WI1/2022 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Den Anfechtungen wird nicht stattgegeben.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtungen und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zahlen WI1/2022 und WI2/2022 zwei jeweils auf Art141 B VG gestützte Anfechtungen anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Mit Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 24. November 2021 wurden die Wahlen des Gemeinderates sowie die Wahlen des Bürgermeisters bzw der Bürgermeisterin für alle Gemeinden Tirols mit Ausnahme der Landeshauptstadt Innsbruck ausgeschrieben. Als Wahltag wurde der 27. Februar 2022 und als Stichtag der 15. Dezember 2021 festgesetzt.
1.2. Die Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Wählergruppe brachte am 25. Jänner 2022 sowohl für die Wahl des Gemeinderates als auch für die Wahl des Bürgermeisters bzw der Bürgermeisterin der Gemeinde Mutters einen Wahlvorschlag ein. In diesen Wahlvorschlägen lautete jeweils die Bezeichnung der Wählergruppe auf "Die Grünen und Unabhängige Mutters" und die Kurzbezeichnung auf das Sonderzeichen "-".
1.3. In der Sitzung der Wahlbehörde der Gemeinde Mutters (im Folgenden: Gemeindewahlbehörde) vom 1. Februar 2022 stellte diese unter anderem hinsichtlich der Wahlvorschläge der anfechtungswerbenden Wählergruppe Mängel fest. Mit Beschluss der Gemeindewahlbehörde vom 3. Februar 2022 wurden die Wahlvorschläge der anfechtungswerbenden Wählergruppe schließlich zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die in den Wahlvorschlägen enthaltene Kurzbezeichnung nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Kurzbezeichnung entspreche. Die Wahlvorschläge hätten daher an einem nicht verbesserungsfähigen Mangel gelitten. Dieser Beschluss wurde der Zustellungsbevollmächtigten der anfechtungswerbenden Wählergruppe mit Schreiben vom 4. Februar 2022 mitgeteilt.
1.4. Am 10. Februar 2022 erfolgte durch den Gemeindewahlleiter die Kundmachung der Wahlvorschläge, die nicht zurückgezogen oder zurückgewiesen wurden. Die Wahlvorschläge der anfechtungswerbenden Wählergruppe schienen darin nicht auf.
1.5. Am 27. Februar 2022 erfolgten die Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Mutters sowie die Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Mutters, jeweils ohne Beteiligung der anfechtungswerbenden Wählergruppe. Die Wahlergebnisse wurden anschließend am selben Tag kundgemacht.
2. Mit der zu WI1/2022 protokollierten Anfechtung wird die gänzliche Aufhebung der Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Mutters begehrt. Mit der zu WI2/2022 protokollierten Anfechtung wird die gänzliche Aufhebung der Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Mutters begehrt. Begründend wird in beiden Anfechtungen inhaltsgleich im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
"A) Zur fehlenden Kurzbezeichnung:
Der Beschluss der Wahlbehörde über die Zurückweisung des Wahlvorschlags ist aufgrund einer rechtswidrigen Anwendung der Tiroler Gemeindewahlordnung ergangen.
Gemäß §35 Abs3 TGWO hat der Wahlvorschlag unter anderem 'die unterscheidende, nicht mehr als 80 Zeichen umfassende Bezeichnung der Wählergruppe in Worten und eine aus nicht mehr als acht Zeichen bestehende und in Großbuchstaben gehaltene Kurzbezeichnung, die auch ein Wort oder mehrere Wörter enthalten kann, wobei über die zulässige Anzahl hinausgehende Zeichen jeweils als nicht beigesetzt gelten; [...]' zu enthalten.
Die verpflichtende Kurzbezeichnung muss daher weder ein oder mehrere Wörter, noch bestimmte Buchstaben oder Zeichen enthalten. Aus dem Wortlaut ergibt sich zudem, dass diese zwar grundsätzlich in Großbuchstaben gehalten sein soll, aber auch sonstige Zeichen zulässig sind. Auch wird ausschließlich die höchstzulässige Anzahl festgelegt, so dass auch die Verwendung einzelner Zeichen zulässig ist, was sich auch in Hinblick auf die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien bestätigt.
Die Erläuternden Bemerkungen führen dazu unter ArtI Z22 aus: 'Leerzeichen werden bei der Lang- und der Kurzbezeichnung der Wählergruppe nicht mitgezählt, sehr wohl aber Satz- oder Sonderzeichen. [...] Zur Zurückweisung eines Wahlvorschlages führt somit lediglich das gänzliche Fehlen der Lang- oder der Kurzbezeichnung.'
In Anbetracht des Gesetzeswortlauts und de[r] Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen ist daher festzuhalten, dass lediglich das gänzliche Fehlen einer Kurzbezeichnung zur Zurückweisung des Wahlvorschlages führen kann. Von einem gänzlichen Fehlen kann im vorliegenden Fall aber nicht gesprochen werden, da der von der AW eingereichte Wahlvorschlag in dem für die Kurzbezeichnung vorgesehenen Feld das Sonderzeichen '-' aufweis[t]. Den gesetzlichen Anforderungen wurde daher grundsätzlich entsprochen. Dem Gemeindewahlleiter steht es darüber hinaus nicht zu, eine Auslegung über die Bedeutung der verwendeten Zeichen vorzunehmen. Ebenso wenig geht es dabei um die vermeintliche Intention, die AW habe bewusst auf die Nennung einer Kurzbezeichnung verzichtet.
Der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs folgend, nach der Formalvorschriften der Wahlordnungen strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind, ergibt sich daher, dass die Zurückweisung der Wahlvorschläge durch die Gemeindewahlbehörde Mutters aufgrund einer rechtswidrigen Anwendung der Tiroler Gemeindewahlordnung erfolgt ist, da diese trotz der Verwendung einer zulässigen Kurzbezeichnung erfolgt ist. Der Beschluss über die Zurückweisung der Wahlvorschläge der Gemeindewahlbehörde ist daher aufgrund eines Verstoßes gegen §35 Abs3 iVm §42 und §43 TGWO rechtswidrig ergangen. Aufgrund der rechtswidrigen Verweigerung der Zulassung der Wahlvorschläge ist die Nichtigerklärung der in Folge abgehaltenen Wahl begründet.
B) Zur Einbringung des Wahlvorschlags:
Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, wurden die Wahlvorschläge drei Tage vor Ende der Einbringungsfrist am 28.01.2022 eingereicht. Der Beschluss über die Prüfung des Wahlvorschlags durch die Gemeindewahlbehörde erfolgte am 01.02.2022 und somit sieben Tage nach Einbringung.
Die von der AW eingebrachten Wahlvorschläge wurden weder vom Bürgermeister selbst, noch dem dafür besonders geschulten Amtsleiter entgegengenommen, sondern von einer Gemeindemitarbeiterin im Sekretariat. Dahingehend erfolgte auch keine Aufklärung über die gesetzlichen Voraussetzungen und wurde die AW folglich auch nicht bereits bei der Einbringung auf ein vermeintliches Fehlen der Kurzbezeichnung hingewiesen. Selbst wenn die Prüfung vor Einbringung eines Wahlvorschlags gesetzlich nicht ausdrücklich festgelegt ist, wäre ein solches Vorgehen in Hinblick auf nicht behebbare Mängel jedenfalls angebracht.
Bezugnehmend darauf, dass die Entscheidung der Wahlbehörde über die Zurückweisung der Wahlvorschläge erst nach Ende der Einbringungsfrist erfolgt ist, ist zudem fraglich, ob der Zeitraum zwischen Einbringung und Prüfung durch die Wahlbehörde noch als unverzüglich im Sinne des §42 Abs1 TGWO zu werten ist.
