungen, die von den Betroffenen (gerade auf Grund der emotionalen Komponente dieser Begriffe) nicht geteilt werden müssen. Ihre Bedeutung ist somit nicht anhand objektiver Kriterien oder Tatsachen feststellbar und somit nicht bestimmbar. Die Frage, ob etwas miteinander verbunden ist, ist stets eine nicht nachprüfbare Wertungsfrage, die es nicht ermöglicht, den zu untersuchenden Bereich nachvollziehbar abzugrenzen (vgl auch VfGH 30.11.2017, KR1/2017 sowie VfGH 11.12.2018, KR1/2018 ua; Schrefler-König/Loretto, VO UA [2020], 379; Herbst, aa0, Art53 B VG, Rz 64).

Die erforderliche Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes im Sinne des Art53 Abs2 B VG liegt somit nicht vor.

III.4.6. Es liegt auch kein einheitlicher Vorgang im Sinne des Art53 Abs2 B VG vor, vielmehr handelt es sich um mehrere, unterschiedliche Vorgänge:

Soweit Art53 Abs2 B VG vorsieht, dass Gegenstand der Untersuchung ein 'bestimmter [...] Vorgang' zu sein hat, erläutern die Materialien (AB 439 BIgNR X)(V.GP, 4) diesen Begriff als 'bestimmbare[n] und abgrenzbare[n] Vorgang' in der Vollziehung des Bundes. Die Untersuchung könne – so die Materialien weiter – 'mithin nur inhaltlich zusammenhängende Sachverhalte' betreffen. Das Wort 'ein' werde als 'unbestimmter Artikel und nicht als Zahlwort verwendet'. Die 'Forderung eines inhaltlichen, personellen oder zeitlichen Zusammenhangs' schließe aus, 'dass mehrere, unterschiedliche Vorgänge oder Themen in einem Untersuchungsausschuss untersucht werden, die nur lose miteinander verknüpft sind, etwa weil es sich um Vorgänge innerhalb des Zuständigkeitsbereiches eines Bundesministeriums' handle. 'Die Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit eines Vorgangs' schließe nicht aus, 'dass Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag eine Untergliederung in einzelne Abschnitte bzw Beweisthemen aufweisen, zumal ein Vollzugsakt auch in einzelne Phasen zerlegt werden' könne (VfSlg 20.370/2020).

Dazu sieht §1 Abs5 VO UA vor, dass eine inhaltliche Gliederung des Gegenstandes der Untersuchung nach Beweisthemen zulässig, eine Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche hingegen unzulässig ist.

III.4.7. Ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen der Untersuchung besteht im in Frage stehenden Untersuchungsgegenstand nicht (vgl auch Minderheitsbericht in AB 2404 BIgNR XXVII.GP samt der darin abgedruckten Stellungnahme von Prof. Janko):

III.4.7.1. Inhaltlich besteht bereits zwischen den verschiedenen, in Punkt 1 des in Frage stehenden Untersuchungsgegenstandes angesprochenen Bereichen (Inseratenschaltungen, Studien, Werbeagenturen, Personalangelegenheiten) kein erkennbarer Zusammenhang. Es handelt sich jeweils um unterschiedliche Vollziehungsbereiche, die auch nicht auf bestimmte Organisationseinheiten beschränkt sind, sondern potentiell alle Bundesministerien und (nachgelagerte) Organisationseinheiten erfassen.

Die Punkte 2 bis 4 des in Frage stehenden Untersuchungsgegenstandes erweitern die Untersuchung um zusätzliche Bereiche, insbesondere um staatsanwaltschaftliches Handeln, das einen eigenen Gegenstand der Untersuchung bilden soll, sowie die Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger.

Punkt 5 des Untersuchungsgegenstandes erscheint überhaupt als eigenständiger Vorgang, der über keinerlei Zusammenhang mit den anderen Punkten verfügt und bereits – für sich allein betrachtet – auf Grund seiner Breite (arg: durch die Bundesvollziehung) in einem Spannungsverhältnis, wenn nicht in Widerspruch, zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben steht.

III.4.7.2. Ein personeller Zusammenhang ist ebenso wenig erkennbar, da SPÖ und FPÖ niemals gemeinsam eine Bundesregierung gebildet haben. Die handelnden Personen waren im zu untersuchenden Zeitraum – der 17 Jahre umfasst – daher unterschiedlichste. Vielmehr lag die Konstante in diesem Zeitraum bei einer anderen Partei.

III.4.7.3. In der zeitlichen Dimension fällt auf, dass die Punkte 1, 3 und 4 einen anderen Untersuchungszeitraum als Punkt 5 erfassen. Die beiden unterschiedlichen Zeiträume überschneiden sich zudem. Daher trägt auch die zeitliche Dimension nichts dazu bei, einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen herzustellen.

III.4.8. Nach den Gesetzesmaterialien (AB 439 BIgNR XXV.GP) stellen verschiedene, nicht zusammenhängende Vorgänge, die sich über einen größeren und jeweils unterschiedlichen Zeitraum erstrecken und die im Verantwortungsbereich mehrerer Bundesministerien verortet wurden, gerade keinen 'bestimmten Vorgang' im Sinne des Art53 Abs2 B VG mehr dar.

