V285/2021 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16. November 2020, Z 3768/20/Kdo/Sa, war gesetzwidrig.
II. Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, "der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, dass die Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16.11.2020, Zl 3768/20/Kdo/Sa, betreffend das im 'Gemeindegebiet Baden verordnete Halte- und Parkverbot in der Palffygasse vom Eingang zur Stiege 1 des Hauses Ordnungsnummer 28 beginnend auf eine Länge von 6 m in Richtung Wörthgasse, ausgenommen Menschen mit Behinderung bei Verwendung des Kfz mit dem Kennzeichen BN-819EY' vom 16.11.2020 bis zum 8.2.2021 gesetzwidrig kundgemacht war".
II. Rechtslage
1. Die Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16. November 2020, Z 3768/20/Kdo/Sa, hat folgenden Wortlaut (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Verordnung
Die Stadtgemeinde Baden verfügt gemäß §43 Abs1 litb der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Gemeindegebiet von Baden nachstehende Verkehrsmaßnahme:
1) Das Halten und Parken ist auf der Palffygasse vom Eingang zur Stiege 1 des Hauses Onr. 28 beginnend auf eine Länge von 6 Meter in Richtung Wörthgasse verboten. Von diesem Verbot sind Menschen mit Behinderungen (Piktogramm) bei Verwendung des Kfz mit dem Kennzeichen BN-819EY ausgenommen. Diese Verkehrsmaßnahme ist durch das Aufstellen der Verkehrszeichen gemäß §52 lita Z13 b StVO 1960 Halten und Parken verboten mit dem Zusatz 'Anfang' mit der Zusatztafel 'ausgenommen Menschen mit Behinderungen (Piktogramm) BN 819EY' und gemäß §52 lita Z13 b StVO 1960 Halten und Parken verboten mit dem Zusatz 'Ende' entsprechend kundzumachen.
Zusätzlich ist eine Bodenmarkierung Piktogramm 'Menschen mit Behinderungen' aufzubringen.
Gemäß §44 Abs1 StVO tritt diese Verordnung mit der Aufstellung der Verkehrszeichen in Kraft.
Der Bürgermeister
[…]"
Diese Verordnung wurde am 15. Jänner 2021 aufgehoben. Mit Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom selben Tag, Z 3768/20/Kdo/Sa, wurde das Halte- und Parkverbot gemäß §43 Abs1 litd StVO 1960 neu erlassen.
2. Die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), lauten in der jeweils maßgeblichen Fassung wie folgt:
"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) wenn ein Elementarereignis bereits eingetreten oder nach den örtlich gewonnenen Erfahrungen oder nach sonst erheblichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, die zum Schutze der Straßenbenützer oder zur Verkehrsabwicklung erforderlichen Verkehrsverbote oder Verkehrsbeschränkungen zu erlassen;
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;
c) wenn ein erhebliches wirtschaftliches Interesse von einem oder von mehreren umliegenden Unternehmungen vorliegt, Straßenstellen für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke für Ladetätigkeiten durch Parkverbote, wenn jedoch eine Ladetätigkeit unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Abstellflächen und deren beste Ausnützung erfahrungsgemäß durch ein Parkverbot nicht gewährleistet ist, durch Halteverbote freizuhalten (Ladezonen);
d) für Menschen mit Behinderungen, die wegen ihrer Behinderung darauf angewiesen sind, das von ihnen selbst gelenkte Kraftfahrzeug oder ein Kraftfahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung oder ihrer Arbeitsstätte oder in unmittelbarer Nähe von Gebäuden, die von solchen Personen in der Regel häufig besucht werden, wie etwa Invalidenämter, bestimmte Krankenhäuser oder Ambulatorien, Sozialversicherungseinrichtungen u. dgl., oder in unmittelbarer Nähe einer Fußgängerzone abstellen zu können, Straßenstellen für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke zum Abstellen der betreffenden Kraftfahrzeuge durch ein Halteverbot freizuhalten.
(1a)–(11) […]
§44. Kundmachung der Verordnungen.
(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.
(1a)–(5) […]
[…]
§52. Die Vorschriftszeichen
Die Vorschriftszeichen sind
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,
b) Gebotszeichen oder
c) Vorrangzeichen.
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen
1.–13a. […]
13b. 'HALTEN UND PARKEN VERBOTEN'
[Zeichen]
Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.
Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN ZUSTELLDIENSTE' zeigt an, dass das rasche Auf- oder Abladen geringer Warenmengen vom Halteverbot ausgenommen ist.
Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN LADETÄTIGKEIT' zeigt eine Ladezone an.
Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z13a sinngemäß.
13c.–14b. […]
b) Gebotszeichen.
15.–22a. […]
c) Vorrangzeichen
23.–25b. [...]
[…]
§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde
Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:
1.–3a. […]
4. die Erlassung von Verordnungen nach §43, mit denen
a) Beschränkungen für das Halten und Parken,
b)–d) […]
erlassen werden,
4a.–21. […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 9. Februar 2021 wurde über den Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht wegen einer Übertretung des §24 Abs1 lita StVO 1960 iVm §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,– (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 27 Stunden) verhängt.
2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den vorliegenden, auf Art139 Abs1 B VG gestützten Antrag, "der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, dass die Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16.11.2020, Zl 3768/20/Kdo/Sa, betreffend das im 'Gemeindegebiet Baden verordnete Halte- und Parkverbot in der Palffygasse vom Eingang zur Stiege 1 des Hauses Ordnungsnummer 28 beginnend auf eine Länge von 6 m in Richtung Wörthgasse, ausgenommen Menschen mit Behinderung bei Verwendung des Kfz mit dem Kennzeichen BN 819EY' vom 16.11.2020 bis zum 8.2.2021 gesetzwidrig kundgemacht war".
