JudikaturVfGH

E1414/2022 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. November 2023

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführende Partei hat als Pflichtmitglied des Tourismusverbandes *** einen jährlichen Verbandsbeitrag zu leisten (§30 S.TG 2003). Als beitragspflichtiger Umsatz ist die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze iSd §1 Abs1 Z1 und 2 UStG 1994 heranzuziehen (§35 Abs1 S.TG 2003). Der Beitragspflichtige kann den Umsatz aus Lieferungen und Leistungen außerhalb des Landes Salzburg vom beitragspflichtigen (Gesamt )Umsatz abziehen. Der Abzug ist vom Beitragspflichtigen in der Beitragserklärung bekannt zu geben. Nach der Abgabe der Beitragserklärung kann von der Abzugsmöglichkeit nicht mehr Gebrauch genommen werden (§35 Abs4 S.TG 2003).

2. In der am 27. Mai 2020 in elektronischer Form eingereichten Beitragserklärung für das Jahr 2020 führte die beschwerdeführende Partei sowohl in der Rubrik "Steuerbarer Umsatz der Betriebsstätte(n) in der oben angeführten Gemeinde" als auch in der Rubrik "Beitragspflichtiger Umsatz" allein den im Land Salzburg im Jahr 2018 erzielten Umsatz in der Höhe von € 952.118,82 an. Unter Berücksichtigung eines Abgabensatzes von 0,6 ‰ wurde als für das Jahr 2020 zu entrichtender Verbandsbeitrag ein Betrag von € 571,27 ausgewiesen. In der am 5. Mai 2021 in elektronischer Form eingereichten Beitragserklärung für das Jahr 2021 führte die beschwerdeführende Partei sowohl in der Rubrik "Steuerbarer Umsatz der Betriebsstätte(n) in der oben angeführten Gemeinde" als auch in der Rubrik "Beitragspflichtiger Umsatz" allein den im Land Salzburg im Jahr 2019 erzielten Umsatz in der Höhe von € 974.792,59 an. Unter Berücksichtigung eines Abgabensatzes von 0,6 ‰ wurde als für das Jahr 2021 zu entrichtender Verbandsbeitrag ein Betrag von € 584,88 ausgewiesen.

3. Nach schriftlicher Aufforderung vom 20. Dezember 2021 legte die beschwerdeführende Partei dem Landesabgabenamt am 11. Jänner 2022 fristgerecht Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2018 und 2019 vor.

4. Mit Bescheiden vom 13. Jänner 2022, Z 404 S.TG/186510/12 2022 und Z 404 S.TG/186510/13 2022, setzte das Landesabgabenamt den Verbandsbeitrag für die Betriebsstätte im Tourismusverband *** für das Jahr 2020 "anhand des für die Beitragsberechnung maßgeblichen Gesamtumsatzes in der Höhe von € 15.389.903,30" mit € 9.233,94 sowie für das Jahr 2021 "anhand des für die Beitragsberechnung maßgeblichen Gesamtumsatzes in der Höhe von € 15.843.154,97" mit € 9.505,89 fest. Begründend führte das Landesabgabenamt jeweils aus, dass die Festsetzung des Verbandsbeitrages mit Bescheid erfolgt sei, weil sich die Selbstbemessung in den Beitragserklärungen als unrichtig erwiesen habe. Der Abzug von Umsätzen aus Lieferungen in andere Bundesländer bzw aus Leistungen in anderen Bundesländern dürfe von der Behörde nur berücksichtigt werden, wenn der Abzug in der Beitragserklärung geltend gemacht werde. Das heiße, dass in der Beitragserklärung sowohl der Gesamtumsatz der Betriebsstätte als auch die in Abzug gebrachten Umsätze aus den Lieferungen in andere Bundesländer bzw den Leistungen in anderen Bundesländern bekanntgegeben werden müssten. Die Angabe des Umsatzes für das Land Salzburg allein genüge nicht.

5. Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit Erkenntnis vom 13. April 2022 als unbegründet ab. Begründend führt das Landesverwaltungsgericht Salzburg aus, dass in den vorliegenden Fällen "eine allfällige Anwendbarkeit des §35 Abs4 ST.G 2003 in Bezug auf behauptete derartige Umsätze [strittig sei], deren konkrete betragsmäßige Höhe allerdings in keiner der abgegebenen Beitragserklärungen ordnungsgemäß in der dafür vorgesehenen Rubrik ausgewiesen" worden sei. Nach §35 Abs4 letzter Satz S.TG 2003 könne nach Abgabe der Beitragserklärung von der Abzugsmöglichkeit nicht mehr Gebrauch genommen werden. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 1. September 2010, 2007/17/0014, ausgeführt, dass der Gesetzestext und die Materialien gegen die Möglichkeit des Ausscheidens von außerhalb des Landes Salzburg erzielten Umsätzen aus den Beitragsgrundlagen erst nach Abgabe der Beitragserklärung sprächen. Von der beschwerdeführenden Partei wäre daher in den Beitragserklärungen vom 27. Mai 2020 und vom 5. Mai 2021 "jeweils ein Abzug von Umsätzen gem[äß] §35 Abs4 S.TG 2003 in der dafür vorgesehenen Rubrik der Beitragserklärung bekannt zu geben gewesen, was jedoch nicht erfolgt" sei. Unter Berücksichtigung des Wortlauts in §35 Abs4 ("Abzug ist in der Beitragserklärung bekannt zu geben", "sämtliche abgezogene Umsätze") und §40 Abs1 S.TG 2003 ("Aufschlüsselungen") stehe es einem Abzug von Umsätzen im Wege, wenn diese Umsätze in der Beitragserklärung lediglich in der Rubrik "Steuerbarer Umsatz der Betriebsstätte(n) in der oben angeführten Gemeinde" gleichsam vorweg abgezogen würden und die für Abzüge gemäß §35 Abs4 S.TG 2003 vorgesehene Rubrik unberücksichtigt bliebe. Die bloße Beilage einer Aufstellung und Summierung der im Bundesland Salzburg erzielten Umsätze reiche nicht aus. Mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe der abzugsfähigen Umsätze schon in den Beitragserklärungen sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass §35 Abs4 S.TG 2003 nicht so auszulegen sei, dass Formfehler in der Beitragserklärung nicht korrigierbar seien und den Verlust der Abzugsmöglichkeit insgesamt zur Folge hätten. Die beschwerdeführende Partei habe die Beitragserklärungen zwar teilweise lückenhaft ausgefüllt, sie habe aber die im Land Salzburg erzielten Umsätze und damit die letztlich maßgebliche Beitragsgrundlage korrekt angegeben. Der Beitragserklärung für das Jahr 2020 sei außerdem eine Aufstellung der im Jahr 2018 im Land Salzburg erzielten Umsätze beigelegt gewesen. Der Beitragserklärung für das Jahr 2021 sei eine Aufstellung der im Jahr 2019 im Land Salzburg erzielten Umsätze beigelegt gewesen, der auch der Gesamtumsatz der beschwerdeführenden Partei (unter Außerachtlassung des ebenso beachtlichen Umsatzes ihrer Rechtsvorgängerin) zu entnehmen gewesen sei. Die Geltendmachung eines Abzuges nach §35 Abs4 S.TG 2003 sei insgesamt klar ersichtlich gewesen. Die Gefahr einer Abgabenverkürzung habe zu keiner Zeit bestanden. §35 Abs4 S.TG 2003 in der Auslegung durch das Landesverwaltungsgericht Salzburg und das angefochtene Erkenntnis verstießen gegen das Sachlichkeitsgebot. Es sei willkürlich, einen Abgabenschuldner, der ohnehin die richtige Beitragsgrundlage melde und dabei einen Formfehler begehe, derart zu bestrafen. Diese Regelung und die Vorgehensweise des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg seien auch insofern unlogisch und unzulässig, als den vom Landesabgabenamt zur Verfügung gestellten "Erläuterungen zur Einreichung der elektronischen Beitragserklärung" zu entnehmen sei, dass die spätere Berichtigung der Beitragserklärung (in Papierform) möglich sei.