Die Begründung des Einsetzungsverlangens zum Zusammenhang der verschiedenen Bereiche begnügt sich mit der (pauschalen) Behauptung, dass diese zusammenhängen würden, weil sie gemeinsam untersucht werden sollen.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch bereits klargestellt (VfSlg 20.370/2020), dass schon das Verlangen der Minderheit das Vorliegen der verfassungsrechtlich geforderten Voraussetzungen (Vorliegen eines bestimmten, abgeschlossenen Vorganges im Bereich der Bundesvollziehung; Art53 Abs2 zweiter und dritter Satz B VG) nachvollziehbar darzulegen hat.

Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein – quasi anstelle der Einsetzungsminderheit – Mutmaßungen darüber anzustellen, ob irgendein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bereichen der Untersuchung vorliegen könnte.

III.5. Sollte der Verfassungsgerichtshof dennoch zur Ansicht gelangen, dass der Untersuchungsgegenstand den Anforderungen des Art53 Abs2 B VG entspricht, so verletzt der Beschluss des Untersuchungsausschusses die ihm von Verfassungs wegen aufgetragene Begründungspflicht und ist schon deshalb rechtswidrig (VfGH 18.1.2020, UA4/2020).

Die beschlussfassende Mehrheit trifft eine auf die bestimmten Akten und Unterlagen näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz. Die nur mündlich vorgetragene Begründung entspricht nicht den vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten Anforderungen. Die Begründung des Bestreitungsbeschlusses ist insbesondere nicht aus dem Beschluss selbst oder dem Abstimmungsvorgang und auch nicht aus dem Amtlichen Protokoll ersichtlich. Zwar wurde eine Auszugsweise Darstellung der Beratungen angefertigt. Diese bildet jedoch keinen Teil des Amtlichen Protokolls, ist entsprechend auch nicht vom Vorsitzenden und von der Schriftführerin gefertigt und deren Korrektheit somit nicht bestätigt.

Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Wortmeldungen einzelner Ausschussmitglieder eine Mutmaßung zu treffen, ob und welche der in der Sitzung vorgebrachten Gründe die beschlussfassende Mehrheit zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht haben könnte (VfGH 18.1.2020, UA4/2020)."

8. Der Verfassungsgerichtshof übermittelte dem Präsidenten des Nationalrates gemäß §56k VfGG den auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag. Unter einem stellte es der Verfassungsgerichtshof den Beteiligten frei, zu dem auf Art138b Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Mehrheit des Untersuchungsausschusses betreffend "ROT BLAUER Machtmissbrauch", mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderungen eines Viertels seiner Mitglieder mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, Stellung zu nehmen.

9. Beim Verfassungsgerichtshof langte innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist folgende, am 31. Jänner 2024 beschlossene Stellungnahme des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses ein:

"2. Zur Frage der Begründung eines Antrages auf Bestreitung eines Verlangens betreffend ergänzende Beweisanforderung (Punkt 1.3. auf Seite 6 und III.5 auf Seite 18 des gegenständlichen Antrages):

Gemäß §25 Abs4 VO UA kann ein Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Weiter heißt es, dass ein Verlangen wirksam wird, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in dieser Sitzung, in der das Verlangen eingebracht wird, nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

Das Erfordernis der Schriftlichkeit eines Antrages, der auf die Bestreitung einer ergänzenden Beweisanforderung gerichtet ist, ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfGH 18.01.2021, UA4/2020, ausgesprochen, dass die Bestreitung eines Verlangens auf Ladung von Auskunftspersonen gemäß §29 Abs1 VO UA trotz mangelnder ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zu begründen ist. Es ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung betreffend Begründungspflicht der Bestreitung von Verlangen betreffend die Ladung von Auskunftspersonen auch auf Bestreitungen von Verlangen betreffend ergänzende Beweisanforderungen übertragbar ist.

Der Abgeordnete Andreas Hanger ist dieser Begründungspflicht nachgekommen; die Bestreitung des im gegenständlichen Antrag genannten Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung wurde in der Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US am 11. Jänner 2024 mündlich ausführlich begründet (vgl Beilage Auszugsweise Darstellung der 1. (vertraulichen) Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP am 11. Jänner 2024, Seite 8 letzter Absatz bis Seite 11 erster Absatz).

Dass sich die mündliche Begründung eines Bestreitungsantrages nicht im 'amtlichen Protokoll' wiederfindet, ergibt sich zwingend aus §19 Abs1 VO UA in Verbindung mit §38 Abs2 GOG NR, wonach das [amtliche] Protokoll [nur] die in Verhandlung genommenen Gegenstände, alle im Verlaufe der Sitzung gestellten Anträge, die Art ihrer Erledigung, das Ergebnis der Abstimmungen und die gefassten Beschlüsse zu verzeichnen hat. Gemäß §19 Abs2 VO UA ist über sonstige Beratungen eines Untersuchungsausschusses eine auszugsweise Darstellung zu verfassen, sofern der Ausschuss nichts anderes beschließt; am 11. Jänner 2024 hat der Untersuchungsausschuss 8/US 'nichts anderes' beschlossen (vgl amtliches Protokoll über die Sitzung am 11. Jänner 2024, Beilage I); der gesamte Sitzungs-verlauf samt allen Wortmeldungen ist in der auszugsweisen Darstellung der 1. (vertraulichen) Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP am 11. Jänner 2024 protokolliert (Beilage II). Der Antrag des Abgeordneten Andreas Hanger auf Bestreitung des sachlichen Zusammenhangs des Verlangens auf ergänzende Beweiserhebung mit dem Untersuchungsgegenstand, der dem gegenständlichen Antrag zugrunde liegt, samt ausführlicher Begründung, ist in der auszugsweisen Darstellung im Wortlaut ordnungsgemäß protokolliert.

