V312/2021 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. 1. §18 Abs1 Z7 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 5. COVID-19-NotMV), BGBl II Nr 475/2021, war gesetzwidrig.
2. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
II. Der Antrag der erst- bis fünftantragstellenden Parteien sowie der siebtantragstellenden Partei wird hinsichtlich §7 Abs1 Z4 und §14 Abs1 Z2 und Z9 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II Nr 475/2021, abgewiesen.
III. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
IV. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, den antragstellenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 3.640,80 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehren die antragstellenden Parteien (ohne die Hervorhebungen im Original),
"▪ §7 Abs1 Z4 (gesamt) der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (5. COVID-19-NotMV), BGBl II Nr 475/2021, in der geltenden Fassung, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021;
in eventu
▪ §7 Abs1 Z4 (gesamt) iVm §18 Abs1 Z7 (gesamt) iVm §14 Abs1 Z2 (gesamt) der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II Nr 475/2021, idgF, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021;
sowie
▪ in §14 Abs1 Z9 die Wortfolge 'ohne Publikum' der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II Nr 475/2021, idgF, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021;
in eventu
▪ in §14 Abs1 Z9 die Wortfolge 'ohne Publikum' iVm §14 Abs1 Z2 (gesamt) iVm §18 Abs1 Z7 (gesamt) der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II Nr 475/2021, idgF, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021;
in eventu
▪ §7 (gesamt) iVm §18 (gesamt) iVm §14 (gesamt) der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II Nr 475/2021, idgF, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021;
wegen Gesetz- und/oder Verfassungswidrigkeit auf[zu]heben."
II. Rechtslage
Die angefochtenen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 5. COVID-19-NotMV), BGBl II 475/2021, lauteten in der Stammfassung (§14) bzw in der Fassung BGBl II 511/2021 (§7, §18) wie folgt:
"Kundenbereiche
§7. (1) Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von
1. Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren,
2. Dienstleistungsunternehmen zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen,
3. Freizeiteinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Freizeiteinrichtungen oder
4. Kultureinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Kultureinrichtungen
ist untersagt. Z1 und 2 gelten nicht zum Zweck zumindest zweiseitig unternehmensbezogener Geschäfte. Z1 und Z4 im Hinblick auf Kultureinrichtungen nach Abs5 Z7 gelten nicht für die Abholung vorbestellter Waren, wobei dabei eine Maske zu tragen ist.
(2) Kunden dürfen Kundenbereiche von Betriebsstätten zum Zweck der Inanspruchnahme nicht körpernaher Dienstleistungen nur betreten, wenn sie über einen 2G-Nachweis verfügen.
(3) Als körpernahe Dienstleistung gemäß Abs1 Z2 gelten insbesondere Dienstleistungen der Friseure und Perückenmacher (Stylisten), Kosmetiker (Schönheitspfleger), hierbei insbesondere das Piercen und Tätowieren, sowie der Masseure und Fußpfleger.
(4) Als Freizeiteinrichtungen gemäß Abs1 Z3 gelten Betriebe und Einrichtungen, die der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung dienen, wie insbesondere
1. Schaustellerbetriebe, Freizeit- und Vergnügungsparks,
2. Bäder und Einrichtungen gemäß §1 Abs1 Z1 bis 7 des Bäderhygienegesetzes (BHygG), BGBl Nr 254/1976; in Bezug auf Bäder gemäß §1 Abs1 Z6 BHygG (Bäder an Oberflächengewässern) gilt das Verbot gemäß Abs1 nicht, wenn in diesen Bädern ein Badebetrieb nicht stattfindet,
3. Tanzschulen,
4. Wettbüros, Automatenbetriebe, Spielhallen und Casinos,
5. Schaubergwerke,
6. Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution,
7. Indoorspielplätze,
8. Paintballanlagen,
9. Museumsbahnen,
10. Tierparks, Zoos und botanische Gärten.
(5) Als Kultureinrichtungen gemäß Abs1 Z4 gelten Einrichtungen, die der kulturellen Erbauung und der Teilhabe am kulturellen Leben dienen, wie insbesondere
1. Theater,
2. Konzertsäle und -arenen,
3. Kinos,
4. Varietees,
5. Kabaretts,
6. Museen, kulturelle Ausstellungshäuser und Kunsthallen,
7. Bibliotheken, Büchereien und Archive.
(6) Abs1 erster Satz und Abs2 gelten nicht für
1. öffentliche Apotheken,
2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter,
3. Drogerien und Drogeriemärkte,
4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln,
5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,
6. Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw Chancengleichheitsgesetze erbracht werden,
7. Dienstleistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 606/1977, dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG), BGBl Nr 313/1994, und dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), BGBl Nr 22/1970,
8. veterinärmedizinische Dienstleistungen,
9. Verkauf von Tierfutter,
10. Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten, das sind insbesondere Feuerlöscher, Schutzausrüstung, Leuchtmittel, Brennstoffe, Sicherungen, Salzstreumittel, nicht aber Waffen und Waffenzubehör, sofern deren Erwerb nicht zu beruflichen Zwecken aus gesetzlichen Gründen zwingend unaufschiebbar erforderlich ist,
11. Notfall-Dienstleistungen,
12. Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel,
13. Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen,
14. Banken,
15. Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des §7 Abs6 fallen sowie Postgeschäftsstellen iSd §3 Z7 PMG, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter §7 Abs6 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter §7 Abs6 erlaubten Tätigkeiten, und Anbieter von Telekommunikation,
16. Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rechtspflege,
17. den öffentlichen Verkehr,
18. Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske,
19. Hygiene- und Reinigungsdienstleistungen,
20. Abfallentsorgungsbetriebe,
21. KFZ- und Fahrradwerkstätten.
(7) Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen und Auflagen zulässig:
1. Es dürfen nur Waren angeboten werden, die dem typischen Warensortiment der in Abs6 genannten Betriebsstätten des Handels entsprechen.
2. Kunden haben eine Maske zu tragen.
3. Das Betreten der Verbindungsbauwerke einschließlich Gang-, Aufzugs-, Stiegen- und sonstiger allgemein zugänglicher Bereiche ist für Kunden ausschließlich zum Zweck des Durchgangs zu den Kundenbereichen der Betriebsstätten zulässig.
4. Dienstleistungen zu Aus- und Fortbildungszwecken dürfen jeweils nur gegenüber einer Person oder Personen aus demselben Haushalt erbracht werden. Sonstige Dienstleistungen dürfen nur gegenüber so vielen Personen erbracht werden, als zur Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind. Für Dienstleistungen zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken gilt §14 Abs1 Z10 und Abs4.
