JudikaturVfGH

UA16/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
16. Mai 2024
Leitsatz

Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur Vorlage von konkret bezeichneten Akten und Unterlagen betreffend eine noch nicht abgeschlossene Steuerprüfung eines Unternehmers an den COFAG-Untersuchungsausschuss; Vorlageverpflichtung auch für Akten und Unterlagen noch anhängiger Verfahren, wenn sie von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind; Bestehen einer Ausnahme von der Vorlageverpflichtung bei Beeinträchtigung der Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder und bei Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes; keine hinreichende Begründung einer möglichen Beeinträchtigung der Verfahrensführung und des Verantwortungsbereiches durch das vorlagepflichtige Organ

Spruch

Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss betreffend Zwei Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP Regierungsmitglieder (COFAG Untersuchungsausschuss) folgende Akten und Unterlagen vorzulegen:

Aktenvermerk über die Prüfungsanmeldung am 23.5.2022

Prüfungsauftrag betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Zusammen- fassende Meldung und Immo ESt 2015 – 2019 vom 18.5.2022

Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung/Aktenstudium

o Bericht der vorhergehenden Außenprüfung

o Abfragen Gebühren, Schenkungen

o Abfrage Kfz Datenbank

o Abfrage der Besteuerungsgrundlagen ESt und USt aus dem Steuerakt

o Steuerbescheide USt, ESt

o Abfrage der innergemeinschaftlichen Erwerbe

o Abfragen Zentrales Melderegister (Hauptwohnsitz, Nebenwohnsitze)

o Abfrage Transparenzdatenbank, Unternehmensregister

o Abfragen Firmenbuch/Beteiligungen

o Abfragen Grundbesitz/Grundbuch

o Abfragen von Unterlagen zur Immo ESt

o Abfragen NOVA Freigaben

o Abfragen zur inländischen Zweigniederlassung der Basic Element GmbH bzw OOO UK Gruppa GAZ

o durch den Steuerberater erstellte Beilagen zu den ESt Erklärun- gen 2015 – 2019

o Kapitalabflussmeldungen

o EU Zins-Kontrollmitteilungen, Kontrollmitteilungen aus der Schweiz und Kanada

Sammlung diverser Zeitungsartikel

Fragenvorhalte und dazu durch den steuerlichen Vertreter vorgelegte Unter- lagen

o Vorhalt vom 6.12.2021 betreffend USt, ESt und Immo ESt 2015

o Vorhalt vom 7.6.2022

o Beantwortung des Vorhalts vom 7.6.2022 – Vorlage 12.7.2022

Aufstellungen 2015 – 2019 UBS, Schweiz, Bankunterlagen

COVID Förderungen und Immo ESt 2018

o weitere Beantwortung des Vorhalts – Vorlage 3.11.2022

Aufstellungen 2015 – 2019 Sturdza, Schweiz, Bankunterlagen; div. Unter- lagen zu Einkünften aus Kapitalvermögen 2017 (Kontoauszüge Bank Austria 2017, Zinserträge Bank Russland, Wertpapierdepotauszüge)

Bestätigungen zu ausländischen Einkünften mit Progressionsvorbehalt

Offenlegung bisher nicht erklärter Kapitalerträge 2015 – 2017

Zusammenfassende Auflistung von Informationen zu der von der Außen- prüfung übergebenen ORBIS Abfrage

o Vorhalt vom 2.2.2023

o Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 5.7.2023

Einkünfte aus selbständiger Arbeit: Freibetrag für investierte Gewinne – Wertpapierdepotauszüge

Vorbescheidkontrolle ESt 2019 – belegmäßiger Nachweis der Steuer- beraterkosten

Nachweis Spekulationsgewinn beim Verkauf eines Fahrzeugs

Beteiligungen/Privatdarlehen: abgeschlossene Darlehensverträge

Unterlagen zum Grundstücksverkauf 2015: Unterlagen zum Ver- äußerungserlös, den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten und den Instandsetzungsaufwendungen

o Vorhalt vom 15.3.2023

o Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 5.7.2023

Stellungnahme zu den Zu- und Abflüssen vom Bank Austria-Konto 2017

o Vorhalt vom 18.9.2023

o Antrag auf Fristverlängerung vom 31.10.2023

o Bescheid über die Verlängerung der Frist bis 31.12.2023

o E Mail der steuerlichen Vertretung vom 2.1.2024 – Beantwortung des Vorhalts vom 18.9.2023

Sachverhaltsdarstellungen zu den ausländischen Einkünften

Abrechnungen betr. Verwaltungsratsvergütungen Schweiz

Abrechnungen betr. Aufsichtsratsvergütungen Deutschland

Registerauszug Sturdza Schweiz

Registerauszug GAZ Russland

Stellungnahme zum Thema "Board"

Bestellungsprotokolle GAZ

Bestätigungsschreiben einer russischen Bank über die Höhe der von ange- führten Gesellschaften in den angeführten Zeiträumen zugeflossenen Vergütungen

Mitteilungen gemäß §109a BAO

o Vorhalt vom 21.2.2023 zu den Privatdarlehen

o Vorhalt vom 15.3.2024 zu steuerfreien Auslandeinkommen

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z4 B VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass der Bundesminister für Finanzen verpflichtet ist, dem COFAG Untersuchungsausschuss folgende Akten und Unterlagen vorzulegen:

Aktenvermerk über die Prüfungsanmeldung am 23.5.2022

Prüfungsauftrag betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Zusammen-fassende Meldung und Immo ESt 2015 – 2019 vom 18.5.2022

Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung/Aktenstudium

o Bericht der vorhergehenden Außenprüfung

o Abfragen Gebühren, Schenkungen

o Abfrage Kfz Datenbank

o Abfrage der Besteuerungsgrundlagen ESt und USt aus dem Steuerakt,

o Steuerbescheide USt, ESt

o Abfrage der innergemeinschaftlichen Erwerbe

o Abfragen Zentrales Melderegister (Hauptwohnsitz, Nebenwohnsitze)

o Abfrage Transparenzdatenbank, Unternehmensregister

o Abfragen Firmenbuch/Beteiligungen

o Abfragen Grundbesitz/Grundbuch

o Abfragen von Unterlagen zur Immo ESt

o Abfragen NOVA Freigaben

o Abfragen zur inländischen Zweigniederlassung der Basic Element GmbH bzw OOO UK Gruppa GAZ

o durch den Steuerberater erstellte Beilagen zu den ESt Erklärun- gen 2015 – 2019

o Kapitalabflussmeldungen

o EU-Zins-Kontrollmitteilungen, Kontrollmitteilungen aus der Schweiz und Kanada

Sammlung diverser Zeitungsartikel

Fragenvorhalte und dazu durch den steuerlichen Vertreter vorgelegte Unter- lagen

o Vorhalt vom 6.12.2021 betreffend USt, ESt und IMMO ESt 2015

o Vorhalt vom 7.6.2022

o Beantwortung des Vorhalts vom 7.6.2022 – Vorlage 12.7.2022

Aufstellungen 2015 – 2019 UBS, Schweiz, Bankunterlagen

COVID Förderungen und IMMO ESt 2018

o weitere Beantwortung des Vorhalts – Vorlage 3.11.2022

Aufstellungen 2015 – 2019 Sturdza, Schweiz, Bankunterlagen; div. Unter- lagen zu Einkünften aus Kapitalvermögen 2017 (Kontoauszüge Bank Austria 2017, Zinserträge Bank Russland, Wertpapierdepotauszüge)

Bestätigungen zu ausländischen Einkünften mit Progressionsvorbehalt

Offenlegung bisher nicht erklärter Kapitalerträge 2015 – 2017

Zusammenfassende Auflistung von Informationen zu der von der Außen- prüfung übergebenen ORBIS Abfrage

o Vorhalt vom 2.2.2023

o Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 05.07.2023

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: Freibetrag für investierte Gewinne – Wertpapierdepotauszüge

Vorbescheidkontrolle ESt 2019 – belegmäßiger Nachweis der Steuer- beraterkosten

Nachweis Spekulationsgewinn beim Verkauf eines Fahrzeugs

Beteiligungen/Privatdarlehen: abgeschlossene Darlehensverträge

Unterlagen zum Grundstücksverkauf 2015: Unterlagen zum Ver- äußerungserlös, den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten und den Instandsetzungsaufwendungen

o Vorhalt vom 15.3.2023

o Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 5.7.2023

Stellungnahme zu den Zu- und Abflüssen vom Bank Austria Konto 2017

o Vorhalt vom 18.9.2023

o Antrage auf Fristverlängerung vom 31.10.2023

o Der Bescheid über die Verlängerung der Frist bis 31.12.2023

o E Mail der steuerlichen Vertretung vom 2.1.2024 – Beantwortung des Vorhalts vom 18.09.2023

Sachverhaltsdarstellungen zu den ausländischen Einkünften

Abrechnungen betr. Verwaltungsratsvergütungen Schweiz

Abrechnungen betr. Aufsichtsratsvergütungen Deutschland

Registerauszug Sturdza Schweiz

Registerauszug GAZ Russland

Stellungnahme zum Thema 'Board'

Bestellungsprotokolle GAZ

Bestätigungsschreiben einer russischen Bank über die Höhe der von angeführten Gesellschaften in den angeführten Zeiträumen zuge- flossenen Vergütungen

Mitteilungen gemäß §109a BAO

o Vorhalt vom 21.2.2023 zu den Privatdarlehen

o Vorhalt vom 15.3.2024 zu steuerfreien Auslandeinkommen."

II. Rechtslage

1. Art53 und Art138b Abs1 Z4 B VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann."

"Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;

[…]"

2. §56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss

Informationen zur Verfügung zu stellen

§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.

(2) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."

3. §106 des Bundesgesetzes vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lautet:

"§106. Verlangen eines Drittels der Mitglieder des Immunitätsausschusses auf Einholung einer Entscheidung des Nationalrates im Sinne des §10 Abs3, Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung gemäß §46 Abs2, Verlangen auf Durchführung einer Volksabstimmung gemäß §§84 Abs1 oder 85 sowie Anträge und Anfechtungen in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung sind schriftlich mit den eigenhändigen Unterschriften der Abgeordneten an den Präsidenten zur weiteren verfassungsmäßigen Behandlung zu richten."

4. §24, §25 und §27 der Anlage 1 zum GOG NR (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA), BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben."

"Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

"Vorlage von Beweismitteln

§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß §24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §24 Abs4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß §26 Abs2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.

(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.

(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.

(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 oder Abs3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.

(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 beschließt.

(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 46 Mitglieder des Nationalrates haben am 24. November 2023 mit näherer Begründung ein Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses "betreffend Zwei Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP Regierungsmitglieder (COFAG Untersuchungsausschuss)" mit folgendem Untersuchungsgegenstand und folgenden Beweisthemen (sowie folgender inhaltlicher Gliederung des Untersuchungsgegenstandes) im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist die Vollziehung durch Bundesorgane, insbesondere die COVID Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), in Zusammenhang mit Personen, denen ein Vermögen von zumindest einer Milliarde Euro zugerechnet werden kann und die

die Österreichische Volkspartei etwa durch Spenden unterstützt haben oder

um deren Unterstützung von der Österreichischen Volkspartei etwa im Zuge

des 'Projekt Ballhausplatz' geworben wurde,

zwischen 18. Dezember 2017 und 23. November 2023 im Hinblick auf deren (mutmaßliche) bevorzugte Behandlung.

Der Untersuchungsausschuss hat folgende Fragen zu klären:

1. Welche Motive haben die Verwaltung bei der COFAG geleitet?

2. Wer hat die Ausgestaltung der COFAG Förderungen bestimmt?

3. In welchem Ausmaß haben die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen von COFAG Förderungen profitiert?

4. Welche Handlungen in Zusammenhang mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen wurden von Organen bzw Bediensteten der COFAG oder vom Bundesministerium für Finanzen im Zusammenhang mit der COFAG und diesen Personen gesetzt?

5. Wurde von der COFAG in Zusammenhang mit Förderungen an die im Unter- suchungsgegenstand genannten Personen 'ein Auge zugedrückt', insbesondere bei der Rückforderung von Zahlungen in Folge der Insolvenz von Kika/Leiner?

6. In welchem Ausmaß erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen Subventionen aus öffentlichen Mitteln? Dabei insbesondere:

a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen Steuerbe- günstigungen oder Steuernachlässe, etwa im Zuge von Abgabenprüfungen?

b. Wurden Projekte von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen aus Förderprogrammen des Bundes unterstützt und wenn ja, in welcher Höhe?

c. In welchem Ausmaß arbeiteten Stiftungen und Fonds des Bundes wie der Österreichische Integrationsfonds oder der Österreichische Fonds zur Stärkung und Förderung von Frauen und Mädchen mit den im Unter- suchungsgegenstand genannten Personen zusammen?

7. Wurde der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gegenüber den im Unter- suchungsgegenstand genannten Personen eingehalten? Dabei insbesondere:

a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen privilegier- ten Zugang zu Organen der Vollziehung und allenfalls sogar besondere (im Sinne zB von beschleunigte) Verfahren für sich oder von ihnen benannte Dritte und aus welchem Grund bzw auf Veranlassung von wem innerhalb der Verwaltung?

b. Intervenierte die politische Führungsebene der Bundesministerien in Ver- waltungsverfahren und -abläufe betreffend die im Untersuchungsgegen- stand genannten Personen?

c. Wurden Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit den im Untersuchungs- gegenstand genannten Personen tätig und mit welchen Ergebnissen?

d. Wurde durch Leitungsorgane im Wege von Weisungen oder informell auf Aufsichts- oder Strafverfahren, von denen die im Untersuchungsge[ge]n- stand genannten Personen (wenn auch nicht alleine) betroffen waren, eingewirkt und wenn ja, auf welche Art?

e. Ließen sich Amtsträger von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen Vorteile anbieten oder haben diese sogar angenommen und was war die gewünschte Gegenleistung im Bereich der Vollziehung?

8. Wurden die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen bevorzugt in Regierungstätigkeiten eingebunden? Dabei insbesondere:

a. Welche Informationen wurden den im Untersuchungsgegenstand genann- ten Personen zur Verfügung gestellt (etwa durch Bestellung in Organe von staatsnahen Unternehmungen) und ermöglichten diese Informationen ihnen den Erhalt oder Ausbau ihres Vermögens?

b. Von welchen Unternehmungen des Bundes wurde mit Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen zuzurechnen sind, zusammengearbeitet und aus welchen Gründen, insbesondere durch die BIG/ARE und den 'Österreich-Fonds' der ÖBAG?

c. In welchem Ausmaß und aus welchen Gründen wurden Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen zuzurechnen sind, von Bundesorganen – allenfalls im Wege der Bundesbeschaffung GmbH – beauftragt?

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. COFAG

Aufklärung über das Verhalten der Organe und Bediensteten der COVID-Finanzie-rungsagentur des Bundes ('COFAG') sowie der diesbzgl zuständigen Personen im Bundesministerium für Finanzen gegenüber den im Untersuchungsgenstand genannten Personen sowie die Gewährung geldwerter Vorteile aus öffentlichen Haushalten in deren Einflussbereich und dabei insbesondere über

- Gewährung von Förderungen bzw Beihilfen an Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen zuzurechnen sind, oder an deren sonstige (allenfalls gemeinnützige) Projekte;

- Behandlung von Förderansuchen und anträgen;

- Gewährung von Steuernachlässen, Rabatten und Prämien;

- steuerliche Behandlung von Gewinnausschüttungen an im Untersuchungs-ge[ge]nstand genannte Personen und Schenkungen von Milliardären;

- indirekte Förderungen über (möglicherweise) verbilligte Transaktionen wie etwa von Liegenschaften des Bundes in den Einflussbereich von im Unter-suchungsgegenstand genannten Personen oder den Abschluss außergewöhn-licher Vertragsverhältnisse.