3. Zur Frage des Gegenstands des Verfahrens

Weiters wird im gegenständlichen Antrag behauptet, dass Gegenstand des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG betreffend die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auch die Beantwortung der Frage ist, ob der Untersuchungsgegenstand, auf den sich ein Verlangen auf ergänzende Beweiserhebung bezieht, den Anforderungen des Art53 Abs2 B VG entspricht.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Das GOG NR und die VO UA regeln abschließend das Verfahren zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf Verlangen von 46 Mitgliedern des Nationalrates (Einsetzungsminderheit; vgl Art53 Abs2 B VG, §33 GOG NR und §§1 bis 3 VO UA). Zusammengefasst lässt sich das Einsetzungsverfahren für diese Minderheitsverlangen wie folgt darstellen: Ein Minderheitsverlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist während einer (Plenar )Sitzung des Nationalrates einzubringen. Am Ende dieser Sitzung des Nationalrates ist das Verlangen dem Geschäftsordnungsausschuss zuzuweisen, der dann binnen vier Wochen die Verhandlungen über das Verlangen aufzunehmen und binnen weiterer vier Wochen dem Nationalrat darüber Bericht zu erstatten hat.

Im Zuge der Behandlung des Einsetzungsverlangens ist vorgesehen, dass die Zulässigkeit des Einsetzungsverlangens vom Geschäftsordnungsausschuss geprüft werden und – gegebenfalls – die Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss entsprechend den üblichen Regeln betreffend Beschlussfassung in einem Ausschuss des Nationalrates die (gänzliche oder teilweise) Unzulässigkeit des Einsetzungsverlangens feststellen kann. Die Unzulässigkeit eines Einsetzungsverlangens kann ua darin begründet sein, dass der Untersuchungsgegenstand nicht Art53 Abs2 B VG entspricht. Zur Überprüfung der Feststellung der Unzulässigkeit eines Einsetzungsverlangens durch die Mehrheit im Geschäftsordnungs-ausschuss kann von der Einsetzungsminderheit der Verfassungsgerichtshof angerufen werden. Sofern der Geschäftsordnungsausschuss ein Einsetzungsverlangen nicht für unzulässig erachtet, gilt der Untersuchungsausschuss mit Beginn der Behandlung des Berichts des Geschäftsordnungsausschusses in der Sitzung des Nationalrates als eingesetzt.

Darüber hinaus ist gemäß den Bestimmungen des B VG, des GOG NR oder der VO UA nicht vorgesehen, dass über die Zulässigkeit eines Verlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Nationalrat, im Geschäftsordnungsausschuss oder im Untersuchungsausschuss entschieden wird. Der Gesetzgeber hat bewusst das Verfahren betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf Verlangen einer Minderheit derart gestaltet, dass zuerst über die Feststellung der Unzulässigkeit eines Einsetzungsverlangens die Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss entscheidet; dieser Mehrheitsbeschluss (und nicht etwa der Untersuchungsgegenstand selbst) kann auf Antrag der 46 Abgeordneten, die das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingebracht haben, vom Verfassungsgerichtshof auf Rechtswidrigkeit überprüft werden.

Nach dem Ende des Verfahrens im Geschäftsordnungsausschuss ist das Verfahren zur Überprüfung der Verfassungskonformität des Untersuchungsgegenstandes im Nationalrat abgeschlossen. Die Antragsteller des gegenständlichen Antrages vertreten selbst im zum Bericht des Geschäftsordnungsausschusses (AB 2404 BIgNR, 27. GP) erstatten Minderheitsbericht (Minderheitsbericht zu AB BIgNR 2404, 27. GP) diese Rechtsansicht. […]

Nicht vorgesehen ist jedenfalls, dass die Frage der Zulässigkeit eines Einsetzungsverlangens bzw eines Untersuchungsgegenstandes nach formeller Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit der Bestreitung eines Verlangens betreffend ergänzende Beweisanforderung stattfinden kann. Würde man der im gegenständlichen Antrag vorgebrachten Argumentation folgen, wäre das oben geschilderte Verfahren im Geschäftsordnungsausschuss bedeutungslos. Die Abgeordneten, die sich im Geschäftsordnungsausschuss betreffend die Frage der Zulässigkeit eines Minderheitsverlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mehrheitlich nicht durchgesetzt haben, könnten dann die Regelungen betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit, die auf eine Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss abstellen, umgehen. So könnte von einer Minderheit eine Bestreitung durch die Mehrheit 'provoziert' werden, indem eine offenkundig nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasste ergänzenden Beweisanforderung oder eine ergänzende Beweisanforderung, die sich offenkundig an ein nicht zur Vorlage verpflichtetes Organ gemäß Art53 Abs3 B VG richtet, eingebracht wird, um dann im Bestreitungsfall die Unzulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes vor dem Verfassungsgerichtshof zu behaupten.