(7a) Der Betreiber von Betriebsstätten des Handels, die dem Verkauf von Waren dienen, darf das Betreten des Kundenbereichs dieser Betriebsstätten für Kunden nur bis 19.00 Uhr zulassen. Restriktivere Öffnungszeitenregeln aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(7b) Abs7a gilt nicht für
1. Stromtankstellen,
2. Betriebsstätten gemäß §2 Z1, 3 und 4 sowie §7 Z1 und 3 des Öffnungszeitengesetzes 2003, BGBl I Nr 48/2003, und
3. das Betreten von Apotheken während der Bereitschaftsdienste gemäß §8 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr 5/1907.
(8) Kann auf Grund der Eigenart der Dienstleistung vom Kunden das Tragen einer Maske nicht eingehalten werden, ist diese nur zulässig, wenn das Infektionsrisiko durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen minimiert werden kann.
(9) Abs7 Z2 und 3 gilt sinngemäß für
1. Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bei Parteienverkehr und
2. geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung.
(10) Für Märkte im Freien gilt Abs7 Z1 bis 3 sinngemäß.
[…]
Zusammenkünfte
§14. (1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften ist nur für folgende Zusammenkünfte zulässig:
1. unaufschiebbare berufliche Zusammenkünfte, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeiten erforderlich sind und nicht in digitaler Form abgehalten werden können,
2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953,
3. Zusammenkünfte im Spitzensport gemäß §15,
4. unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,
5. unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,
6. unaufschiebbare Zusammenkünfte gemäß dem Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl Nr 22/1974, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,
7. Begräbnisse,
8. das Befahren von Theatern, Konzertsälen und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts, wenn dies mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen erfolgt,
9. Proben und künstlerische Darbietungen in fixer Zusammensetzung ohne Publikum, die zu beruflichen Zwecken erfolgen,
10. Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken, zur Erfüllung von erforderlichen Integrationsmaßnahmen nach dem Integrationsgesetz, BGBl I Nr 68/2017, und zu beruflichen Abschlussprüfungen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,
11. Zusammenkünfte von medizinischen und psychosozialen Selbsthilfegruppen.
(2) Bei Zusammenkünften gemäß Abs1 Z1, 2, 4 bis 7, 10 und 11 ist eine Maske zu tragen, sofern nicht alle Personen einen 2G-Nachweis vorweisen. Für Zusammenkünfte gemäß Abs1 Z8 gilt §6 Abs1.
(3) Für Zusammenkünfte zu Proben zu beruflichen Zwecken und zur beruflichen künstlerischen Darbietung in fixer Zusammensetzung gilt §11 Abs3 sinngemäß. Zusätzlich hat der für die Zusammenkunft Verantwortliche einen COVID-19-Beauftragten zu bestellen und ein COVID-19-Präventionskonzept auszuarbeiten und umzusetzen.
(4) Für Zusammenkünfte, die gemäß dem AlVG vom oder im Auftrag des Arbeitsmarktservice als Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durchgeführt werden, sowie für sonstige Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken, zur Erfüllung von erforderlichen Integrationsmaßnahmen nach dem Integrationsgesetz, BGBl I Nr 68/2017, und zu beruflichen Abschlussprüfungen, gilt §8 Abs2 und 3 sinngemäß.
(5) Kann bei Zusammenkünften gemäß Abs1 Z10 auf Grund der Eigenart der Aus- oder Fortbildung oder der Integrationsmaßnahme von Personen das Tragen einer Maske nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.
[…]
Ausnahmen
§18. (1) Diese Verordnung gilt nicht
1. für – mit Ausnahme von §16, §18 Abs2 bis 4 sowie den §§19 bis 21 – elementare Bildungseinrichtungen, Tagesmütter bzw -väter, Schulen gemäß dem Schulorganisationsgesetz, BGBl Nr 242/1962, ArtV Z2 der 5. SchOG-Novelle, BGBl Nr 323/1975, und dem Privatschulgesetz, BGBl Nr 244/1962, land- und forstwirtschaftliche Schulen, die regelmäßige Nutzung von Sportstätten im Rahmen des Regelunterrichts und Einrichtungen zur außerschulischen Kinderbetreuung,
2. für Universitäten gemäß dem Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002, Privathochschulen gemäß dem Privathochschulgesetz, BGBl I Nr 77/2020, Fachhochschulen gemäß dem Fachhochschulgesetz, BGBl Nr 340/1993, und Pädagogische Hochschulen gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl I Nr 30/2006, einschließlich der Bibliotheken dieser Einrichtungen,
3. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,
4. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der allgemeinen Vertretungskörper, sofern sie nicht ohnehin von Z3 erfasst sind und keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,
5. für Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Gerichtsbarkeit mit Ausnahme des Parteienverkehrs in Verwaltungsgerichten, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,
6. für – mit Ausnahme von §7 Abs9 Z1, §8, §18 Abs3 bis 6 sowie der §§19 bis 21 – sonstige Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Vollziehung, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen,
7. für Zusammenkünfte zur Religionsausübung.
(2) Für elementare Bildungseinrichtungen, Einrichtungen zur außerschulischen Kinderbetreuung und Tagesmütter bzw -väter gilt:
1. Für das pädagogische und sonstige Betreuungspersonal, das Verwaltungspersonal sowie Tagesmütter bzw -väter gilt §5 Abs3 und 4 C-SchVO 2021/22, BGBl II Nr 374/2021, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 473/2021, sinngemäß. Die Verpflichtung, zumindest zwei Mal pro Woche der Anwesenheit einen Nachweis über ein negatives Ergebnis eines von einer befugten Stelle durchgeführten molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf (§4 Z1 litd C-SchVO 2021/22), vorzulegen, gilt nicht, sofern entsprechende Tests nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.
2. Für sonstige Personen mit Ausnahme der betreuten Kinder gilt §5 Abs1 C SchVO 2021/22 sinngemäß mit der Maßgabe, dass ein Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr nicht vorgelegt werden muss, wenn die Einrichtung bloß kurzfristig, insbesondere zum Zweck der Abholung von Kindern, betreten wird. Die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt zudem nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr.
(3) Bedingungen und Auflagen nach dieser Verordnung gelten nicht
1. zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum oder
2. zur Wahrnehmung der Aufsicht über minderjährige Kinder.