2. Informationsweitergabe und Interventionen

Aufklärung über Vorwürfe der unmittelbaren oder mittelbaren Weitergabe interner Verwaltungsinformationen an im Untersuchungsgegenstand genannte Personen sowie Einflussnahme auf Verwaltungsverfahren im Interesse der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen, insbesondere über

- Vermittlung von Kontakten zu zuständigen Bediensteten der Verwaltung sowie Sicherstellung einer reibungslosen Behandlung der Anliegen von im Unter-suchungsgegenstand genannten Personen;

- die Rolle der Führungsebene der Bundesministerien (Mitglieder der Bundes-regierung, allfällige Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, General-sekretärinnen und Generalsekretäre, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kabinette) in diesen Angelegenheiten;

- Weitergabe von Informationen zu Verwaltungsprojekten sowie Projekten von staatsnahen Unternehmen an im Untersuchungsgegenstand genannte Personen;

- Einladungen zu (auch informellen) Gesprächsrunden etwa im Zuge von 'Think Austria' oder Wirtschaftsgesprächen sowie Bestellung in Organe von staats-nahen Unternehmen;

- mögliche Gegenleistungen für Amtsgeschäfte;

- Haftungsübernahmen auf Grund des Ausfuhrförderungs- bzw des Ausfuhr-finanzierungsförderungsgesetzes;

- Informationseinholung, Weitergabe von Wünschen oder sonstige Einfluss-nahme auf Verwaltungsverfahren betreffend im Untersuchungsgegenstand genannte Personen oder deren Unternehmen, insbesondere in den Abgaben-verfahren [*] und [*];

- Ausmaß und Inhalt der Beauftragungen von Unternehmen, die den im Unter-suchungsgegenstand genannten Personen zuzurechnen sind;

- Informelle Unterstützung bei der Geschäftstätigkeit von im Untersuchungs-gegenstand genannten Personen etwa durch Kontaktaufnahme mit Organen anderer Staaten, Wirtschaftsdelegationen oder Vermittlung zwischen mög-lichen Geschäftspartnerinnen und partnern wie etwa beim Verkauf der Anteile von Kika/Leiner an [* *].

3. Kooperationen staatsnaher Unternehmen

Aufklärung über Kooperationen, Joint Ventures, gemeinsame Beteiligungen und/oder Syndizierungen zwischen staatlichen und staatsnahen Unternehmen und im Untersuchungsgegenstand genannten Personen bzw den ihnen zurechenbaren Unternehmen, insbesondere über

- Weitergabe von geschäftlichen Informationen oder Einräumung von Zugang zu Informationen, allenfalls auch Pläne für Privatisierungen;

- Verfahren zur Bestellung von Organen sowie Gremien wie etwa dem Investment Committee der ÖBAG;

- Wünsche, Interventionen oder Weisungen durch die Eigentümervertretung in diesem Sinne;

- Miet-, Pacht- und sonstige Bestandsverträge sowie die Einräumung von Rechten auf Liegenschaften, insbesondere die Verträge der Bundesimmobilien-gesellschaft mit der Signa Group;

- Ausgestaltung der Entwicklungsprojekte der ARE samt Tochterunternehmen in Kooperation insbesondere mit der Signa Group.

4. Staatliche Aufsicht

Aufklärung über die Bemühungen von Behörden bei der staatlichen Aufsicht und der Führung von Strafverfahren jeglicher Art in Zusammenhang mit den Handlungen oder dem Vermögen von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen einschließlich von Finanzstrafverfahren, nicht jedoch Verwaltungsstrafverfahren in Zuständigkeit der Gemeinden, Bezirksverwaltungsbehörden oder Landeshauptleute, aber insbesondere über

- Beeinflussung solcher Verfahren;

- Ordnungsgemäßes Führen solcher Verfahren;

- Erteilung von Weisungen, formlosen Bitten, Aufträgen, Mitteilen von Rechts-ansichten oder anderen Wünschen samt Informationsersuchen durch die Bundesministerinnen bzw Bundesminister, deren Kabinette oder General-sekretärinnen bzw Generalsekretäre sowie Sektionsleitungen (insbesondere *** und ***);

- die Erfüllung der dem Umweltbundesamt im Umweltkontrollgesetz übertrage-nen Aufgaben gegenüber Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen zuzurechnen sind;

- die Behandlung von Geldwäscheverdachtsmeldungen sowie der Vollziehung des Sanktionengesetzes in Zusammenhang mit dem Vermögen von im Unter-suchungsgegenstand genannten Personen;

- Wahrnehmung der Anzeigepflicht beim Verdacht auf strafbare Handlungen;

- Aufsicht über Finanzgeschäfte in Zusammenhang mit im Untersuchungsgegen-stand genannten Personen einschließlich von Kreditvergaben;

- Fusionskontrolle und Tätigkeiten der Kartellbehörden;

- Überprüfung von Kontobewegungen und Auslandsvermögen von im Unter-suchungsgegenstand genannten Personen einschließlich von Zahlungsflüssen aus dem Einflussbereich von Milliardären an PEPs."

1.2. In dem vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am 14. Dezember 2023 gefassten grundsätzlichen Beweisbeschluss werden ua die Mitglieder der Bundesregierung (und damit auch der Bundesminister für Finanzen) als zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes "(auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen acht Wochen, spätestens jedoch am 9. Februar 2024", verpflichtet genannt.

1.3. In der 3. Sitzung des COFAG Untersuchungsausschusses am 28. Februar 2024 wurde der Bundesminister für Finanzen gemäß §25 Abs2 VO UA (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

"ersucht, alle bislang nicht vorgelegten Akten und Unterlagen zur steuerlichen Behandlung der Veranlagungsjahre 2017 bis 2023 von [* *], [* *], [* *] und [* *], insbesondere den jeweiligen Steuerakt, vollständig vorzulegen. Gleichermaßen sind Akten und Unterlagen zu Prüfverfahren und Finanzstrafverfahren, die die genannten Personen betreffen, vorzulegen, auch wenn diese andere Veranlagungsjahre zu Grunde liegen.

Die Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom 14.12.2023 sind anzuwenden. Die Akten und Unterlagen sind binnen zwei Wochen vorzulegen. […]

Begründung

Der Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein. Ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen 'im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung' (Art53 Abs3 B VG) ist die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages nicht möglich (VfSlg 19.973/2015).

Die Personen [* *], [* *], [* *] und [* *] sind vom Untersuchungsgegenstand ausdrücklich umfasst und werden auch im Einsetzungsverlangen genannt. Bereits auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses hat der Bundesminister für Finanzen eine Vielzahl an Akten und Unterlagen in Zusammenhang mit den genannten Personen übermittelt. Bei Durchsicht dieser Unterlagen ist jedoch aufgefallen, dass der Bundesminister für Finanzen etwa nicht die vollständigen Steuerakten der genannten Personen, sondern lediglich jene Akten und Unterlagen vorgelegt hat, zu denen auch eine Prüftätigkeit erfolgte. Dies greift jedoch allein schon deswegen zu kurz, weil eine bevorzugte Behandlung der genannten Personen – so wie im Einsetzungsverlangen dargestellt – auch in der Unterlassung entsprechender Prüftätigkeiten bestehen konnte.

Gleichzeitig wurden dem Untersuchungsausschuss von der Bundesministerin für Justiz mehrere Akten und Unterlagen zu Steuerverfahren der genannten Personen vorgelegt, die sich nicht in den Lieferungen des Bundesministers für Finanzen finden. Dazu zählen insbesondere jene Akten und Unterlagen im Rahmen der Schenkungen des [* *] an Mitarbeiter der [*].

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten".

1.4. Im Schreiben vom 14. März 2024 hat der Bundesminister für Finanzen zum Untersuchungsgegenstand und zur Vorlage ausgeführt, auf Grund der ihm in der Sektion I vorliegenden Informationen und Unterlagen werde das Verlangen dahingehend interpretiert, dass untersucht werden solle, ob es zu einer bevorzugten Behandlung in der Vollziehung durch Bundesorgane, insbesondere die COVID Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), im Zusammengang mit Personen, denen ein Vermögen von zumindest einer Milliarde Euro zugerechnet werden könne und die die Österreichische Volkspartei etwa durch Spenden unterstützt hätten oder um deren Unterstützung von der Österreichischen Volkspartei etwa im Zuge des Projekts Ballhausplatz geworben worden sei, zwischen 18. Dezember 2017 und 23. November 2023 gekommen sei.

Es könne daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die begehrten Akten und Unterlagen der Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss mit dem Untersuchungsgegenstand übertragenen Kontrollauftrages dienen könnten, diese sohin von abstrakter Relevanz sein könnten.

Unter Zugrundelegung der vom COFAG Untersuchungsausschuss offengelegten Überlegungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die im oben wiedergegebenen Verlangen beschriebenen Akten und Unterlagen nach Interpretation des Bundesministers für Finanzen (Sektion I) für den Untersuchungsgegenstand zumindest abstrakt relevant seien, weshalb sie wie nachstehend beschrieben vorgelegt würden.

Die Steuerakten von * *, * * und * * würden vom Finanzamt Österreich vorgelegt. Der Steuerakt von * * sei bereits mit dem Einsetzungsverlangen des COFAG Untersuchungsausschusses vorgelegt worden. Die derzeit offene Außenprüfung bei * * sei noch nicht abgeschlossen; die entsprechenden Akten und Unterlagen würden mit folgender Begründung nicht vorgelegt:

Art53 Abs2 B VG statuiere das Erfordernis der Abgeschlossenheit des zu untersuchenden Vorganges. Hinsichtlich der natürlichen Person * * werde der Steuerakt vom Finanzamt Österreich vorgelegt. Da "derzeit" Außendienstmaßnahmen zu dieser natürlichen Person im Finanzamt Österreich offen seien, werde der Arbeitsbogen zur nicht abgeschlossenen Außenprüfung (Steuerprüfung) "derzeit" nicht vorgelegt. Bei den anhängigen Außenprüfungen seien "derzeit" die Sachverhaltsermittlungen zu unterschiedlichen steuerrechtlichen Themenstellungen im Gange, die noch nicht abschließend durch die Finanzbehörde beurteilt seien; auch das Recht auf Parteiengehör für den Steuerkunden bzw den steuerlichen Vertreter sei noch nicht gewährt worden. Die in Rede stehende Außenprüfung als Vorgang der Vollziehung sei noch nicht abgeschlossen; es würden noch erforderliche Sachverhaltsermittlungen durchgeführt, weshalb Art53 Abs2 B VG Anwendung finde. Seien die Außendienstmaßnahmen abgeschlossen, werde dieser abgeschlossene Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes aus eigenem dem Untersuchungsausschuss vorgelegt. Es seien das Informationsinteresse des Nationalrates, insbesondere an der Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände, und die konkrete Schutzbedürftigkeit von Informationen in jedem Einzelfall abzuwägen. Durch den nicht abgeschlossenen Vorgang der Vollziehung in Form der offenen Außenprüfung und der laufenden Sachverhaltsermittlungen sei dem Vorgang einer rechtmäßigen und unbeeinflussten Willensbildung im noch offenen Willensbildungsprozess der Vorrang einzuräumen. Durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses solle kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess bei einem Organ der Vollziehung des Bundes genommen werden; dieser dürfe auch nicht in anderer Weise beeinträchtigt werden. Hinter dieser Auffassung stehe nicht zuletzt der Gedanke der Einhaltung der Gewaltentrennung. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit des Untersuchungsausschusses, durch seine Kontrollmöglichkeit mittelbar auf den anderen Verantwortungsbereich eines anderen Organs einzuwirken; die Zuordnung der rechtlichen und politischen Verantwortung zu einem konkreten Organ wäre folglich gehindert (vgl Scholz , Zum zulässigen Gegenstand parlamentarischer Untersuchungsausschüsse nach der Untersuchungsausschuss-Reform 2014, JRP 2015, 232 [240]). Der Vollzugsakt "Außenprüfung" sei noch nicht abgeschlossen, sodass diesbezüglich "derzeit" kein abgeschlossener Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG vorliege; folglich bestehe die Vorlagepflicht des Art53 Abs3 B VG "derzeit" nicht. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Arbeitsbogen aus eigenem seitens der Sektion I vorgelegt werde, wenn der Vollzugsakt "Außenprüfung" abgeschlossen sei. Es werde höflich um Berücksichtigung ersucht.

Vom Finanzamt für Großbetriebe seien im Untersuchungszeitraum Außenprüfungen bei * * und * * durchgeführt worden. Diese Außenprüfungen seien abgeschlossen und würden dem Untersuchungsausschuss vorgelegt. Vom Finanzamt für Großbetriebe würden "derzeit" die Außenprüfungen verbunden für das Finanzamt Österreich bei * * durchgeführt. Die Außenprüfung erfolge gemäß §147 BAO iVm §99 FinStrG, bei der strafrechtliche Ermittlungen durch die zuständige Staatsanwaltschaft erfolgten. Diese Außenprüfung sei "derzeit" noch nicht abgeschlossen.

Ausdrücklich werde auf §27 Abs2 VO UA hingewiesen, nach dem Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen würden, von der Bundesministerin für Justiz vorzulegen seien. Daher würden diesbezügliche Unterlagen, die im Finanzamt für Großbetriebe und im Amt für Betrugsbekämpfung aufliegen würden, nicht vorgelegt.

Seitens der Zentralen Services würden Unterlagen zu * * vorgelegt.

Von den in die Sektion I fallenden Organisationseinheiten im Bundesministerium für Finanzen hätten keine weiteren Akten oder Unterlagen gefunden werden können, die für den Untersuchungsgegenstand potentiell abstrakt relevant sein könnten.

Alle Unterlagen würden in der Klassifizierungsklasse 2 vorgelegt.

Zur Sicherstellung einer gesetzeskonformen Vorlage seien vom Bundesministerium für Finanzen alle in seinen Wirkungsbereich fallenden Organisationseinheiten – soweit diese nicht eigenständig gegenüber dem COFAG Untersuchungsausschuss zur Vorlage verpflichtet würden – mit dem in Rede stehenden Verlangen befasst und diese (unter Bezugnahme auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss) darauf hingewiesen worden, dass unter dem Begriff "Akten und Unterlagen" nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, "Handakten", Berichte, Korrespondenzen aller Art inklusive E Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung, zu verstehen seien.

In der Anlage würden 20 Aktenordner in zwei Kartonagen entsprechend dem grundsätzlichen Beweisbeschluss übermittelt.

Die in Papier in zweifacher Ausfertigung übermittelten Akten und Unterlagen seien von den übermittelnden Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Finanzen gemäß §4 Abs1 Z2 InfOG nach entsprechender Interessenabwägung (zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Parteien und dem Interesse des Untersuchungsausschusses an der Übermittlung der Information ohne Klassifizierung) in Stufe 2 ("Vertraulich") klassifiziert worden, weil die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer Schädigung der überwiegenden, berechtigten Interessen der Parteien schaffen würde. Konkret würden in den genannten Unterlagen Namen und teilweise Wohnorte von natürlichen Personen genannt, die vom Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses nicht betroffen seien. Da der Beitrag, den die Offenlegung der Namen dieser Personen für die Wahrheitsfindung bezüglich des Untersuchungsgegenstandes zu leisten imstande sei, als gering eingestuft werde, würden die persönlichen Interessen als überwiegend beurteilt. Darüber hinaus bestehe durch die (unbefugte) Preisgabe der in den vollständigen Steuerakten enthaltenen Informationen die Gefahr einer Schädigung der rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen oder rein persönlichen Interessen der betroffenen Person (zB personenbezogene Daten, Religionsbekenntnis, höchstpersönlicher Lebensbereich, Privatsphäre, Privat- und Familienleben, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse). Zeitpunkt der Klassifizierung sei der 14. März 2024, 8:00 Uhr.

