V240/2022 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Wort- und Zeichenfolge "e) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 11,8+50m" in der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, Z 30306-367/5172/51-2021, sowie die Zeichen- und Ziffernfolge "1)e)," in Punkt 2) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021, Z 30306 367/5172/57 2021, jeweils kundgemacht durch Aufstellung von Straßenverkehrszeichen, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
III. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Salzburg, der Verfassungsgerichtshof möge
"1. die Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51 2021, und vom 14.07.2021, Zahl 30306 367/5172/57 2021, als gesetzwidrig aufheben,
2. in eventu: Punkt I 1) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51 2021, als gesetzwidrig aufheben,
3. in eventu: Punkt I 1) lita bis lite) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51 2021, als gesetzwidrig aufheben,
4. in eventu: Punkt I 1) lite der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51 2021, als gesetzwidrig aufheben,
5. in eventu: Punkt I 1) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51-2021, sowie die Zeichenfolgen 'I. - 1)d), 1)e), 1)f), 1)g), 1)h), 1)i) und' in Punkt 2) und Punkt 3) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14.07.2021, Zahl 30306 367/5172/57-2021, als gesetzwidrig aufheben,
6. in eventu: Punkt I 1) lita) bis lite) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51-2021, sowie die Zeichenfolgen '1)d), 1)e),' in Punkt 2) und Punkt 3) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14.07.2021, Zahl 30306 367/5172/57 2021, als gesetzwidrig aufheben,
7. in eventu: Punkt I 1) lite) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51-2021, sowie die Zeichenfolge '1)e),' in Punkt 2) und Punkt 3) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14.07.2021, Zahl 30306 367/5172/57 2021, als gesetzwidrig aufheben."
II. Rechtslage
1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306-367/5172/51-2021, hat folgenden Wortlaut (auszugsweise Wiedergabe, Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
"VERORDNUNG
Gemäß §43 Abs1 litb der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl Nr 159, i.d.g.F. wird auf der L 118 Bergheimer Landesstraße ab BP D3,4 und der B 156 Lamprechtshausener Straße von BP 7,700 bis BP 19,500 in den Gemeindegebieten von Bergheim, Anthering und Nußdorf verordnet:
I. FAHRTRICHTUNG LAMPRECHTSHAUSEN:
1) B156 Lamprechtshausener Straße:
a) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h mit der Zusatztafel '11,8 km' gemäß §54(5) Ziff b StVO 1960 bei BP 7,6+70m
b) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h mit der Zusatztafel '10,6 km' gemäß §54(5) Ziff b StVO 1960 bei BP 8,8+77m
c) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 10,2+57m
d) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 10,6+50m
e) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 11,8+50m
f) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 13,8+100m
g) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 15,000
h) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 16,800
i) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 18,2+102m
2) L 118 Bergheimer Landesstraße:
[…]
II. FAHRTRICHTUNG SALZBURG:
[…]
III. Nachstehende Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung werden aufgehoben:
[…]
IV. Die gegenständliche Verordnung ist durch die Landesstraßenverwaltung Salzburg kundzumachen und tritt mit Aufstellung, Versetzung und Entfernung der Verkehrszeichen in Kraft.
Der genaue Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) der Anbringung bzw Entfernung der Straßenverkehrszeichen ist schriftlich in einem Aktenvermerk festzuhalten, durch Unterschrift zu bestätigen und auf Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vorzulegen.
Für die Bezirkshauptfrau:
[…]
Ergeht an:
[…]"
2. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, hat folgenden Wortlaut (auszugsweise Wiedergabe, Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
"Verordnung
Gemäß §43 Abs1 litb der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl Nr 159, i.d.g.F. wird auf der B 156 Lamprechtshausener Straße zwischen BP 10,620 und 19,0+140m in den Gemeindegebieten von Bergheim, Anthering und Nußdorf verordnet:
1) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h mit der Zusatztafel '6:00 19:00' gem. §54(1) StVO 1960 auf der B 156 Lamprechtshausener Straße bei BP 19,0+140m in Fahrtrichtung Süden.
2) Ergänzend ist bei den Verkehrszeichen laut Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung 30306 367/5172/51 2021 vom 06.07.2021 zu den Punkten I. - 1)d), 1)e), 1)f), 1)g), 1)h), 1)i) und II. - 3)a), 3) b), 3) c), 3)d), 3)e), 3)f) jeweils die Zusatztafel '6:00 19:00' gem. §54(1) StVO 1960 kundzumachen.