(4) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht
1. während der Konsumation von Speisen und Getränken sowie während des Verweilens am Verabreichungsplatz in Betriebsstätten gemäß §9;
2. für gehörlose und schwer hörbehinderte Personen sowie deren Kommunikationspartner während der Kommunikation;
3. wenn dies aus therapeutisch-pädagogischen Gründen notwendig ist;
4. für Personen, die Gesundheitsdienstleistungen der Logopädie erbringen oder in Anspruch nehmen, für die Dauer der Erbringung bzw Inanspruchnahme der logopädischen Dienstleistung;
5. wenn dies zur Erbringung einer körpernahen Dienstleistung notwendig ist oder die Erbringung einer Dienstleistung dadurch verunmöglicht wird;
6. während der Sportausübung;
7. in Feuchträumen, wie Duschen und Schwimmhallen;
8. für Personen, denen dies aus gesundheitlichen oder behinderungsspezifischen Gründen nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall darf auch eine sonstige den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, darf auch eine sonstige nicht eng anliegende, aber den Mund- und Nasenbereich vollständig abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen werden. Eine vollständige Abdeckung liegt vor, wenn die nicht eng anliegende Schutzvorrichtung bis zu den Ohren und deutlich unter das Kinn reicht. Sofern den Personen auch dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, gilt die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht.
(5) Die Pflicht zum Tragen einer Maske oder einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr; Kinder ab dem vollendeten sechsten bis zum vollendeten 14. Lebensjahr dürfen auch eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung tragen.
(6) Die Pflicht zum Tragen einer Maske gilt nicht für Schwangere, wobei diese stattdessen eine sonstige den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen haben.
(7) Die Verpflichtung zur Vorlage eines Nachweises gemäß §2 Abs2 gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr.
(8) Die Verpflichtung zur Vorlage eines negativen Testergebnisses gilt nicht für Personen, denen eine Testung aus gesundheitlichen oder behinderungsspezifischen Gründen, insbesondere wegen dementieller Beeinträchtigung, nicht zugemutet werden kann. Sofern diese Personen über einen anderen Nachweis gemäß §2 Abs2 verfügen, bleibt deren Vorlagepflicht unberührt.
(9) Werden Personen durch diese Verordnung zur Vorlage eines Nachweises gemäß §2 Abs2 verpflichtet, sind diese Nachweise bei Betriebsstätten, nicht öffentlichen Sportstätten oder Freizeiteinrichtungen ohne Personal für die Dauer des Aufenthalts lediglich bereitzuhalten.
(10) Die Verpflichtung zur Vorlage eines 2G-Nachweises und die Beschränkungen für Personen, die über keinen 2G-Nachweis verfügen, gelten nicht für
1. Personen, die über keinen Nachweis gemäß §2 Abs2 Z2 lita oder b verfügen und nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können und
2. Schwangere.
In solchen Fällen ist ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, vorzuweisen.
(12) Kann glaubhaft gemacht werden, dass ein nach den §§8, 12 und 13 vorgeschriebener Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2 aus Gründen der mangelnden Verfügbarkeit, einer nicht zeitgerechten Auswertung oder auf Grund der Unvorhersehbarkeit der zu erbringenden dienstlichen Tätigkeit nicht vorgewiesen werden kann, darf der Betreiber Personen ausnahmsweise auch dann einlassen, wenn diese einen 3G-Nachweis vorlegen. Dies gilt sinngemäß auch für den Betreiber.
(13) Werden in dieser Verordnung Regelungen über die höchstzulässige Anzahl von Personen und Haushalte getroffen, sind Personen, die für Beteiligte persönliche Assistenzleistungen oder Leistungen der 24-Stunden-Betreuung erbringen, bei der Feststellung der Anzahl der Personen und Haushalte nicht einzurechnen."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Das Vorbringen der antragstellenden Parteien entspricht nahezu gleichlautend jenem des Antrages vom 9. März 2021, das im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2021, V86/2021, bereits zusammenfassend wiedergegeben wurde, weshalb es ausreicht, im Detail darauf zu verweisen.
1.1. Auf das Wesentliche zusammengefasst bringen die antragstellenden Parteien erneut vor, dass mit den angefochtenen Bestimmungen die Ausübung ihres künstlerischen Berufes und ihrer künstlerisch-kulturellen Tätigkeit, wie auch die Konsumation von Kunst und Kultur, die damit einhergehende Bildung und der Empfang von Meinungen verunmöglicht würden. Die angefochtenen Bestimmungen seien tatsächlich wirksam geworden, zumal die antragstellenden Parteien zahlreiche Auftritte und Veranstaltungen absagen hätten müssen. Ein anderer zumutbarer Weg, ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bestehe nicht.
1.2. Die angefochtenen Bestimmungen verletzten Art18 B VG, die Kunstfreiheit gemäß Art17a StGG, die Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art10 EMRK, das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG, die Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art6 StGG und den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B VG. Es sei nicht mehr nachvollziehbar, weshalb der Bereich Kunst und Kultur zum wiederholten Male schlechter gestellt werde. Das Recht auf Schutz des Lebens sei "aus grundrechtlicher Sicht abstrakt nicht 'mehr wert' oder 'bedeutsamer' als etwa die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Bildung, die Meinungsfreiheit oder eben die Freiheit der Kunst." Die mit den Berufs(ausübungs)verboten und -beschränkungen einhergehende hohe Arbeitslosigkeit führe auch zu einer Zunahme physischer und psychischer Erkrankungen. Zumindest seit der Entwicklung und allgemeinen Verfügbarkeit von PCR-Tests und COVID-19-Schutzimpfungen stünden dem Staat hinreichend andere Möglichkeiten zur Verfügung, um die Ausbreitung des Virus zu kontrollieren und die Überlastung des Gesundheitssystems hintanzuhalten. Die angefochtenen Bestimmungen seien sohin nicht verhältnismäßig. Durch zeitgerechte Maßnahmen hätte der vierte Lockdown vermieden werden können. Dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (im Folgenden: BMSGPK) seien daher Grundrechtsverletzungen durch Unterlassung vorzuwerfen. Da Versammlungen, religiöse Zusammenkünfte sowie der Betrieb und Besuch von Skigebieten erlaubt seien, handle es sich bei den angefochtenen Bestimmungen um intentional auf die Einschränkung der Freiheit der Kunst gerichtete Maßnahmen.