1.5. In der 6. Sitzung des COFAG Untersuchungsausschusses am 21. März 2024 wurde der Bundesminister für Finanzen gemäß §27 Abs4 VO UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),

"binnen zwei Wochen seiner Verpflichtung zur Vorlage aller bislang nicht vorgelegten Akten und Unterlagen zur steuerlichen Behandlung der Veranlagungsjahre 2017 bis 2023 von [* *] sowie aller Akten und Unterlagen zu laufenden Prüfverfahren und Finanzstrafverfahren, die die genannte Person betreffen – auch wenn diesen andere Veranlagungsjahre zu Grunde liegen – nachzukommen. […]

Begründung

Der Bundesminister für Finanzen wurde in der 3. Sitzung des COFAG Untersuchungsausschusses am 28. Februar 2024 mit ergänzender Beweisanforderung zur Vorlage folgender Akten und Unterlagen verpflichtet:

[…]

Die ergänzende Beweisanforderung war wie folgt begründet:

[…]

Mit Schreiben vom 14. März 2024 legte der Bundesminister für Finanzen auf Grundlage der genannten Beweisanforderung Akten und Unterlagen zu den Personen [* *], [* *] und [* *] vor. Bezüglich [* *] verwies der Bundesminister für Finanzen darauf, dass auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses der diesbezügliche Steuerakt bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wurde. Die derzeit offene Außenprüfung bei [* *] sei jedoch noch nicht abgeschlossen und die entsprechenden Akten und Unterlagen würden nicht vorgelegt. Begründend führte der Bundesminister für Finanzen (zusammengefasst) aus, dass Art53 Abs2 B VG die Abgeschlossenheit des zu untersuchenden Vorganges statuiere. Derzeit sei jedoch die Sachverhaltsermittlung zu unterschiedlichen steuerrechtlichen Themenstellungen im Gange, die noch nicht abschließend durch die Finanzbehörde beurteilt seien. Die gegenständliche Außenprüfung als Vorgang der Vollziehung sei noch nicht abgeschlossen. Es sei das Informationsinteresse des Nationalrates einerseits mit der konkreten Schutzbedürftigkeit von Informationen andererseits in jedem Einzelfall abzuwägen. Durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses solle kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess bei einem Organ der Vollziehung des Bundes genommen werden. Es sei daher dem noch offenen Willensbildungsprozess in Form der offenen Außenprüfung der Vorrang einzuräumen.

Mit dieser Ansicht ist der Bundesminister für Finanzen jedoch nicht im Recht:

Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit VfSlg 19.973/2015 in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen 'im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung' (Art53 Abs3 B VG) die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages nicht möglich ist. Einzige Ausnahmen von der Vorlageverpflichtung sind in Art53 Abs3 letzter Satz und Abs4 B VG selbst normiert.

In diesem durch die Aufgaben des Untersuchungsausschusses begrenzten Umfang des Untersuchungsgegenstandes stehen der Übermittlung der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten und Unterlagen somit weder die Bestimmung des §1 DSG 2000 noch jene des Art8 EMRK (sowie des Art8 GRC) entgegen. Das gleiche muss umso mehr für die – verfassungskonform zu interpretierenden – einfachgesetzlichen Bestimmungen des §38 Abs1 bis 4 BWG (BankwesenG) und des §48a BAO gelten.

Das jeweils vorlagepflichtige Organ trifft im Falle der Verweigerung der Aktenvorlage an einen Untersuchungsausschuss zudem eine auf die einzelnen Akten bezogene, substantiierte Behauptungs- und Begründungspflicht (zuletzt VfGH 2.12.2022, UA92/2022 ua mwN).

Der Bundesminister für Finanzen bringt nun vor, dass Art53 Abs2 B VG das Erfordernis der Abgeschlossenheit des Untersuchungsgegenstandes normiere. Zwar ist dies (grundsätzlich) zutreffend, im vorliegenden Fall jedoch unerheblich. Art53 Abs2 B VG regelt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Untersuchungsgegenstandes. Dieser hat in einem bestimmten, abgeschlossenen Vorgang der Vollziehung des Bundes zu bestehen. Art53 Abs2 B VG ist somit der Maßstab für die Rechtmäßigkeit eines Untersuchungsgegenstandes und nicht für die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Vorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss auf Grundlage des Art53 Abs3 B VG.

Die Ausführungen des Bundesministers für Finanzen in seinem Schreiben vom 14. März 2024 sind jedoch – ohne dass er sich ausdrücklich darauf beruft – auch so zu verstehen, dass er sich auf die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG beruft. Dieser sieht vor, dass die Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen nicht besteht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

Zum Umfang dieser Ausnahmebestimmung hat sich der Verfassungsgerichtshof erstmals in VfSlg 20.304/2018 wie folgt geäußert:

'Die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG schränkt das Informationsrecht des Nationalrates ein, um die Funktionsfähigkeit sowie die unabhängige und unbeeinflusste Entscheidung der Bundesregierung bzw eines Mitgliedes der Bundesregierung im Einzelfall zu ermöglichen (so ausdrücklich die Materialien). In diesem Fall besteht keine Vorlagepflicht gemäß Art53 Abs3 B VG, um ein 'faktisches Mitregieren Dritter' zu verhindern (Schutz eines nicht ausforschbaren Initiativ , Beratungs- und Handlungsbereiches der Bundesregierung; vgl auch VfSlg 1454/1932). Nach den zitierten Materialien kann die Aufforderung zur Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des – abgeschlossenen (vgl Art53 Abs2 B VG) – Untersuchungsgegenstandes einen aktuellen (noch offenen) Willensbildungsprozess der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder betreffen, sich unter bestimmten Voraussetzungen aber auch auf Vorgänge aus der Vergangenheit beziehen. Bei der Beurteilung des Vorliegens der beschriebenen Voraussetzungen für die Ausnahme von der sonst bestehenden Vorlageverpflichtung sind das Informationsinteresse des Nationalrates, dem im Bereich der Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Bundesregierung besonderes Gewicht zukommt, die Schutzzwecke des Art53 Abs4 B VG und die konkrete Schutzbedürftigkeit von Informationen gegeneinander abzuwägen. Der pauschale Verweis allein darauf, dass der Bereich der Willensbildung der Bundesregierung betroffen sei, kann jedoch das Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen.

Neben der Behauptungspflicht trifft das vorlagepflichtige Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art53 Abs3 B VG erfassten – Akten und Unterlagen bezogene Begründungspflicht für das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG, um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können. In dieser Begründung werden im Regelfall neben dem Informationsinteresse des Nationalrates die Frage der Aktualität oder Abgeschlossenheit der Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder und die (nachvollziehbare) Schutzbedürftigkeit der betroffenen Informationen abzuwägen sein.'

Der Bundesminister für Finanzen ist offenbar von diesen Erwägungen geleitet, wenn er in seinem Schreiben vom 14. März 2024 (allgemein) ausführt, dass dem offenen Willensbildungsprozess der Vorrang einzuräumen sei. Die im Schreiben vom 14. März 2024 enthaltene Begründung für die Verweigerung der Aktenvorlage ist jedoch unzureichend. Zunächst ist festzuhalten, dass das Schreiben keine Darstellung des (beim Bundesminister für Finanzen vorhandenen) Aktenbestandes enthält und es dem Untersuchungsausschuss bereits aus diesem Grund nicht möglich ist, zu prüfen, ob die Berufung auf die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG im Einzelnen nachvollziehbar ist. Vor allem enthält das Schreiben vom 14. März 2024 jedoch keine Darstellung, inwiefern es zu einer tatsächlichen (und nicht nur zu einer hypothetischen) Einflussnahme auf die rechtmäßige Willensbildung des Bundesministers für Finanzen kommen könnte. Dies vor allem deshalb, da nicht die laufende Außenprüfung selbst Gegenstand der Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss ist, Akten und Unterlagen, die diese Außenprüfung betreffen oder in deren Rahmen hervorkommen, aber von zumindest abstrakter Relevanz für die Untersuchung sein könnten. Der Bundesminister für Finanzen hat insofern seine Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss verletzt.

Eine umfassende, nachvollziehbare, substantiierte und auf die einzelnen Akten bezogene Begründung der Verweigerung ist Voraussetzung dafür, dass es dem Untersuchungsausschuss ermöglicht wird, die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Nationalrates und widerstreitenden Interessen des vorlagepflichtigen Organes selbst vorzunehmen und gegebenenfalls den Verfassungsgerichtshof zur Nachprüfung dieser Begründung anzurufen.

Der Bundesminister für Finanzen wird daher aufgefordert, seiner Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen an den COFAG Untersuchungsausschuss betreffend [* *] binnen zwei Wochen nachzukommen".

1.6. Mit Schreiben vom 5. April 2024 ist der Bundesminister für Finanzen der soeben wiedergegebenen Aufforderung wie folgt entgegengetreten:

1.6.1. Seitens des Zollamtes Österreich und der Zentralen Services werde darauf hingewiesen, dass bereits alle Unterlagen im Zuge des Einsetzungsverlangens vorgelegt worden seien.

Seitens des Amtes für Betrugsbekämpfung würden Akteninhalte aus einem Finanzstrafakt zu * * in der Klassifizierungsstufe 2 vorgelegt.

Bei den vorzulegenden Aktenteilen hätten allerdings aus zu beachtenden Rechtsgründen Aktenschwärzungen in Ansehung des vom Untersuchungsausschuss definierten, auf eine bestimmte Person eingegrenzten Untersuchungsgegenstandes vorgenommen werden müssen.

Bezeichnung der betroffenen Akten und Unterlagen: * * – Vorlage und Stellungnahme an den Spruchsenat.

Die Schwärzungen würden genau abgrenzbare Entscheidungselemente der Finanzstrafbehörde betreffen, die weder zur Aufklärung des Sachverhaltes mit Konnexität zur betreffenden abgefragten Person (abstrakt) relevant seien noch vom Untersuchungsgegenstand rechtlich umfasst sein könnten.

Für diese Aktenteile seien ua die Bestimmungen des §48a BAO (abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht), v.a. aber die DSGVO (Schutz der persönlichen Rechte) und §1330 ABGB (Schutz des wirtschaftlichen Rufs) vom Amt für Betrugsbekämpfung zu beachten. Daher seien die geschwärzten Akteninhalte nach Prüfung der Sach- und Rechtslage in Zusammenschau der einschlägigen Bestimmungen und der Rechte des Untersuchungsausschusses nach bestem Wissen und Würdigung einzelfallbezogen nicht als vorlagepflichtig eingestuft worden.

Festgehalten werde, der Gerichtshof der Europäischen Union habe bereits ausgesprochen, dass ein vom Parlament eines Mitgliedstaates in Ausübung seines Kontrollrechts der Vollziehung eingesetzter Untersuchungsausschuss grundsätzlich die DSGVO einhalten müsse (EuGH 16.1.2024, C 33/22, Österreichische Datenschutzbehörde gegen WK ).

Die Unterlagenvorlage des Amtes für Betrugsbekämpfung erfolge ausschließlich in der Klassifizierungsstufe 2. Neben den Ausführungen unten werde zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Geschäftsfälle des Amtes für Betrugsbekämpfung die Würdigung von menschlichen Verhaltensweisen beinhalteten. Solcherart seien die vorgelegten Unterlagen bis zur Rechtskraft eines Verfahrens vom Grundsatz der Unschuldsvermutung und besonderer Datensicherheit zu begleiten, womit sie auch mit einer höheren Klassifizierung vorzulegen seien.

Ebenso werde seitens des Amtes für Betrugsbekämpfung auf die bisherigen Unterlagenvorlagen verwiesen.

Darüber hinaus werde ausdrücklich auf §27 Abs2 VO UA hingewiesen, nach dem Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen würden "(= gerichtsanhängig)", von der Bundesministerin für Justiz vorzulegen seien.

Seitens des Finanzamtes Österreich werde darauf hingewiesen, dass der Steuerakt von * * bereits im Zuge des Einsetzungsverlangens des COFAG Untersuchungsausschusses vorgelegt worden sei. Im Zuge der in Rede stehenden Aufforderung würden neu eingelangte Akteninhalte des Steueraktes zu * * in der Klassifizierungsstufe 2 vorgelegt.

1.6.2. Es werde behauptet, die unten näher bezeichneten Akten und Unterlagen zur offenen Außenprüfung seien iSd Art53 Abs2 B VG nicht vorzulegen, weil es sich bei dieser "derzeit" um keinen abgeschlossenen Vorgang handle.

In eventu werde behauptet, die unten näher bezeichneten Akten und Unterlagen zur offenen Außenprüfung seien iSd Art53 Abs4 B VG nicht vorzulegen, weil dadurch die rechtmäßige Willensbildung des Bundesministers für Finanzen oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt werde; dies deshalb, weil die Außenprüfung – und sohin dessen Willensbildung oder ihre unmittelbare Vorbereitung – noch nicht abgeschlossen sei.

Diese Behauptungen würden wie folgt begründet und für alle unten näher bezeichneten Akten und Unterlagen gelten:

Der Untersuchungsgegenstand sei insoweit durch Art53 B VG beschränkt, als sich dieser nach Art53 Abs2 B VG nur auf einen bestimmten abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes beziehen dürfe.

Der Gesetzgeber lasse offen, was unter einem "abgeschlossenen Vorgang" im Allgemeinen und einzelfallbezogen im Besonderen zu verstehen sei. Mit anderen Worten: Die Art53 Abs2 B VG zu entnehmende Wortfolge "abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes" entspreche einem unbestimmten Rechtsbegriff, der einer Auslegung im Wege der Sinnermittlung bedürfe.

Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art53 Abs2 B VG ergebe sich in sachlicher Hinsicht eine zeitliche Dimension, worauf sich ein Untersuchungsgegenstand und darauf aufbauend die Vorlageverpflichtung beziehen könne. Art53 Abs2 B VG selbst lasse aber offen, wann ein Vorgang abgeschlossen sei.

Der Ausschussbericht (AB 439 BlgNR 25. GP) führe dazu aus, dass ein Vorgang jedenfalls dann als abgeschlossen angesehen werden könne, wenn sich die Untersuchung auf einen zeitlich klar abgegrenzten Bereich in der Vergangenheit beziehe. Die politische Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss erfolge ex post .

Daraus könne geschlossen werden, dass ein Vorgang jedenfalls dann abgeschlossen sei, wenn er

– in der Vergangenheit liege,

– durch ein Enddatum zeitlich klar abgrenzbar sei und/oder

– der Abschluss durch einen Vollzugsakt genau bestimmt sei.

Ein Untersuchungsausschuss könne demnach nur einen abgeschlossenen Vorgang untersuchen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes halte der Ausschussbericht fest, dass durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess in einem Bereich der Vollziehung des Bundes genommen werde und dieser auch nicht in anderer Weise beeinträchtigt werden dürfe.

Damit werde der selbständige Verantwortungsbereich der einzelnen Staatsorgane betont (Gewaltentrennung). Die Übernahme der Verantwortung setze dabei voraus, dass die Vorgänge, für die Verantwortung übernommen werden solle, abgeschlossen seien. Wäre dem nicht so, könnte zB der Nationalrat durch seine Kontrolltätigkeit mittelbar in einen Verantwortungsbereich eines Organes der Vollziehung des Bundes hineinwirken, und es wäre nicht möglich, die rechtliche und politische Verantwortung allein einem Organ zuzuordnen.

Bei nicht abgeschlossenen Vorgängen sehe das deutsche Bundesverfassungsgericht keine Pflicht, parlamentarischen Informationswünschen nachzukommen, wenn die Information zu einem faktischen Mitregieren Dritter führen könne. Diese Gefahr bestehe regelmäßig im Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, solange die Entscheidung noch nicht getroffen sei. Demnach erstrecke sich die Kontrollkompetenz des Parlaments grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge (BVerfGE 124, 78 [120 f.]).