Die im gegenständlichen Antrag wiedergegebenen Literaturmeinungen beziehen sich auf 'Meinungsverschiedenheits-Verfahren' gemäß Art138b Abs1 Z4 und 6 B VG bzw auf das Verfahren gemäß Art130 Abs1a B VG, die sich alle grundsätzlich vom Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG unterscheiden, zumal es in den Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 und 6 und Art130 Abs1a B VG um die Geltendmachung der Rechtsposition von Organen und (juristischen) Personen geht, die an der Willensbildung im Nationalrat betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht beteiligt waren.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich, auf die Frage einzugehen, ob der Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP Art53 Abs2 B VG entspricht.

4. Zur Frage der Legitimation der Antragsteller des gegenständlichen Antrages:

Den Antragstellern des gegenständlichen Antrages ist vor dem Hintergrund folgender Umstände entgegenzuhalten, dass sie sich auf den Untersuchungsausschuss 8/US 27. GP vollumfänglich (auch betreffend Untersuchungsgegenstand) 'eingelassen' haben:

So haben in der Sitzung des Geschäftsordnungsausschusses am 14. Dezember 2023 zwei der Antragsteller den Antrag betreffend grundsätzlichen Beweisbeschluss miteingebracht; dieser Beschluss wurde in weiterer Folge einstimmig gefasst (Vgl. AB 2404 BIgNR, 27. GP, Seite 2[…]). Damit wurde die Verpflichtung ausgelöst, dass die im Beschluss genannten Organe zur vollständigen Vorlage aller Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Des Weiteren haben sich zwei der Antragsteller in der Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP am 11. Jänner 2024 zur 2. Schriftführerin bzw zum 3. Schriftführer des Untersuchungsausschusses wählen lassen (vgl Amtliches Protokoll der 1. Sitzung des UA 8/US 27. GP., Beilage I) und so die Verpflichtung übernommen, aktiv am Verfahren des Untersuchungsausschusses mitzuwirken.

Darüber hinaus wurde der Vorschlag des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses für einen Arbeitsplan gemäß §16 Abs1 VO UA in der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 11. Jänner 2024 einstimmig – sohin auch von den Antragstellern des gegenständlichen Antrags – angenommen (vgl Amtliches Protokoll der 1. Sitzung des UA 8/US 27. GP, Beilage I). Mit diesem Arbeitsplan wurden die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses festgelegt: Er enthält nicht nur alle Sitzungstage des Untersuchungsausschusses, sondern auch die Rahmenbedingungen für die Festlegung der konkreten Auskunftspersonen an diesen Sitzungstagen und außerdem das Ende der Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass alle Abgeordneten, die den gegenständlichen Antrag gestellt haben, selbst insgesamt 31 Verlangen betreffend ergänzende Beweiserhebungen in der Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP am 11. Jänner 2024 (mit )eingebracht haben, von denen 16 auch wirksam geworden sind (vgl Beilage 1, Seite 6: 14 Verlangen der Abgeordneten Holzleitner, Hafenecker, Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Akten und Unterlagen von ÖVP Regierungsmitgliedern (Karmasin) und 2 Verlangen der Abgeordneten Holzleitner, Hafenecker, Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Akten und Unterlagen Cobra Affäre). Damit haben sie — durch die Ausübung des ihnen gemeinsam zustehenden Minderheitsrechts — die Verpflichtung ausgelöst, dass die in diesen Verlangen genannten Organe dem Untersuchungsausschuss näher bestimmte Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes übermitteln.

Insofern ist davon auszugehen, dass alle Abgeordneten, die den gegenständlichen Antrag eingebracht haben, offenkundig von der Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes 8/US ausgehen. Würden diese Abgeordneten die Ansicht vertreten, dass der Untersuchungsausschuss 8/US 27. GP bzw der Untersuchungsgegenstand den Anforderungen der Art53. Abs2 B VG nicht entspricht, hätten sie wohl – um nicht widersprüchlich zu agieren – weder den Antrag betreffend grundsätzlichen Beweisbeschluss einbringen und diesem zustimmen, noch dem Arbeitsplan des Untersuchungsausschusses zustimmen, oder sich als Funktionäre des Untersuchungsausschusses wählen lassen oder Verlangen betreffend ergänzende Beweisanforderungen einbringen dürfen.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2024, UA2/2023, stellt sich somit die Frage, ob die Abgeordneten, die den gegenständlichen Antrag eingebracht haben, tatsächlich zur Antragstellung in Verbindung mit der gegenständlichen Begründung legitimiert sind.

5. Begründungspflicht des gegenständlichen Antrages gemäß §56c Abs2 Z3 VfGG:

Schließlich ist den Antragstellern entgegenzuhalten, dass sie auf die Rechtwidrigkeit des Bestreitungsbeschlusses, der ja den Gegenstand dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens bildet, nicht näher eingehen. So wird auf den Inhalt der Begründung des Bestreitungsbeschlusses nicht näher eingegangen.

Aus all den genannten Gründen ist der Untersuchungsausschuss 8/US 27. GP der Überzeugung, dass der gegenständliche Antrag abschlägig zu entscheiden ist, weil der in Rede stehende Bestreitungsbeschluss nicht rechtswidrig ist."

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder.