1.3. Die angefochtenen Bestimmungen seien nicht hinreichend dokumentiert, der bloße Verweis auf die rechtlichen Begründungen zur 1. bis 4. COVID-19-SchuMaV genüge nicht. Der Verordnungsgeber habe eine unzureichende Grundlagenforschung vorgenommen. Es lasse sich nicht entnehmen, dass zur Stabilisierung des Infektionsgeschehens gelindere Maßnahmen nicht ausgereicht hätten. Die Bestimmungen würden daher gegen Art18 B VG verstoßen.
1.4. Ferner sei die Freiheit der Kunst gemäß Art17a StGG verletzt. Weder aus der rechtlichen Begründung noch aus näher bezeichneten Studien ergebe sich, inwiefern die verordneten Maßnahmen erforderlich und geeignet seien, die Infektionsverbreitung einzudämmen. Studien hätten vielmehr gezeigt, dass Ansteckungen gerade nicht auf den Kunst- und Kulturbereich zurückzuführen seien. Demnach lasse sich die Hälfte der Plätze in Konzertsälen und Theatern gefahrlos belegen. Mittlerweile seien auch PCR-Tests und COVID-19-Schutzimpfungen allgemein verfügbar. In einer Gesamtschau der zur Verfügung stehenden Maßnahmen, einer Durchimpfungsrate von über 68 Prozent der gesamten Bevölkerung und unter Berücksichtigung der Zahl der Genesenen seien die angefochtenen Bestimmungen nicht adäquat. Kunst- und Kulturveranstaltungen und das Betreten von Kultureinrichtungen seien unter gelinderen Auflagen zuzulassen. Es zeige sich zudem, dass in anderen Bereichen bewusst unterschiedliche Bestimmungen getroffen worden seien, weshalb von einem intentionalen Eingriff in die Freiheit der Kunst auszugehen sei.
1.5. Die differenzierte Behandlung künstlerischer bzw kultureller Veranstaltungen einerseits und religiöser Veranstaltungen bzw Versammlungen andererseits durch die angefochtenen Bestimmungen widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, zumal sie ohne sachliche Begründung erfolge, obwohl keine wesentlichen Unterschiede feststellbar seien.
2. Der BMSGPK hat als verordnungserlassende Behörde die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den Bedenken der antragstellenden Parteien entgegentritt.
2.1. Zu den Ausführungen betreffend die von den antragstellenden Parteien behaupteten Verletzungen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in der Kunstfreiheit gemäß Art17a StGG, der Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art10 EMRK, der Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und der Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art6 StGG, kann auf das im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2021, V86/2021, wiedergegebene Vorbringen des BMSGPK verwiesen werden.
2.2. Dem Vorbringen der antragstellenden Parteien, die Beschränkungen betreffend kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen stellten eine unsachliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Versammlungen und religiösen Zusammenkünften dar, tritt der BMSGPK mit der Begründung entgegen, dass ein auf die einzelnen Ausnahmen beschränkter Vergleich fehlginge. Vielmehr seien die Ausnahmen gemäß §14 Abs1 Z2 und §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV im Gesamtgefüge der §§14 und 18 der 5. COVID-19-NotMV zu betrachten, dem die Überlegung zugrunde liege, dass die darin genannten Ausnahmen nicht auf Grund einer epidemiologischen Betrachtung gerechtfertigt seien. Es werde mit diesen Ausnahmen vielmehr ihrer zentralen Bedeutung für die Erfüllung gesellschaftspolitischer bzw staatlicher Funktionen, der Aufrechterhaltung des Arbeits- und Wirtschaftslebens, der höchstpersönlichen Bedeutung der Religionsausübung bzw der Versammlungsfreiheit als Grundbedürfnis sowie der Autonomie bestimmter Einrichtungen, eigene Angelegenheiten selbstbestimmt wahrzunehmen, Rechnung getragen. Die Ausnahme der Religionsgemeinschaften gemäß §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV sei auch vor dem Hintergrund der Vereinbarung mit den Religionsgemeinschaften über eine Selbstbeschränkung zu sehen. Die von den Religionsgemeinschaften ergriffenen Maßnahmen hätten den Maßnahmen der COVID-19-NotMV bzw später der COVID-19-SchuMaV geglichen bzw seien noch darüber hinausgegangen. Insbesondere seien jeweils zeitgleich mit den Notmaßnahmenverordnungen religiöse Veranstaltungen gänzlich ausgesetzt und ein gewissenhafter Umgang mit dieser Freiheit zur Selbstregulierung beobachtet worden, der keinen Anlass für staatliches Eingreifen gegeben habe. Diese effektive freiwillige Selbstverpflichtung setze aber auch eine den Einrichtungen in §18 Abs1 der 5. COVID-19-NotMV vergleichbare Struktur, Organisiertheit und Durchsetzungsbefugnis voraus.
2.3. Ergänzend stellt der BMSGPK die Entwicklung der Infektionslage und die damit einhergehenden Änderungen der Rechtslage dar. Die Sommermonate des Jahres 2021 seien demnach zunächst von Öffnungsschritten, begleitet von flankierenden Sicherheitsmaßnahmen, geprägt gewesen. Auf Grund der erneuten Dynamisierung des Infektionsgeschehens im Frühherbst 2021 seien erste strengere Maßnahmen gesetzt worden, die angesichts der sich weiter zuspitzenden Lage und des drohenden Zusammenbruches der medizinischen Versorgung schließlich Ausgangsbeschränkungen unabdingbar gemacht hätten, von denen zunächst noch Personen mit "2G-Nachweis" ausgenommen gewesen seien (vgl 5. COVID-19-SchuMaV, BGBl II 465/2021). Letztlich seien jedoch auf Grund des weiterhin steigenden Infektionsgeschehens, der Verbreitung der Virus-Variante "Delta", des geringen Impffortschrittes und der hohen Spitalsauslastungen auch Ausgangsregelungen sowie flankierende Betretungsverbote für Geimpfte und Genesene unausweichlich geworden, um einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.