3) Ergänzung sämtlicher bereits kundgemachter, nicht in Punkt 2) enthaltener Verkehrszeichen 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h mit der Zusatztafel '6:00 19:00' gem. §54(1) StVO 1960 auf der B 156 Lamprechtshausener Straße zwischen BP 10,650 und 19,0+140m.
4) Nachstehende Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung werden aufgehoben:
a) 30306-367/5172/51-2021 vom 06.07.2021 betreffend die Zusatztafeln zu Punkt I. - 1)a), 1)b), I. - 2), II. - 3)a).
b) […]
5) Die gegenständliche Verordnung ist durch die Landesstraßenverwaltung Salzburg kundzumachen und tritt mit Entfernung und Ergänzung der Verkehrszeichen in Kraft.
Der genaue Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) der Anbringung bzw der Entfernung der Straßenverkehrszeichen ist schriftlich in einem Aktenvermerk festzuhalten, durch Unterschrift zu bestätigen und auf Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vorzulegen.
Für die Bezirkshauptfrau:
[…]
Ergeht an:
[…]"
3. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungen anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, lauten in der jeweils maßgeblichen Fassung wie folgt (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):
"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. […]
c)–d) […].
(1a)–(11) […]
§44. Kundmachung der Verordnungen.
(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.
(1a)–(5) […]
[…]
§52. Die Vorschriftszeichen
Die Vorschriftszeichen sind
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,
b) Gebotszeichen oder
c) Vorrangzeichen.
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen
1.–9d. […]
10a. 'GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG (ERLAUBTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT)'
[Zeichen]
Dieses Zeichen zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften.
10b. 'ENDE DER GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG'
[Zeichen]
Dieses Zeichen zeigt das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung an. Es ist nach jedem Zeichen gemäß Z10a anzubringen und kann auch auf der Rückseite des für die Gegenrichtung geltenden Zeichens angebracht werden. Es kann entfallen, wenn am Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung eine neue Geschwindigkeitsbeschränkung, sei es auch nicht aufgrund dieses Bundesgesetzes, beginnt.
11.–14b […]
b) Gebotszeichen.
15.–22a. […]
c) Vorrangzeichen
23.–25b. […]
[…]
§54. Zusatztafeln.
(1) Unter den in den §§50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in §38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.
(2) Die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.
(3) Die Zusatztafeln sind Straßenverkehrszeichen. Sie sind, sofern sich aus den Bestimmungen des §53 Z6 nichts anderes ergibt, rechteckige, weiße Tafeln; sie dürfen das darüber befindliche Straßenverkehrszeichen seitlich nicht überragen.
(4) Zusatztafeln dürfen nicht verwendet werden, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) zum Ausdruck gebracht werden kann.
(5) […]
[…]
§94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
a) […]
b) für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden,
c)–h) […].
(2) […]
[…]
§94f. Mitwirkung
(1) Vor Erlassung einer Verordnung ist, außer bei Gefahr im Verzuge und bei Verordnungen gemäß §43 Abs1a, die Autobahnen betreffen, anzuhören:
a) von der Landesregierung und von der Bezirksverwaltungsbehörde:
1. die betroffene Gemeinde,
2. wenn sich der Geltungsbereich einer Verordnung auch auf das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, erstrecken soll, diese Behörde,
3. wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe;
b) […].
(2)–(3) […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10. Jänner 2022 wurde über den Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zu Spruchpunkt 1. wegen einer Übertretung des §52 lita Z10a StVO 1960 gemäß §99 Abs2d StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von € 1.000,– und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 196 Stunden und zu Spruchpunkt 2. wegen einer Übertretung des §16 Abs1 litb StVO 1960 gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von € 200,– und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt. Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, er habe jeweils am 15. Oktober 2021, um 14.32 Uhr, in Anthering, auf der B 156, bei Straßenkilometer 12,770 in Fahrtrichtung Oberndorf, als Lenker eines nach dem Kennzeichen näher bestimmten Personenkraftwagens überholt, obwohl der Unterschied der Geschwindigkeit des überholenden und des eingeholten Fahrzeuges für einen kurzen Überholvorgang zu gering gewesen sei (Spruchpunkt 2.), sowie im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten (Spruchpunkt 1.).
2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Salzburg den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 06.07.2021, Zahl 30306 367/5172/51 2021, und vom 14.07.2021, Zahl 30306 367/5172/57 2021, als gesetzwidrig aufheben". In eventu wird beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge näher bezeichnete Teile der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, (Eventualanträge 2. bis 4.), in eventu näher bezeichnete Teile der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, sowie der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, (Eventualanträge 5. bis 7.) als gesetzwidrig aufheben.