Die Wahrung des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung führe dazu, dass im Rahmen des Untersuchungsrechts grundsätzlich nur abgeschlossene Vorgänge untersucht werden dürften. So regle auch Art53 Abs2 B VG hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes, dass nur "abgeschlossene" Vorgänge untersuchungsfähig seien. Doch auch bei abgeschlossenen Vorgängen bestehe eine Einschränkung hinsichtlich einer möglichen einengenden Vorwirkung der Untersuchung dieses Kernbereichs.

Für Art53 Abs4 B VG bedeute dies, dass die Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen, die den exekutiven Kernbereich berührten, nicht bestehe, soweit Akten und Unterlagen einen Vorgang betreffen würden, der noch nicht abgeschlossen sei ( Abbrederis , Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung iSd Art53 Abs4 B VG, in: Pilgermair [Hrsg.], Parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Praxis und Perspektiven, 2023, 67 [85]).

In den Untersuchungsausschüssen der 24. Gesetzgebungsperiode habe sich die Praxis der Zusammenarbeit zwischen dem Untersuchungsausschuss und den Strafverfolgungsbehörden entwickelt. Diese habe eine gegenseitige Rücksichtnahme hinsichtlich der Fragen der Aktenvorlage, der Verwendung von Informationen und der Befragungen von Auskunftspersonen bewirkt. Diese Praxis solle nunmehr im Rahmen eines Konsultationsverfahrens normiert werden. Dazu übermittle der Vorsitzende dem Bundesminister für Justiz sämtliche Beweisbeschlüsse bzw Beweisanforderungen und Ladungen von Auskunftspersonen. Auf dieser Grundlage könne der Bundesminister für Justiz das Konsultationsverfahren einleiten. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens könnten "geeignete Maßnahmen" vereinbart werden, um auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren Rücksicht zu nehmen. Solche Maßnahmen könnten etwa die Vereinbarung sein, bestimmte Akten und Unterlagen erst nach Beendigung des Ermittlungsverfahrens vorzulegen oder bestimmte Auskunftspersonen erst zu einem späteren Zeitpunkt anzuhören. Sofern sich Meinungsverschiedenheiten über Vereinbarungen im Konsultationsverfahren ergeben würden, solle der Verfassungsgerichtshof zur Streitentscheidung angerufen werden können (AB 440 BlgNR 25. GP, 18).

Auch wenn dem Bundesminister für Finanzen das Konsultationsverfahren nach §58 VO UA nicht offenstehe, werde der Untersuchungsausschuss dennoch ersucht, Rücksicht auf die "derzeit" noch nicht abgeschlossene Außenprüfung betreffend * * zu nehmen, damit deren Erfolg/Ausgang nicht durch die Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen möglicherweise gefährdet bzw beeinflusst werden könnte.

Das abgabenrechtliche Außenprüfungsverfahren entspreche laut den einschlägigen Gesetzesbestimmungen und dem Schrifttum zweifelsfrei einem – durch rechtmäßige Willensbildung der Exekutive abzuschließenden – Vorgang, dessen Beendigung durch Rechtsprechung und Schrifttum definiert werde. In seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2019, ZRV/7103295/2018, sei das Bundesfinanzgericht zur Auffassung gelangt, dass eine Außenprüfung iSd §147 BAO mit Abhaltung einer Schlussbesprechung (§149 leg cit) beendet sei. Die Schlussbesprechung habe die Besprechung des Prüfungsergebnisses zum Gegenstand. Sie diene (auch) dem Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs und einer abschließenden Willensbildung der Behörde. Nach Tanzer/Unger sei das Ende einer iSd §147 BAO durchgeführten Außenprüfung erst in der Bekanntgabe des Prüfungsberichts zu erblicken. Stoll vertrete den Standpunkt, dass das Prüfverfahren erst durch den formellen (bescheidmäßigen) Abschluss ende.

Die BAO sehe keine Zerlegung des Vorganges "Außenprüfungsverfahren" in Einzelbestandteile vor. Nicht zuletzt deshalb fehle es in der BAO an Kriterien, an denen eine Aufgliederung des durch Prüfungsbeginn und bescheidmäßigen Abschluss definierten Vorgangs "Außenprüfungsverfahren" in "Subvorgänge" festzumachen sei. Erledigungsentwürfe stünden schon per definitionem begrifflich im Gegensatz zum Terminus "abgeschlossener Vorgang". Als Gesamtabschluss sei nach §149 BAO die Schlussbesprechung normiert, die den Abschlusszeitpunkt des behördlichen Vorgangs darstelle. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt liege der erforderliche, klar abgegrenzte Bereich in der Vergangenheit nicht vor.

Eine Außenprüfung setze sich aus einer Abfolge von aufeinander aufbauenden und sich wechselseitig beeinflussenden Prüfungshandlungen zusammen. Sofern die Dokumentation einzelner Prüfungsschritte des Außenprüfungsverfahrens sowie deren Ergebnisse (wie etwa interne Erledigungsentwürfe, eine durch Aktenvermerke dokumentierte Prüfungshandlung [zB Gebäudebesichtigung], protokollierte Aussagen der Partei, diverse Ergänzungsersuchen oder E Mails vor der Aufnahme noch ausstehender Beweise und Vorhaltbeantwortungen) in Bezug auf den (noch nicht vollständig aufgeklärten/ermittelten) Sachverhalt vor Wahrung des Parteiengehörs im Untersuchungsausschuss thematisiert und von Medien verbreitet würden, könne dies auf das Aussageverhalten von Auskunftspersonen, Zeugen und Parteien maßgeblichen Einfluss haben und die Vorbereitung der abschließenden Willensbildung der Behörde sogar stark beeinträchtigen. Durch die Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen würden daher die Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Vollziehung überschritten (VfSlg 20.545/2022, Rz 165).

Dies gelte umso mehr, wenn die Rechtsfrage nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf ein Gesamtbild aller einzelfallbezogenen Begebenheiten (VwGH 7.12.2020, Ra 2020/15/0067; 19.12.2018, Ra 2017/15/0003; 10.2.2016, 2013/15/0284; 7.7.2011, 2007/15/0255; 19.10.2011, 2008/13/0046; EuGH 26.9.1996, C 230/94, Enkler , Rz 29; BFG 16.11.2022, ZRV/7105600/2016; 7.6.2022, ZRV/7101632/2014; 28.9.2021, ZRV/7102092/2017; 11.5.2021, ZRV/6100373/2013; 28.9.2015, ZRV/3100391/2011; 6.11.2014, ZRV/7102513/2010; UFS 2.12.2009, ZRV/0390-G/08; EuGH 19.7.2012, C 263/11, Redlihs , Rz 33; 20.6.2013, C 219/12, Finanzamt Rohrbach Urfahr , Rz 19; Lachmayr , Vermietung von [Luxus ]Immobilien an Gesellschafter/Stifter, SWK 3/2021, 121) beurteilt werden müsse, einzelne Beweismittel und Beweisergebnisse nur in vernetzter Betrachtungsweise die abschließende Willensbildung der Behörde erlaubten sowie bestimmte Beweise (zB beabsichtigte Zeugeneinvernahmen, Beantwortung von Ergänzungsersuchen), von denen sich die Behörde Aufschluss über den wahren Kern des Sachverhaltes erwarte, noch gar nicht aufgenommen worden seien.

Jahresveranlagungen stellten einen abgeschlossenen Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG dar und seien im Steuerakt als abgeschlossener Prozess abgebildet. Diese Unterlagen würden (bzw seien) durch das sachlich zuständige Finanzamt dem Untersuchungsausschuss für den Untersuchungszeitraum durch Übermittlung des Steueraktes zur Verfügung gestellt (worden).

Die Außenprüfung als eigenständiger Vorgang der Vollziehung diene der Überprüfung der Veranlagung und sei "derzeit" im Gange bzw noch nicht abgeschlossen.

Die Unterlagen zu * * würden aus eigenem, ohne weitere Aufforderung dem Untersuchungsausschuss übermittelt, sobald der eigenständige Vorgang der Vollziehung abgeschlossen sei (durch Schlussbesprechung bzw Erstellung der Steuerbescheide).

Auch das dreigliedrige Rechtsmittelverfahren (Beschwerdevorentscheidung durch das gesetzlich zuständige Finanzamt, Beschwerdeverfahren durch das Bundesfinanzgericht und Revisionsverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof) sei jeweils ein eigenständiger Vorgang der Vollziehung.

Die Außenprüfung sei die Abfolge von ineinandergreifenden Tätigkeiten, die individuell auf die Anforderungen jedes einzelnen Falles abgestimmt würden, und bilde gesamt die Durchführung des Ermittlungsverfahrens. Dieser einheitliche Akt der Vollziehung werde mit der Schlussbesprechung bzw der Erstellung der Steuerbescheide abgeschlossen. "Derzeit" sei dieser eigenständige Vorgang der Vollziehung für * * noch im Gange und nicht abgeschlossen.

Es werde festgehalten, dass der Vorgang einer abgabenrechtlichen Prüfung mit dem Vorgang einer Prüfung durch den Rechnungshof vergleichbar sei. Der Rechnungshof lege Unterlagen zu offenen Prüfungen dem Untersuchungsausschuss nicht vor. Es sei Wesensmerkmal einer Untersuchung bzw einer abgabenbehördlichen Prüfung, dass die ihr zugrunde liegenden Annahmen im Zuge der Untersuchung oder Prüfung auch noch widerlegt werden könnten (VfSlg 20.302/2018).

Bei einer Außenprüfung handle es sich daher um eine offene Handlung und damit um keinen abgeschlossenen Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG, sodass "derzeit" keine Vorlagepflicht bestehe. Darüber hinaus handle es sich bei einer Außenprüfung um eine Handlung, die den exekutiven Kernbereich berühre, weil der Bundesminister für Finanzen wohl unstrittig für das Steuer- und Abgabewesen zuständig sei. Es bestehe naturgemäß ein wirtschaftliches Interesse des Bundes an einem bestmöglichen und gesicherten Abgabenvollzug.

Die sachliche Zuständigkeit für den Steuerakt * * liege beim Finanzamt Österreich, das "derzeit" eine Außenprüfung gemäß §147 BAO durchführe. Diese Außenprüfung sei nicht abgeschlossen; eine Schlussbesprechung nach §149 leg cit sei noch nicht erfolgt. Aktuell sei die Sachverhaltsermittlung durch Prüforgane im Gange.

Die in Rede stehende Aufforderung beziehe sich auf die Vorlage aller Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit steuerlichen Prüfungen betreffend * *.

Die erwähnte Außenprüfung befinde sich noch im Stadium des Ermittlungsverfahrens. Eine Schlussbesprechung gemäß §149 BAO sei noch nicht erfolgt, weshalb auch noch keine Bescheide ergangen seien. Die Schlussbesprechung stelle nach §149 leg cit den Abschluss der Außenprüfung dar. Dieser erforderliche, klar abgegrenzte Bereich in der Vergangenheit liege nicht vor. Die Außenprüfung sei ein gesamthafter Vorgang, der nicht in einzelne Verfahrensschritte unterteilt werden könne. Als Gesamtabschluss sei gemäß §149 BAO die Schlussbesprechung normiert, die den Abschlusszeitpunkt des behördlichen Vorganges darstelle. Dieser Abschlusszeitpunkt sei noch nicht eingetreten.

Die Außenprüfung sei auf Grund von Arbeitsintensität und Komplexität noch nicht in einer Abschlussphase. Es seien nach dem Prüfungsbeginn erst die Sachverhaltsermittlungen im Gange. Durch eine Vorlage dieser Akten und Unterlagen würde auch die Gefahr bestehen, dass noch zu setzende Ermittlungsschritte in der Außenprüfung durch die Behandlung im Untersuchungsausschuss beeinflusst werden könnten und/oder dadurch die Willensbildung der mit der Außenprüfung beauftragten Organwalter beeinflusst werden könne. Werde ein vorläufiger ("aktuell" noch nicht restlos aufgeklärter) Sachverhalt ohne Wahrung des Parteiengehörs im Untersuchungsausschuss thematisiert und von Medien verbreitet, könne dies auf das Aussageverhalten von Auskunftspersonen, Zeugen und Parteien maßgeblichen Einfluss haben und die Vorbereitung der abschließenden Willensbildung der Behörde sogar stark beeinträchtigen. Durch die zu erwartende mediale Berichterstattung über etwaige Zwischenergebnisse der noch laufenden Außenprüfung bestehe die Gefahr, dass die Rechte des Abgabenpflichtigen im Rahmen dieser Außenprüfung (insbesondere das Recht auf uneingeschränktes Parteiengehör) gefährdet würden. Das könne auf das Aussageverhalten von Auskunftspersonen, Zeugen und Parteien maßgeblichen Einfluss haben und die Vorbereitung der abschließenden Willensbildung der Behörde sogar stark beeinträchtigen (zumindest aber beeinflussen).

Das bei * * eingeleitete Außenprüfungsverfahren betreffend den Prüfungszeitraum 2015 bis 2019 sei bislang weder durch Abhaltung einer Schlussbesprechung noch durch Bekanntgabe des Prüfberichts oder bescheidmäßigen Abschluss beendet worden. Daraus folge, dass das "aktuell" bei * * betreffend den Prüfungszeitraum 2015 bis 2019 durchgeführte Außenprüfungsverfahren keinen abgeschlossenen Vorgang gemäß Art53 Abs2 B VG darstelle.

Der Vorlage der die "aktuelle" Außenprüfung betreffenden Akten und Unterlagen stehe Art53 Abs2 B VG entgegen, weil diese eine nicht abgeschlossene Außenprüfung betreffen würden (ein Vorgang, der nicht in der Vergangenheit liege und dessen Abschluss nicht durch ein Enddatum zeitlich klar abgrenzbar bzw durch einen Vollzugsakt genau bestimmt sei).

Aus Art53 Abs2 B VG sei ersichtlich, dass der zu kontrollierende Vorgang ex post untersucht werde. In diesem Sinne habe der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 1454/1932 festgehalten, dass eine "ständige, ununterbrochene fortlaufende Einsichtnahme in die Verwaltungsgeschäfte […] nicht einmal dem Nationalrat zu[stehe]". Damit sei natürlich v.a. das gewaltenteilende Prinzip angesprochen.

Zudem solle es zu keiner Beeinflussung noch offener Entscheidungs- oder Willensbildungsprozesse kommen. Die Materialien würden diesbezüglich auf den möglichen Fall verweisen, dass sich Befragungen von Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss sowie Beweismittelanforderungen auf nicht abgeschlossene Handlungen (wie etwa die Vorbereitung einer Entscheidung der Bundesregierung oder noch nicht abgeschlossene Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden) beziehen könnten. Dies habe evident eine kritische Seite, sodass Beweismittelanforderungen oder Fragen hinsichtlich offener Handlungen auch als jedenfalls unzulässig angesehen würden ( Kahl , Art53 B VG, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 2023, Rz 27, mwN).

Die Vorlagepflicht nach Art53 Abs3 B VG beziehe sich nicht auf noch offene Handlungen ( Scholz , aaO, 240, FN 84).

Die Außenprüfung sei noch nicht abgeschlossen; damit handle es sich dabei um eine offene Handlung und bestehe folglich keine Vorlageverpflichtung.

Grundsätzlich werde Art53 Abs4 B VG dahingehend verstanden, dass die ausschließlich auf abgeschlossene Handlungen bezogene Vorlageverpflichtung entfalle, soweit dadurch "die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird" ( Scholz , aaO, 240, FN 84).

Derzeit liege aber keine Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vor; dieser habe aber bereits von sich aus auf den Ausnahmetatbestand des Art53 Abs4 B VG hingewiesen (VfSlg 20.545/2022).