2.4. Der Verordnungserlassung sei ein verfassungskonformes Ermittlungsverfahren vorangegangen, die Entscheidungsgrundlagen seien im Verordnungsakt dokumentiert. Insbesondere hätten es das hohe Tempo des Fallzahlenanstieges und die prekäre Lage hinsichtlich der Spitalsauslastung, die der Dynamik der Virus-Variante "Delta" geschuldet gewesen sei, nicht erlaubt, die Ausnahmen vom generellen Ausgangsverbot für Genesene und Geimpfte aufrechtzuerhalten. Drastische Maßnahmen zur Kontaktreduktion seien unerlässlich gewesen, um die sich abzeichnende Überlastung des Gesundheitssystems in ganz Österreich zu verhindern. Das kritische Infektionsgeschehen und die Erhebungen und Prognosen seien in der fachlichen Begründung zur 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, auch hinreichend dokumentiert. Vor allem auch mit Blick auf die eindeutige Empfehlung der Corona-Kommission seien angesichts des dargestellten Infektionsgeschehens, des verhaltenen Impffortschrittes und der Verbreitung der Virus-Variante "Delta" sowie der damit einhergehenden kritischen Systembelastung in ganz Österreich flächendeckende und allgemeine Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung im gesamten Bundesgebiet erforderlich gewesen. Lockerungen im Kulturbereich wären zu diesem Zeitpunkt unvertretbar gewesen, vielmehr habe es weiterer Verschärfungen bedurft.
3. Die antragstellenden Parteien haben eine Replik erstattet, in der sie der Äußerung des BMSGPK entgegentreten.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
1.3. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit die unmittelbare und aktuelle Betroffenheit durch alle vom Antrag erfassten Bestimmungen gegeben ist oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014; VfGH 9.12.2014, G73/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die den Antragsteller nicht unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre betreffen, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008, 19.933/2014; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).
1.4. Die von den antragstellenden Parteien angefochtenen Bestimmungen der 5. COVID-19-NotMV sind mit BGBl II 475/2021 in Kraft getreten und standen im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages am 10. Dezember 2021 in der Stammfassung (betreffend §14) bzw in der Fassung BGBl II 511/2021 (betreffend §7 und §18) in Kraft.
Mit der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, wurde beginnend mit 22. November 2021 bis 1. Dezember 2021, verlängert durch die 1. Novelle zur 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 511/2021, bis 11. Dezember 2021, ein bundesweiter Lockdown verhängt, der den "Kunstbereich" ebenso zur Gänze umfasste wie andere Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
1.5. Vorauszuschicken ist, dass der Antrag der sechstantragstellenden Partei schon deshalb zurückzuweisen ist, weil erneut ein bloß allgemein gehaltenes Vorbringen erstattet wurde (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021).
1.6. Bei den erst- bis fünftantragstellenden Parteien sowie der siebtantragstellenden Partei geht der Verfassungsgerichtshof von der unmittelbaren, aktuellen Betroffenheit aus (vgl dazu ebenfalls VfGH 6.10.2021, V86/2021).
1.7. Mit ihrem auf Art139 Abs1 Z3 B VG gestützten Antrag begehren die antragstellenden Parteien, (näher bezeichnete Bestimmungen der) §7, §14 und §18 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, "in der geltenden Fassung, zuletzt geändert durch die 1. Novelle der Verordnung, BGBl II Nr 511/2021" als gesetz- bzw verfassungswidrig aufzuheben. Begehrt wird sohin die umfassende Aufhebung der die Kunst und Kultur betreffenden Verbote, die – aus der Sicht der antragstellenden Parteien – im Wesentlichen in §7 und §14 der 5. COVID-19-NotMV normiert sind.
1.7.1. Dass die antragstellenden Parteien die Bestimmungen nicht exakt in der von ihnen angefochtenen Fassung bezeichnen, schadet hier ebenso wenig wie der Umstand, dass die Bestimmungen am 11. Dezember 2021 außer Kraft getreten sind (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021 mwN).
1.7.2. Der Verfassungsgerichtshof geht daher in einem Zwischenergebnis davon aus, dass §14 der 5. COVID-19-NotMV in der Stammfassung BGBl II 475/2021 sowie §7 und §18 der 5. COVID-19-NotMV in der Fassung BGBl II 511/2021 angefochten werden.
1.8. Der Verfassungsgerichtshof geht weiters – vor dem Hintergrund der im Antrag dargelegten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Einschränkungen für Zusammenkünfte zu künstlerischen Zwecken auch im Vergleich zu anderen Zusammenkünften und der Regelungstechnik der angefochtenen Bestimmungen (Regel-Ausnahme) – davon aus, dass sich in der hier spezifischen Situation der letzte Antrag, nämlich "§7 (gesamt) iVm §18 (gesamt) iVm §14 (gesamt) der 5. COVID 19-NotMV“ aufzuheben, als zulässig erweist, aber – weil diese Bestimmungen trennbar sind – bloß im Umfang des §7 Abs1 Z4, des §14 Abs1 Z2 und Z9 und des §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV; im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.
Die übrigen (Eventual )Anträge sind schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil sie jedenfalls als zu eng zu beurteilen sind.
1.9. Da im Übrigen keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag der erst- bis fünftantragstellenden Parteien sowie der siebtantragstellenden Partei, soweit er sich auf §7 Abs1 Z4, §14 Abs1 Z2 und Z9 und §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV bezieht, als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Die geltend gemachten Bedenken erweisen sich zum Teil als begründet.
2.3. Zur Rechtslage
2.3.1. Auf Grund der §§3 Abs1, 4 Abs1, 4a Abs1, 5 Abs1 und 6 Abs1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I 12/2020, idF BGBl I 183/2021 wurde im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates die 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, erlassen, die vom 22. November 2021 bis zum 11. Dezember 2021 (gemäß BGBl II 511/2021) in Kraft stand.
2.3.2. Mit dieser Verordnung wurde der mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 getroffen werden (5. COVID-19 Schutzmaßnahmenverordnung – 5. COVID-19-SchuMaV), BGBl II 465/2021, angeordnete sogenannte "Lockdown für Ungeimpfte" zu einem bundesweiten Lockdown auch für geimpfte und genesene Personen ausgeweitet:
§7 Abs1 Z4 der 5. COVID-19-NotMV untersagte das Betreten und Befahren des Kundenbereiches von Kultureinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Kultureinrichtungen. Abs5 enthielt eine demonstrative Aufzählung der als Kultureinrichtungen zu qualifizierenden Einrichtungen.
§14 Abs1 der 5. COVID-19-NotMV erklärte das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereiches und den Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereiches zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften nur für bestimmte Zusammenkünfte unter Einhaltung näher bezeichneter begleitender Schutzmaßnahmen gemäß §14 Abs2 bis 5 der 5. COVID-19-NotMV (etwa der Pflicht, eine Maske zu tragen, oder der Erarbeitung eines Präventionskonzeptes) für zulässig, wie etwa für Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953 (Z2) und für Proben und künstlerische Darbietungen in fixer Zusammensetzung ohne Publikum, die zu beruflichen Zwecken erfolgen (Z9).