Dies ist insofern relevant, als es der AW dadurch nicht möglich war, einen weiteren Wahlvorschlag einzureichen. Gemäß §38 Abs1 letzter Satz TGWO kann zwar ein zurückgezogener Wahlvorschlag, auch in veränderter Form, von der betreffenden Wählergruppe nicht neuerlich eingebracht werden. Nicht festgelegt ist jedoch die Einbringung eines weiteren Wahlvorschlags durch diese Wählergruppe. Ein solches Vorgehen mag zwar nicht intendiert sein, ist aber durchaus denkmöglich, zumal die Zustimmungserklärung von Wahlwerbern auf mehreren Wahlvorschlägen zwar im Ergebnis nicht zulässig ist, sich diese aber gemäß §42 Abs3 TGWO nach Aufforderung der Gemeindewahlbehörde für einen Wahlvorschlag entscheiden müssen. Auch der Umstand, dass im Falle der Unterfertigung mehrerer Wahlvorschläge durch einen Wahlberechtigten, diese nur für den als ersten eingebrachten Wahlvorschlag gültig ist, vermag dies nicht zu ändern, zumal es durchaus wahrscheinlich ist, dass es der Wählergruppe möglich ist, die ausreichende Anzahl an Unterfertigungen nach §35 Abs4 TGWO erneut zu erlangen. Ebenfalls wäre dieser Mangel, wie auch das Fehlen allfälliger Zustimmungserklärungen, nach §42 Abs2 TGWO behebbar.
Aufgrund der nicht unverzüglichen Prüfung der eingebrachten Wahlvorschläge war es der AW nicht möglich, einen weiteren Wahlvorschlag, allenfalls unter einer anderen Bezeichnung der Wählergruppe einzubringen. Auch dahingehend ist der Beschluss über die Zurückweisung der Wahlvorschläge der Gemeindewahlbehörde rechtswidrig ergangen, worin auch die Nichtigerklärung der in Folge abgehaltenen Wahl begründet ist.
C) Zur Rechtswidrigkeit des §42 Abs[2] Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 - TGWO 1994:
Gemäß Art141 Abs1 B VG iVm §67 Abs1 VerfGG 1953 können Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens - dazu zählen auch behauptete verfassungsrechtliche Bedenken gegen die das Wahlverfahren tragenden Rechtsgrundlagen - erhoben werden.
Die Zurückweisung der von der AW eingebrachten Wahlvorschläge erfolgte aufgrund des von der Wahlbehörde festgestellten Fehlens einer Kurzbezeichnung gemäß §35 Abs3 bzw §40 Abs3 T[GW]O, da es sich dabei um keinen behebbaren Mangel gemäß §42 Abs2 TGWO handelt.
Die abschließende Aufzählung der behebbaren Mängel des §42 Abs2 T[GW]O lässt nicht erkennen, nach welchen Gesichtspunkten diese vom Gesetzgeber festgelegt wurden und ist, wie in weiterer Folge ausgeführt wird, vor allem in Bezug auf die von der Gemeindewahlbehörde festgestellte fehlende Kurzbezeichnung als unsachlich zu werten.
Zwar ist es grundsätzlich nachvollziehbar, das Einbringen eines Wahlvorschlags von bestimmten Kriterien abhängig zu machen, allerdings erscheint es angebracht, es den wahlwerbenden Gruppen zu ermöglichen, allenfalls auftretende Mängel im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens zu beheben, um ein Antreten bei den Wahlen möglichst zu ermöglichen. Selbst wenn bestimmte Mängel, wie etwa die verspätete Einreichung aufgrund eines sonst auftretenden Widerspruchs zu anderen Bestimmungen grundsätzlich einer Verbesserung nicht zugänglich sind, ist nicht nachvollziehbar, dass derart gravierende Folgen auch dann eintreten sollen, wenn es sich, wie etwa dem ausschließlichen Fehlen einer zulässigen Kurzbezeichnung, um leicht zu verbessernde Mängel handelt.
Dahingehend ist zu betonen, dass sowohl die Wahlordnung für die Wahl zum Nationalrat wie auch zum Tiroler Landtag keine derartige Regelung beinhaltet. Auch dieser Umstand deutet auf die unsachliche Differenzierung hin. Dahingehend ist ebenfalls auf das sich aus Art117 iVm Art26 B VG ergebende Homogenitätsprinzip hinzuweisen, nach dem die (Landtags- und Gemeinderats-) Wahlordnungen die Bedingungen des Wahlrechtes nicht enger ziehen dürfen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat. Nicht verkannt wird, dass sich dies dabei auf die in der Verfassung dargestellten Grundsätze und nicht auf die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Wahlordnungen bezieht, [es] ist dennoch klar ableitbar, dass ein Antreten bei einer Wahl durch die Parteien und Wählergruppen nicht von übertriebenen formalen Voraussetzungen abhängig gemacht werden soll, da dies im Ergebnis das Antreten im Rahmen einer Wahl erschwert oder gänzlich unmöglich macht. Zudem ist es dem Verfassungsgesetzgeber darauf angekommen, ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht festzulegen. Die Ausgestaltung des Verbesserungsverfahrens in den verschiedenen Wahlordnungen ist auch in Bezug auf die Frage relevant, ob es sich bei der Regelung des §42 Abs2 T[GW]O aufgrund der unsachlichen Differenzierung in behebbare und nicht behebbare Mängel um einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz handelt.
Gemäß §42 Abs1 der NRWO 1992 hat der Landeswahlleiter nach sofortiger Überprüfung des Landeswahlvorschlags auf offensichtliche Mängel […] auf diesem den Tag und die Uhrzeit seines Einlangens zu vermerken. Fallen dem Landeswahlleiter an einem rechtszeitig [sic!] vorgelegten Landeswahlvorschlag offensichtliche Mängel auf, so hat der Landeswahlleiter der wahlwerbenden Partei über ihr Verlangen die Möglichkeit einer Verbesserung einzuräumen, wobei die Wiedervorlage des verbesserten Landeswahlvorschlages gleichfalls innerhalb der für die Einbringung von Landeswahlvorschlägen vorgeschriebenen Frist erfolgen muss, und erst danach den Eingangsvermerk anzubringen.
Dahingehend ist festzuhalten, dass es bei der Einbringung der Landeswahlvorschläge für die Nationalratswahl grundsätzlich möglich ist, sämtliche Mängel nach Aufforderung durch den Landeswahlleiter zu beheben, sofern diese innerhalb der geltenden Frist abgegeben wurden. Auch ein nachträglich festgestellter Mangel schadet gemäß §49 Abs2 NRWO nicht.
Selbiges gilt auch für die Tiroler Landtagswahlordnung. Gemäß §32 Abs3 TLWO 2017 sind die eingereichten Wahlvorschläge spätestens am 51. Tag vor dem Wahltag von der Kreiswahlbehörde auf Mängel zu prüfen. Stellt diese solche fest, so hat sie die Zustellbevollmächtigten der Wählergruppen zur Beseitigung der Mängel aufzufordern.
Die Unterteilung von Mängeln bei der Einreichung in behebbare und nicht behebbare in der Tiroler Gemeinderatswahlordnung stellt eine deutliche Verschärfung der formalen Kriterien gegenüber anderen Wahlordnungen dar und bedarf daher in Anbetracht der schwerwiegenden Folgen einer Zurückweisung des Wahlvorschlags und dem damit verunmöglichten Antreten bei der Wahl eines besonderen Maßstabs hinsichtlich der sachlichen Differenzierung und Verhältnismäßigkeit. Dies auch deshalb, da der Wahlbehörde dahingehend kein Ermessen zukommt und diese bei der Auslegung strikt an den Wortlaut gebunden ist.
Unter dem Blickwinkel des den Landesgesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG sind keine sachlichen Gründe zu erkennen, die eine derart unterschiedliche Regelung rechtfertigen könnten, weshalb die Festlegung auf bestimme behebbare Mängel des §42 Abs2 T[GW]O diesem widersprechen. Die Zurückweisung der von der AW eingereichten Wahlvorschläge erfolgte daher in Anwendung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Bestimmung und der Beschluss der Gemeindewahlbehörde daher rechtswidrig. Auch dahingehend ergeht der Antrag auf Nichtigerklärung der Wahlen des Gemeinderats und Bürgermeisters der Gemeinde Mutters vom 27.02.2022." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. Die Gemeindewahlbehörde hat die Wahlakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie Folgendes ausführt:
"Die anfechtungswerbende Partei hat in jenem Feld, in dem sich die Kurzbezeichnung befinden sollte, einen Bindestrich eingesetzt. Durch das Einfügen eines Bindestriches wird allgemein ausgedrückt, dass die dort erforderliche Eingabe unterbleiben soll. Dafür sprechen die ursprünglichen, aktenkundigen Erklärungen der anfechtungswerbenden Partei gegenüber der Wahlbehörde.
