G130/2021 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Der Antrag auf Aufhebung des §5 Abs2 und Abs4 zweiter Satz sowie des §14 Z3 des Bundesgesetzes über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen und über die Aufhebung des Wertpapier-Emissionsgesetzes (Kapitalmarktgesetz – KMG), BGBl Nr 625/1991, idF BGBl I Nr 2/2001 wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG, begehrt die antragstellende Partei, der Verfassungsgerichtshof möge
"a. §5 KMG idF BGBl 625/1991 sowie §14 KMG idF BGBl I 2/2001 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, dass §5 KMG idF BGBl 625/1991 sowie §14 KMG idF BGBl I 2/2001 verfassungswidrig waren;
b. in eventu §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991, §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 sowie §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, dass §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991, §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 sowie §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 verfassungswidrig waren;
c. in eventu §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991, §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 sowie die Wortfolge 'und das Datum' in §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, dass §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991, §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 sowie die Wortfolge 'und das Datum' in §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 verfassungswidrig waren;
d. in eventu die Wortfolge 'und das Datum' in §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, dass die Wortfolge 'und das Datum' in §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 verfassungswidrig war;
e. in eventu §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991 und §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, dass §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991 und §5 Abs4 zweiter Satz KMG idF BGBl 625/1991 verfassungswidrig waren."
II. Rechtslage
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen und über die Aufhebung des Wertpapier-Emissionsgesetzes (Kapitalmarktgesetz – KMG), BGBl 625/1991, idF BGBl I 2/2001 lauteten (die mit dem ersten Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Verbrauchergeschäfte
§5. (1) Erfolgt ein prospektpflichtiges Angebot ohne vorhergehende Veröffentlichung eines Prospekts oder der Angaben nach §6, so können Anleger, die Verbraucher im Sinne des §1 Abs1 Z2 KSchG sind, von ihrem Angebot oder vom Vertrag zurücktreten.
(2) Unbeschadet des Rücktrittsrechtes nach Abs1 können Anleger, die Verbraucher im Sinne des §1 Abs1 Z2 KSchG sind, vom Vertrag zurücktreten, wenn ihnen der Erwerb einer Veranlagung in Immobilien nicht gemäß §14 Z3 bestätigt wurde.
(3) Der Rücktritt bedarf der Schriftform, wobei es genügt, wenn der Verbraucher ein Schriftstück, das seine Vertragserklärung oder die des Veräußerers enthält, dem Veräußerer oder dessen Beauftragten, der an den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat, mit einem Vermerk zurückstellt, der erkennen läßt, daß der Verbraucher das Zustandekommen oder die Aufrechterhaltung des Vertrages ablehnt. Es reicht aus, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Zeiträume gemäß Abs4 abgesendet wird.
(4) Das Rücktrittsrecht nach Abs1 erlischt mit Ablauf einer Woche nach dem Tag, an dem der Prospekt oder die Angaben nach §6 veröffentlicht wurden. Das Rücktrittsrecht nach Abs2 erlischt mit Ablauf einer Woche nach dem Tag, an dem dem Verbraucher der Erwerb gemäß §14 Z3 bestätigt wurde.
(5) Den Abs1 bis 4 entgegenstehende Vereinbarungen zum Nachteil von Verbrauchern sind unwirksam.
(6) Weitergehende Rechte der Anleger nach sonstigen Vorschriften bleiben unberührt.
[...]