1.2. Gemäß Art53 Abs1 zweiter Satz B VG ist ein Untersuchungsausschuss auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates einzusetzen (vgl auch §1 Abs2 erster Satz VO UA: "mindestens 46 […] Mitglieder"). Nähere Bestimmungen trifft nach Art53 Abs5 erster Satz B VG das GOG NR. Insbesondere fasst der Geschäftsordnungsausschuss den grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß §24 VO UA. Dieser Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes. Die vorlagepflichtigen Organe können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden.

1.3. Gemäß §25 Abs2 VO UA kann ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen (§25 Abs3 VO UA). Die Beweisanforderung ist zu begründen.

Ein solches Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht mit Beschluss bestreitet (§25 Abs2 VO UA). Erfolgt eine solche Bestreitung, kann das verlangende Viertel der Mitglieder nach §25 Abs4 VO UA den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nach §25 Abs2 VO UA anrufen. Ein solcher Antrag ist gemäß §56e Abs4 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56e Abs6 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.4. Der "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschuss hat mit Beschluss vom 11. Jänner 2024 den sachlichen Zusammenhang des Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder nach ergänzenden Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand gemäß §25 Abs2 VO UA bestritten.

1.5. Der am 19. Jänner 2024 von zumindest vier – das Verlangen gemäß §25 Abs2 VO UA vom 11. Jänner 2024 unterstützenden – Mitgliedern des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG (die Frage der Antragslegitimation des Zweiteinschreiters kann angesichts der Ausschussgröße von 13 Abgeordneten offen bleiben; vgl VfGH 18.1.2021, UA4/2020) erweist sich als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses und auch als rechtzeitig eingebracht.

1.6. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sind die Antragsteller zur Einbringung des Antrages gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG auch legitimiert:

1.6.1. Der Untersuchungsausschuss bezweifelt in seiner am 31. Jänner 2024 beschlossenen Stellungnahme an den Verfassungsgerichtshof die Legitimation der Antragsteller im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie sich "auf den Untersuchungsausschuss 8/US 27. GP vollumfänglich (auch betreffend Untersuchungsgegenstand) 'eingelassen' haben". So hätten in der Sitzung des Geschäftsordnungsausschusses vom 14. Dezember 2023 zwei der Antragsteller den Antrag betreffend den grundsätzlichen Beweisbeschluss (mit )eingebracht; dieser Beschluss sei in weiterer Folge einstimmig gefasst worden (AB 2404 BIgNR, 27. GP, 2). Ferner hätten sich zwei der Antragsteller in der Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 zur 2. Schriftführerin bzw zum 3. Schriftführer des Untersuchungsausschusses wählen lassen (vgl Amtliches Protokoll der 1. Sitzung des Untersuchungsausschusses 8/US 27. GP, 2) und so die Verpflichtung übernommen, aktiv am Verfahren des Untersuchungsausschusses mitzuwirken. Darüber hinaus sei der Vorschlag des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses für einen Arbeitsplan gemäß §16 Abs1 VO UA in der Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 einstimmig – sohin auch von den Antragstellern – angenommen worden (vgl Amtliches Protokoll der 1. Sitzung des Untersuchungsausschusses). Schließlich hätten alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses, die den Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt haben, selbst insgesamt 31 Verlangen betreffend ergänzende Beweiserhebungen in der Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 (mit )eingebracht, von denen 16 auch wirksam geworden seien. Insofern sei offenkundig, dass alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses, die den Antrag an den Verfassungsgerichtshof eingebracht haben, von der Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes 8/US ausgehen.

1.6.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses hinsichtlich der mangelnden Legitimation der Antragsteller nicht:

1.6.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt mit Beschluss vom 24. Jänner 2024, UA2/2023, einen auf Art138b Abs1 Z2 B VG gestützten Antrag eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates mangels Legitimation zurückgewiesen, weil einzelne dieser Mitglieder für eben jenen Beschluss im Geschäftsordnungsausschuss (mit )gestimmt hatten, den sie in der Folge beim Verfassungsgerichtshof anfochten. In ähnlicher Weise begründete der Verfassungsgerichtshof die teilweise Zurückweisung eines auf Art138b Abs1 Z3 B VG gegründeten Antrages im Erkenntnis vom 2. Dezember 2022, UA95/2022.

1.6.2.2. Die Überlegungen, welche den beiden genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zugrunde lagen, sind auf den hier zu beurteilenden Antrag nicht übertragbar. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass keine Person aus dem Kreis der Antragsteller für den angefochtenen (Bestreitungs )Beschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 gestimmt hat. Dass Personen aus dem Kreis der Antragsteller andere Punkte des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses beschlossen haben (wie etwa in Bezug auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss, die Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwaltes sowie deren Stellvertreter und andere ergänzende Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO UA), hat im vorliegenden Fall keine Bedeutung für die Legitimation der Antragsteller. Gegenstand dieses Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist nämlich ausschließlich die Frage, ob der (Bestreitungs )Beschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 in Bezug auf die ergänzenden Beweisanforderungen eines Viertels seiner Mitglieder ("Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO UA ersucht, dem Untersuchungsausschuss alle Gutachten im 'Media Select'-Verfahren sowie jenes zum Faktum 'Consulting Fee Charisma Gesellschaft für Handel und Öffentlichkeitsarbeit GmbH' im Verfahren 17 St 25/17t zu übermitteln. Außerdem sind die Gutachten aus dem Verfahren 17 St 5/19d vorzulegen.") gemäß §25 Abs2 VO UA rechtmäßig war oder nicht.