7. Das Landesabgabenamt hat den Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

8. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat den Gerichtsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Rechtslage

Das Salzburger Tourismusgesetz 2003 (S.TG 2003), LGBl 43/2003 (WV), idF LGBl 31/2021 lautet auszugsweise wie folgt:

"Tourismusverband

§1

(1) Zur Wahrung, Förderung und Vertretung der örtlichen Belange des Tourismus einschließlich der Freizeitwirtschaft im Land Salzburg können die auf Grund ihrer Tätigkeit wirtschaftlich unmittelbar oder mittelbar am Tourismus interessierten Unternehmer (§2 Abs1) im Land Salzburg in jeder Gemeinde zu einem Tourismusverband zusammengeschlossen werden (Errichtung).

(1a) – (4) […]

Mitgliedschaft

§2

(1) Die Unternehmer im Gebiet des Tourismusverbandes sind seine Pflichtmitglieder. Unternehmer im Sinn dieses Gesetzes sind die am Tourismus unmittelbar oder mittelbar interessierten natürlichen Personen, Personengesellschaften nach dem Unternehmensgesetzbuch, juristische Personen oder Erwerbsgesellschaften bürgerlichen Rechtes, die im Land Salzburg eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinn des §2 UStG 1994 selbstständig ausüben und zu diesem Zweck in einer Gemeinde des Landes einen Sitz oder eine Betriebsstätte im Sinn der §§27, 29 und 30 BAO haben, unabhängig davon, welcher Erwerbstätigkeit diese Einrichtungen dienen. […]

(2) – (5) […]

[…]

Beitragspflicht

§30

(1) Die Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes haben an diesen für jedes Kalenderjahr (Beitragszeitraum) Verbandsbeiträge zu entrichten […].

(2) Der Verbandsbeitrag ist erstmals für das Kalenderjahr zu entrichten, in dem eine die Pflichtmitgliedschaft begründende Tätigkeit aufgenommen wurde (§37) bzw in dem der Tag der Aufnahme liegt (§3 Abs3).

(3) […]

[…]

Beitragspflichtiger Umsatz

§35

(1) Der beitragspflichtige Umsatz ist die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinn des §1 Abs1 Z1 und 2 UStG 1994 […], soweit nachstehend nicht anderes bestimmt ist.

(2) – (3) […]

(4) Der Beitragspflichtige kann vom beitragspflichtigen Umsatz abziehen:

a) den Umsatz aus Lieferungen an den Sitz, den Standort oder die Betriebsstätte eines Unternehmens außerhalb des Landes Salzburg, unabhängig davon, ob die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand im Land Salzburg verschafft wird;

b) den Umsatz aus Lieferungen an Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes Salzburg, wenn der Beitragspflichtige ein Versandhandelsunternehmen betreibt;

c) den Umsatz aus sonstigen Leistungen mit Ausnahme von Beförderungsleistungen (Güter- und Personentransport), soweit die den Umsatz begründende Tätigkeit tatsächlich in einem anderen Bundesland ausgeführt wird; und

d) den Umsatz aus Lieferungen an ein Unternehmen im Land Salzburg mit demselben Tätigkeitsbereich, das mehr als zur Hälfte im Eigentum des Beitragspflichtigen steht.

Der Abzug ist in der Beitragserklärung bekannt zu geben und setzt voraus, dass der Beitragspflichtige sämtliche abgezogene Umsätze in den Rechnungsbüchern nachweisen kann und bei Zweifeln darüber der Beitragsbehörde auf deren Verlangen zum Nachweis des Vorliegens dieser Voraussetzung geeignete Unterlagen vorlegt. Nach Abgabe der Beitragserklärung kann von der Abzugsmöglichkeit nicht mehr Gebrauch genommen werden.

(5) […]

[…]

Beitragshöhe

§39

(1) Die Höhe des vom Pflichtmitglied an den Tourismusverband zu leistenden Verbandsbeitrags beträgt unter Berücksichtigung der für das Pflichtmitglied zutreffenden Beitragsgruppe den nachstehenden Promillesatz des beitragspflichtigen Umsatzes (§§35 bis 38):

(2) – (3) […]