Sonderbestimmungen für Veranlagungen in Immobilien
§14. Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien liegen vor, wenn Wertpapiere oder Veranlagungen von Emittenten ausgegeben werden, die mit dem investierten Kapital direkt oder indirekt nach Zweck oder tatsächlicher Übung überwiegend Erträge aus der Überlassung oder Übertragung von Immobilien an Dritte erwirtschaften. Für solche Veranlagungsgemeinschaften in Immobilien gelten die nachstehenden Bestimmungen zusätzlich und auch dann, wenn eine Zulassung zum amtlichen Handel an der Wiener Börse beantragt ist:
1. Der Prospekt (§7) ist um die im Schema D enthaltenen Angaben zu ergänzen;
2. die Prospektkontrolle hat durch einen Kontrollor gemäß §8 Abs2 Z3 oder 4 zu erfolgen; §8 Abs2 letzter Satz ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß hinsichtlich des Versicherungsvertrages die Deckungssumme pro einjähriger Versicherungsperiode mindestens 18,2 Millionen Euro zu betragen hat;
3. dem Anleger ist der Erwerb der Veranlagung, über die keine Wertpapiere ausgestellt werden, bei Vertragsabschluß in schriftlicher Form zu bestätigen; die Bestätigung hat die wesentlichen Merkmale der Veranlagung, insbesondere deren Gegenwert und die Rechtsstellung des Anlegers sowie das Publikationsorgan und das Datum der Veröffentlichung des Prospekts sowie allfälliger sonstiger Angaben nach diesem Bundesgesetz zu enthalten; die Bestätigung ist vom Emittenten auszustellen; ist der Emittent Ausländer, ist sie vom Anbieter auszustellen; sind Emittent und Anbieter Ausländer, ist sie vom Vermittler auszustellen;
4. der Emittent hat für jede Veranlagungsgemeinschaft jährlich einen Rechenschaftsbericht gemäß Anlage E zu erstellen;
innerhalb jeder Veranlagungsgemeinschaft in Immobilien hat die Methode der Wertermittlung der Immobilien gleich zu sein; der Rechenschaftsbericht ist von einem Abschlußprüfer unter sinngemäßer Anwendung der §§268 bis 276 HGB auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen; sind nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung keine Einwendungen zu erheben, so hat der Prüfer dies durch folgenden Vermerk zu bestätigen: 'Die Buchführung und der Rechenschaftsbericht entsprechen nach meiner/unserer pflichtgemäßen Prüfung den gesetzlichen Vorschriften. Die Bewertung der Immobilien entspricht den im Prospekt und im Rechenschaftsbericht angegebenen Grundsätzen. Der Rechenschaftsbericht vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein möglichst getreues Bild der Lage der Veranlagungsgemeinschaft.';
5. der Emittent hat den geprüften Rechenschaftsbericht mit dem Bestätigungsvermerk innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß des Geschäftsjahres, in Ermangelung eines solchen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres, nach den Vorschriften über die Veröffentlichung des Prospektes nach §10 zu veröffentlichen;
6. der Prüfer des Rechenschaftsberichts haftet den Anlegern im Sinne des §275 HGB."
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die antragstellende Partei ist beklagte Partei in einem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Handelsgericht Wien. Die Kläger in diesem Verfahren sind Kommanditisten eines geschlossenen Immobilienfonds. Von 2004 bis 2009 waren die Kläger mittelbar an dem Immobilienfonds beteiligt, nämlich über die antragstellende Partei als Treuhänderin; im Jahr 2009 erwarben die Kläger eine direkte Kommanditistenstellung und wurden als solche in das deutsche Handelsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 traten die Kläger von der Veranlagung gemäß §5 (Abs2) und §14 (Z3) KMG, BGBl 625/1991, idF BGBl I 2/2001 zurück, weil sie niemals eine Anlegerbestätigung iSd §14 Z3 leg cit erhalten hätten.
2. Mit Urteil vom 29. März 2021, 69 Cg 103/18p-38, bestätigte das Handelsgericht Wien den Vertragsrücktritt der Kläger gegenüber der antragstellenden Partei. Zwar hätten die Kläger eine Anlegerbestätigung erhalten; diese sei jedoch mangelhaft gewesen, weil das Datum der Prospektveröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung gefehlt habe.
3. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt sie ihre verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"3. Zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen
3.1. Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 1. ZP-EMRK)
3.1.1. Vorliegen eines Eingriffs in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums
Gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK ist die Unversehrtheit des Eigentums verfassungsrechtlich gewährleistet. Der VfGH geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung, weil sie sich auf alle privaten Vermögensrechte erstreckt, auch das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge, also die Privatautonomie umfasst (grundlegend VfSlg 12.227/1989). Der Staat darf demzufolge in die Privatautonomie lediglich unter den Voraussetzungen eingreifen, die die Verfassungsordnung ganz allgemein für die Zulässigkeit von Eigentumseingriffen vorsieht (vgl VfSlg 13.963/1994, 14.503/1996). Eigentumseingriffe müssen im öffentlichen Interesse liegen und dürfen nicht unverhältnismäßig sein (vgl VfSlg 13.659/1993, 17.604/2005, 17.817/2006, 19.687/2012).