1.6.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hält fest, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bzw die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes auch dann rechtswirksam ist, wenn der Untersuchungsgegenstand gegen die Bestimmungen des Art53 B VG verstoßen sollte; ein im Lichte des Art53 B VG unzulässiger Untersuchungsgegenstand bewirkt daher nicht dessen absolute Nichtigkeit (vgl dazu zB Herbst in Jedliczka/Joklik [Hrsg.], Das Recht des Untersuchungsausschusses [2023] Art53 B VG Rz 37 ff mwN).

Ob und inwieweit die Antragsteller im Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG (auch) geltend machen können, dass der Untersuchungsgegenstand des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht und vom Verfassungsgerichtshof incidenter auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen ist, ist daher keine Frage der Prozessvoraussetzungen, sondern eine inhaltliche Frage.

1.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Gegenstand des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG ist der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird. Der Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens wird durch den angefochtenen Umfang der Entscheidung des Untersuchungsausschusses begrenzt.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob der Beschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024, mit dem der sachliche Zusammenhang des Verlangens des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig ist oder nicht.

2.3. Art53 Abs3 B VG verpflichtet unter anderem die Organe des Bundes, somit auch die Bundesminister, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl auch §25 Abs3 VO UA).

2.4. Ein solches Verlangen kann gemäß §25 Abs2 VO UA ein Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses im Rahmen ergänzender Beweisanforderungen stellen, wobei das Verlangen erst dann wirksam wird, wenn die Mehrheit der Mitglieder "in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet". Die ergänzende Beweisanforderung, die ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO UA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ua zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten hat, ist entsprechend der ausdrücklichen Regelung in §25 Abs3 zweiter Satz VO UA zu begründen.

Dieser Behauptungs- und Begründungspflicht seitens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses steht eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses gegenüber, wenn und insoweit dieser das Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung mit Beschluss gemäß §25 Abs2 (letzter Satz) VO UA bestreitet.

Im Hinblick darauf, dass der den sachlichen Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestreitende Beschluss des Untersuchungsausschusses im Rahmen eines Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann, ist es Sache der Mehrheit, ihre Entscheidung substantiiert und nachvollziehbar zu begründen (vgl VfSlg 20.552/2022 unter sinngemäßem Verweis auf VfGH 18.1.2021, UA 4/2020), auch um zunächst der Minderheit eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen, damit diese einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterzogen werden kann; eine solche Pflicht zur substantiierten und nachvollziehbaren Begründung (bereits) im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss leitet der Verfassungsgerichtshof aus Art138b Abs1 B VG iVm Art53 B VG ab.

Die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss kann mit einem pauschalen Bestreiten des Bestehens eines sachlichen Zusammenhanges des Begehrens eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen nicht verhindern.

Diese Begründung muss aus dem Abstimmungsvorgang bzw dem Beschluss im Untersuchungsausschuss ersichtlich sein. Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Wortmeldungen einzelner Ausschussmitglieder eine Mutmaßung zu treffen, ob und welche der in der Sitzung vorgebrachten Gründe die beschlussfassende Mehrheit zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht haben könnte (vgl VfSlg 20.552/2022 unter Verweis auf VfGH 18.1.2021, UA4/2020).

2.5. Prüfungsgegenstand eines Verfahrens nach Art138b Abs1 Z3 B VG vor dem Verfassungsgerichtshof ist nicht das Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sondern – wie bereits ausgeführt – der Beschluss des Untersuchungsausschusses, mit dem der sachliche Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird.

Der Verfassungsgerichtshof prüft die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Umfang und im Hinblick auf die seitens der Mehrheit des Untersuchungsausschusses und seitens des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vorgebrachten Gründe.

Die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO UA und andererseits einer Bestreitung, dass das Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist, sind unterschiedlich danach zu beurteilen, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist oder ob dies eben nicht der Fall ist. Dementsprechend sind die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs ) Beschlusses unterschiedlich (vgl VfSlg 20.552/2022).

Die Begründungspflicht der im parlamentarischen Organstreitverfahren verfangenen Parteien darf allerdings nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht überspannt werden. Es obliegt den Organstreitparteien, die wesentlichen Gründe anzugeben, die dafür oder dagegen sprechen, dass das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt – und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand – ist (vgl VfSlg 20.552/2022).

2.6. Der Verfassungsgerichtshof hat sohin vor dem Hintergrund der dargestellten Grundsätze zu prüfen, ob der Beschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024, mit dem das Verlangen der einschreitenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig ist oder nicht.

2.6.1. Die Begründung des Bestreitungsbeschlusses des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 findet sich – im Unterschied zu den bisherigen vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen Rechtssachen in Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG, in denen der Antrag und die Begründung für den Bestreitungsbeschluss eine Beilage zum Amtlichen Protokoll waren (zB VfGH 25.8.22022, UA7 45/2022; 25.8.2022, UA46 74/2022; 2.12.2022, UA95/2022) – nicht im Amtlichen Protokoll (vgl §38, §39 Abs1 GOG NR iVm §19 Abs1 VO UA); darin ist nur der Beschluss als solcher (und nicht auch die Begründung dafür) protokolliert.