2.1. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg weist zunächst zur Zulässigkeit des vorliegenden Antrages darauf hin, dass die beiden mit dem Hauptantrag angefochtenen Verordnungen im Beschwerdeverfahren bezüglich des zu Spruchpunkt 1. erhobenen Tatvorwurfes präjudiziell seien.
2.2. In der Folge werden die Bedenken gegen die angefochtenen Verordnungen dargelegt: Die verordnungserlassende Behörde habe dem Landesverwaltungsgericht Salzburg mitgeteilt, dass die beiden angefochtenen Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung jeweils ohne Anhörung der betroffenen Gemeinden erlassen worden seien. Es sei daher von einer Verletzung der in §94f Abs1 lita Z1 StVO 1960 normierten Anhörungsrechte auszugehen, sodass die Verordnungen gesetzwidrig seien.
3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnungen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
Auf Grund mehrerer schwerer Verkehrsunfälle in dem von den angefochtenen Verordnungen erfassten Bereich der B 156 Lamprechtshausener Straße habe die verordnungserlassende Behörde am 28. Mai 2021 mit der Prüfung von weiteren Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit des Straßenverkehrs begonnen. Parallel dazu habe der ressortverantwortliche Landesrat – auch auf Grundlage einer Unfallauswertung an der B 156 Lamprechtshausener Straße der KFV Sicherheits Service GmbH vom Mai 2021 – weitergehende Maßnahmen, ua die Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h, medial in Aussicht gestellt. Die politische Willensbildung sei in Abstimmung mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden Anthering, Nußdorf und Oberndorf – welche im Vorfeld entsprechende Maßnahmen gefordert hätten – erfolgt.
Mit E Mail vom 23. Juni 2021 habe der ressortverantwortliche Landesrat der verordnungserlassenden Behörde das verkehrstechnische Gutachten des Landes Salzburg, Referat Öffentlicher Verkehr und Verkehrsplanung, übermittelt. Aus diesem ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar, dass zur Erhöhung der Verkehrssicherheit eine durchgehende Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h zwischen der L 118 Bergheimer Landesstraße (bei Straßenkilometer D 3,4) und der B 156 Lamprechtshausener Straße (bei Straßenkilometer 19,5) erforderlich sei.
Auf Grund einer schriftlichen Weisung des zuständigen Landesrates sowie auf Grund einer nachträglichen fachlichen Begründung des verkehrstechnischen Amtssachverständigen sei die Verordnung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, durch die Verordnung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, dahingehend ergänzt worden, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h auf den Zeitraum zwischen 6.00 Uhr und 19.00 Uhr beschränkt worden sei.
Ergänzend werde ausgeführt, dass zur Überwachung der angefochtenen Geschwindigkeitsbeschränkung mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 18. Oktober 2022, 30306 367/5172/71 2022, eine Messstreckenverordnung iSd §98a Abs1 StVO 1960 ("Section Control") erlassen worden sei. Sowohl bei der Verhandlung zu dieser Verordnung als auch bei der Verhandlung zur Errichtung der damit im Zusammenhang stehenden Anlage (im Verfahren nach §90 StVO 1960) seien die mit den nunmehr angefochtenen Verordnungen gesetzten Maßnahmen seitens der betroffenen Gemeinden begrüßt worden.
Dem Vorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg zur unterbliebenen Anhörung der betroffenen Gemeinden werde schließlich Folgendes entgegnet: Gemäß §94f StVO 1960 sei eine Anhörung der im Gesetz angeführten Stellen bei Gefahr im Verzuge – etwa bei "Unfallhäufigkeit" – nicht erforderlich. Infolge der schweren Unfälle im April 2021, die vier Todesopfer gefordert hätten, sowie der Tatsache, dass sich im verordnungsrelevanten Bereich der B 156 Lamprechtshausener Straße im Schnitt 7,55 schwere Unfälle pro Jahr ereignen würden, und unter Berücksichtigung des verkehrstechnischen Gutachtens, wonach eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h zur Erhöhung der Verkehrssicherheit als erforderlich erachtet werde, sei von Gefahr im Verzuge auszugehen gewesen und habe auf die Anhörung der betroffenen Gemeinden bei Erlassung der angefochtenen Verordnungen daher zu Recht verzichtet werden können. Sollte der Verfassungsgerichtshof diese Ansicht nicht teilen, wäre nach Ansicht der verordnungserlassenden Behörde jedenfalls nicht von einem "beachtlichen" oder "wesentlichen" Verfahrensmangel iS der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auszugehen. Es werde daher beantragt, den vorliegenden Antrag abzuweisen.