Die anfechtungswerbende Partei führt dazu aber aus, dass sie unter der Kurzbezeichnung '–' antreten wollte. Dies ist deshalb erstaunlich, weil dann (nach ihrer Vorstellung) auf dem Wahlzettel eben dieser Bindestrich aufgeschienen wäre. Es ist nicht nachvollziehbar, wie ein Wähler erkennen hätte können, welche wahlwerbende Gruppierung hinter einem Bindestrich steht.
Der Begriff einer 'Kurzbezeichnung' ist ganz allgemein dahingehend zu verstehen, dass durch sie die wahlwerbende Gruppierung einfach und eindeutig beschrieben wird. Es ist selbstverständlich auch der anfechtungswerbenden Partei bekannt, wie korrekte Kurzbezeichnungen lauten; bei der Nationalratswahl im Jahr 2019 sind etwa auf dem Wahlzettel die Kurzbezeichnungen ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, JETZT, GRÜNE, KPÖ und WANDEL aufgeschienen. Schon die grammatikalische Auslegung des Begriffes 'Kurzbezeichnung' verbietet es deshalb, einen Bindestrich als solche zu erachten. Dies gilt auch für die teleologische Auslegung, da dem Wähler in der Wahlzelle die Identifikation der wahlwerbenden Gruppierung einfach und eindeutig möglich sein muss. Die Vorstellung, dass wahlwerbende Gruppierungen mit Kurzbezeichnungen wie +, -, :, ! oder ? antreten, wird zwar von der anfechtungswerbenden Partei vorgetragen, wenn sie von Sonderzeichen spricht, kann aber nicht ernsthaft argumentiert werden. Noch anlässlich der Gemeinderatswahl 2016 ist die anfechtungswerbende Partei unter der Kurzbezeichnung 'Grüne' angetreten. Die Zustellungsbevollmächtigte der anfechtungswerbenden Partei war im Wahlvorschlag der wahlwerbenden Partei als Nummer vier gelistet.
Dazu kommt noch, dass die Bestimmung des §35 Abs3 lita TGWO wie folgt lautet:
(3) Der Wahlvorschlag hat zu enthalten:
a) die unterscheidende, nicht mehr als 80 Zeichen umfassende Bezeichnung der Wählergruppe in Worten und eine aus nicht mehr als acht Zeichen bestehende und in Großbuchstaben gehaltene Kurzbezeichnung, die auch ein Wort oder mehrere Wörter enthalten kann, wobei über die zulässige Anzahl hinausgehende Zeichen jeweils als nicht beigesetzt gelten;
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass diese Bestimmung erst am 13.5.2020 (LGBl 68/2020) einstimmig und sohin auch mit den Stimmen der Fraktion der Grünen im Tiroler Landtag beschlossen worden ist.
Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Bezeichnung in Form von Buchstaben, und zwar in Großbuchstaben, zu erfolgen hat. Aus dieser Gesetzesbestimmung kann keinesfalls abgeleitet werden, dass Sonderzeichen eine Kurzbezeichnung darstellen würden.
[…]
Von der anfechtungswerbenden Partei wird auch bemängelt, dass keine Verbesserungsmöglichkeit eingeräumt worden wäre. Damit setzt sie sich aber mit der Bestimmung des §42 Abs2 TGWO in unüberbrückbaren Widerspruch, weil dort unter den behebbaren Mängeln der §35 Abs3 lita TGWO nicht genannt ist und sohin ein Unterbleiben der Kurzbezeichnung nicht verbessert werden kann. Die Änderung der Bezeichnung einer wahlwerbenden Gruppierung und deren Kurzbezeichnung im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens würde es nämlich ermöglichen, willkürlich eine wahlwerbende Gruppierung im Nachhinein auszutauschen. Eine derartige Vorgangsweise ist mit demokratischen (und rechtsstaatlichen) Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen.
Insofern verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden, so sei auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach Wahlordnungen strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind, damit der Willkür nicht Tür und Tor geöffnet wird; die Wahlbehörden sind durch die Formalvorschriften der Wahlordnungen streng gebunden. Diesen grundsätzlichen Erwägungen entspricht die TGWO, wenn dort strenge Voraussetzungen für die Zulassung von wahlwerbenden Gruppierungen normiert werden.
Die Kurzbezeichnung soll es der Wählerin und dem Wähler in der Wahlzelle ermöglichen einfach und in eindeutiger Weise zu erkennen, welcher wahlwerbenden Gruppierung er seine Stimme gibt. Von einer wahlwerbenden Gruppierung, die später die Geschicke der Gemeinde (mit-)bestimmen will, darf erwartet werden, dass sie sich an diesen Voraussetzungen orientiert. Bei den Gemeinderatswahlen 2022 haben alle anderen wahlwerbenden Gruppierungen in den Gemeinden Tirols, in denen eine Wahl stattgefunden hat, sichtlich eine passende Kurzbezeichnung gefunden, mit Ausnahme der anfechtungswerbenden Partei. Die Ursachen dafür liegen ausschließlich in ihrem Bereich." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Gesetzes vom 7. Juli 1994, mit dem die Wahl der Organe der Gemeinde geregelt wird (Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 – TGWO 1994), LGBl 88/1994, idF LGBl 167/2021 lauten wie folgt:
"§35
Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates
(1) Die Gemeindewahlbehörde hat spätestens am 49. Tag vor dem Wahltag die Anzahl der zu wählenden Gemeinderatsmitglieder sowie die Voraussetzungen für die Einbringung von Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates nach den Abs2 bis 6 kundzumachen.
(2) Wählergruppen haben ihre Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates frühestens am Stichtag und spätestens am 30. Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, bei der Gemeindewahlbehörde schriftlich einzubringen. Diese hat auf dem Wahlvorschlag den Tag und die Uhrzeit des Einlangens zu vermerken.
(3) Der Wahlvorschlag hat zu enthalten:
a) die unterscheidende, nicht mehr als 80 Zeichen umfassende Bezeichnung der Wählergruppe in Worten und eine aus nicht mehr als acht Zeichen bestehende und in Großbuchstaben gehaltene Kurzbezeichnung, die auch ein Wort oder mehrere Wörter enthalten kann, wobei über die zulässige Anzahl hinausgehende Zeichen jeweils als nicht beigesetzt gelten;
b) die Wahlwerberliste, in der, mit arabischen Ziffern gereiht, die Wahlwerber unter Angabe ihres Familiennamens und Vornamens, ihres Geburtsdatums, ihres Berufes und ihrer Adresse anzuführen sind; die Wahlwerberliste darf höchstens doppelt so viele Wahlwerber enthalten, wie Gemeinderatsmitglieder zu wählen sind; sie muss jedoch mindestens vier Wahlwerber enthalten;
c) die Bezeichnung eines Zustellungsbevollmächtigten unter Angabe des Familiennamens, des Vornamens, des Geburtsdatums, des Berufes sowie der Zustelladresse im Landesgebiet.
(4) Der Wahlvorschlag muss von einer Anzahl von Wahlberechtigten, die mindestens 1 v.H. der Einwohnerzahl der Gemeinde, aufgerundet auf die nächsthöhere ganze Zahl, entspricht, mindestens jedoch von acht Wahlberechtigten unterfertigt sein. Maßgebend für die Berechnung der Einwohnerzahl ist das letzte vor dem Tag der Wahlausschreibung kundgemachte endgültige Ergebnis der Volkszählung.
(5) In den Wahlvorschlag darf ein Wahlwerber nur dann aufgenommen werden, wenn er hiezu schriftlich seine Zustimmung erklärt hat. Die Zustimmungserklärung ist dem Wahlvorschlag anzuschließen. Sie gilt zugleich als Unterfertigung nach Abs4.