Der Ausschussbericht halte aber auch zu Art53 Abs4 B VG fest, dass das der Bundesverfassung zugrunde liegende System der Gewaltentrennung und nur einzelner gewaltenverbindender Elemente einen selbständigen Verantwortungsbereich der Vollziehung im Allgemeinen und der Bundesregierung und ihrer Mitglieder im Speziellen voraussetze. Durch die Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes in Art53 Abs2 B VG werde grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Untersuchungsausschuss mit der laufenden Tätigkeit der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder und insbesondere mit offenen Willensbildungsprozessen befasst werde.

Ebenso halte der Ausschussbericht fest, dass Abs4 des Art53 B VG dessen Abs3 insoweit konkretisiere, als er klarstelle, dass die Informationsrechte des Nationalrates im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schrankenlos seien. Diese aus Art53 Abs4 B VG folgenden Beschränkungen seien im Einzelfall zu konkretisieren, wobei das Informationsinteresse des Nationalrates, der Willensbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung bzw eines Bundesministers und die konkrete Schutzbedürftigkeit von Informationen gegeneinander abzuwägen seien. Dabei werde dem parlamentarischen Informationsinteresse v.a. dort, wo es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Bundesregierung gehe, besonderes Gewicht zukommen.

Die konkrete Schutzbedürftigkeit sowie das wirtschaftliche Interesse des Bundes an einem bestmöglichen und gesicherten Abgabenvollzug betreffend die angeführten Akten und Unterlagen seien auf Grund des Umstandes, dass die Außenprüfung (Abwägung) noch nicht abgeschlossen sei (sohin der Willensbildungsprozess des Bundesministers für Finanzen noch nicht abgeschlossen sei), höher bewertet worden als das Informationsinteresse des Nationalrates. Im Übrigen könne eine Aufdeckung möglicher Missstände bei der laufenden Außenprüfung denklogisch nur dann erfolgen, wenn diese abgeschlossen sei. Mögliche Rechtsverstöße bzw Missstände bei der noch nicht abgeschlossenen Außenprüfung seien von den Abgeordneten selbst nicht einmal behauptet worden.

Durch eine "begleitende" Untersuchung der noch nicht abgeschlossenen Außenprüfung käme es zu einem unzulässigen Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Ein Untersuchungsausschuss habe das Recht, ex post (aber nicht laufend) die Vollziehung der Organe des Bundes zu untersuchen.

Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass durch die laufend vorkommende, mediale Verbreitung von dem Untersuchungsausschuss übermittelten Akten und Unterlagen, Einfluss zu Lasten des wirtschaftlichen Interesses des Bundes an einem bestmöglichen und gesicherten Abgabenvollzug auf die noch nicht abgeschlossene Außenprüfung genommen werden könnte.

Ebenso werde die Nichtvorlage mit dem Schutzbedürfnis von Informationen im Rahmen einer unabhängigen und sachlich rechtsrichtigen steuerrechtlichen Entscheidung durch die zuständigen Organe begründet.

Im Verlangen werde ausgeführt, dass nicht die laufende Außenprüfung selbst Gegenstand der Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss sei, Akten und Unterlagen, die diese Außenprüfung betreffen oder in deren Rahmen hervorkommen würden, aber von zumindest abstrakter Relevanz für die Untersuchung sein könnten.

Diesbezüglich sei festzuhalten, dass Art53 Abs2 B VG den Gegenstand der Untersuchung begrenze. Ein Untersuchungsausschuss könne nur einen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes überprüfen. Nach der Terminologie des B VG bilde "Vollziehung" die zusammenfassende Bezeichnung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Zur "Verwaltung" des Bundes zähle nach Rechtsprechung und Lehre sowohl die hoheitliche als auch die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes. Daher könne auch informelles staatliches Handeln Gegenstand der Untersuchung sein. Das Untersuchungsrecht erstrecke sich somit grundsätzlich auf jede Art der "Verwaltung" im verfassungsrechtlichen Sinn. Davon seien jedenfalls auch alle Tätigkeiten von Organen des Bundes umfasst, durch die der Bund – unabhängig von der Höhe der Beteiligung – wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnehme. Dies werde in Art53 Abs2 B VG ausdrücklich festgehalten. Zu den Vorgängen im Bereich der Vollziehung des Bundes zähle auch die Tätigkeit Beliehener, soweit diese Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes besorgten. Privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger unterliege nicht dem Untersuchungsrecht, zumal es sich dabei nicht mehr um Verwaltung des Bundes handle ( Schrefler-König/Loretto , Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse [VO UA], 2020, Anhang 1, Art53 B VG).

Es könne folglich nur die Außenprüfung als Vorgang im Bereich der Vollziehung untersucht werden und nicht die Akten und Unterlagen, die im Zusammenhang mit dieser hervorkommen könnten. Die Aufforderung erweise sich schon deshalb als unzulässig, weil die Abgeordneten in ihrer eigenen Begründung selbst einräumten, keinen Vorgang im Bereich der Vollziehung untersuchen zu wollen. Im Gegenteil: es bleibe völlig offen, was die Abgeordneten untersuchen wollten.

Im Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung (insbesondere zur Übermittlung aller Bezug habenden Akten und Unterlagen) enthalte, würden sich ergänzende Beweisanforderungen auf bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand beziehen. Unter einem "bestimmten Beweismittel" sei dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Bei ergänzenden Beweisanforderungen seien Erkundungsbeweise ausgeschlossen; es gelte ein Bepackungsverbot ( Schrefler-König/Loretto , aaO, §25, Anm. 9.).

Erkundungsbeweise seien Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand hätten. Sie dienten also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Parteien zu untermauern, sondern sollten es erst ermöglichen, dieses zu erstatten ( Schrefler-König/Loretto , aaO, §25, Anm. 9.2.).

Bei ergänzenden Beweisanforderungen bestehe eine Begründungspflicht. Das Bepackungsverbot und der Ausschluss des Erkundungsbeweises im Sinne eines Bestimmtheitsgebotes würden es gebieten, in der Begründung einer ergänzenden Beweisanforderung konkret darzulegen, dass bzw warum die angeforderten Beweise der Untersuchung des Gegenstandes dienten, zu dem der Untersuchungsausschuss eingesetzt sei ( Schrefler-König/Loretto , aaO, §25, Anm. 10.2.).

Die Aufforderung enthalte keine konkrete Begründung, warum diese angeforderten Akten und Unterlagen der Untersuchung des Gegenstandes dienen sollten, zu dem der Untersuchungsausschuss eingesetzt sei.

Lediglich im Konjunktiv "([…] sein könnten […])" auf eine mögliche abstrakte Relevanz hinzuweisen, erfülle die Begründungspflicht nicht. Bei der Aufforderung handle es sich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis; diese überschreite den Umfang des Gegenstandes der Untersuchung. Die Abgeordneten seien daher nur ihrer Behauptungs-, nicht aber ihrer Begründungspflicht nachgekommen.

Im nicht abgeschlossenen Akt der Vollziehung (offene Außenprüfung) seien "derzeit" folgende einzeln bezeichnete Akten und Unterlagen vorhanden, die "derzeit" nicht vorgelegt würden:

"Aktenvermerk über die Prüfungsanmeldung am 23.5.2022

Prüfungsauftrag betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Zusammen-fassende Meldung und Immo Est 2015 2019 vom 18.5.2022

Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung/Aktenstudium

- Bericht der vorhergehenden Außenprüfung

- Abfragen Gebühren, Schenkungen

- Abfrage Kfz Datenbank

- Abfrage der Besteuerungsgrundlagen Est und USt aus dem Steuerakt, Steuerbescheide USt, Est

- Abfrage der innergemeinschaftlichen Erwerbe

- Abfragen Zentrales Melderegister (Hauptwohnsitz, Nebenwohnsitze)

- Abfrage Transparenzdatenbank, Unternehmensregister

- Abfragen Firmenbuch/Beteiligungen

- Abfragen Grundbesitz/Grundbuch

- Abfragen von Unterlagen zur Immo Est

- Abfragen NOVA Freigaben

- Abfragen zur inländischen Zweigniederlassung der Basic Element GmbH bzw OOO UK Gruppa GAZ

- durch den Steuerberater erstellte Beilagen zu den ESt Erklärun-gen 2015 2019

- Kapitalabflussmeldungen

- EU-Zins-Kontrollmitteilungen, Kontrollmitteilungen aus der Schweiz und Kanada

Sammlung diverser Zeitungsartikel

Fragenvorhalte und dazu durch den steuerlichen Vertreter vorgelegte Unter-lagen

- Vorhalt vom 6.12.2021 betreffend USt, ESt und Immo ESt 2015

- Vorhalt vom 7.6.2022

- Beantwortung des Vorhalts vom 7.6.2022 – Vorlage 12.7.2022

o Aufstellungen 2015 2019 UBS, Schweiz, Bankunterlagen

o COVID-Förderungen und Immo Est 2018

- Weitere Beantwortung des Vorhalts – Vorlage 3.11.2022

o Aufstellungen 2015 2019 Sturdza, Schweiz, Bankunterlagen; div. Unter-lagen zu Einkünften aus Kapitalvermögen 2017 (Kontoauszüge Bank Austria 2017, Zinserträge Bank Russland, Wertpapierdepotauszüge)

o Bestätigungen zu ausl. Einkünfte mit Progressionsvorbehalt

o Offenlegung bisher nicht erklärter Kapitalerträge 2015 2017

o Zusammenfassende Auflistung von Informationen zu der von der Außen-prüfung übergebenen ORBIS Abfrage

- Vorhalt vom 2.2.2023

- Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 5.7.2023

o Einkünfte aus selbständiger Arbeit: Freibetrag für investierte Gewinne –Wertpapierdepotauszüge

o Vorbescheidkontrolle Est 2019 – belegmäßiger Nachweis der Steuer-beraterkosten

o Nachweis Spekulationsgewinn beim Verkauf eines Fahrzeugs

o Beteiligungen/Privatdarlehen: abgeschlossene Darlehensverträge

o Unterlagen zum Grundstücksverkauf 2015: Unterlagen zum Ver-äußerungserlös, den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten und den Instandsetzungsaufwendungen

- Vorhalt vom 15.3.2023

- Beantwortung des Vorhalts – Vorlage am 5.7.2023

o Stellungnahme zu den Zu- und Abflüssen vom Bank Austria-Konto 2017

- Vorhalt vom 18.9.2023

- Antrag auf Fristverlängerung vom 31.10.2023

- Der Bescheid über die Verlängerung der Frist bis 31.12.2023

- E Mail der steuerlichen Vertretung vom 2.1.2024 – Beantwortung des Vor-halts vom 18.09.2023

o Sachverhaltsdarstellungen zu den ausländischen Einkünften

o Abrechnungen betr. Verwaltungsratsvergütungen Schweiz

o Abrechnungen betr. Aufsichtsratsvergütungen Deutschland

o Registerauszug Sturdza Schweiz

o Registerauszug GAZ Russland

o Stellungnahme zum Thema 'Board'

o Bestellungsprotokolle GAZ

o Bestätigungsschreiben einer russischen Bank über die Höhe der von angeführten Gesellschaften in den angeführten Zeiträumen zuge-flossenen Vergütungen

o Mitteilungen gem. §109a BAO

- Vorhalt vom 24.1.2024 zur Immo ESt 2015

- Antrag auf Fristverlängerung vom 20.2.2024

- Vorhalt vom 21.2.2023 zu den Privatdarlehen

- Vorhalt vom 15.3.2024 zu steuerfreien Auslandseinkünften"

Zusammenfassend würde der Arbeitsbogen der Außenprüfung ungefähr sechs Ordner mit Papierunterlagen (davon zwei Ordner mit Unterlagen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, einen Ordner mit Unterlagen zu den ausländischen Einkünften und drei Ordner mit Unterlagen zur/zum Aktenvorbereitung/Aktenstudium sowie Unterlagen zur Beantwortung der angeführten Fragenvorhalte) umfassen.

Es werde festgehalten, dass sich diese Unterlagen durch das laufende Ermittlungsverfahren dynamisch weiterentwickelten.

Laut Aufforderung sei ausschließlich die abstrakte Relevanz der Akten und Unterlagen für den Art53 Abs2 B VG entsprechenden Untersuchungsgegenstand ausschlaggebend. Bei den angeforderten Akten und Unterlagen gehe es aber eben nicht um die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der "derzeitigen" Prüfungshandlungen, sondern vielmehr um die Frage, ob sich aus den dort gewonnenen Erkenntnissen Schlüsse auf etwaige Bevorzugungen von * * durch die Finanzbehörden im Untersuchungszeitraum ziehen ließen.

Dazu werde ausgeführt, dass im laufenden Prüfungsverfahren noch keine finalen Erkenntnisse gewonnen worden seien, die einer Schlussfolgerung im Hinblick auf die abstrakte Relevanz hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes zugänglich seien. Die abstrakte Relevanz der Akten und Unterlagen ergebe sich für die vorlagepflichtigen Organe des Finanzamtes für Großbetriebe hinsichtlich der Themenstellungen des Einsetzungsbeschlusses des COFAG Untersuchungsausschusses nicht, weil kein abgeschlossener Akt der Vollziehung vorliege, der entsprechende Schlussfolgerungen zulasse (VfSlg 20.304/2018). Es sei Wesensmerkmal einer Untersuchung bzw einer abgabenrechtlichen Prüfung, dass die ihr zugrunde liegenden Annahmen im Zuge der Untersuchung oder Prüfung auch noch widerlegt werden könnten (VfSlg 20.302/2018).

Nach Abschluss der Außenprüfung sei es dem Finanzamt Österreich möglich, finale Schlussfolgerungen zu ziehen und die abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zu beurteilen. In der Folge könnten jene Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden, die für die Themenstellungen des Einsetzungsbeschlusses und der ergänzenden Beweisanforderungen abstrakt relevant seien.

Von den in die Sektion I fallenden Organisationseinheiten im Bundesministerium für Finanzen hätten keine weiteren Akten und Unterlagen gefunden werden können, die für den Untersuchungsgegenstand potentiell abstrakt relevant sein könnten.

Darüber hinaus werde mitgeteilt, dass seitens des Bundesministers für Finanzen die Bereitschaft bestehe, mit den Mitgliedern des COFAG Untersuchungsausschusses in einem persönlichen Kontakt die Gründe für das Vorgehen hinsichtlich der offenen Außenprüfungen zu erläutern.

1.6.3. Zur Sicherstellung einer gesetzeskonformen Vorlage seien vom Bundesministerium für Finanzen alle in seinen Wirkungsbereich fallende Organisationseinheiten – soweit diese nicht eigenständig gegenüber dem COFAG Untersuchungsausschuss zur Vorlage verpflichtet würden – mit dem in Rede stehenden Verlangen befasst und diese darauf hingewiesen worden, dass unter dem Begriff "Akten und Unterlagen" nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, "Handakten", Berichte, Korrespondenzen aller Art inklusive E Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen, einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung, zu verstehen seien.

In der Anlage würden vier Aktenordner übermittelt.

1.6.4. Die in Papier in zweifacher Ausfertigung übermittelten Akten und Unterlagen seien von den übermittelnden Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Finanzen gemäß §4 Abs1 Z2 InfOG nach entsprechender Interessenabwägung (zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Parteien und dem Interesse des Untersuchungsausschusses auf Übermittlung der Information ohne Klassifizierung) in Stufe 2 ("Vertraulich") klassifiziert worden, weil die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer Schädigung der überwiegenden, berechtigten Interessen der Parteien schaffen würde.