Die mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Regelungen bewirken insoweit einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, als sie einer Vertragspartei (Anleger, der Verbraucher iSd §1 Abs1 Z2 KSchG ist) die Möglichkeit einräumen, von einem abgeschlossenen Vertrag bei Vorliegen bestimmter Umstände – grundsätzlich unbefristet – zurückzutreten. Dieses Auflösungsrecht des Anlegers ist dabei gesetzlich zwingend und kann auch nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen abbedungen werden (vgl §5 Abs4 KMG idF BGBl 625/1991).
Insoweit stellen sich die angefochtenen Bestimmungen, die dem Anleger, der Verbraucher iSd §1 Abs1 Z2 KSchG ist, das Recht einräumen, vom Vertrag zurückzutreten, wenn ihm der Erwerb einer Veranlagung in Immobilien nicht nach §14 Z3 KMG (idF BGBl I 2/2001) bestätigt wurde, als Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums dar.
3.1.2. Keine Rechtfertigung des Eingriffs
Nach der Rechtsprechung des VfGH kann ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nur dann gerechtfertigt sein, wenn damit ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel verfolgt wird, der Eingriff zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sowie insgesamt adäquat ist (grundlegend VfSlg 13.659/1993). Dies ist gegenständlich nicht der Fall:
Während gegenständlich noch davon ausgegangen werden kann, dass der in Rede stehende Eingriff dem Verbraucherschutz und damit einem im öffentlichen Interesse gelegenen Ziel dient, können andere Ziele durch die in Rede stehende Regelung nicht erreicht werden. Das Handelsgericht Wien weist in seinem Urteil vom 29.03.2021 darauf hin, dass durch die in Rede stehenden Bestimmungen auch ein Anreiz geschaffen werden soll, dass sich Emittenten und sonstige Marktteilnehmer rechtskonform verhalten; es werde indirekt auch die Informationspflicht und Prospektpflicht des Anbieters allgemein gesichert, weshalb das Rücktrittsrecht nicht nur als Rechtsbehelf auf Ebene von zwei Vertragsparteien zu sehen sei, 'sondern als Instrument des Private Enforcement allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Pflichten gegenüber der Anlegergesamtheit und dem Kapitalmarkt' (vgl S 17 des Urteils unter Berufung auf eine Literaturmeinung von Kalss in FS Fenyves [2013] 167 [169 f, 171 f]). Soweit die angefochtenen Regelungen aber tatsächlich diesem Ziel der Sicherstellung von allgemein rechtskonformem Verhalten der Emittenten und sonstigen Marktteilnehmer dienen sollen, sind sie zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet.
Immerhin greift das Rücktrittsrecht des Anlegers / Verbrauchers auch in jenen Konstellationen, in [denen] die Bestätigung nach §14 Z3 KMG (idF BGBl I 2/2001) von einem anderen Unternehmen ausgestellt wird und auch ausgestellt werden muss, als jenem, demgegenüber das Rücktrittsrecht auszuüben ist. Die Anlegerbestätigung ist nämlich gemäß §14 Z3 KMG (idF BGBl I 2/2001) vom Emittenten oder, bei ausländischen Emittenten (dies ist hier der Fall) von demjenigen Rechtsträger, der das prospektpflichtige Angebot stellt, auszustellen (§1 Z6 KMG idF BGBl I 2/2001). Dies war im vorliegenden Fall nicht die beklagte Antragstellerin, sondern die *** (die nach den – zutreffenden – Urteilsfeststellungen als inländischer Anbieter und Vermittler fungierte; vgl S 8 und 10 des Urteils).
Demgegenüber wurde (nach Ansicht des Handelsgerichts Wien rechtsrichtigerweise, vgl dazu S 15 des Urteils) das Rücktrittsrecht gegenüber der Antragstellerin ausgeübt und die Einlage von der Beklagten zurückgefordert. Wenn aber das Rücktrittsrecht auch 'als Instrument des Private Enforcement allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Pflichten gegenüber der Anlegergesamtheit und dem Kapitalmarkt [zu verstehen ist]' (vgl Urteil S 17), verfehlt die gesetzliche Regelung dieses Ziel. In Konstellationen wie der im Anlassfall vorliegenden kann es gar nicht erst dazu kommen, dass die Möglichkeit des Rücktritts bei nicht gesetzeskonformer Ausstellung eine verhaltenssteuernde Wirkung bei demjenigen entfaltet, der sich ansonsten der 'Gefahr' eines Rücktritts ausgesetzt sähe, weil dieser nicht derjenige ist, der die Anlegerbestätigung auszustellen hat. Diesem gegenüber vermag aber die Rücktrittsmöglichkeit ebenfalls nicht verhaltenssteuernd zu wirken, weil er selbst nicht Vertragspartner des Anlegers ist.