(6) In den Wahlvorschlag darf ein Unionsbürger, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und noch keine fünf Jahre ununterbrochen in einer österreichischen Gemeinde den Hauptwohnsitz hat, als Wahlwerber nur dann aufgenommen werden, wenn er schriftlich erklärt, daß er nach dem Recht seines Herkunftsmitgliedstaates nicht infolge einer strafrechtlichen Entscheidung des passiven Wahlrechtes verlustig gegangen ist. In der Erklärung ist auch die Staatsangehörigkeit anzugeben. Bei begründeten Zweifeln am Inhalt der Erklärung kann die Gemeindewahlbehörde die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörden seines Herkunftsmitgliedstaates verlangen, mit der bestätigt wird, daß er nach dem Recht dieses Staates seines passiven Wahlrechtes nicht verlustig gegangen oder daß diesen Behörden ein solcher Verlust nicht bekannt ist.
(7) Der Zustellungsbevollmächtigte vertritt die Wählergruppe nach außen. Ist er auch Wahlwerber und gibt er als solcher Erklärungen ab, so sind diese von ihm gesondert zu unterfertigen. Fehlt in einem Wahlvorschlag die Bezeichnung eines Zustellungsbevollmächtigten, so gilt der erstgereihte Wahlwerber als solcher.
§36
Unterscheidung der Bezeichnung der Wählergruppen
(1) Tragen Wählergruppen gleiche oder schwer unterscheidbare Bezeichnungen, so hat der Gemeindewahlleiter die Zustellungsbevollmächtigten zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Bezeichnungen anzubahnen. Kommt kein Einvernehmen zustande, so hat die Gemeindewahlbehörde diese Wählergruppen zum Beispiel durch das Beisetzen von Buchstaben oder der Namen der erstgenannten Wahlwerber unterscheidbar zu bezeichnen.
(2) Tragen Wählergruppen gleiche oder schwer unterscheidbare Kurzbezeichnungen, so ist Abs1 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Kurzbezeichnungen durch die Anfügung des Anfangsbuchstabens des Familiennamens des an der ersten Stelle des Wahlvorschlages stehenden Wahlwerbers unterscheidend zu bezeichnen sind. Sind die Anfangsbuchstaben identisch, so hat die Gemeindewahlbehörde die Kurzbezeichnungen durch die Anfügung von arabischen Zahlen unterscheidend zu bezeichnen, wobei mit der Kurzbezeichnung jenes Wahlvorschlages zu beginnen ist, dessen Wählergruppe im zuletzt gewählten Gemeinderat vertreten war. Waren beide Wählergruppen im zuletzt gewählten Gemeinderat vertreten oder nicht vertreten, so ist dabei mit der Kurzbezeichnung jenes Wahlvorschlages zu beginnen, der früher eingereicht wurde.
[…]
§40
Wahlvorschläge für die Wahl des Bürgermeisters
(1) Der Gemeindewahlleiter hat spätestens am 49. Tag vor dem Wahltag die Voraussetzungen für die Einbringung von Wahlvorschlägen für die Wahl des Bürgermeisters nach den Abs2 bis 6 kundzumachen.
(2) Einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters darf nur eine Wählergruppe einbringen, die auch einen Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates einbringt. Dabei gelten Wählergruppen miteinander gekoppelter Wahlvorschläge nicht als eine Wählergruppe. Eine Wählergruppe darf nur den in der Wahlwerberliste ihres Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates an der ersten Stelle gereihten Wahlwerber als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorschlagen. Der Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters muß gleichzeitig mit dem Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht werden.
(3) Der Wahlvorschlag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung der Wählergruppe;
b) den Familiennamen und Vornamen, das Geburtsdatum, den Beruf und die Adresse des Wahlwerbers.
(4) Der Wahlvorschlag muss von mehr als der Hälfte der Wahlwerber aus der Wahlwerberliste des von der Wählergruppe nach Abs3 lita für die Wahl des Gemeinderates nach §35 eingebrachten Wahlvorschlages unterfertigt sein.
(5) Der Wahlwerber, der für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagen wird, muß hiezu schriftlich seine Zustimmung erklärt haben. Die Zustimmungserklärung ist dem Wahlvorschlag anzuschließen. Sie gilt zugleich als Unterfertigung nach Abs4.
(6) Der Zustellungsbevollmächtigte einer Wählergruppe für die Wahl des Gemeinderates ist auch Zustellungsbevollmächtigter für den von dieser Wählergruppe eingebrachten Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters.
(7) Ändert sich nach §36 die Bezeichnung einer Wählergruppe für die Wahl des Gemeinderates, so ändert sich auch die Bezeichnung nach Abs3 lita entsprechend.
[…]
§42
Behebung von Mängeln
(1) Die Gemeindewahlbehörde hat die bei ihr rechtzeitig eingelangten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters unverzüglich zu überprüfen, ob sie dem §35 bzw dem §40 entsprechen und ob die vorgeschlagenen Wahlwerber wählbar sind. Der Gemeindewahlleiter hat zur Prüfung hinsichtlich des Vorliegens eines Ausschlusses von der Wählbarkeit (§9 Abs3 und 4) eine nach §6 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl Nr 68/1972, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 105/2019, beschränkte Auskunft aus dem Strafregister einzuholen. Die Gemeindewahlbehörde hat weiters die bei ihr rechtzeitig eingelangten Koppelungserklärungen unverzüglich zu überprüfen, ob sie dem §37 entsprechen. Stellt die Gemeindewahlbehörde bei einem Wahlvorschlag oder bei einer Koppelungserklärung Mängel fest, so hat sie den Zustellungsbevollmächtigten aufzufordern, die Mängel bis spätestens am 19. Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, zu beheben.
(2) Behebbare Mängel nach Abs1 sind
a) das Fehlen von Unterschriften nach den §§35 Abs4 und 40 Abs4,
b) das Fehlen von Zustimmungserklärungen nach den §§35 Abs5 und 40 Abs5,
c) bei Unionsbürgern als Wahlwerber, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen und die noch keine fünf Jahre ununterbrochen in einer österreichischen Gemeinde den Hauptwohnsitz haben, das Fehlen oder die Unvollständigkeit der Erklärung nach §35 Abs6,
d) das Fehlen von Unterschriften nach §37 Abs2,
e) die Unvollständigkeit der Angaben nach den §§35 Abs3 litb und 40 Abs3 litb.
(3) Ein Wahlwerber, der auf mehreren Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates bzw für die Wahl des Bürgermeisters enthalten ist, ist von der Gemeindewahlbehörde aufzufordern, sich schriftlich für einen Wahlvorschlag zu entscheiden. Auf allen anderen Wahlvorschlägen ist er zu streichen. Entscheidet sich der Wahlwerber bis zu dem im Abs1 genannten Zeitpunkt nicht, so wird er nur auf dem als ersten bei der Wahlbehörde eingebrachten Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates bzw für die Wahl des Bürgermeisters belassen. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet das vom jüngsten Mitglied der Gemeindewahlbehörde zu ziehende Los. Die Unterfertigung des Wahlwerbers nach §35 Abs5 und seine sonstigen Unterfertigungen nach diesem Gesetz gelten nur hinsichtlich jenes Wahlvorschlages als erfolgt, auf dem er belassen wird.
(4) Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates nach §35 Abs4 unterfertigt, so ist seine Unterfertigung nur für den als ersten eingebrachten Wahlvorschlag als gültig anzuerkennen. Die Unterfertigungen für die anderen Wahlvorschläge gelten als nicht beigesetzt. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet das vom jüngsten Mitglied der Gemeindewahlbehörde zu ziehende Los.
§43
Endgültige Prüfung der Wahlvorschläge
(1) Am 18. Tag vor dem Wahltag hat die Gemeindewahlbehörde endgültig über die Zulässigkeit und die Reihung der bei ihr eingebrachten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters und über die Gültigkeit der Koppelungserklärungen zu entscheiden. Ist ein Beisitzer der Gemeindewahlbehörde Zustellungsbevollmächtigter oder Wahlwerber einer Wählergruppe, so bleibt sein Stimmrecht auch bei der Entscheidung über den eigenen Wahlvorschlag unberührt. Dies gilt auch für den Vorsitzenden der Gemeindewahlbehörde, der Zustellungsbevollmächtigter oder Wahlwerber einer Wählergruppe ist, hinsichtlich seines Rechtes nach §23 Abs2 dritter Satz.