§18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV schloss Zusammenkünfte zur Religionsausübung vom Geltungsbereich der Verordnung aus.
2.4. Zur Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen
2.4.1. Wie auch schon im Verfahren V86/2021 hegen die antragstellenden Parteien einmal mehr Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen mangels entsprechender Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen durch den Verordnungsgeber.
2.4.2. Den vom BMSGPK vorgelegten Verordnungsakten, die der Erlassung (ua) des §7, §14 und §18 der 5. COVID-19-NotMV in der Stammfassung BGBl II 475/2021 bzw in der Fassung BGBl II 511/2021 zugrunde liegen, ist eine Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen zu entnehmen, die in allen wesentlichen Punkten jener Dokumentation entspricht, die der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II 58/2021, idF BGBl II 76/2021 zugrunde lag und die vom Verfassungsgerichtshof als eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Dokumentation beurteilt wurde (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021). Der BMSGPK hat damit auch im hier zu beurteilenden Fall in den Verordnungsakten im Ergebnis hinreichend dargelegt, auf Basis welcher Bewertung der epidemiologischen Situation er welche gesetzlich erlaubten Maßnahmen zu setzen sich entschieden hat. Den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Verordnungsakten ist mit hinreichender Deutlichkeit die epidemiologische Lage in Österreich zu dem hier relevanten Zeitraum sowie die prognosehafte Entwicklung derselben zu entnehmen; die Bedenken der antragstellenden Parteien erweisen sich sohin als unbegründet (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021 mwN).
2.5. Zur Freiheit der Kunst gemäß Art17a StGG
2.5.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 2021, V86/2021, zur 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II 58/2021, idF BGBl II 76/2021 umfassend dargelegt hat, sind auch die von den antragstellenden Parteien nunmehr angefochtenen Bestimmungen der 5. COVID-19-NotMV, die im Ergebnis weitgehend gleichartig ausgestaltet sind, Teil eines umfassenden Regelungskomplexes, der insgesamt das legitime Ziel verfolgt, Leben und Gesundheit zu schützen, indem insbesondere durch die Hintanhaltung von Menschenansammlungen die Verbreitung von COVID-19 verhindert werden soll. Damit soll dem Vorbringen der verordnungserlassenden Behörde zufolge, dem nicht entgegenzutreten ist, auch die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur sichergestellt werden. Gegenstand des Betretungsverbotes für Kultureinrichtungen gemäß §7 Abs1 Z4 der 5. COVID-19-NotMV und des Verbotes von anderen als den in §14 der 5. COVID-19-NotMV genannten Zusammenkünften ist also erneut nicht die künstlerische Tätigkeit als solche, sondern sind allgemeine Maßnahmen zur Hintanhaltung von Menschenansammlungen. Dass die Vermeidung von Menschenansammlungen dem übergeordneten Ziel zu dienen geeignet ist, wird hinreichend dokumentiert.
2.5.2. Dem BMSGPK ist vor dem Hintergrund, dass es sich bei den angefochtenen Bestimmungen nicht um punktuelle, ausschließlich für den Kulturbereich getroffene Maßnahmen handelt, sondern um einen Teilbereich eines umfassenden Maßnahmenpaketes, das auch für das Gastgewerbe, für Beherbergungsbetriebe und für Sportstätten aber etwa auch für den Handel mit nicht lebensnotwendigen Waren (vgl §7 Abs1 Z1 iVm Abs6 und §9 bis §11 der 5. COVID-19-NotMV) vergleichbare Beschränkungen vorsah, angesichts der zum Zeitpunkt der Erlassung der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, und der ersten Novelle BGBl II 511/2021 vorliegenden epidemiologischen Daten nicht entgegenzutreten, dass die Anordnung des Betretungsverbotes auch für Kultureinrichtungen gemäß §7 Abs1 Z4 der 5. COVID-19-NotMV sowie die Beschränkungen von Zusammenkünften gemäß §14 der 5. COVID-19-NotMV ein geeignetes Mittel zur Erreichung der beschriebenen Zielsetzung darstellt. Da der Besuch kultureller Einrichtungen nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes auch dem Austausch und der Kommunikation zwischen den Besuchern dient, führen die angefochtenen Verbote jedenfalls zu der mit der Maßnahme verfolgten Reduktion der Kontakte (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021), die zu diesem Zeitpunkt für nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche vorgesehen wurde, die der Verordnungsgeber – rechtlich durch das Gesetz dazu ermächtigt – als nicht "zur Grundversorgung" gehörend bzw nicht als systemrelevante Einrichtung betrachtet hat.
2.5.3. Die antragstellenden Parteien behaupten, das Ziel (die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 durch Kontaktvermeidung) könne auch mit gelinderen Maßnahmen – etwa einem COVID-19-Präventionskonzept – erreicht werden. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung war die epidemiologische Entwicklung – insbesondere auch wegen der besonders ansteckenden Virus-Variante "Delta" – volatil, wobei auch die Auslastung der Gesundheitsinfrastruktur angespannt war und eine Systemauslastung mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar drohte bzw in einzelnen Bundesländern bereits erreicht war. Der mit der 5. COVID-19-SchuMaV, BGBl II 465/2021, als gelindere Maßnahme angeordnete "Lockdown für Ungeimpfte" erzielte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die erforderliche Entlastung der Gesundheitsinfrastruktur. Der Verordnungsgeber hat nun – unter Bedachtnahme auf die von der Corona-Kommission als dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Sachverständigengremium vorgenommene Einschätzung der Lage – das Betretungsverbot und die Beschränkungen in Bezug auf Zusammenkünfte auch mit Auswirkungen im Bereich der Kunst im Rahmen eines umfassenden Corona-Maßnahmenpaketes zum Schutz des Lebens und der Gesundheit vorgesehen. Dabei hat er – in der konkreten Situation verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden – von den in §3 und §6 COVID-19-Maßnahmengesetz normierten gesetzlichen Ermächtigungen Gebrauch gemacht, die gerade auch ein Betretungsverbot für bestimmte Einrichtungen mit dem Ziel der Beschränkung von Zusammenkünften tragen. Dass der Verordnungsgeber innerhalb dieses Entscheidungsspielraumes auch auf die Erforderlichkeit der Maßnahmen Bedacht genommen hat, wird insbesondere durch den zuvor mit BGBl II 465/2021 angeordneten "Lockdown für Ungeimpfte" und die zeitlich eng begrenzte Geltungsdauer der angefochtenen Bestimmungen von insgesamt zwanzig Tagen verdeutlicht (vgl VfGH 24.6.2021, V592/2020). Das Betretungsverbot für Kultureinrichtungen gemäß §7 Abs1 Z4 der 5. COVID-19-NotMV und die Beschränkungen in Bezug auf Zusammenkünfte gemäß §14 Abs1 Z9 der 5. COVID-19-NotMV waren sohin geeignet, erforderlich und verhältnismäßig (vgl VfGH 6.10.2021, V86/2021).