Beitragserklärung und Beitragsleistung

§40

(1) Jedes Pflichtmitglied hat bis 31. Mai, bei Fälligkeit der Verbandsbeiträge am 15. Oktober (Abs2 zweiter Satz) bis 30. September eines jeden Jahres dem Landesabgabenamt eine Beitragserklärung über den für die Beitragsbemessung nach den vorstehenden Bestimmungen maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Verbandsbeitrag in elektronischer Form abzugeben. Diese Beitragserklärung hat alle für die Beitragsfeststellung erforderlichen Aufschlüsselungen des Umsatzes und sonstigen Angaben zu enthalten. Die Beitragserklärung ist unter Verwendung des von der Landesregierung zur Verfügung gestellten elektronischen Zugangsportals oder des Unternehmensserviceportals zu erstatten. Beitragspflichtige, denen die elektronische Abgabe mangels Vorliegen der technischen Voraussetzungen nicht zumutbar ist, haben die Beitragserklärung unter Verwendung eines von der Landesregierung aufzulegenden Formulars zu erstatten. Die berichtigte Beitragserklärung ist in jedem Fall in Papierform abzugeben. Ist ein Umsatzsteuerbescheid für das maßgebliche Kalenderjahr bereits zugestellt, sind die in Betracht kommenden Angaben aus diesem Bescheid in die Beitragserklärung zu übernehmen. Liegt dieser Bescheid noch nicht vor, sind der Beitragserklärung die Angaben aus der vom Unternehmer erstatteten Umsatzsteuererklärung zugrunde zu legen. Kommt für die erforderliche Angabe ein Umsatzsteuerbescheid nicht in Betracht, ist die Angabe auf Grund von Aufzeichnungen aus dem zweitvorangegangenen Jahr in die Beitragserklärung aufzunehmen. Solche Aufzeichnungen sind vom Beitragspflichtigen laufend und sorgfältig zu führen; sie müssen den Nachweis für die Richtigkeit der Angabe in der Beitragserklärung (Zurechnung des Umsatzes zu Berufsgruppen des Beitragspflichtigen, Umsätze nach §36 udgl) ergeben.

(2) Der Beitragspflichtige hat den Verbandsbeitrag entsprechend seiner Beitragserklärung zu entrichten. Der Verbandsbeitrag ist am 15. Juni des jeweiligen Jahres fällig, es sei denn, der Ausschuss beschließt eine Fälligkeit am 15. Oktober. Ein solcher Beschluss des Ausschusses ist für das bevorstehende Beitragsjahr bis Ende des Jahres zu fassen und dem Landesabgabenamt unverzüglich mitzuteilen.

(3) – (4a) […]

(5) Stammen die in den Beitragserklärungen aufgenommenen Angaben gemäß Abs1 nicht aus dem Umsatzsteuerbescheid, findet, abgesehen von den Fällen, in denen kein solcher Bescheid zu ergehen hat, nach Vorliegen eines rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheides eine nachträgliche endgültige Beitragsberechnung statt. Das Gleiche gilt für den Fall, dass die Angaben aus einem noch nicht rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheid stammen, wenn sich aus dem rechtskräftigen Bescheid andere Angaben ergeben. Eine festgestellte Differenz ist vom Beitragspflichtigen auf Vorschreibung nachzuzahlen oder von der Abgabenbehörde unverzüglich rückzuerstatten.

(6) – (14) […]

Beitragskontrolle, Mitwirkung

§41

(1) Für die Überprüfung der Beitragserklärungen und die Einhebung und Einbringung der Verbandsbeiträge ist das Landesabgabenamt zuständig. Die Landesregierung ist sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber dem Landesabgabenamt in Vollziehung dieser Zuständigkeit.

(2) Auf Verlangen der Behörde hat der Beitragspflichtige den für die Beitragsberechnung maßgebenden Umsatzsteuerbescheid, soweit er die Feststellung des Gesamtbetrags der steuerpflichtigen Umsätze betrifft, im Original oder in Ablichtung vorzulegen. Dasselbe gilt für Bescheide gemäß §31 Abs2, soweit sie für die Umsatzzurechnung relevant sind[,] und sonstige Unterlagen über die erzielten Entgelte, denen bei der Beitragsberechnung Bedeutung zukommt.