(2) Die Gemeindewahlbehörde hat in der Niederschrift über diese Sitzung die Entscheidungen nach Abs1 mit ihren Gründen und das Abstimmungsverhältnis festzuhalten.
(3) Ist zum Zeitpunkt der Mitteilung des Todes eines Wahlwerbers nach §41 Abs3 die endgültige Prüfung der Wahlvorschläge noch nicht erfolgt, so ist diese erst am 18. Tag vor dem neuen Wahltag durchzuführen. Ist sie hingegen bereits erfolgt, so findet spätestens am 18. Tag vor dem neuen Wahltag nur mehr die endgültige Prüfung des Wahlvorschlages für die Wahl des Bürgermeisters bzw des Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates jener Wählergruppe statt, deren Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters gestorben ist.
§44
Entscheidung über die Wahlvorschläge und die Koppelungen
(1) Zurückzuweisen sind Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, die
a) verspätet eingebracht wurden,
b) keine dem §35 Abs3 lita entsprechende Bezeichnung und Kurzbezeichnung enthalten,
c) nicht die Mindestanzahl an Wahlwerbern nach §35 Abs3 litb enthalten,
d) nicht von der Mindestanzahl an Wahlberechtigten nach §35 Abs4 unterfertigt sind.
(2) Zurückzuweisen sind Wahlvorschläge für die Wahl des Bürgermeisters, wenn
a) der Wahlvorschlag nicht gleichzeitig mit dem Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht wurde; dies gilt nicht im Falle des §73 Abs4 erster Satz,
b) der vorgeschlagene Wahlwerber nicht nach §8 Abs2 wählbar ist, im Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlags die Voraussetzung nach §40 Abs2 dritter Satz nicht erfüllt oder im Fall des §73 Abs4 litb im Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlags nicht Mitglied der betreffenden Gemeinderatspartei ist,
c) die Wählergruppe einen Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht hat, der nach Abs1 zurückzuweisen ist,
d) im Wahlvorschlag die Bezeichnung der Wählergruppe nach §40 Abs3 lita fehlt,
e) der Wahlvorschlag die Angaben nach §40 Abs3 litb nicht enthält,
f) der Wahlvorschlag nicht von der Mindestanzahl an Wahlwerbern nach §40 Abs4 unterfertigt ist,
g) die Zustimmungserklärung nach §40 Abs5 fehlt,
h) im Falle des §41 Abs2 oder 3 kein anderer Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters namhaft gemacht wurde.
(3) Teilweise ungültig sind Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, soweit
a) in der Wahlwerberliste nicht wählbare Personen enthalten sind,
b) von Wahlwerbern die schriftliche Zustimmungserklärung nach §35 Abs5 nicht vorliegt,
c) von Unionsbürgern als Wahlwerber, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen und die noch keine fünf Jahre ununterbrochen in einer österreichischen Gemeinde den Hauptwohnsitz haben, eine Erklärung nach §35 Abs6 nicht oder nur unvollständig vorliegt,
d) der Wahlvorschlag die Angaben der Wahlwerber nach §35 Abs3 litb oder eine klare Reihung der Wahlwerber nicht enthält,
e) der Wahlvorschlag Wahlwerber über die nach §35 Abs3 litb höchstzulässige Anzahl hinaus enthält.
(4) In teilweise ungültigen Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates sind die ungültigen Eintragungen zu streichen.
(5) Änderungen von Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates sind zurückzuweisen, wenn sie nicht dem §39 entsprechen.
(6) Koppelungserklärungen sind zurückzuweisen, wenn sie nicht von der nach §37 Abs2 erforderlichen Anzahl an Wahlwerbern unterfertigt sind.
(7) Entscheidungen nach den Abs1 bis 6 sind dem Zustellungsbevollmächtigten der betreffenden Wählergruppe unter Angabe des Grundes schriftlich bekanntzugeben.
§45
Kundmachung der Wahlvorschläge und der Koppelungen
(1) Der Gemeindewahlleiter hat die Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, die nicht nach §38 Abs1 zurückgezogen oder nach §44 Abs1 zurückgewiesen wurden, unverzüglich, spätestens jedoch am 17. Tag vor dem Wahltag kundzumachen, wobei anstelle des Geburtsdatums lediglich das Geburtsjahr der Wahlwerber anzuführen ist und der Name und die Adresse der Zustellungsbevollmächtigten wegzulassen sind. Hiebei ist auf allfällige Koppelungen von Wahlvorschlägen hinzuweisen. Darüber hinaus hat der Gemeindewahlleiter in gleicher Weise eine barrierefreie Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge auf der Internetseite der Gemeinde zu veranlassen. Mängel eines Wahlvorschlages, die nach dessen Kundmachung festgestellt werden, berühren dessen Gültigkeit nicht.
[(2)–(9) …]
[…]
§49
Gestaltung des amtlichen Stimmzettels
(1) Für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters sind zwei getrennte amtliche Stimmzettel zu verwenden. Die amtlichen Stimmzettel dürfen nur auf Anordnung der Gemeindewahlbehörde hergestellt werden.
(2) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates hat für jede Wählergruppe eine gleich große Zeile vorzusehen.
Sie hat von links nach rechts zu enthalten:
a) die Nummer des Wahlvorschlages nach §45 Abs4,
b) einen Kreis,
c) die Bezeichnung der Wählergruppe,
d) die Kurzbezeichnung der Wählergruppe und
e) einen Raum zur Eintragung zweier Wahlwerber der gewählten Wählergruppe (Vorzugsstimmen).
Im amtlichen Stimmzettel ist auch darauf hinzuweisen, welche Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates miteinander gekoppelt sind. Im übrigen hat der amtliche Stimmzettel noch die weiteren Angaben nach dem Muster der Anlage 2 zu enthalten. Die Reihung der Wählergruppen auf dem amtlichen Stimmzettel richtet sich nach der Reihung der Wählergruppen in der Kundmachung nach §45. In gleicher Weise sind die Stimmzettel-Schablonen zu gestalten, wobei diese die Kurzbezeichnung der Wählergruppen in Blindenschrift enthalten können.
(3) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters hat für jeden Wahlwerber eine gleich große Zeile vorzusehen. Diese hat von links nach rechts zu enthalten:
a) den Familiennamen und Vornamen und das Geburtsdatum des Wahlwerbers und die Bezeichnung der Wählergruppe und
b) einen Kreis.
Im Übrigen hat der amtliche Stimmzettel noch die weiteren Angaben nach dem Muster der Anlage 3 zu enthalten. Die Reihung der Wahlwerber auf dem amtlichen Stimmzettel richtet sich nach ihrer Reihung in der Kundmachung nach §45. In gleicher Weise sind die Stimmzettel-Schablonen zu gestalten.
(4) Die Größe des amtlichen Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters hat sich nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Wahlvorschläge zu richten. Das Ausmaß hat ungefähr 14,5 bis 15,5 cm in der Breite und 20 bis 22 cm in der Länge oder erforderlichenfalls ein Vielfaches davon zu betragen. Es sind für alle Bezeichnungen der Wählergruppen nach Abs2 litc und die Angaben nach Abs3 lita die gleiche Größe der Rechtecke, der Druckbuchstaben und der Zahlen und für die Kurzbezeichnungen der Wählergruppen einheitliche größtmögliche Druckbuchstaben zu verwenden. Bei mehr als dreizeiligen Bezeichnungen der Wählergruppen kann die Größe der Druckbuchstaben dem zur Verfügung stehenden Raum angepaßt werden. Bei den Angaben nach Abs3 lita sind jedoch für die Bezeichnung der Wählergruppe kleinere Druckbuchstaben zu verwenden als für die Angaben über den Wahlwerber. Die Worte 'Wahlvorschlag Nr ....' sind klein, die Ziffern unterhalb derselben sind möglichst groß zu drucken. Die Farbe aller Druckbuchstaben und Zahlen muß einheitlich schwarz sein. Die Trennungslinien der Rechtecke und der Kreise müssen in gleicher Stärke ausgeführt sein. Die amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates müssen von anderer Farbe sein als die amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters.