Ob im Innenverhältnis allfällige Rückgriffsansprüche des Rücktrittsgegners (hier: der Antragstellerin) bestehen, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt davon ab, ob zwischen dem Anbieter und dem Rücktrittsgegner ein vertragliches Verhältnis besteht, das ersteren zur sorgfaltsgemäßen Erfüllung der Pflichten nach §14 KMG verpflichtet. Von Gesetzes wegen besteht ein solcher Rückgriffsanspruch jedenfalls nicht. Selbst wenn ein (vertraglicher) Rückgriffsanspruch bestünde, hätte dieser wiederum selbst die Hürde der gerichtlichen Geltendmachung zu überwinden; ein allfälliges Insolvenzrisiko trägt in diesen Konstellationen jedenfalls der Vertragspartner des Anlegers[.]
Bei Konstellationen wie der im Anlassfall gegenständlichen handelt es sich um keinen Härtefall, sondern im Gegenteil um einen typischen Fall. Ist der Emittent Inländer, hat dieser nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 die Bestätigung auszustellen. Vertragspartner des Verbraucher-Anlegers ist aber typischerweise nicht der Emittent selbst, sondern ein Kreditinstitut oder ein sonstiges Dienstleistungsunternehmen, das die Veranlagungen zeichnet und dann an das anlagesuchende Publikum weitergibt. In solchen Fällen ist 'Rücktrittsgegner' dieses Kreditinstitut oder sonstige Unternehmen (RIS-Justiz RS0125648, OGH 2Ob32/09h). Desgleichen, wenn etwa ein Kreditinstitut die Veranlagung für einen Kunden im Wege der Einkaufskommission beschafft, ein Fall, der dem vorliegenden sehr nahesteht. [Der Einkaufskomm[i]ssionär handelt gemäß §383 Abs1 UGB bei Erwerb der Veranlagung im eigenen Namen und hat die Veranlagung sodann an den Kommittenten herauszugeben. Gegenstand des Rücktritts ist in diesem Fall das Kommissionsgeschäft[.]]
Im vorliegenden Fall ist 'Rücktrittsgegner' ein Treuhanddienstlei[s]tungsunternehmen, dessen Unternehmensgegenstand im Erwerb und dem Halten von derartigen Veranlagungen für die Anleger besteht. Mit der Beitrittserklärung Beilage./3 beauftragt der Anleger die Antragstellerin, im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des Anlegers den Kommanditanteil an der Fondsgesellschaft zu erwerben; letztere ist die Emittentin. Der Rücktritt lässt den Treuhandvertrag mit ex tunc entfallen, womit ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger der Zahlung (dies ist nach Beurteilung des Handelsgerichts Wien und auch der Rspr des OGH (OGH 6 Ob 220/20a) die Treuhandgesellschaft) die Beklagte entsteht.
Gemäß der ausdrücklichen Anordnung des §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001, kommt es daher regelmäßiger- und typischerweise zum Auseinanderfallen in der Person des Ausstellers der Bestätigung und demjenigen, demgegenüber ein allfälliger Rücktritt zu erklären und geltend zu machen ist. Damit ist dieser Fall der fehlenden Identität zwischen dem Aussteller der Bestätigung und dem 'Adressaten' des Rücktrittsrechts in den in Rede stehenden Regelungen aber geradezu angelegt, weshalb kein Härtefall vorliegt.
Weiters ist der in Rede stehende Eingriff auch nicht zur Erreichung des angestrebten Ziels (Verbraucherschutz) notwendig iSe gelindesten Mittels. Selbst wenn man annehmen wollte, dass es eine 'erzieherische' Wirkung haben kann, wenn für die nicht gesetzeskonforme Ausstellung von Bestätigungen nach §14 Z3 KMG idF BGBl I [2/2001] die Möglichkeit des Rücktritts im Raum steht, erweist es sich als nicht unbedingt erforderlich, dieses Mittel auch in jenen Konstellationen zur Anwendung zu bringen, in denen die Person des Ausstellers der Bestätigung nicht mit jener ident ist, der gegenüber der Rücktritt geltend zu machen wäre. Da diesfalls der Aussteller der Bestätigung nicht bzw zumindest nicht unmittelbar von den nachteiligen Folgen einer gesetzwidrigen Bestätigung betroffen wäre, wird er aus diesem Umstand keine zusätzliche Motivation zur Ausstellung gesetzeskonformer Bestätigungen ziehen. Insofern 'verpufft' das entsprechende Anliegen.