2.5.4. Das angefochtene Betretungsverbot für Kultureinrichtungen gemäß §7 Abs1 Z4 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, und die Beschränkungen in Bezug auf Zusammenkünfte gemäß §14 Abs1 Z9 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, stellten somit keine unverhältnismäßigen Beschränkungen der Freiheit der Kunst gemäß Art17a StGG dar; die von den antragstellenden Parteien behauptete Verletzung liegt nicht vor.
2.6. Zum Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B VG und Art2 StGG
2.6.1. Die antragstellenden Parteien behaupten darüber hinaus aber auch, die unterschiedliche Behandlung von künstlerischen Veranstaltungen einerseits und von Versammlungen bzw Zusammenkünften zur Religionsausübung andererseits widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.
2.6.2. Dem hält der BMSGPK auf das Wesentliche zusammengefasst entgegen, die antragstellenden Parteien würden das Gesamtgefüge der Regelungen verkennen. Die Ausnahmen in §14 Abs1 bzw in §18 Abs1 der 5. COVID-19-NotMV beruhten nicht auf epidemiologisch relevanten Unterschieden im Tatsächlichen. Die sachliche Rechtfertigung der Ausnahme gemäß §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV finde sich vielmehr in der "zentrale[n] und höchstpersönliche[n] Bedeutung der gemeinschaftlichen Religionsausübung als Grundbedürfnis" insbesondere in Krisenzeiten. Zudem trage die Ausnahme der Sonderstellung der Religionsgemeinschaften insofern Rechnung, als es diesen selbst überlassen werde, entsprechend wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 zu treffen. Die Wahrung der Autonomie der Religionsgemeinschaften bedeute aber keine Privilegierung, sondern erfolge vor dem Hintergrund der Vereinbarung mit den Religionsgemeinschaften über eine Selbstbeschränkung in Zusammenschau mit deren vorgegebener "Struktur, Organisiertheit und Durchsetzungsbefugnis". Mit der Ausnahme in §14 Abs1 Z2 der 5. COVID-19-NotMV werde der zentralen Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft Rechnung getragen. Den Grundgedanken der Privilegierung der Befriedigung von Grundbedürfnissen im Zusammenhang mit COVID-19-Maßnahmen habe der Verfassungsgerichtshof bisher nicht beanstandet.
2.6.3. Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber (VfGH 5.6.2014, V44/2013; 24.6.2021, V592/2020). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl zur Differenzierung bei Gesetzen etwa 17.315/2004, 17.500/2005, zum Sachlichkeitsgebot bei Gesetzen vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001; VfGH 23.2.2021, G361/2020).
2.6.4. Die hier in Rede stehenden Maßnahmen der 5. COVID 19 NotMV sind, wie oben ausgeführt (siehe Pkt. 3.5.1.), Teil eines umfassenden Regelungskomplexes, mit dem in einer besonderen Gefährdungssituation insbesondere für die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur Menschenansammlungen hintangehalten und damit die Verbreitung von COVID 19 eingedämmt werden soll. Zu diesem Zweck hat der Verordnungsgeber eine Reihe von Beschränkungen von Zusammenkünften vorgesehen. Diese Beschränkungen stellen teils intensive Eingriffe in die Freiheit der Menschen dar, zu unterschiedlichen Zwecken gemeinsam zusammenzukommen bzw gemeinsam bestimmte Orte aufzusuchen. Diese Freiheit, mit anderen zusammenzukommen, wird, je nach Zweck des Zusammenkommens, durch verschiedene Grundrechte (zB Art8 EMRK, Art6 StGG oder Art7 Abs1 B VG) geschützt. Im vorliegenden Zusammenhang sind insbesondere Art11 EMRK bzw Art12 StGG zum Schutz von Versammlungen, Art9 EMRK zum Schutz religiöser Zusammenkünfte und Art17a StGG zum Schutz von Zusammenkünften zu künstlerischen Zwecken einschlägig.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Beschränkungen, wie sie der Verordnungsgeber mit der hier zu beurteilenden 5. COVID-19-NotMV getroffen hat, nicht nur darauf abgestellt, dass derartige Beschränkungen im Hinblick auf das einschlägige, Zusammenkünfte von Menschen unter grundrechtlichen Schutz stellende Grundrecht verhältnismäßig sein müssen; er hat stets auch dem Aspekt Bedeutung beigemessen, dass diese Beschränkungen gleichermaßen grundrechtlich geschützter Freiheitsbetätigungen auch in einer mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbarenden, keine unsachlichen Bevorzugungen bzw Benachteiligungen bewirkenden Weise erfolgen müssen (vgl zu Betretungsverboten für unterschiedliche Betriebsstätten VfSlg 20.399/2020; VfGH 1.10.2020, V392/2020; vgl weiters VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020; zu einer personenbezogenen Beschränkung bei Begräbnissen, "zumal §12 Abs1 Z2 der 2. COVID-19-NotMV bei den [ebenfalls grundrechtlich geschützten] Versammlungen ebenso wenig entsprechende Beschränkungen als unumgänglich erachtet hat wie auch bei den weiteren in §12 leg cit genannten Ausnahmetatbeständen", VfGH 24.6.2021, V2/2021). Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass einschlägigen Grundrechten wie im vorliegenden Zusammenhang der Religionsfreiheit gemäß Art9 EMRK, der Versammlungsfreiheit gemäß Art11 EMRK bzw Art12 StGG oder der Kunstfreiheit gemäß Art17a StGG keine generelle "Vorrangstellung" dahingehend entnommen werden kann, dass eine der jeweils grundrechtlich geschützten Freiheitsbetätigungen als solche mehr oder weniger schützenswert wäre.