(5) Die amtlichen Stimmzettel nach Abs1 sind von der Gemeindewahlbehörde den Sprengel- und Sonderwahlbehörden entsprechend der endgültigen Zahl der Wahlberechtigten im Bereich der betreffenden Wahlbehörde zuzüglich einer Reserve von 15 v.H. zu übersenden. Eine weitere Reserve von 5 v.H. ist von der Gemeindewahlbehörde für einen allfälligen zusätzlichen Bedarf der Wahlbehörden am Wahltag bereitzuhalten. Die amtlichen Stimmzettel sind jeweils gegen eine Empfangsbestätigung in zweifacher Ausfertigung auszufolgen. Eine Ausfertigung ist für den Übergeber, eine Ausfertigung für den Übernehmer der amtlichen Stimmzettel bestimmt.
[…]
§52a
Persönliche Ausübung des Wahlrechts
(1) Das Wahlrecht ist persönlich auszuüben. Blinden oder schwer sehbehinderten Wählern hat die Wahlbehörde als Hilfsmittel zur Ermöglichung der selbstständigen Ausübung des Wahlrechts Stimmzettel-Schablonen zur Verfügung zu stellen; die Stimmzettel-Schablonen können die Kurzbezeichnung der Wählergruppen in Blindenschrift enthalten. Wähler mit einer Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung und Wähler mit einer Sinnesbehinderung dürfen sich von einer Person, die sie selbst auswählen können und gegenüber dem Wahlleiter bestätigen müssen, führen und sich bei der Wahlhandlung auch in der Wahlzelle helfen lassen. Können von Wählern mitgebrachte Kleinkinder für die Dauer der Wahlhandlung in der Wahlzelle nicht angemessen beaufsichtigt werden, so dürfen auch diese in die Wahlzelle mitgenommen werden. Außer in diesen Fällen darf die Wahlzelle jeweils nur von einer Person betreten werden.
[(2)–(3) …]"
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Verfahren erwogen:
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, somit auch über die Anfechtung von Wahlen zum Gemeinderat (vgl VfSlg 19.247/2010, 19.278/2010, 19.981/2015; VfGH 2.3.2022, WI6/2021). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden.
1.1.1. Nach §67 Abs2 VfGG sind zur Anfechtung der Wahl grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge vorlegten. Dazu nimmt der Verfassungsgerichtshof seit dem Erkenntnis VfSlg 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, dass die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlages das Ergebnis der Wahlanfechtung – wie hier – mitbestimmt, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Wahlvorschlag rechtswirksam erstattet wurde (zB VfSlg 18.932/2009, 19.021/2010, 20.024/2015 jeweils mwN). Die anfechtungswerbende Wählergruppe hat nach der Aktenlage einen Wahlvorschlag eingebracht, weshalb sie zur Anfechtung legitimiert ist.
1.1.2. Nach §68 Abs1 VfGG ist die Wahlanfechtung – soweit das in Betracht kommende Gesetz nicht anderes bestimmt – binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens oder, wenn sie auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet wird, binnen vier Wochen nach Zustellung einzubringen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann die Wahlanfechtung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges eingebracht werden.
Nun sieht zwar §72 Abs6 TGWO 1994 unter anderem für die Wahl zum Gemeinderat einen Überprüfungsantrag an die Bezirkswahlbehörde vor, doch nur für Wählergruppen, deren Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates kundgemacht wurde. Wählergruppen, deren Wahlvorschlag nicht kundgemacht wurde, steht daher nur die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens offen.
Der Wahlvorschlag der anfechtungswerbenden Wählergruppe wurde nicht kundgemacht. Ihr steht daher die unmittelbare Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B VG offen. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist ist somit die Beendigung des Wahlverfahrens (vgl zB VfSlg 1904/1950, 20.024/2015), das ist im vorliegenden Fall die (der Gemeindewahlbehörde nach Maßgabe des §72 Abs4 TGWO 1994 obliegende unverzügliche) Kundmachung des Ergebnisses der Wahl zum Gemeinderat. Aus dem vorgelegten Wahlakt ergibt sich, dass die Gemeindewahlbehörde das Ergebnis der Wahl des Gemeinderates am 27. Februar 2022 kundgemacht hat. Die am 21. März 2022 zur Post gegebene Anfechtung erweist sich daher als rechtzeitig.
1.1.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Anfechtung der Wahl zum Gemeinderat der Gemeinde Mutters vom 27. Februar 2022 zulässig.
1.2. Gemäß Art141 Abs1 litb B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe der Gemeinde, so auch über die Anfechtung einer Direktwahl des Bürgermeisters (vgl zB VfSlg 19.246/2010, 19.908/2014, 20.043/2016).
1.2.1. Gemäß §67 Abs2 zweiter Satz VfGG (vgl zu dessen sinngemäßer Anwendung auf die Anfechtung einer Direktwahl des Bürgermeisters VfSlg 13.504/1993, 15.285/1998, 20.043/2016) sind zur Anfechtung der Direktwahl des Bürgermeisters nur solche Wählergruppen berechtigt, die bei der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl vorgelegt haben.
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die zuvor genannte Rechtsprechung, nach der die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlages das Ergebnis der Wahlanfechtung mitbestimmt, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Vorschlag rechtswirksam erstattet wurde (siehe Punkt 1.1.1.), auch auf die Direktwahl des Bürgermeisters zu übertragen ist (vgl VfSlg 20.024/2015). Die anfechtungswerbende Wählergruppe hat nach der Aktenlage auch einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters eingebracht, weshalb sie zur Anfechtung dieser Wahl legitimiert ist.
1.2.2. Zur Anfechtungsfrist und zum Instanzenzug kann auf die Ausführungen zur Anfechtung der Wahl des Gemeinderates verwiesen werden (siehe Punkt 1.1.2.).
1.2.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Anfechtung der Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Mutters vom 27. Februar 2022 zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der von der anfechtungswerbenden Partei in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl VfSlg 20.067/2016, 20.071/2016, 20.242/2018, 20.259/2018, 20.418/2020).
2.2. Die anfechtungswerbende Wählergruppe sieht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Wahlverfahren darin begründet, dass ihre Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und jene des Bürgermeisters bzw der Bürgermeisterin zu Unrecht zurückgewiesen worden seien:
2.2.1. Zum einen entspreche die in ihren Wahlvorschlägen enthaltene Kurzbezeichnung "-" den Vorgaben des §35 Abs3 lita TGWO 1994, weil es sich – wie auch die Gesetzesmaterialien bestätigen würden – dabei jedenfalls um ein "Zeichen" im Sinn dieser Bestimmung handle. Dass die Kurzbezeichnung in "Großbuchstaben" gehalten sein müsse, stehe dem nicht entgegen, weil dies nur gelte, sofern Buchstaben verwendet würden.
2.2.2. Sofern sich die Kurzbezeichnung im vorliegenden Fall als unzulässig erweise, habe die Gemeindewahlbehörde dennoch rechtswidrig gehandelt, indem sie die anfechtungswerbende Wählergruppe nicht bereits bei der Einbringung über das Fehlen der gesetzlich geforderten Kurzbezeichnung belehrt und über die Wahlvorschläge erst sieben Tage nach deren Einbringung einen Beschluss gefasst habe. Da zu diesem Zeitpunkt die Frist für die Einbringung von Wahlvorschlägen bereits abgelaufen gewesen sei, sei es der anfechtungswerbenden Wählergruppe auch nicht mehr möglich gewesen, neue, mängelfreie Wahlvorschläge einzubringen. Vor diesem Hintergrund sei die Prüfung nicht "unverzüglich" iSd §42 Abs1 TGWO 1994 erfolgt.
2.2.3. Schließlich sei es verfassungswidrig, dass der Mangel einer nicht dem Gesetz entsprechenden Kurzbezeichnung nach §42 TGWO 1994 nicht verbesserungsfähig sei. Es sei unsachlich, dass eine derart schwerwiegende Rechtsfolge wie die Zurückweisung des Wahlvorschlages eintrete, wenn ein leicht zu verbessernder Formmangel wie das Fehlen einer zulässigen Kurzbezeichnung vorliege. Im Hinblick darauf, dass ein solcher Fehler bei der Nationalratswahl nach §42 Abs1 Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl 471/1992, idF BGBl I 120/2016 (im Folgenden: NRWO) sowie bei der Tiroler Landtagswahl nach §32 Abs3 Tir Landtagswahlordnung 2017, LGBl 74/2017, idF LGBl 68/2020 (im Folgenden: TLWO 2017) verbessert werden könne, verstoße das Fehlen einer entsprechenden Verbesserungsmöglichkeit bei der Wahl des Gemeinderates sowie des Bürgermeisters bzw der Bürgermeisterin nach der TGWO 1994 sowohl gegen den Gleichheitsgrundsatz als auch gegen das Homogenitätsprinzip nach Art117 iVm Art26 B VG.