4. Die Salzburger Landesregierung hat weder eine Äußerung erstattet noch auf die angefochtenen Verordnungen Bezug habende Akten vorgelegt.
5. Die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg im Wesentlichen anschließt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt zu Art89 Abs1 B VG beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 20.182/2017). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich (vgl VfSlg 20.251/2018).
Die angefochtenen Verordnungen wurden ausweislich der vorgelegten Akten durch Anbringung von Straßenverkehrszeichen kundgemacht, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen sind.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.3. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Normenprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil der Bestimmung nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).
1.4. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.5. Die angefochtene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, enthält mehrere Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der L 156 Lamprechtshausener Straße in beiden Fahrtrichtungen sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der L 118 Bergheimer Landesstraße. Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, wurde für die mit vorgenannter Verordnung normierten Geschwindigkeitsbeschränkungen eine zeitliche Einschränkung (Anbringung von Zusatztafeln "6:00 19:00") verordnet. Dem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg liegt ein Straferkenntnis zugrunde, in welchem dem Beschwerdeführer mit Spruchpunkt 1. zur Last gelegt wird, er habe am 15. Oktober 2021, um 14.32 Uhr, in Anthering, auf der B 156, bei Straßenkilometer 12,770 in Fahrtrichtung Oberndorf, die in diesem Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten. Es ist daher offenkundig, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg die beiden Verordnungen zumindest teilweise anzuwenden hat.
1.6. Die mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Juli 2021 erlassene Geschwindigkeitsbeschränkung auf der L 118 Bergheimer Landesstraße ist im vorliegenden Verfahren offenkundig keine Voraussetzung für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg und steht vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken auch in keinem Regelungszusammenhang. Der Hauptantrag ist daher, schon soweit er sich auf die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der L 118 Bergheimer Landesstraße bezieht, jedenfalls zu weit gefasst und bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen (vgl zB VfGH 28.2.2023, V191/2022; 4.10.2022, V15/2021).
1.7. Mit den Eventualanträgen 2. bis 4. wird jeweils die Aufhebung näher bezeichneter Wort- und Zeichenfolgen (nur) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Juli 2021 beantragt. Im Hinblick darauf, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021 eine zeitliche Einschränkung der mit Verordnung vom 6. Juli 2021 erlassenen Geschwindigkeitsbeschränkungen vorsieht, stehen diese beiden Verordnungen in einem untrennbaren Zusammenhang. Die bloß auf Aufhebung von Bestimmungen der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021 gerichteten Eventualanträge 2. bis 4. sind daher als zu eng gefasst zurückzuweisen.
1.8. Mit Eventualantrag 5. wird die Aufhebung von Punkt I 1) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, sowie der Zeichenfolge "I. 1)d), 1)e), 1)f), 1)g), 1)h), 1)i) und" in Punkt 2) und des Punktes 3) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, beantragt.
Soweit sich dieser Antrag gegen Punkt I 1) a), b), c), d), f), g), h), und i) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, richtet, betrifft er zwar Bestimmungen, die angesichts der Formulierung des Verordnungstextes in einem Regelungszusammenhang stehen (die Geschwindigkeitsbeschränkungen sind auf "der B 156 Lamprechtshausener Straße von BP 7,700 bis BP 19,500 in den Gemeindegebieten von Bergheim, Anthering und Nußdorf" angeordnet, vgl in diesem Sinne VfGH 1.3.2022, V223/2021 ua), die aber im Anlassfall offensichtlich nicht präjudiziell und auch trennbar sind. Diese Verordnung ist daher nur insoweit präjudiziell, als sie in Punkt I 1) e) den Streckenabschnitt ab BP 11,8 + 50 Meter betrifft, weil dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf diesem Streckenabschnitt zur Last gelegt wird.
Soweit sich der Eventualantrag 5. auf Aufhebung der Zeichenfolge 1)e) in Punkt 2) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, richtet, betrifft er eine Bestimmung, die mit der präjudiziellen Bestimmung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Die im Übrigen mit dem Eventualantrag 5. angefochtenen Bestimmungen dieser Verordnung sind hingegen weder präjudiziell noch stehen sie mit einer solchen Bestimmung in einem (untrennbaren) Zusammenhang.
Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Eventualantrag 5., soweit dieser sich gegen Punkt I 1) e) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, und gegen die Zeichenfolge 1)e) in Punkt 2) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, richtet, als zulässig. Im Übrigen ist der Eventualantrag 5. zurückzuweisen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Eventualanträge.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Der Antrag ist – soweit zulässig – begründet.
2.2.1. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg macht geltend, dass vor Erlassung der angefochtenen Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung die gemäß §94f Abs1 lita Z1 StVO 1960 gebotene Anhörung der betroffenen Gemeinden unterblieben sei.
Damit ist das Landesverwaltungsgericht Salzburg im Recht.
2.2.2. Gemäß §94f Abs1 lita Z1 und 3 StVO 1960 hat die Bezirksverwaltungsbehörde vor Erlassung einer straßenpolizeilichen Verordnung – außer bei Gefahr im Verzuge – die betroffene Gemeinde und die gesetzliche Interessenvertretung einer Berufsgruppe anzuhören, wenn Interessen von Mitgliedern dieser Berufsgruppe berührt werden.
2.2.3. Das Vorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg, wonach die betroffenen Gemeinden vor Erlassung der angefochtenen Verordnung nicht gehört worden seien, wird von der verordnungserlassenden Behörde nicht bestritten und in der Äußerung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ausdrücklich zugestanden. Die verordnungserlassende Behörde erblickt eine Rechtfertigung dieses Umstandes darin, dass angesichts der schweren Unfälle vom April 2021 mit insgesamt vier Todesopfern sowie der Tatsache, dass sich im relevanten Bereich der B 156 Lamprechtshausener Straße durchschnittlich 7,55 schwere Unfälle pro Jahr ereignen würden, Gefahr im Verzuge vorgelegen sei, sodass zu Recht auf die Anhörung der betroffenen Gemeinden (und der gesetzlichen Interessenvertretungen) verzichtet worden sei.
2.2.4. Dieses Vorbringen der verordnungserlassenden Behörde findet im vorgelegten Verordnungsakt keine Deckung. Schon der zeitliche Ablauf vor Erlassung der angefochtenen Verordnungen spricht gegen das Vorliegen von Gefahr im Verzuge: Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 28. Mai 2021 erfolgte eine erste Anfrage im Hinblick auf die Erlassung von "Maßnahmen auf der B 156 im Vergleich zur B 311" an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See. Mit E Mail vom 23. Juni 2021 wurde die Anberaumung eines Verhandlungstermins für die geplanten Maßnahmen entlang der B 156 Lamprechtshausener Straße in Aussicht gestellt und ein verkehrstechnisches Gutachten vom 15. Juni 2021 übermittelt. Der Entwurf für die Verordnung vom 6. Juli 2021 ist mit 25. Juni 2021 datiert. Der sohin im Verordnungsakt dokumentierte Zeitraum von über fünf Wochen sowie der Umstand, dass ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten eingeholt werden konnte, lässt den Schluss zu, dass die Möglichkeit bestanden hätte, die betroffenen Gemeinden in das Verfahren einzubeziehen (etwa durch Übermittlung des Verordnungsentwurfes, vgl VfSlg 16.364/2001; vgl ferner VfSlg 16.094/2000, wonach die bloße Beiziehung des Bürgermeisters zu einer Ortsaugenscheinverhandlung ausreichend sein kann). Eine von der verordnungserlassenden Behörde ins Treffen geführte politische Willensbildung in Abstimmung mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden ist im Verordnungsakt nicht dokumentiert.
2.2.5. Das Verfahren zur Erlassung der angefochtenen Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. und 14. Juli 2021 entspricht daher mangels Anhörung der betroffenen Gemeinden nicht den gesetzlichen Erfordernissen des §94f Abs1 lita Z1 StVO 1960.
V. Ergebnis
1. Die Wort- und Zeichenfolge "e) 'Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)' gemäß §52 lita Ziffer 10a StVO 1960 auf 80 km/h bei BP 11,8+50m" in der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 6. Juli 2021, 30306 367/5172/51 2021, sowie die Zeichen- und Ziffernfolge "1)e)," in Punkt 2) der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung vom 14. Juli 2021, 30306 367/5172/57 2021, jeweils kundgemacht durch Aufstellung von Straßenverkehrszeichen, sind als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 litf Sbg Landes-VerlautbarungsG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.