Konkret würden in den genannten Unterlagen Namen und teilweise Wohnorte von natürlichen Personen genannt, die vom Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses nicht betroffen seien. Da der Beitrag, den die Offenlegung der Namen dieser Personen für die Wahrheitsfindung bezüglich des Untersuchungsgegenstandes zu leisten imstande sei, als gering eingestuft werde, würden die persönlichen Interessen als überwiegend beurteilt. Darüber hinaus bestehe durch die (unbefugte) Preisgabe der in den vollständigen Steuerakten enthaltenen Informationen die Gefahr einer Schädigung der rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen oder rein persönlichen Interessen der betroffenen Person (zB personenbezogene Daten, Religionsbekenntnis, höchstpersönlicher Lebensbereich, Privatsphäre, Privat- und Familienleben, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse). Zeitpunkt der Klassifizierung sei der 5. April 2024, 8:00 Uhr.

2. Die Einschreiter begründen ihren auf Art138b Abs1 Z4 B VG gestützten Antrag wie folgt:

2.1. Zur Zulässigkeit:

Die antragstellenden Abgeordneten zum Nationalrat Hafenecker (sic!), Krainer, Matznetter und Schmidt seien Mitglieder des COFAG Untersuchungsausschusses und verkörperten gemeinsam mehr als ein Viertel seiner 13 Mitglieder.

Der Antrag werde am 18. April 2024 und somit nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach )Frist des §27 Abs4 VO UA gestellt. Die zweiwöchige Frist des §56f Abs1 VfGG sei zum heutigen Tag noch nicht abgelaufen.

Alle den Gegenstand des vorliegenden Antrages bildenden Akten und Unterlagen des Bundesministers für Finanzen seien von der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA umfasst gewesen. Diese habe sich – gleichsam wie die ergänzende Beweisanforderung vom 28. Februar 2024 – bereits auf alle, dem Untersuchungsausschuss nicht bereits vorgelegten Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung der Veranlagungsjahre 2017 bis 2023 von * * sowie auf alle Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit laufenden Prüfverfahren und Finanzstrafverfahren der genannten Person bezogen, selbst wenn diesen andere Veranlagungsjahre zugrunde liegen würden.

Der Bundesminister für Finanzen habe in seinem Schreiben vom 5. April 2024 bestätigt, dass die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA nicht über den Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung vom 28. Februar 2024 hinausgehe.

Die Einhaltung der Bestimmung des §106 GOG NR bilde keine Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl VfSlg 20.370/2020 mwN; vgl auch VfSlg 16.752/2002 zu einem Verfahren nach [nunmehr] Art140 Abs1 Z2 B VG; zuletzt VfGH 25.1.2024, UA2/2023).

2.2. In der Sache:

2.2.1. Zunächst sei zu klären, auf welche rechtliche Grundlage sich der Bundesminister für Finanzen bei der Verweigerung der Aktenvorlage stütze:

Der Bundesminister für Finanzen bringe in seinem Schreiben vom 5. April 2024 in erster Linie vor, dass die begehrten Akten und Unterlagen einen nicht abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes – die Außenprüfung bei * * – betreffen würden. Diese seien daher nicht vorzulegen.

In der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA sei diesem Vorbringen bereits entgegengehalten worden, dass Gegenstand der Untersuchung nicht die laufende Außenprüfung, sondern vielmehr das Vollziehungshandeln gegenüber * * im (abgeschlossenen) Untersuchungszeitraum sei. Die Vorlageverpflichtung des Art53 Abs3 B VG sei von den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Untersuchung in Art53 Abs2 B VG zu unterscheiden. Alle Akten und Unterlagen im Hinblick auf die abgabenrechtliche Behandlung des * * im Untersuchungszeitraum seien für die Untersuchung von Relevanz.

Dem habe der Bundesminister für Finanzen in seinem Schreiben vom 5. April 2024 entgegnet, dass einzelne Akten und Unterlagen nicht Gegenstand der Untersuchung sein könnten und daher nur die konkrete Außenprüfung Gegenstand der Untersuchung sein könne.

Der Bundesminister für Finanzen verletze damit bereits seine gegenüber dem Untersuchungsausschuss bestehende Behauptungspflicht (vgl zuletzt VfGH 2.12.2022, UA92 93/2022, mwN):

Es könne nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses bzw eines Viertels seiner Mitglieder und in weiterer Folge des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Schreiben des Bundesministers für Finanzen Mutmaßungen zu treffen, ob und welche Gründe der Bundesminister für Finanzen zur Grundlage seiner Verweigerung gemacht haben könnte (vgl VfGH 29.2.2024, UA1/2024, mwN).

Den Schreiben des Bundesministers für Finanzen sei nicht zu entnehmen, er vertrete die Ansicht, dass die vom Untersuchungsausschuss begehrten Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien. Mit Ausnahme des Antrages auf Fristverlängerung vom 20. Februar 2024 und des Vorhalts vom 24. Jänner 2024 zur Immo ESt 2015 sei bei keinem der genannten Aktenstücke offenkundig, dass es nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein könnte, zumal ein Großteil der Prüfungshandlungen im Untersuchungszeitraum stattgefunden habe – selbst wenn sich diese auf Veranlagungsjahre außerhalb des Untersuchungszeitraumes beziehen würden. Vielmehr räume der Bundesminister für Finanzen ein, dass die begehrten Akten und Unterlagen zumindest von abstrakter Relevanz für die Untersuchung sein könnten.

Aus dem Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 5. April 2024 gehe mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass Grund für die Verweigerung der Vorlage der Umstand sei, dass die Außenprüfung bei * * derzeit nicht abgeschlossen sei. Zwar vertrete der Bundesminister für Finanzen die Auffassung, dass die (abstrakte) Relevanz der Akten und Unterlagen – aus seiner Sicht – erst nach Abschluss der Außenprüfung endgültig beurteilt werden könne. Jedoch weise er selbst darauf hin, dass nach Abschluss der Außenprüfung kein Hindernis mehr bestehe, die entsprechenden Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Tatsächlich habe der Bundesminister für Finanzen dem Untersuchungsausschuss bereits mehrere (nicht von der Außenprüfung betroffene) Akten und Unterlagen zu * * vorgelegt. Ein grundlegender Unterschied zwischen den bereits vorgelegten Akten und den nunmehr den Gegenstand der Meinungsverschiedenheit zwischen dem antragstellenden Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses und dem Bundesminister für Finanzen bildenden Akten sei – abgesehen vom Umstand der Verfangenheit im Rahmen der Außenprüfung – nicht erkennbar.

Die – in eventu nachfolgende – Berufung des Bundesministers für Finanzen auf die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG setze außerdem denklogisch eine Vorlageverpflichtung im Hinblick auf die zugrunde liegenden Akten und Unterlagen voraus.

2.2.2. Im Hinblick auf die – in eventu – vom Bundesminister für Finanzen vorgebrachte Begründung, die Vorlage der in Rede stehenden Akten und Unterlagen beeinträchtige seine Willensbildung, verletze er seine bestehende Begründungspflicht (vgl zuletzt VfGH 2.12.2022, UA92 93/2022, mwN):

Der pauschale Verweis allein darauf, dass bestimmte Akten und Unterlagen nicht von einer Vorlageverpflichtung erfasst seien, könne das Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen (so bereits VfSlg 19.973/2015).

Neben der Behauptungspflicht treffe das Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art53 Abs3 B VG erfassten – Akten und Unterlagen bezogene, substantiierte Begründungspflicht für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art53 Abs4 B VG, um zunächst dem Untersuchungsausschuss bzw einem Viertel seiner Mitglieder eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können. In dieser Begründung würden im Regelfall neben dem Informationsinteresse des Nationalrates die Frage der Aktualität oder Abgeschlossenheit der Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder und die (nachvollziehbare) Schutzbedürftigkeit der betroffenen Informationen abzuwägen sein (VfSlg 20.304/2018).

Zwar bringe der Bundesminister für Finanzen – pauschal – vor, dass sich ein frühzeitiges Bekanntwerden der Akten und Unterlagen zur Außenprüfung bei * * nachteilig auf diese Außenprüfung auswirken könne. Er vermöge damit jedoch nicht den Anforderungen des Verfassungsgerichtshofes an eine ausreichende Begründung zu entsprechen. Insbesondere lege der Bundesminister für Finanzen nicht konkret und auf die einzelnen Akten und Unterlagen bezogen substantiiert und nachvollziehbar dar, warum durch die Vorlage der angeführten Akten und Unterlagen tatsächlich seine Willensbildung beeinträchtigt würde. Dies sei jedoch Voraussetzung, um eine – konkret und nicht nur abstrakt – drohende Beeinträchtigung in weiterer Folge überhaupt gegen das Informationsinteresse des Nationalrates abwägen zu können. Es sei dem Untersuchungsausschuss bzw einem Viertel seiner Mitglieder auf Grund der mangelnden Begründung durch den Bundesminister für Finanzen nicht möglich, überhaupt die Schutzbedürftigkeit der in den zurückgehaltenen Akten und Unterlagen enthaltenen Informationen im Einzelnen nachzuvollziehen. Bloße Befürchtungen oder pauschale Annahmen reichten jedenfalls nicht aus, um die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss zu rechtfertigen (VfSlg 19.973/2015).

Im Übrigen werde angemerkt, dass der Gesetzgeber das Konsultationsverfahren gemäß §58 VO UA lediglich der Bundesministerin für Justiz eröffnet habe und bei finanzstrafgesetzlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, zu denen dem Bundesminister für Finanzen nachgelagerte Organe ermittelten, §27 Abs2 VO UA die gesetzliche Grundlage für die Aktenvorlage an einen Untersuchungsausschuss bilde.

2.2.3. Die Berufung auf Art53 Abs4 B VG sei zudem nicht berechtigt:

Nach den Materialien könne die Vorlageverpflichtung des Art53 Abs3 B VG auch nicht abgeschlossene Willensbildungsprozesse berühren (AB 439 BIgNR 25. GP). Zum Schutz eines "Kernbereichs" der Willensbildung der Bundesregierung und ihrer Mitglieder sehe Art53 Abs4 B VG einen unausforschbaren Bereich vor, der das faktische Mitregieren Dritter verhindern solle. Art53 Abs4 B VG diene der "Sicherung der Funktionsfähigkeit und der unabhängigen und unbeeinflussten Entscheidung der Bundesregierung bzw eines Mitglieds der Bundesregierung im Einzelfall" (AB 439 BIgNR 25. GP).

Darin könne aber keine Ermächtigung erblickt werden, solche Akten und Unterlagen einem Untersuchungsausschuss pauschal vorzuenthalten: Könnte gegen jegliche Aktenvorlage eingewandt werden, dass der unerwünschte parlamentarische Einblick in das Zustandekommen von Regierungsentscheidungen die Offenheit des Willensbildungsprozesses und damit die Funktionsfähigkeit der Regierung beeinträchtige, so unterlägen die Entscheidungen der Regierung dem parlamentarischen Kontrollrecht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhaltes und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zuließen. Weitere Hintergründe – auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung der Regierung für Fehler, die gerade das Zustandekommen ihrer Entscheidungen betreffen würden, nicht zur Geltung gebracht werden könne – könnten dagegen nach Belieben unzugänglich gehalten werden. Die Aktenvorlageverpflichtung des Art53 Abs3 B VG, sofern sie dem Parlament Zugriff gerade auch auf von der Regierung nicht freiwillig bereitgestellte Informationen über die Regierungstätigkeit verschaffen solle, liefe insoweit leer; die parlamentarische Kontrolle bliebe unwirksam (vgl VfSlg 20.370/2020; VfGH 18.1.2021, UA4/2020).

Aus der vom Bundesminister für Finanzen vorgelegten Auflistung der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen sei bereits offenkundig, dass die darin genannten Akten und Unterlagen von vornherein ungeeignet seien, einen Willensbildungsprozess des Bundesministers für Finanzen zu beeinflussen. An der Geheimhaltung von Informationen, die lediglich Grundlage einer regierungsinternen Willensbildung seien, über diese selbst aber keine Information enthielten, könne kein schützenswertes Interesse bestehen. Insbesondere könne durch diese niemals die – durch Art53 Abs4 B VG geschützte – Funktionsfähigkeit des Regierungshandelns beeinträchtigt sein.

Die vom Bundesminister für Finanzen zurückgehaltenen Akten und Unterlagen würden durchgehend – wie er auch in seinem Schreiben vom 5. April 2024 darlege – die Sachverhaltsermittlung betreffen. Es fänden sich darunter keine behördeninternen Abstimmungsprozesse oder (noch nicht abgefertigte) Entwürfe für bescheidmäßige Erledigungen. Die aus den Akten und Unterlagen erzielbare Kenntnis des Sachverhalts durch den Untersuchungsausschuss sei nicht geeignet, (zukünftige) Entscheidungen des Bundesministers für Finanzen im laufenden Abgabenverfahren betreffend * * zu beeinträchtigen, zumal er auf Grundlage des InfOG für entsprechende Geheimhaltung sorgen könne (VfSlg 19.973/2015).

3. Der Bundesminister für Finanzen hat dem Verfassungsgerichtshof Bezug habende Akten und Unterlagen vorgelegt sowie eine Äußerung erstattet, in der er die Zurückweisung des Antrages bzw dessen Abweisung begehrt:

3.1. Zur Zulässigkeit:

Es liege keine Meinungsverschiedenheit iSd Art138b Abs1 Z4 B VG betreffend die Vorlageverpflichtung vor. Strittig sei lediglich der Zeitpunkt der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen. Der Bundesminister für Finanzen habe bereits im Kommunikationsprozess mitgeteilt, dass die begehrten Akten und Unterlagen vorgelegt würden, wenn die Außenprüfungen abgeschlossen seien. Dies räumten sogar die Antragsteller selbst ein.

Der Antrag erweise sich daher in Ermangelung des Vorliegens einer "Meinungsverschiedenheit" iSd Art138b Abs1 Z4 B VG als unzulässig und sei daher zurückzuweisen.

Eine fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der begehrten Akten und Unterlagen sei im Kommunikationsprozess seitens des Bundesministers für Finanzen nicht behauptet worden. Die von den Antragstellern zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erweise sich daher als nur am Rande einschlägig.

Die Antragsteller würden verkennen, dass keine pauschale Ablehnung der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen erfolgt sei. Die Ablehnung sei – wie nachvollziehbar begründet worden sei – auf Grund des Umstandes erfolgt, dass die Außenprüfung "derzeit" nicht abgeschlossen sei und durch die Vorlage die rechtmäßige Willensbildung des Bundesministers für Finanzen oder ihre Vorbereitung beeinträchtigt werden würde.

Die begehrten Akten und Unterlagen seien zur Kategorie "Außenprüfung" zusammengefasst worden; die derzeit fehlende Vorlageverpflichtung auf Grund von Art53 Abs2 und 4 B VG sei nicht nur behauptet, sondern auch begründet worden (vgl VfSlg 20.459/2021, Pkt. IV.2.6.).

Im Schriftsatz des Bundesministers für Finanzen vom 5. April 2024 sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass die Begründung der Nichtvorlage für alle einzeln bezeichneten Aktenstücke gelte.

Der Verfassungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass falls die (potentielle) abstrakte Relevanz einer Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig sei, die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ herabgesetzt seien (vgl VfGH 23.9.2022, UA77/2022, UA85/2022, Rz 203).

Diese Herabsetzung der Begründungstiefe müsse auch für Fälle des Art53 Abs2 bzw 4 B VG gelten.

3.2. In der Sache:

Die bisherigen Ausführungen zur Nichtvorlage von Unterlagen bei offenen Außenprüfungen würden aufrecht erhalten; es werde darauf verwiesen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.