2.1. Das antragstellende Landesverwaltungsgericht weist im Zusammenhang mit der Präjudizialität darauf hin, dass die angefochtene Verordnung Grundlage für die dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren angelastete Verwaltungsübertretung sei.
2.2. In der Folge legt das antragstellende Landesverwaltungsgericht seine Bedenken gegen die angefochtene Verordnung dar:
Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 seien Straßenverkehrszeichen dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich der zugrundeliegenden Verordnung beginne und ende. Das Straßenverkehrszeichen "Ende des Halte- und Parkverbotes" sei im vorliegenden Fall erst 1,25 Meter nach dem Ende des verordneten Geltungsbereiches des Halte- und Parkverbotes aufgestellt worden. Dies sei im Hinblick auf die Länge des verordneten Halte- und Parkverbotes eine nicht unerhebliche Abweichung, weshalb aus Sicht des antragstellenden Landesverwaltungsgerichtes zum Tatzeitpunkt ein Kundmachungsmangel vorgelegen sei.
3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnung vorgelegt, von der Erstattung einer Äußerung jedoch abgesehen.
4. Die Niederösterreichische Landesregierung hat weder Akten vorgelegt, noch eine Äußerung erstattet.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt zu Art89 Abs1 B VG beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 20.182/2017). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich (vgl VfSlg 20.251/2018).
Das angefochtene Halte- und Parkverbot wurde ausweislich des Verordnungsaktes sowie des vorgelegten Bildmaterials durch Aufstellung entsprechender Straßenverkehrszeichen kundgemacht, sodass es mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Der Antrag ist begründet.
2.3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich behauptet die Gesetzwidrigkeit der Kundmachung der angefochtenen Verordnung, weil der Aufstellungsort des Straßenverkehrszeichens von dem Ort des in der Verordnung verfügten Endes des Geltungsbereiches im Verhältnis zu der Länge des verordneten Halte- und Parkverbotes nicht unerheblich abweiche.
2.4. Damit ist das antragstellende Landesverwaltungsgericht im Recht:
2.4.1. Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 sind die in §43 StVO 1960 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft (vgl VfSlg 18.710/2009, 19.409/2011, 19.410/2011).
Der Vorschrift des §44 Abs1 StVO 1960 ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrszeichen erforderlich (vgl VwGH 13.2.1985, 85/17/0024; 25.1.2002, 99/02/0014; 10.10.2014, 2013/02/0276), jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Verkehrsbeschränkung signifikant abweicht (vgl VfSlg 15.749/2000 mwN; zu den in der Judikatur entwickelten Kriterien vgl VwGH 3.7.1986, 86/02/0038; 16.2.1999, 09/02/0338; 22.2.2006, 2003/17/0138; 24.11.2006, 2006/02/0232; 5.9.2008, 2008/02/0011; 21.11.2008, 2008/02/0231; 25.11.2009, 2009/02/0095; 25.6.2014, 2013/07/0294; vgl auch VfSlg 20.251/2018).
2.4.2. Mit Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16. November 2020, Z 3768/20/Kdo/Sa, wurde in der Palffygasse, beginnend vom Eingang zur Stiege 1 des Hauses Onr. 28, ein Halte- und Parkverbot für einen Bereich von sechs Metern in Richtung Wörthgasse verfügt. Wie sich aus dem – unwidersprochen gebliebenen – Antragsvorbringen ergibt, wurde dieses Halte- und Parkverbot durch Aufstellung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen in einem Abstand von 7,25 Metern kundgemacht. Dieses Vorbringen wird zudem durch einen in dem vorgelegten Verordnungsakt einliegenden Aktenvermerk vom 15. Jänner 2021 bestätigt, demzufolge die Aufstellung der Straßenverkehrszeichen fehlerhaft erfolgt sei und der Abstand zwischen den Straßenverkehrszeichen 7,30 Meter betrage. Für den Verfassungsgerichtshof besteht daher kein Zweifel, dass die Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung der angefochtenen Verordnung zumindest bis zum Tatzeitpunkt nicht in einem Abstand von sechs, sondern von 7,30 Metern aufgestellt waren.
Eine Abweichung von 1,30 Metern stellt im Hinblick auf den mit der angefochtenen Verordnung verfügten Geltungsbereich von lediglich sechs Metern eine signifikante Abweichung dar (vgl zur Feststellung der Gesetzwidrigkeit eines Parkverbotes mit einem Geltungsbereich von fünf Metern, welches durch eine etwa 9,75 Meter lange Zickzacklinie kundgemacht worden war, VfGH 28.2.2022, V546/2020). Die Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Grenzen des Halte- und Parkverbotes mit den tatsächlich kundgemachten Grenzen führt zur Rechtswidrigkeit und zu einer nicht gesetzmäßigen Kundmachung, zumal im vorliegenden Fall der tatsächliche Standort eines der Straßenverkehrszeichen außerhalb des in der angefochtenen Verordnung festgelegten Geltungsbereiches liegt (anders als etwa in VwGH 10.10.2014, 2013/02/0276) und diesen damit um mehr als 20 Prozent erweitert.
2.5. Die angefochtene Verordnung wurde am 15. Jänner 2021 aufgehoben und die Stadtgemeinde Baden erließ am selben Tag eine neue Verordnung betreffend ein Halte- und Parkverbot in der Palffygasse. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs4 B VG festzustellen, dass die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war (vgl VfSlg 12.160/1989).
V. Ergebnis
1. Die Verordnung der Stadtgemeinde Baden vom 16. November 2020, Z 3768/20/Kdo/Sa, war gesetzwidrig.
2. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz B VG und §59 Abs2 iVm §61 VfGG sowie §2 Abs1 Z6 NÖ VerlautbarungsG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.