(3) Zur Überprüfung der Verbandsbeiträge jener Pflichtmitglieder des Tourismusverbandes, die umsatzsteuerpflichtig sind, sind den Behörden gemäß Abs1 (Beitragsbehörden) die Umsatzsteuerbescheide von den für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständigen Abgabenbehörden bekannt zu geben. […] Die Bekanntgabe der Bescheide kann unter Zuhilfenahme automationsunterstützter Datenverarbeitung erfolgen. Die Gewerbebehörden haben Auskunft über die in Betracht kommenden bekannten Gewerbeberechtigungs- und Betriebsverhältnisse zu geben. Bei der Beitragskontrolle ist die Beitragsbehörde an die für die Umsatzsteuer maßgebenden Feststellungen in einem rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheid gebunden. […]

(4) Die Gemeinden und die Tourismusverbände sind verpflichtet, bei der Ermittlung der für die Beitragspflicht und höhe maßgebenden Umstände über Aufforderung der mit der Vollziehung dieses Gesetzes betrauten Behörden unentgeltlich mitzuwirken. […]

(5) Die Pflichtmitglieder haben alle Umstände, die für die Berechnung ihres Verbandsbeitrags maßgebend sind, dem Landesabgabenamt binnen Monatsfrist nach Aufforderung bekannt zu geben und auf Verlangen entsprechend nachzuweisen. […]

(6) Die für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständigen Abgabenbehörden haben den Beitragsbehörden gemäß Abs1 über deren Ersuchen die zur Erfassung der umsatzsteuerpflichtigen Pflichtmitglieder erforderlichen Auskünfte zu geben, und zwar über das für die Umsatzsteuer zuständige Finanzamt, die Steuer- oder Beitragsnummer, die Namen und die Anschrift des Betriebes und einen Berufshinweis. Die Abgabenbehörden werden ermächtigt, zu diesem Zweck Listen der Abgabepflichtigen, insbesondere auch über Neuzugänge und Abgänge, mittels maschinell lesbarer Datenträger auszutauschen.

[…]

Auskunftspflicht

§54

Unbeschadet der Bestimmungen des Art22 B VG sind neben den Landes- und Gemeindebehörden sowie den gesetzlichen Berufsvertretungen alle Personen verpflichtet, über Ersuchen bzw Aufforderung dem Landesabgabenamt die zur Ermittlung der Beitragspflichtigen sowie der die Beitragspflicht begründenden Umstände erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Eine durch Gesetz oder Dienstvertrag bestehende Geheimhaltungspflicht oder ein gesetzliches Recht auf Auskunftsverweigerung werden dadurch nicht berührt.

[…]

Anwendung der Bundesabgabenordnung

§56

(1) Die zuständigen Verwaltungsbehörden haben in Bezug auf Beiträge nach diesem Gesetz, soweit darin nicht anderes bestimmt ist, die für Landesabgaben geltenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden. Die §§98a, 102a, 201 und 201a BAO finden keine Anwendung.

(1a) In Bezug auf Beschwerdeverfahren findet das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(1b) Der Verbands- oder Tourismusbeitrag gilt durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt. Die Beitragsbehörde (§41 Abs1) hat den Beitrag mit Bescheid festzusetzen, wenn der Beitragspflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist.

(1c) – (4) […]

[…]

Strafbestimmungen

§58

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

1. durch Handlungen oder Unterlassungen einen Beitrag nach diesem Gesetz (Verbandsbeitrag, Tourismusbeitrag, Fondsbeitrag) hinterzieht oder verkürzt;

2. die Beitragserklärung gemäß §40 Abs1 bzw §43 Abs1 nicht abgibt.

(2) – (3) […]

(4) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 und 2 sind zu ahnden:

1. im Fall der Hinterziehung mit Geldstrafe bis 10.000 €;

2. im Fall der Verkürzung mit Geldstrafe bis 2.000 €;

3. im Fall der Nichtabgabe einer Beitragserklärung mit Geldstrafe bis 500 €.

Die Ersatzfreiheitsstrafe (§16 Abs2 VStG) kann bis zu einer Woche betragen.

(5) […]"

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998, 16.488/2002 und 20.299/2018) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002 und 19.518/2011).