1.2. Nach Art53 Abs3 erster Satz B VG haben ua alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Gemäß §27 Abs1 erster Satz und Abs3 VO UA haben ua Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd §24 leg cit und ergänzenden Beweisanforderungen iSd §25 leg cit unverzüglich zu entsprechen, bei einem Nicht- oder teilweisem Entsprechen ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß §27 Abs1 oder 3 VO UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß §27 Abs4 leg cit (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Nach §27 Abs5 leg cit entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 VO UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 leg cit beschließt. Ein solcher Antrag ist nach §56f Abs1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 VO UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56f Abs3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.3. In der 6. Sitzung des COFAG Untersuchungsausschusses am 21. März 2024 wurde der Bundesminister für Finanzen gemäß §27 Abs4 VO UA (mit näherer Begründung) aufgefordert, binnen zwei Wochen seiner Verpflichtung zur Vorlage aller bislang nicht vorgelegten Akten und Unterlagen zur steuerlichen Behandlung der Veranlagungsjahre 2017 bis 2023 von * * sowie aller Akten und Unterlagen zu laufenden Prüfverfahren und Finanzstrafverfahren, die die genannte Person betreffen, nachzukommen, auch wenn diesen andere Veranlagungsjahre zugrunde liegen.

1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach )Frist des §27 Abs4 VO UA können binnen zwei Wochen Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl §27 Abs5 leg cit und §56f Abs1 VfGG). Der am 18. April 2024 von vier (von 13) Mitgliedern des COFAG Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG erweist sich als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.

1.5. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B VG – anders als für jene nach Art126a B VG (vgl §36a Abs1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs )Gesetzgebers, das Art53 Abs3 und Art138b Abs1 Z4 B VG zugrunde liegt und das in §27 VO UA sowie in §56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof auf Antrag über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen ua über die Verpflichtung erkennt, dem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen vorzulegen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach )Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen und/oder ergänzenden Beweisanforderungen nachzukommen, wenn das Organ dieser (in der Aufforderung näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Diese Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z4 B VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Gegenstand seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt (vgl zuletzt VfGH 2.12.2022, UA92 93/2022, mwN).

1.6. Mit seinem Antrag begehrt das einschreitende Viertel der Mitglieder des COFAG Untersuchungsausschusses, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass der Bundesminister für Finanzen zur Vorlage von näher bezeichneten Akten und Unterlagen an den COFAG Untersuchungsausschuss verpflichtet ist.

1.7. Sowohl aus der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO UA (samt Begründung) als auch aus dem vorliegenden – eine spezifizierte Teilmenge davon umfassenden – Antrag (samt Begründung) geht in hinreichend konkreter Weise hervor, dass sich der Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Begründung für die Ablehnung der Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an den COFAG Untersuchungsausschuss im Umfang des Untersuchungsgegenstandes bezieht.

1.8. Die Argumentation des Bundesministers für Finanzen, es liege keine Meinungsverschiedenheit betreffend die Vorlageverpflichtung vor, weil lediglich der Zeitpunkt der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen (nicht aber die Bereitschaft dazu) strittig sei, trifft nicht zu. Die Meinungsverschiedenheit iSd Art138b Abs1 Z4 B VG ergibt sich vielmehr daraus, dass der Bundesminister für Finanzen dem COFAG Untersuchungsausschuss die begehrten Akten und Unterlagen bis dato nicht vorgelegt hat (vgl VfSlg 20.304/2018).

Der Antrag erweist sich daher als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z4 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die Ablehnung der Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an den COFAG Untersuchungsausschuss aus den diesem gegenüber vorgebrachten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.

2.2. Die einschreitenden Mitglieder des COFAG Untersuchungsausschusses vertreten zusammengefasst die Meinung, der Bundesminister für Finanzen verletze seine gegenüber dem Untersuchungsausschuss bestehende Behauptungspflicht; er räume selbst ein, dass die begehrten Informationen zumindest von abstrakter Relevanz für die Untersuchung sein könnten. Hinsichtlich der in eventu vorgebrachten Argumentation, die Vorlage der in Rede stehenden Akten und Unterlagen beeinträchtige seine Willensbildung, verletze der Bundesminister für Finanzen seine Begründungspflicht. Er lege nicht konkret und auf die einzelnen Akten und Unterlagen bezogen substantiiert und nachvollziehbar dar, warum durch die Vorlage der angeführten Akten und Unterlagen tatsächlich seine Willensbildung beeinträchtigt würde; dies sei jedoch Voraussetzung, um eine drohende Beeinträchtigung in weiterer Folge gegen das Informationsinteresse des Nationalrates abwägen zu können. Die Berufung auf den Ausnahmetatbestand des Art53 Abs4 B VG sei – ungeachtet der fehlenden Begründung – auch nicht berechtigt, weil die aus den Akten und Unterlagen erzielbare Kenntnis des Sachverhalts durch den Untersuchungsausschuss nicht geeignet sei, (zukünftige) Entscheidungen des Bundesministers für Finanzen im laufenden Abgabenverfahren betreffend * * zu beeinträchtigen.

2.3. Demgegenüber vertritt der Bundesminister für Finanzen auf das Wesentliche zusammengefasst die Ansicht, näher bezeichnete Akten und Unterlagen zur noch nicht abgeschlossenen Außenprüfung seien nicht vorzulegen, weil es sich bei dieser "derzeit" um keinen abgeschlossenen Vorgang iSd Art53 Abs2 B VG handle; in eventu seien die begehrten Informationen nicht zu übermitteln, weil dadurch seine rechtmäßige Willensbildung oder ihre unmittelbare Vorbereitung iSd Art53 Abs4 B VG beeinträchtigt werde.

2.4. Gemäß Art53 Abs2 erster Satz B VG ist Gegenstand der Untersuchung ein "bestimmter abgeschlossener Vorgang" im Bereich der Vollziehung des Bundes.

Die Materialien (AB 439 BlgNR 25. GP, 3 ff.) führen dazu Folgendes aus:

"Eine weitere Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes erfolgt durch die Anforderung, dass es sich um einen bestimmten und abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes handeln muss. Damit werden nach dem Vorbild der Regelung für besondere Gebarungsprüfungen durch den Nationalrat gemäß Art52b B VG auch Kriterien für die Formulierung eines Untersuchungsgegenstandes aufgestellt.

Die Anforderung der Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes stellt auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab. Mit der Einsetzung wird der Umfang des Tätigkeitsbereichs eines Untersuchungsausschusses festgelegt. Dieser kann somit vom Untersuchungsausschuss selbst nicht verändert werden.

Weiters dient die Anforderung der Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes dem Schutz von Personen und Organen, die von einer Untersuchung betroffen sind, da Umfang und Eingriffsweite genau abgegrenzt sein müssen. In dieser Hinsicht hat die Anforderung an die Bestimmtheit auch besondere Bedeutung für die Reichweite der Vorlagepflichten von Organen der Vollziehung gegenüber dem Untersuchungsausschuss und für die Beurteilung der Zulässigkeit von Fragen an Auskunftspersonen.

Ziel eines Untersuchungsausschusses ist es in der Regel, komplexe und umfassende Sachverhalte aufzuklären. Diese werden mit dem bereits in Art52b B VG verwendeten Begriff des 'Vorgangs' umschrieben. 'Ein bestimmter Vorgang' im Sinne des Art53 Abs2 B VG ist ein bestimmbarer und abgrenzbarer Vorgang in der Vollziehung des Bundes. Die Untersuchung kann mithin nur inhaltlich zusammenhängende Sachverhalte betreffen. Das Wort 'ein' wird hier als unbestimmter Artikel und nicht als Zahlwort verwendet. Die Forderung eines inhaltlichen, personellen oder zeitlichen Zusammenhangs schließt aus, dass mehrere, unterschiedliche Vorgänge oder Themen in einem Untersuchungsausschuss untersucht werden, die nur lose miteinander verknüpft sind, etwa weil es sich um Vorgänge innerhalb des Zuständigkeitsbereiches eines Bundesministeriums handelt. Zugleich ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Vorgang auch den Zuständigkeitsbereich mehrerer Bundesministerien betrifft, soweit er sonst einen inhaltlichen Zusammenhang aufweist. Die Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit eines Vorgangs schließt nicht aus, dass Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag eine Untergliederung in einzelne Abschnitte bzw Beweisthemen aufweisen, zumal ein Vollzugsakt auch in einzelne Phasen zerlegt werden kann.

[…]

Ein Vorgang im Sinne von Art53 Abs2 B VG muss 'abgeschlossen' sein. Darin besteht ein wesentlicher Unterschied zu den Kontrollrechten gemäß Art52 B VG, die in der Praxis auch Fragen zu laufenden Fragen der Vollziehung, Entscheidungsvorbereitung und politischen Vorhaben und Rechtsetzungsinitiativen zulassen. Durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses darf kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess in einem Organ der Vollziehung des Bundes genommen werden, und dieser darf auch nicht in anderer Weise beeinträchtigt werden. Ein begleitender und fortlaufender Einblick des Nationalrates in die Tätigkeit von Organen der Vollziehung würde die bestehende Systematik der Gewaltentrennung und nur einzelner gewaltenverbindender Elemente unterlaufen und die selbständigen Verantwortungsbereiche der Vollziehung bzw die verfassungsgesetzlich gewährleistete Unabhängigkeit bestimmter Organe gegenüber der Gesetzgebung in Frage stellen. Als 'abgeschlossen' kann ein Vorgang jedenfalls dann angesehen werden, wenn sich die Untersuchung auf einen zeitlich klar abgegrenzten Bereich in der Vergangenheit bezieht. Die politische Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss erfolgt ex post.

Dass sich die Untersuchung auf einen bestimmten und abgeschlossenen Vorgang bezieht, schließt nicht aus, dass damit in Verbindung stehende Handlungen noch offen sind. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass Befragungen von Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss oder Beweismittelanforderungen sich auf solche Handlungen – etwa die Vorbereitung einer Entscheidung der Bundesregierung oder noch nicht abgeschlossene Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden – beziehen können. Darauf wird in der Differenzierung zwischen der Pflicht, Ersuchen um Erhebungen Folge zu leisten und der Vorlagepflicht gemäß Abs3 sowie einer besonderen Regelung für den engsten Bereich der Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder gemäß Abs4 ausdrücklich Bezug genommen […]."

2.5. Die Einschreiter legen in ihrem Antrag dar, der Bundesminister für Finanzen sei seiner aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes abgeleiteten Behauptungs- und Begründungspflicht im Hinblick auf die von ihnen begehrten Akten und Unterlagen nicht hinreichend nachgekommen, weshalb er zur Vorlage der in Rede stehenden Akten und Unterlagen verpflichtet sei.

Die Beurteilung der Vorlagepflicht und damit der Frage, ob für den Untersuchungsausschuss angeforderte Akten und Unterlagen gemäß Art53 Abs3 B VG vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, obliegt zunächst dem informationspflichtigen Organ. Eine Ablehnung der Vorlage erfordert vom vorlagepflichtigen Organ die Behauptung, dass der sachliche Geltungsbereich von Art53 Abs3 B VG mangels Vorliegens eines Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht gegeben sei. Neben der Behauptungspflicht trifft das Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art53 Abs3 B VG erfassten – Akten und Unterlagen näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen (vgl VfGH 23.9.2022, UA77/2022, UA85/2022, mwN), auch um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen, damit diese einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterzogen werden kann; eine solche Pflicht zur substantiierten und nachvollziehbaren Begründung (bereits) im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss leitet der Verfassungsgerichtshof aus Art138b Abs1 iVm Art53 B VG ab (vgl VfGH 29.2.2024, UA2 15/2024, zu einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B VG).

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes setzt voraus, dass das zuständige vorlagepflichtige Organ und der Untersuchungsausschuss bzw das verlangende Viertel seiner Mitglieder in einen vorherigen wechselseitigen Kommunikations-prozess eintreten. Da ein Nachschieben von Begründungen im verfassungsgerichtlichen Verfahren weder für den Untersuchungsausschuss bzw das Viertel seiner Mitglieder noch für das vorlagepflichtige Organ möglich ist, prüft der Verfassungsgerichtshof lediglich, ob und inwieweit den sich so ergebenden Behauptungs- und Begründungspflichten in der Kommunikation zwischen den Parteien der Meinungsverschiedenheit spätestens bis zum Ende der (Nach )Frist gemäß §27 Abs4 VO UA entsprochen worden ist und gegebenenfalls ob die jeweilige Begründung zutreffend ist (vgl VfGH 23.9.2022, UA77/2022, UA85/2022, mwN).

2.6. Der Bundesminister für Finanzen vertritt die Rechtsauffassung, dass er näher bezeichnete Akten und Unterlagen zur Außenprüfung gemäß Art53 Abs2 B VG nicht vorzulegen habe, weil es sich bei dieser "derzeit" um keinen abgeschlossenen Vorgang handle. Er bezieht sich auf die Materialien zu Art53 Abs2 B VG (AB 439 BlgNR 25. GP, 4) und führt insbesondere aus, dass durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess in einem Bereich der Vollziehung des Bundes genommen werden und dieser auch nicht in anderer Weise beeinträchtigt werden dürfe; diesbezüglich verweist der Bundesminister für Finanzen auf das Prinzip der Gewaltenteilung. Die Übernahme eines selbständigen Verantwortungsbereiches der einzelnen Staatsorgane setze voraus, dass die Vorgänge, für die Verantwortung übernommen werden soll, abgeschlossen seien. Wäre dem nicht so, könnte zB der Nationalrat durch seine Kontrolltätigkeit mittelbar in einen Verantwortungsbereich eines Organs der Vollziehung hineinwirken, und es wäre nicht möglich, die rechtliche und politische Verantwortung allein einem Organ zuzuordnen.

Mit diesem Verständnis der Vorlageverpflichtung gemäß Art53 Abs3 B VG, das allein an Art53 Abs2 B VG und der Voraussetzung ansetzt, dass der Untersuchungs gegenstand nur einen abgeschlossenen Vorgang enthalten darf, ist der Bundesminister für Finanzen nicht im Recht:

Nach Art53 Abs3 B VG müssen ua alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorlegen. Bei der Beurteilung des Umfanges der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen ist zunächst auf die jeweilige Umschreibung des Gegenstandes der Untersuchung abzustellen. Weder der grundsätzliche Beweisbeschluss (§24 VO UA) noch ergänzende Beweisanforderungen (§25 VO UA) dürfen den Untersuchungsgegenstand erweitern, der sich nur auf einen bestimmten abgeschlossenen Vorgang beziehen darf.

Eine systematische Interpretation des Art53 B VG zeigt, dass sich Vorlageverpflichtungen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf – wie hier – Aktenbestandteile von anhängigen Verfahren beziehen können (vgl anders Scholz [aaO, 240, FN 84], auf den sich der Bundesminister für Finanzen in seinem Schriftsatz vom 5. April 2024 ausdrücklich stützt; differenzierend Kahl , aaO, Rz 27):

So ist zunächst festzuhalten, dass – wie die Antragsteller zutreffend vorbringen – die Vorlageverpflichtung betreffend Akten und Unterlagen gemäß Art53 Abs3 B VG von den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Art53 Abs2 B VG für den zulässigen Gegenstand der Untersuchung zu unterscheiden ist. In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis VfSlg 20.304/2018, Pkt. IV.2.5., festgehalten, das Argument der Finanzprokuratur, sie sei nicht zur Vorlage von Akten und Unterlagen betreffend eine näher bezeichnete Task Force verpflichtet, weil diese ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen habe bzw die Anspruchsdurchsetzung nicht abgeschlossen sei, sodass es sich um keinen abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes iSd Art53 Abs2 B VG handle, gehe schon deshalb ins Leere, "weil nicht die 'Task Force Eurofighter' bzw die Anspruchsdurchsetzung selbst Untersuchungsgegenstand sind, Akten und Unterlagen, die ihre Arbeit und die Anspruchsdurchsetzung betreffen, aber von zumindest abstrakter Relevanz für diesen sind bzw sein können".