2.3. Dieses Anfechtungsvorbringen erweist sich als unbegründet:
2.3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind Formalvorschriften der Wahlordnungen – vor dem Hintergrund der aus dem demokratischen Grundprinzip der Bundesverfassung abzuleitenden notwendigen Eindeutigkeit wahlrechtlicher Regelungen (VfSlg 17.141/2004, 19.847/2014) – strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen, soll nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet werden. Die Wahlbehörden sind durch die Formalvorschriften der Wahlordnungen streng gebunden (zB VfSlg 1904/1950, 6750/1972, 8848/1980, 15.375/1998, 17.141/2004, 19.734/2013, 19.847/2014, 20.019/2015, 20.071/2016, 20.381/2020).
Nach §35 Abs3 lita TGWO 1994 hat der Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates die unterscheidende, nicht mehr als 80 Zeichen umfassende Bezeichnung der Wählergruppe in Worten und eine aus nicht mehr als acht Zeichen bestehende und in Großbuchstaben gehaltene Kurzbezeichnung, die auch ein Wort oder mehrere Wörter enthalten kann, zu enthalten, wobei über die zulässige Anzahl hinausgehende Zeichen jeweils als nicht beigesetzt gelten. Ein Wahlvorschlag, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist gemäß §44 Abs1 litb leg cit zurückzuweisen. Im Fall der Zurückweisung des Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates ist gemäß §44 Abs2 litc leg cit auch der daran anknüpfende Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters zurückzuweisen.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Parteibezeichnung einschließlich der Kurzbezeichnung ein unteilbares Ganzes (vgl VfSlg 266/1924, 8848/1980, 20.259/2018 mwN), wobei die Kurzbezeichnung eine "Abkürzungsform" der Parteibezeichnung darstellt (VfSlg 12.064/1989; vgl auch VfSlg 13.004/1992). In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichthof in den beiden zuletzt zitierten Entscheidungen zur gesetzlichen Vorschrift einer "in Buchstaben" zu haltenden Kurzbezeichnung, die sich auf eine "in Worten" zu haltende Parteibezeichnung bezieht, ausgesprochen, dass sich die Kurzbezeichnung in diesem Fall aus einzelnen (Anfangs-)Buchstaben von Wörtern oder wenigstens Wortteilen der Parteibezeichnung zusammensetzen muss.
Der anfechtungswerbenden Wählergruppe ist nun zwar insofern Recht zu geben, als das von ihr verwendete Sonderzeichen "-" ein zulässiges "Zeichen" iSd §35 Abs3 lita TGWO 1994 sein kann (so eindeutig auch die Erläuternden Bemerkungen zur RV 164/2020 BlgLT [Tir.] 17. GP, 7 und 14; zur Zulässigkeit der Verwendung auch von Satzzeichen oder Worte ersetzenden Zeichen in Parteibezeichnungen, sofern sie nicht missverständlich sind und zu keiner Verwechslungsgefahr führen, vgl VfSlg 20.242/2018 sowie bereits VfSlg 266/1924 und 8848/1980). Insofern scheidet es im vorliegenden Fall aus, dem Zeichen "-" im Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates die Bedeutung eines Entfalls der (nach §35 Abs3 lita TGWO 1994 zwingend erforderlichen) Kurzbezeichnung beizumessen und formal vom Fehlen einer Kurzbezeichnung auszugehen. Allerdings folgt im Sinn des zuvor dargelegten Verständnisses der Kurzbezeichnung als Abkürzung schon aus dem Wortsinn des Begriffs "Kurzbezeichnung" (der Wählergruppe) sowie aus dem in §35 Abs3 lita TGWO 1994 aufgestellten Gebot des Verwendens von "Worten" in der Bezeichnung der Wählergruppe und von "Großbuchstaben" in der Kurzbezeichnung, dass die Kurzbezeichnung nach dieser Bestimmung jedenfalls auch aus (Anfangs )Buchstaben von Worten oder zumindest Wortteilen der Bezeichnung der Wählergruppe zu bestehen hat. Eine Kurzbezeichnung wie jene der anfechtungswerbenden Wählergruppe, die ausschließlich aus einem Zeichen besteht, das kein Buchstabe ist – und noch nicht einmal in der Bezeichnung der Wählergruppe vorkommt –, ist daher nach §35 Abs3 lita TGWO 1994 unzulässig. Dies zeigt sich auch darin, dass die im vorliegenden Fall gewählte Kurzbezeichnung "-" keinerlei Unterscheidungsfunktion hat und ihr Aufscheinen auf dem Stimmzettel (siehe §49 Abs2 litd sowie die Anlage 2 zur TGWO 1994; siehe auch §49 Abs2 letzter Satz und §52a Abs1 leg cit zur Möglichkeit, auf den Stimmzettel-Schablonen für blinde oder schwer sehbehinderte Personen die jeweilige Kurzbezeichnung der Wählergruppen in Blindenschrift anzuführen) sogar zu Missverständnissen und damit letztlich zu einer Beeinträchtigung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl führen kann (zur besonderen Bedeutung der Parteibezeichnung in dieser Hinsicht vgl VfSlg 6195/1970, 8848/1980, 11.732/1988, 20.242/2018, 20.259/2018). Die Gemeindewahlbehörde hat daher den Wahlvorschlag der anfechtungswerbenden Wählergruppe für die Wahl des Gemeinderates gemäß §44 Abs1 litb iVm §35 Abs3 lita TGWO 1994 und daran anknüpfend jenen für die Wahl des Bürgermeisters gemäß §44 Abs2 litc leg cit zu Recht zurückgewiesen.
2.3.2. Nach §42 Abs1 TGWO 1994 hat die Gemeindewahlbehörde die bei ihr rechtzeitig eingelangten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters "unverzüglich" dahingehend zu überprüfen, ob sie den Vorgaben des §35 bzw des §40 leg cit entsprechen und ob die vorgeschlagenen Wahlwerber wählbar sind. Wahlrechtliche Bestimmungen dieser Art dienen einerseits der Beschleunigung des Wahlverfahrens und sollen andererseits Missbräuchen und Manipulationen bei der Einbringung von Wahlvorschlägen entgegenwirken (VfSlg 12.287/1990, 15.375/1998). Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch ausgesprochen, dass die "unverzügliche" Mitteilung über formale Mängel des Wahlvorschlages der betroffenen Wählergruppe noch die Möglichkeit zur zeitgerechten Behebung des festgestellten Mangels geben soll (VfSlg 2538/1953).
Im vorliegenden Fall hat die anfechtungswerbende Wählergruppe ihre Wahlvorschläge am 25. Jänner 2022, somit drei Tage vor dem letzten Tag der Frist gemäß §35 Abs2 TGWO 1994 eingebracht. Der Gemeindewahlbehörde wären daher nur längstens zwei volle Tage geblieben, die Wahlvorschläge der anfechtungswerbenden Wählergruppe zu prüfen und sie auf Grund des festgestellten Mangels zurückzuweisen, um die anfechtungswerbende Wählergruppe in die Lage zu versetzen, zumindest noch am letzten Tag der Frist neue, mängelfreie Wahlvorschläge einzubringen.