Eine Begründung für diesen Bestreitungsbeschluss findet sich in der (vom Untersuchungsausschuss vorgelegten) auszugsweisen Darstellung der 1. vertraulichen Sitzung des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses (vgl §33 Abs3 GOG NR iVm §19 Abs2 VO UA und §39 Abs2 GOG NR). Aus der in der auszugsweisen Darstellung dokumentierten Beratung in der Sitzung wird deutlich, dass die begründenden Ausführungen des Mitglieds des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses Mag. Hanger Teil des Bestreitungsbeschlusses des Untersuchungsausschusses waren. Der Vorsitzende des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses weist nämlich ausdrücklich darauf hin, dass der Antrag des Mitglieds des Untersuchungsausschusses Mag. Hanger zur Abstimmung gebracht werden soll.

Da der zur Abstimmung gebrachte Antrag eine nähere – mündlich vorgetragene – Begründung dafür anführte, aus welchen Gründen das Verlangen der Mitglieder des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 vom Untersuchungsgegenstand als nicht gedeckt anzusehen sei, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der Bestreitungsbeschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses in diesem Fall in dokumentierter Art und Weise begründet wurde.

Es ist zwar den Ausführungen der Antragsteller in ihrem Antrag an den Verfassungsgerichtshof in der Sache zuzustimmen, dass die dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte auszugsweise Darstellung der vertraulichen Beratungen, die gemäß §39 Abs2 GOG NR dem Amtlichen Protokoll der Sitzung beizufügen ist, nicht dieselbe Beweiskraft hat wie das gemäß §38 und §33 Abs3 GOG NR iVm §19 Abs1 VO UA erstellte Amtliche Protokoll. Für den Verfassungsgerichtshof ist jedoch kein Anhaltspunkt erkennbar, dass die auszugsweise Darstellung der vertraulichen Beratungen nicht dem tatsächlichen Verlauf der Beratungen entspricht.

Auch die Antragsteller haben nicht vorgebracht, dass die auszugsweise Darstellung des Sitzungsverlaufes und des Abstimmungsvorganges nicht den Tatsachen entspräche, sondern vielmehr nur darauf hingewiesen, dass sich die Begründung des Bestreitungsbeschlusses vom 11. Jänner 2024 nicht im Amtlichen Protokoll der Sitzung finde.

Der Verfassungsgerichtshof geht – angesichts des Umstandes, dass die Antragsteller nichts Gegenteiliges vorgebracht haben – davon aus, dass die auszugsweise Darstellung des Sitzungsverlaufes und der Abstimmung den Antragstellern so zeitgerecht zur Verfügung stand, dass sie in der Lage waren, ihren Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist und in voller Kenntnis der Gründe für den Bestreitungsbeschluss des Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.

2.6.2. In der auszugsweisen Darstellung der Beratung in der vertraulichen Sitzung vom 11. Jänner 2024 wird die – mündlich vorgetragene – Begründung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses Mag. Hanger für den in dieser Sitzung gefassten Bestreitungsbeschluss folgendermaßen wiedergegeben:

"Das gegenständliche Verlangen steht in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand 8/US bzw begehrt die Übermittlung von Akten und Unterlagen außerhalb des Umfangs des Gegenstandes der Untersuchung.

Aus der Begründung des Antrages ergibt sich nicht, aufgrund welcher Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die begehrten Akten und Unterlagen vom Umfang des Gegenstandes der Untersuchung gedeckt sind.

Insbesondere wird nicht dargelegt, inwiefern dieses Verlangen zur Klärung der Fragen dienen soll, wie sie im Untersuchungsgegenstand 8/US gestellt werden.

Im gegenständlichen Verlangen wird ausgeführt wird, dass 'der Bereich des staatsanwaltschaftlichen Handelns einen eigenständigen Teil der Untersuchung [bildet]'. Dies ist nicht richtig. Vielmehr soll der Untersuchungsausschuss gemäß dem 1. Punkt des Untersuchungsgegenstandes 8/US klären, ob Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw sekretäre, die mit der SPÖ oder mit der FPÖ verbunden sind, sowie diesen Organen […] unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zusammenhang mit näher umschriebenen Vorgängen im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 aus sachfremden Motiven gehandelt haben.

Gemäß dem 3. Punkt des Untersuchungsgegenstandes 8/US ist staatsanwaltliches Handeln nur so weit umfasst, als dass es die erwähnten Handlungen im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand haben. Wie sich daher eindeutig ergibt, bezieht sich Punkt 3. auf Vorgänge gemäß Punkt 1. und stellt eben keinen eigenständigen Teil der Untersuchung dar.

Aus dem Verlangen ergibt sich aber nicht, dass bzw warum die angeforderten Akten und Unterlagen der Klärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten. Auch geht aus dem Verlangen nicht hervor, inwieweit es im Zusammenhang mit Handlungen von Mitgliedern der Bundesregierung und von Staatssekretärinnen bzw sekretären, die mit der SPÖ oder FPÖ verbunden sind, oder von – diesen Organen in den jeweiligen Bundesministerien unterstellten – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von (abstrakter) Relevanz ist. Auch auf mögliche sachfremde Motive, die es gemäß Untersuchungsgegenstand 8/US zu prüfen gilt, wird nicht näher eingegangen. Schließlich fehlt jede Information betreffend Untersuchungszeitraum.