Wollte man den Umfang der Vorlageverpflichtung dahingehend einschränkend interpretieren, dass nur Akten und Unterlagen davon erfasst sind, die ihrerseits Bestandteil von abgeschlossenen Verfahren sind, könnte dies zu einer Beeinträchtigung des parlamentarischen Kontrollrechts führen.

Zur Beurteilung der Vorlageverpflichtung gemäß Art53 Abs3 B VG ist – wie erwähnt – zunächst der konkrete Untersuchungsgegenstand zugrunde zu legen. Bei Vorhandensein von Akten und Unterlagen, die eine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufweisen, weil sie als Teil des abgeschlossenen Vorgangs des Untersuchungsgegenstandes gewertet werden können (vgl Herbst , Artikel 53 B VG, in: Jedliczka/Joklik [Hrsg.], Das Recht des Untersuchungsausschusses, 2023, Rz 78), sich ihrerseits aber im Rahmen eines laufenden Ermittlungsverfahrens befinden, fällt nicht von vornherein und ausnahmslos die Vorlageverpflichtung weg.

Akten und Unterlagen, die Informationen enthalten, die von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind, können vielmehr ihrerseits auch Bestandteile von Verfahren sein, die nicht abgeschlossen sind. Davon ging ersichtlich auch der Gesetzgeber der VO UA aus, wenn er in deren §58 ein Konsultationsverfahren zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Bundesminister für Justiz vorsieht, das in vielen Fällen gerade laufende, parallel stattfindende Ermittlungstätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden voraussetzt (vgl auch Art138b Abs1 Z6 B VG). Vor dem Hintergrund der Einbringung der Anträge auf Neufassung des Art53 B VG einerseits sowie auf Änderung des GOG NR bzw der VO UA andererseits am selben Tag und der Beschlussfassung im Nationalrat an zwei aufeinanderfolgenden Tagen verbietet sich die Annahme, der Nationalrat habe einfachgesetzliche Regelungen ohne Bedachtnahme auf die am Tag davor beschlossene Verfassungsbestimmung erlassen (vgl VfSlg 20.370/2020 mwN).

Der pauschale Hinweis auf laufende Ermittlungen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ist somit nicht geeignet, die Verweigerung der Herausgabe von gemäß Art53 Abs3 B VG angeforderten Akten und Unterlagen zu begründen.

2.7. Das B VG weist dem Nationalrat im Abschnitt E. des Zweiten Hauptstücks "Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der Vollziehung des Bundes" die Mitwirkung an verschiedenen in den Bereich der Verwaltung fallenden Akten zu.

Bei der dem Nationalrat von Art53 B VG eingeräumten Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzurichten, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich normierte Ausnahme vom Grundsatz der Trennung von Gesetzgebung und Vollziehung. Die Mitwirkung von Gesetzgebungsorganen an der Vollziehung bedeutet aber nicht, dass Organe der Gesetzgebung zu Organen der Vollziehung werden (vgl Adamovich/Funk/Holzinger/Frank , Österreichisches Staatsrecht II 4 , 2022, Rz 21.026). In den Erläuterungen zu Art53 Abs2 B VG wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass "[d]urch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses […] kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess in einem Organ der Vollziehung des Bundes genommen werden [darf], und dieser […] auch nicht in anderer Weise beeinträchtigt werden [darf]. Ein begleitender und fortlaufender Einblick des Nationalrates in die Tätigkeit von Organen der Vollziehung würde die bestehende Systematik der Gewaltentrennung und nur einzelner gewaltenverbindender Elemente unterlaufen und die selbständigen Verantwortungsbereiche der Vollziehung bzw die verfassungsgesetzlich gewährleistete Unabhängigkeit bestimmter Organe gegenüber der Gesetzgebung in Frage stellen" (AB 439 BlgNR 25. GP, 4).

Dem Bundesminister für Finanzen ist insofern Recht zu geben, dass der Gewaltenteilungsgrundsatz die Leitlinie bei der Interpretation der dem Untersuchungsausschuss übertragenen Aufgaben bildet. Das B VG eröffnet in seinem Art53 zwar eine sehr weitreichende Kontrollmöglichkeit der Vollziehung des Bundes; dessen ungeachtet bleibt sie aber darauf beschränkt, dem Nationalrat einen Einblick in das Führen der Verwaltung zu verschaffen (vgl VfSlg 1454/1932; siehe auch Wiederin , Die Ständige Parlamentskommission für Heeresangelegenheiten vor dem Verfassungsgerichtshof, ZÖR 2021, 137 [140]; vgl auch VfSlg 19.973/2015, 20.304/2018). Zu einem Führen der Verwaltung im Sinne einer in den zitierten Materialien angesprochenen Einflussnahme auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess eines Organs der Verwaltung des Bundes oder Beeinträchtigung desselben in anderer Weise soll Art53 B VG nicht ermächtigen.

In diesem Sinne kann auch bei der Beurteilung der Vorlageverpflichtung gemäß Art53 Abs3 B VG dem Gewaltenteilungsgrundsatz unter besonderen Voraussetzungen Bedeutung zukommen (siehe schon VfSlg 20.545/2022, Rz 165). Beeinträchtigt etwa eine (ergänzende) Beweisanforderung den selbständigen Verantwortungsbereich der Vollziehung gegenüber der Gesetzgebung in einem derartigen Ausmaß, dass zB eine Lahmlegung der Verwaltung droht, oder in einer solchen Weise, dass nicht mehr von einer Kontrolle der Verwaltung, sondern von deren Führen durch den Untersuchungsausschuss im obigen Sinn auszugehen ist, und wird dieser Umstand vom vorlagepflichtigen Organ ausreichend begründet, führt dies – vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes – dazu, dass die Vorlage der angeforderten Akten und Unterlagen in rechtmäßiger Weise verweigert werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Bundesminister für Finanzen aber nicht begründet dargelegt, welche besonderen Umstände dazu führen, dass durch die Vorlage welcher der in Rede stehenden Akten und Unterlagen sein Verantwortungsbereich in einer Weise beeinträchtigt wird, dass dies dem Gewaltenteilungsgrundsatz widerstreiten würde.

2.8. Nach Art53 Abs4 B VG besteht die Verpflichtung gemäß Art53 Abs3 B VG nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird. Die Materialien (AB 439 BlgNR 25. GP, 6 f.) zu dieser – an dem vom deutschen Bundesverfassungsgericht geprägten Topos des "Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung" angelehnten und nach dessen Vorbild gestalteten (vgl Konrath/Neugebauer/Posnik , Das neue Untersuchungsausschussverfahren im Nationalrat, JRP 2015, 216 [219]) – Verfassungsbestimmung lauten wie folgt:

"Das der Bundesverfassung zugrunde liegende System der Gewaltentrennung und nur einzelner gewaltenverbindender Elemente setzt einen selbständigen Verantwortungsbereich der Vollziehung im Allgemeinen und der Bundesregierung und ihrer Mitglieder im Speziellen voraus. Durch die Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes in Abs2 wird grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Untersuchungsausschuss mit der laufenden Tätigkeit der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder und insbesondere mit offenen Willensbildungsprozessen befasst wird.

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Anforderung konkreter Akten und Unterlagen zum Untersuchungsgegenstand, einen aktuellen und somit noch offenen Willensbildungsprozess berührt. Das heißt, dass Akten und Unterlagen über einen – für sich – bereits abgeschlossenen Vorgang, Auswirkungen auf einen laufenden Willensbildungsprozess in der Bundesregierung bilden können. Für diesen Fall sieht Abs4 eine Einschränkung der Vorlagepflichten vor. Eine Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen (wie z. B. auch Notizen oder persönlichen Kalendereinträgen) ist ausgeschlossen, wenn die Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder oder deren unmittelbare Vorbereitung dadurch beeinträchtigt werden kann. Damit wird ein grundsätzlich nicht ausforschbarer Initiativ , Beratungs- und Handlungsbereich der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder geschützt. Eine Pflicht zur Vorlage von Akten und Unterlagen aus diesem Bereich könnte im Ergebnis zu einem faktischen Mitregieren Dritter führen. Die Ausnahme gemäß Abs4 dient folglich der Sicherung der Funktionsfähigkeit und der unabhängigen und unbeeinflussten Entscheidung der Bundesregierung bzw eines Mitglieds der Bundesregierung im Einzelfall. In diesem Bereich ist das Informationsrecht des Nationalrates daher eingeschränkt. Die Einschränkung kommt umso mehr zur Geltung, je näher sich Informationen auf die Entscheidung im innersten Bereich der Willensbildung der Bundesregierung beziehen.

Abs4 konkretisiert Abs3 insoweit, als er klarstellt, dass die Informationsrechte des Nationalrates im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schrankenlos sind. Die aus Abs4 folgenden Beschränkungen sind im Einzelfall zu konkretisieren, wobei das Informationsinteresse des Nationalrates, der Willensbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung bzw eines Bundesministers und die konkrete Schutzbedürftigkeit von Informationen gegeneinander abzuwägen sind. Dabei wird dem parlamentarischen Informationsinteresse vor allem dort, wo es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Bundesregierung geht, besonderes Gewicht zukommen.

Dem parlamentarischen Zugriff können grundsätzlich auch Informationen aus dem abgeschlossenen Bereich der regierungsinternen Willensbildung unterliegen. Der pauschale Verweis allein darauf, dass der Bereich der Willensbildung der Bundesregierung betroffen sei, kann daher die Zurückhaltung von Informationen nicht rechtfertigen und würde dazu führen, dass auch Hintergründe unzugänglich gehalten werden könnten, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung nicht beurteilt und die politische Verantwortung nicht geklärt werden könnte. Die Einschränkungen gemäß Abs4 können aber sehr wohl auch Vorgänge aus der Vergangenheit betreffen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit aktuellen Entscheidungsprozessen stehen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich aus der Übermittlung darauf bezughabender Informationen einengende Vorwirkungen für zukünftige Willensbildungsprozesse und Entscheidungen der Bundesregierung ergeben können. Wenn bestimmte Informationen aus diesen Vorgängen übermittelt werden müssten, könnte die freie Entscheidungsfindung in der Bundesregierung und damit deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden. Erfahrungsgemäß wird das Beratungs- und Abstimmungsverhalten wesentlich davon beeinflusst, ob dieses nach außen dringt oder nicht. Der Schutz der Geheimhaltung der Diskussion in der Beratung und das Abstimmungsverhalten können folglich im Interesse der Vorbereitung zukünftiger Entscheidungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers von Bedeutung sein."

Zum Verständnis des Art53 Abs4 B VG hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.304/2018 bereits Folgendes festgehalten:

"Die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG schränkt das Informationsrecht des Nationalrates ein, um die Funktionsfähigkeit sowie die unabhängige und unbeeinflusste Entscheidung der Bundesregierung bzw eines Mitgliedes der Bundesregierung im Einzelfall zu ermöglichen (so ausdrücklich die Materialien). In diesem Fall besteht keine Vorlagepflicht gemäß Art53 Abs3 B VG, um ein 'faktisches Mitregieren Dritter' zu verhindern (Schutz eines nicht ausforschbaren Initiativ , Beratungs- und Handlungsbereiches der Bundesregierung; vgl auch VfSlg 1454/1932). Nach den zitierten Materialien kann die Aufforderung zur Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des – abgeschlossenen (vgl Art53 Abs2 B VG) – Untersuchungsgegenstandes einen aktuellen (noch offenen) Willensbildungsprozess der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder betreffen, sich unter bestimmten Voraussetzungen aber auch auf Vorgänge aus der Vergangenheit beziehen. Bei der Beurteilung des Vorliegens der beschriebenen Voraussetzungen für die Ausnahme von der sonst bestehenden Vorlageverpflichtung sind das Informationsinteresse des Nationalrates, dem im Bereich der Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Bundesregierung besonderes Gewicht zukommt, die Schutzzwecke des Art53 Abs4 B VG und die konkrete Schutzbedürftigkeit von Informationen gegeneinander abzuwägen. Der pauschale Verweis allein darauf, dass der Bereich der Willensbildung der Bundesregierung betroffen sei, kann jedoch das Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen.

Neben der Behauptungspflicht trifft das vorlagepflichtige Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art53 Abs3 B VG erfassten – Akten und Unterlagen bezogene Begründungspflicht für das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG, um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können. In dieser Begründung werden im Regelfall neben dem Informationsinteresse des Nationalrates die Frage der Aktualität oder Abgeschlossenheit der Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder und die (nachvollziehbare) Schutzbedürftigkeit der betroffenen Informationen abzuwägen sein."

Der Bundesminister für Finanzen behauptet im Zusammenhang mit der Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B VG lediglich, näher bezeichnete Akten und Unterlagen zur noch nicht abgeschlossenen Außenprüfung seien nicht vorzulegen, weil dadurch seine rechtmäßige Willensbildung oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt werde. Mit diesem pauschalen Vorbringen ist er nicht im Recht:

Schon eine am Wortlaut ansetzende Interpretation, aber auch eine Auslegung in systematischer Hinsicht legt nahe, dass Art53 Abs4 B VG, der auf eine Beeinträchtigung der rechtmäßigen Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder bzw deren unmittelbare Vorbereitung abstellt, nicht weit auszulegen ist. Der Verfassungsgesetzgeber verwendet in Art20 Abs3 B VG die Wortfolge "Vorbereitung einer Entscheidung", die für alle mit Aufgaben der Bundesverwaltung betrauten Organe die Verpflichtung zur Geheimhaltung begründet. Findet sich nun in Art53 Abs4 B VG eine Ausnahme von der Vorlageverpflichtung, die auf die Bundesregierung bzw deren Mitglieder abstellt und lediglich die unmittelbare Vorbereitung einer Entscheidung erfasst, so ist diese Bestimmung sowohl hinsichtlich der erfassten Organe als auch im Hinblick auf das Stadium der Vorbereitung der Willensbildung enger auszulegen als Art20 Abs3 B VG idgF. Von diesem Verständnis gehen auch die Erläuterungen zu Art53 Abs2 B VG aus, die in Bezug auf Art53 Abs4 B VG ausführen, dass es sich dabei um "den engsten Bereich der Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder" handle (AB 439 BlgNR 25. GP, 5). Der Bundesminister hat aber jedenfalls nachvollziehbar zu begründen, weshalb die Erfüllung der Vorlagepflicht seine Willensbildung beeinträchtigen könnte. Eine bloße Zuweisung von Aufgaben bzw Vollzugsbereichen durch Bestimmungen des BMG, Vollzugsklauseln in einfachen Bundesgesetzen oder in sonstigen Bestimmungen vermag diesen Tatbestand jedenfalls nicht zu erfüllen.

Im vorliegenden Fall unterlässt es der Bundesminister für Finanzen, konkret darzulegen, worin seine Willensbildung bzw deren Vorbereitung im gegebenen Zusammenhang bestehen soll und wie diese durch die Vorlage der in Rede stehenden Akten und Unterlagen beeinträchtigt würde, sodass dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und Bestreitung einer Argumentation (Abwägung) nicht möglich ist sowie diese in der Folge keiner Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterzogen werden kann.

Da der Bundesminister für Finanzen seiner diesbezüglichen Begründungspflicht gegenüber dem COFAG Untersuchungsausschuss nicht entsprochen hat, ist er verpflichtet, diesem alle in Rede stehenden Akten und Unterlagen vorzulegen.

Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Erfüllung der Verpflichtung gemäß Art53 Abs3 B VG aus dem gesamten Bereich der Vollziehung des Bundesministers für Finanzen, etwa auch aus diesem nachgeordneten Dienststellen, überhaupt geeignet ist, die Willensbildung des Bundesministers für Finanzen bzw deren Vorbereitung iSd Art53 Abs4 B VG zu beeinträchtigen.

V. Ergebnis

1. Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem COFAG Untersuchungsausschuss die im Spruch genannten Akten und Unterlagen vorzulegen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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