In seiner Entscheidung VfSlg 2538/1953 ist der Verfassungsgerichtshof in einem im Wesentlichen gleichgelagerten Fall davon ausgegangen, dass der Wahlbehörde kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn sie innerhalb einer so "kurzen Zeit die Prüfung nicht durchführen konnte". Dabei hat der Verfassungsgerichtshof gerade nicht darauf abgestellt, ob diese Prüfung in der verbleibenden Zeit isoliert betrachtet möglich gewesen wäre, sondern darauf, dass die Wahlbehörde auch andere Wahlvorschläge zu prüfen hatte. Letzteres trifft auch im vorliegenden Fall zu: Neben den Wahlvorschlägen der anfechtungswerbenden Wählergruppe vom 25. Jänner 2022 wurden noch Wahlvorschläge – jeweils für die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters – von drei weiteren Parteien am 27. und 28. Jänner 2022 eingebracht. Eine zeitlich bevorzugte Prüfung von Wahlvorschlägen, die an nicht verbesserungsfähigen Mängeln leiden, scheidet schon insofern aus, als dies bereits die Prüfung des Wahlvorschlages voraussetzen würde. Eine allfällige Vorprüfung durch das Gemeindeamt bzw den Gemeindewahlleiter ist in §42 Abs1 TGWO 1994 nicht vorgesehen (der Gemeindewahlleiter hat nach dieser Bestimmung nur zum Zweck der Beurteilung der Wählbarkeit Strafregisterauszüge einzuholen). Über die Zulässigkeit der Wahlvorschläge entscheidet daher allein die Gemeindewahlbehörde (siehe zur besonderen Bedeutung der kollegialen Wahlbehörde im Wahlverfahren VfSlg 20.071/2016). Daher ist es im vorliegenden Fall auch unerheblich, dass die anfechtungswerbende Wählergruppe am Tag nach der Einbringung ihrer Wahlvorschläge beim Gemeindeamt per E-Mail um Bestätigung der Einbringung und Rückmeldung ("falls etwas nicht korrekt ist oder fehlt") gebeten hat und das Gemeindeamt ihr eine Stunde später ebenfalls per E-Mail die Einbringung bestätigt, im Übrigen jedoch nur auf die Prüfung des Wahlvorschlages in der Sitzung der Gemeindewahlbehörde am 1. Februar 2022 verwiesen hat.
Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die Beurteilung der Zulässigkeit einer Kurzbezeichnung eine intensive Prüfung durch die Wahlbehörde erfordert, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolge einer Zurückweisung des Wahlvorschlages, die einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Wahlwerbung darstellt und, sofern sie rechtswidrig erfolgt, bereits für sich genommen zu einer Aufhebung des Wahlverfahrens führen kann (vgl VfSlg 1171/1929, 3977/1961, 20.383/2020; ferner VfSlg 8853/1980).
Vor diesem Hintergrund und angesichts des engen zeitlichen Rahmens, der für eine Entscheidung der Wahlbehörde noch vor Ablauf der Frist für die Einbringung der Wahlvorschläge verblieben wäre und der dadurch bedingt ist, dass die anfechtungswerbende Wählergruppe ihre Wahlvorschläge erst kurz vor Fristende eingebracht hat, kann der Gemeindewahlbehörde im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie ihre Entscheidung nicht bereits vor dem Ablauf dieser Frist getroffen hat (vgl VfSlg 2538/1953). Die Entscheidung der Gemeindewahlbehörde ist damit "unverzüglich" iSd §42 Abs1 TGWO 1994 erfolgt.
2.3.3. Schließlich kann keine Verfassungswidrigkeit darin erkannt werden, dass ein Wahlvorschlag, der eine gesetzwidrige Kurzbezeichnung enthält, nach §42 Abs2 TGWO 1994 nicht verbesserungsfähig ist:
Die Behauptung der Gleichheitswidrigkeit in Bezug darauf, dass ein solcher Mangel bei der Nationalratswahl nach §42 Abs1 NRWO verbesserungsfähig sei, geht schon deshalb ins Leere, weil die Ausgestaltung der Nationalratswahl gemäß Art26 Abs7 B VG in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers fällt, während die Ausgestaltung der Gemeinderats- sowie Bürgermeisterwahlen gemäß Art115 Abs2 iVm Art117 Abs2 B VG in die Zuständigkeit des jeweiligen Landesgesetzgebers fällt. In einer zwischen Bund und Land unterschiedlichen wahlrechtlichen Regelung kann daher von vornherein keine Gleichheitswidrigkeit liegen (vgl VfSlg 20.418/2020 zu je nach Bundesland unterschiedlichen Gemeindewahlordnungen). Soweit in der Anfechtung in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen Art95 Abs2 und Art117 Abs2 B VG behauptet wird, ist dem zu entgegnen, dass nach dem in diesen Bestimmungen enthaltenen Homogenitätsprinzip die Landtags- und Gemeinderatswahlordnungen zwar den in Art26 Abs1 B VG enthaltenen Grundsätzen, nicht aber den für die Wahlen zum Nationalrat geltenden einfachgesetzlichen Bestimmungen entsprechen müssen (VfSlg 19.820/2013 mwN). Die Regelung zur Verbesserung eines Wahlvorschlages betrifft nicht die in Art26 Abs1 B VG festgelegten "Bedingungen der Wählbarkeit" – also das passive Wahlrecht (vgl die Erläuterungen zur RV 94 BlgNR 23. GP, 3) – sondern die Art der wahlwerbenden Teilnahme am Wahlverfahren, und ist somit nicht am Homogenitätsprinzip zu messen.
Ebenso wenig kann daher ein Verstoß gegen das Homogenitätsprinzip des Art117 Abs2 B VG erkannt werden, wenn §42 Abs2 TGWO 1994 eine Regelung zur Verbesserung von Wahlvorschlägen vorsieht, die von jener für die Landtagswahl gemäß §32 Abs3 TLWO 2017 abweicht. Im Übrigen stellen die vom selben Landesgesetzgeber erlassenen Wahlordnungen einerseits zur Wahl des Landtages und andererseits zur Wahl des Gemeinderates sowie des Bürgermeisters im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben jeweils eigene Regelungssysteme dar, sodass auch sie nicht untereinander am Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden können. Für die Übereinstimmung des §42 Abs2 TGWO 1994 mit dem Gleichheitsgrundsatz ist daher allein maßgeblich, ob sich diese Bestimmung innerhalb des Systems der TGWO 1994 als sachlich erweist. Bei der Regelung des Wahlverfahrens – im vorliegenden Fall bei der Regelung der Mängelbehebung im Zusammenhang mit Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters – kommt dem Gesetzgeber jedoch ein Gestaltungsspielraum zu; ob die Regelung zweckmäßig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen (vgl VfSlg 16.044/2000, 16.735/2002; siehe auch VfGH 25.2.2021, WI14/2020 mwN).
Der Mangel einer nicht dem Gesetz entsprechenden Kurzbezeichnung betrifft den Wahlvorschlag in seiner Gesamtheit und ist ausschließlich der Wählergruppe selbst zuzurechnen. Vor diesem Hintergrund ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er diesen Mangel – im Gegensatz zum Fehlen der in §42 Abs2 TGWO 1994 genannten Angaben, die jeweils nur im Zusammenhang mit einzelnen Personen und insbesondere deren Unterschriften stehen – als so schwerwiegend betrachtet (siehe zur Bedeutung der Parteibezeichnung nochmals die unter Punkt 2.3.1. zitierte Rechtsprechung), dass er ohne Verbesserungsauftrag nach §42 Abs1 leg cit zur Zurückweisung des Wahlvorschlages gemäß §44 Abs1 litb bzw Abs2 litc leg cit führt. Dabei ist im Hinblick auf die Pflicht der Wahlbehörde zur "unverzüglichen" Entscheidung gemäß §42 Abs1 leg cit auch zu berücksichtigen, dass nach der Zurückweisung eines Wahlvorschlages die Einbringung eines neuen, den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Wahlvorschlages möglich ist, sofern die Frist nach §35 Abs2 leg cit noch nicht abgelaufen ist (siehe dazu Punkt 2.3.2.). Insofern erweist es sich auch als sachlich, dass der Gesetzgeber die Versäumung dieser Frist auf Grund eines ausschließlich der Wählergruppe selbst zuzurechnenden Fehlers wiederum zu Lasten dieser Wählergruppe gehen lässt und damit im Ergebnis den Wählergruppen im zeitlichen Nahebereich vor dem Ablauf der Frist für die Einbringung von Wahlvorschlägen eine erhöhte Sorgfaltspflicht aufbürdet.
IV. Ergebnis
1. Den Anfechtungen ist daher nicht stattzugeben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.