2.6.5. In bestimmten Konstellationen im Hinblick auf konkrete staatliche Beschränkungen kann sich freilich auch eine Bevorzugung einzelner grundrechtlicher Freiheitsausübungen als sachlich gerechtfertigt, mitunter auch als grundrechtlich geboten erweisen. So kommt dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit in demokratischer Hinsicht gerade dann besondere Bedeutung zu, wenn es um die Artikulation des Protestes der Zivilgesellschaft gegen staatliche Freiheitsbeschränkungen geht. Dieser Aspekt rechtfertigt es daher auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten jedenfalls, wenn der Verordnungsgeber Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl 98/1953, in §14 Abs1 Z2 der 5. COVID-19-NotMV besonders herausgehoben und deren Abhaltung – auch zahlenmäßig – nicht beschränkt hat (dabei ist auch mit in Rechnung zu stellen, dass Versammlungen typischerweise im Freien stattfinden).
2.6.6. Der Verordnungsgeber hat in §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV "Zusammenkünfte zur Religionsausübung" schlechthin vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen. Derartige Zusammenkünfte sind nach der 5. COVID 19-NotMV daher in jeder Hinsicht und in jedem Umfang zulässig, ungeachtet dessen, ob diese Zusammenkünfte im Freien oder in geschlossenen Räumen stattfinden, ob sie Gottesdiensten, Andachten oder der sonstigen Ausübung religiöser Gebräuche dienen und unter Beteiligung welcher Anzahl an Personen sie erfolgen. Der Verordnungsgeber lässt also nicht nur näher eingegrenzte Formen der Religionsausübung in Gemeinschaft mit anderen zu, um ein diesbezüglich, wie der BMSGPK formuliert, elementares Grundbedürfnis gemeinschaftlicher Religionsausübung in Krisenzeiten zu ermöglichen, sondern nimmt mit §18 Abs1 Z7 der 5. COVID 19-NotMV jedwede Zusammenkunft – zu welcher Form der Religionsausübung auch immer – vom Anwendungsbereich der Verordnung aus.
Demgegenüber ist nach dem Regelungssystem der 5. COVID-19-NotMV die künstlerische Betätigung gemeinsam mit anderen, sofern sie nicht zu beruflichen Zwecken in fixer Zusammensetzung erfolgt, und die künstlerische Betätigung und damit die Vermittlung künstlerischen Schaffens für andere Menschen gänzlich untersagt.
2.6.7. Angesichts der Schutzzwecke von Art9 EMRK und von Art17a StGG vermag der Verfassungsgerichtshof eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige kategoriale Ungleichbehandlung nicht zu erkennen. Religion wie Kunst gehören – unabhängig voneinander, vielfach aber auch miteinander verschränkt – zu den Grundbedürfnissen einer zivilisierten Gesellschaft. In beiden Fällen kommt bestimmten Grundrechtsausübungen gemeinsam mit oder vor anderen Menschen wesentliche Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund besteht zwischen dem Zusammenkommen von Personen zu religiösen Zwecken einerseits und zu künstlerischen Zwecken andererseits im Hinblick auf die Zielsetzung der Beschränkungen der 5. COVID-19-NotMV, Menschenansammlungen möglichst hintanzuhalten, kein solcher Unterschied, der es rechtfertigen würde, Zusammenkünfte im Schutzbereich des Art17a StGG praktisch weitestgehend zu untersagen, während Zusammenkünfte im Schutzbereich des Art9 EMRK schlechthin möglich sind.
Der Verfassungsgerichthof verkennt nicht, dass es besondere Gründe geben kann, die bestimmte begünstigende Ausnahmen und damit eine Ungleichbehandlung der Freiheitsbetätigungen rechtfertigen können (so kann sich insbesondere über begrenzte Zeiträume die Notwendigkeit der Berücksichtigung elementarer Grundbedürfnisse [vgl auch §3 Abs1 Z3 lite der 5. COVID 19-NotMV] im Zusammenhang mit entsprechender grundrechtlicher Betätigung gemeinsam mit bzw vor anderen unterschiedlich darstellen). Für die in §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV angeordnete unbegrenzte Ausnahme jedweder Zusammenkünfte zur Religionsausübung lässt sich aber im Vergleich zum weitgehend untersagten künstlerischen Wirken, auch in den Fällen, in denen dieses essentiell auf künstlerische Darbietung vor Publikum ausgerichtet und auf dieses angewiesen ist, eine sachliche Rechtfertigung nicht finden.
2.6.8. Angesichts des Schutzzweckes der 5. COVID-19-NotMV trifft diese nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Zusammenkünften im Schutzbereich des Art9 EMRK einer- und des Art17a StGG andererseits die unsachliche Ausnahmeregelung des §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV, weil dem Verordnungsgeber eine erheblich weitergehende Öffnung von Zusammenkünften nicht zugesonnen werden kann. Der Verfassungsgerichtshof hat daher festzustellen, dass §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gesetzwidrig war.
2.7. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung des Grundrechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung (Art10 EMRK), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) – insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen, wonach die Beschränkungen von Zusammenkünften zu künstlerischen Zwecken nach Ansicht der antragstellenden Parteien unverhältnismäßig seien – kann auf die Erwägungen zur Freiheit der Kunst (Art17a StGG) verwiesen werden, wobei in diesem Zusammenhang ergänzend auf das flankierende Maßnahmen- und Rettungspaket hinzuweisen ist (vgl VfSlg 20.397/2020; VfGH 24.6.2021, V592/2020 und V593/2020; 6.10.2021, V86/2021).
V. Ergebnis
1. Die 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, idF BGBl II 511/2021 ist mit Ablauf des 11. Dezember 2021 außer Kraft getreten (§22 Abs1 der 5. COVID-19-NotMV). Der Verfassungsgerichtshof hat sich daher auf die Feststellung zu beschränken, dass §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, gesetzwidrig war.
2. Der Antrag der erst- bis fünftantragstellenden Parteien sowie der siebtantragstellenden Partei wird hinsichtlich §7 Abs1 Z4 und §14 Abs1 Z2 und Z9 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, abgewiesen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Die Verpflichtung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung, dass §18 Abs1 Z7 der 5. COVID-19-NotMV, BGBl II 475/2021, gesetzwidrig war, erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz B VG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §61a VfGG. Da die antragstellenden Parteien mit ihrem Begehren im Wesentlichen obsiegt haben, ist ihnen der Pauschalsatz in voller Höhe zuzusprechen (vgl VfSlg 16.733/2002, 20.399/2020), erhöht um einen Streitgenossenzuschlag von 30 Prozent (vgl VfSlg 19.892/2014, wonach Parteien, deren Anträge zurückgewiesen werden, nicht zu berücksichtigen sind). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 566,80 sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 240,– enthalten.