3. Nach §30 S.TG 2003 haben die Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes an diesen jährliche Verbandsbeiträge zu entrichten. Die Höhe des Verbandsbeitrages beträgt einen näher bestimmten Promillesatz des beitragspflichtigen Umsatzes (§39 Abs1 S.TG 2003). Als beitragspflichtiger Umsatz ist die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze iSd §1 Abs1 Z1 und 2 UStG 1994 heranzuziehen (§35 Abs1 S.TG 2003). Laut §35 Abs4 S.TG 2003 kann der Beitragspflichtige die außerhalb des Landes Salzburg ausgeführten Umsätze vom beitragspflichtigen Umsatz abziehen. Der Abzug ist vom Beitragspflichtigen in der Beitragserklärung bekannt zu geben. Nach Abgabe der Beitragserklärung kann von der Abzugsmöglichkeit nicht mehr Gebrauch genommen werden. Nach §40 Abs1 S.TG 2003 hat die Beitragserklärung, die in elektronischer Form abzugeben ist, alle für die Beitragsfeststellung erforderlichen Aufschlüsselungen des Umsatzes und sonstigen Angaben zu enthalten.

Gegen die gesetzlichen Grundlagen des angefochtenen Erkenntnisses – §35 Abs4 iVm §40 Abs1 S.TG 2003 – bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dienen diese doch verwaltungsökonomischen Zwecken und ist es dem Abgabenpflichtigen auch zumutbar, schon im Rahmen der Erstellung der Beitragserklärung von der Abzugsmöglichkeit der nicht in Salzburg ausgeführten Umsätze Gebrauch zu machen (vgl zB VfGH 28.11.2005, B1338/04). Allfällige Mängel in der Beitragserklärung können auch nach deren fristgerechter Abgabe Berücksichtigung finden (vgl auch §56 Abs1 S.TG 2003 iVm §85 Abs2 BAO bzw §56 Abs1a S.TG 2003 iVm §17 VwGVG und §13 Abs3 AVG).

4. Aus dem angefochtenen Erkenntnis und aus dem Akteninhalt geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei in ihren Beitragserklärungen für die Jahre 2020 und 2021 von der ihr nach §35 Abs4 S.TG 2003 zustehenden Abzugsmöglichkeit dergestalt Gebrauch gemacht hat, dass sie in den Beitragserklärungen jeweils den im Land Salzburg ausgeführten und letztlich beitragspflichtigen Umsatz, nicht aber den Gesamtumsatz der Betriebsstätte (§35 Abs1 S.TG 2003) und den davon nach §35 Abs4 S.TG 2003 abzugsfähigen Umsatz aus den Lieferungen und Leistungen außerhalb des Landes Salzburg ausgewiesen hat. Aus den zugleich mit den Beitragserklärungen eingereichten Beilagen ist, wie auch das Landesverwaltungsgericht Salzburg feststellt, zu ersehen, dass es sich beim in den Beitragserklärungen angegebenen Umsatz – ungeachtet der Erfassung sowohl als "Steuerbarer Umsatz der Betriebsstätte(n) in der oben angeführten Gemeinde" als auch als "Beitragspflichtiger Umsatz" – jeweils um die im Land Salzburg ausgeführten Umsätze handelt und die beschwerdeführende Partei von der Abzugsmöglichkeit nach §35 Abs4 S.TG 2003 gleichsam vorweg Gebrauch gemacht hat.

5. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg nimmt an, dass der beschwerdeführenden Partei für die Jahre 2020 und 2021 ein Abzug nach §35 Abs4 S.TG 2003 nicht zustehe, weil diese die abzugsfähigen Umsätze in den Beitragserklärungen nicht "ordnungsgemäß in der dafür vorgesehenen Rubrik" bekanntgegeben habe und von der Abzugsmöglichkeit nach Abgabe der Beitragserklärung gemäß §35 Abs4 letzter Satz S.TG 2003 nicht mehr Gebrauch gemacht werden könne. Eine solche Auslegung ist in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem in den Beitragserklärungen der Abzug ersichtlich vorweg vorgenommen und der beitragspflichtige Umsatz inhaltlich richtig angegeben wurde, überschießend und verstößt gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Verhältnismäßigkeitsgebot (zB VfSlg 17.096/2003 mwN).

6. Indem das Landesverwaltungsgericht Salzburg der Vorschrift des §35 Abs4 S.TG 2003 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, hat es damit einhergehend ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und das angefochtene Erkenntnis mit Willkür belastet.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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