Es wird in der Begründung nicht nachvollziehbar offengelegt, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstande[s] im Rahmen dieses Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung nachgegangen werden soll, weshalb das gegenständliche Verlangen in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht."

2.6.3. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass der angefochtene Bestreitungsbeschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 rechtswidrig ist:

Der Begründung des Bestreitungsbeschlusses, wonach aus dem Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 nach ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO UA der sachliche Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht erkennbar sei, kann der Verfassungsgerichtshof nicht entgegentreten. Angesichts des Umstandes, dass der sachliche Zusammenhang der ergänzenden Beweisanforderungen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsauschusses mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig ist, wäre das Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gehalten gewesen, eben diesen sachlichen Zusammenhang der ergänzenden Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand näher darzulegen.

Das Verlangen des Viertels der Mitglieder des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses nach ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO UA – nämlich dass die Bundesministerin für Justiz "dem Untersuchungsausschuss alle Gutachten im 'Media Select' Verfahren sowie jenes zum Faktum 'Consulting Fee Charisma Gesellschaft für Handel und Öffentlichkeitsarbeit GmbH' im Verfahren 17 St 25/17t zu übermitteln" und außerdem die Gutachten aus dem Verfahren 17 St 5/19d vorzulegen habe – war unter Hinweis auf Punkt 3. und 5. des Untersuchungsgegenstandes damit begründet worden, dass der "Bereich des staatsanwaltschaftlichen Handelns einen eigenständigen Teil der Untersuchung [bildet] und die Vergabe von Gutachten durch die Staatsanwaltschaften […] in die Untersuchung einbezogen werden" müssten. Es fehlt dabei aber eine konkrete Darlegung, ob und inwieweit das Verlangen nach ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO UA in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht.

Der bloße Verweis im Verlangen des Viertels der Mitglieder des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses auf näher angeführte staatsanwaltliche Verfahren reicht zur Herstellung des sachlichen Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht aus. Das staatsanwaltliche Handeln im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis 7. Jänner 2020 ist nämlich – wie in der Begründung des angefochtenen Bestreitungsbeschlusses des Untersuchungsausschusses vom 11. Jänner 2024 zutreffend ausgeführt wird – nur insoweit Gegenstand des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsausschusses, als dieses Handeln "die erwähnten Handlungen im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand hatte".

Angesichts der Ausführungen des in Rede stehenden Verlangens nach ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO UA erweist sich daher der angefochtene Beschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch"-Untersuchungsauschusses, mit dem der sachliche Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, als ausreichend begründet. Der Verfassungsgerichtshof kann dementsprechend nicht erkennen, dass der angefochtene Bestreitungsbeschluss des "ROT BLAUER Machtmissbrauch" Untersuchungsauschusses rechtswidrig ist.

2.6.4. Der Vollständigkeit halber weist der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin: Möglicherweise können die Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus der Anführung von Geschäftszahlen eines Verfahrens (hier: von staatsanwaltlichen Verfahren) nähere Informationen gewinnen oder Rückschlüsse ziehen, was Gegenstand der bezeichneten Verfahren ist. Um den Verfassungsgerichtshof in die Lage zu versetzen, die (potentielle) Streitigkeit zu entscheiden, ist es aber erforderlich, die Verfahren, auf die sich das Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bezieht, näher zu beschreiben und – wie bereits hervorgehoben – den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu begründen. Es ist nämlich nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG aus eigenem Nachforschungen anzustellen; der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr auf Grund der ihm vorgelegten Akten zu entscheiden.

2.6.5. Entgegen der Anregung der Antragsteller in ihrem Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG kommt für den Verfassungsgerichtshof in diesem Verfahren die inzidente Prüfung des Untersuchungsgegenstandes des eingesetzten Untersuchungsausschusses nicht in Betracht:

Dem Verfassungsgerichtshof ist es im Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG verwehrt, auf Grund einer Anregung eines Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses (oder gar von Amts wegen) die Übereinstimmung des Untersuchungsgegenstandes eines Untersuchungsausschusses mit den Vorgaben des Art53 B VG zu prüfen. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers in Art53 Abs1 iVm Art138b Abs1 Z1 B VG. Danach kann nur ein Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrates, mit dem ein (Minderheits )Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, für ganz oder teilweise unzulässig erklärt wird, durch ein dieses Verlangen unterstützendes Viertel seiner Mitglieder wegen Rechtswidrigkeit angefochten werden. Damit hat der Verfassungsgesetzgeber eine abschließende Regelung getroffen, unter welchen Voraussetzungen Mitglieder des Nationalrates die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bekämpfen können. Würde nun der Verfassungsgerichtshof in einem auf Grund eines Antrages eines Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses nach Art138b Abs1 Z3 B VG eingeleiteten Verfahren auf Grund einer Anregung im Antrag incidenter die Rechtmäßigkeit des Untersuchungsgegenstandes prüfen, würde dies der angeführten Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers nach Art138b Abs1 Z1 B VG zuwiderlaufen bzw diese unterlaufen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag erweist sich als unbegründet und ist somit abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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