Aber auch in jenen Konstellationen, in denen es noch zu einer Personenidentität zwischen dem Aussteller der Bestätigung und der Person, der gegenüber der Rücktritt erfolgt[,] kommt, bzw auch im Hinblick auf andere Zielsetzungen, denen die in Rede stehende Bestimmung allenfalls dienen sollte, geht der Eingriff über das hinaus, was zur Zielerreichung erforderlich ist. Soweit nämlich mit den in Rede stehenden Regelungen das Ziel verfolgt wird, einem allfälligen Informationsinteresse seitens der Anleger Rechnung zu tragen, erweist sich dies nur so lange als gerechtfertigt, als tatsächlich ein solches Informationsinteresse besteht.
Beispielhaft kann wieder auf den Anlassfall verwiesen werden: Dort war in der Bestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 nicht das Datum der Prospektveröffentlichung in der Wiener Zeitung angegeben. Allerdings hatte die bestätigungsausste[ll]ende Stelle (***) darauf hingewiesen, dass ein vollständiger Prospekt bei ihr und auch bei der ÖKB kostenlos angefordert werden könne (vgl den Auszug aus der Bestätigung, wiedergegeben auf S 10 des Urteils). Soweit es also darum gehen solle, dass den Anlegern ein niederschwelliger Zugang zu dem vollständigen Prospekt gewährt werden sollte, muss davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit, eine kostenlose Zusendung des Prospekts zu erhalten, diesem Anliegen eher oder jedenfalls ebensogut Rechnung trägt, wie die Angabe der Fundstelle in einer öffentlich zugänglichen Zeitung (wobei diesfalls zudem das Auffinden des Prospekts ebenso wie die Kosten der Herstellung [Ausdrucken, Kopie] eines Exemplars dem Anleger anfallen würden, was bei der angebotenen kostenlosen Zusendung nicht der Fall wäre). Da die hier angefochtenen Regelungen aber durch die unbedingte Forderung nach der Angabe des Orts und des Datums der Veröffentlichung keinen Raum für alternative Möglichkeiten bieten, den Anlegern den Inhalt des Prospekts zur Kenntnis zu bringen (nicht gesetzeskonform wäre es demnach auch, wenn der Prospekt dem Schreiben gleich beigelegt wäre), geht er über das hinaus, was zur Erreichung des gesetzten Ziels (Information der Verbraucher) erforderlich ist. [Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass für den Fall der Nichtveröffentlichung eines Prospekts trotz Bestehens einer Veröffentlichungspflicht nach §5 Abs1 KMG idF BGBl 625/1991 ein gesondertes Rücktrittsrecht zustand.] Demgemäß sind die angefochtenen Regelungen verfassungswidrig.
Zudem: Das Gesetz verlangt die Angabe des Datums der Prospektveröffentlichung selbst dann, wenn dieses Datum keinerlei Informationswert hat, also insbesondere dann, wenn der Prospektpflichtige von den Publikationswahlrechten gemäß §10 Abs1 Z3 KMG (Auflage am Sitz des Emittenten) oder 4 (Homepage) Gebrauch macht. Auch in solchen Fällen ist das Publikationsdatum anzugeben; fehlt es, wurde der Erwerb der Anlage nicht im Sinne des §5 Abs2 KMG 'gemäß' §14 Z3 KMG bestätigt und greift das Rücktrittsrecht ein.
Ein Rücktrittsrecht besteht sogar selbst dann, wenn dem betreffenden Anleger der Prospekt ausgehändigt wurde und er daher keinerlei Interesse hat, das Datum der Prospektveröffentlichung zu erfahren.
Schließlich erweist sich der in Rede stehende Eingriff auch als nicht adäquat. Adäquat ist eine gesetzliche Regelung nach Ansicht des VfGH nur dann, wenn zwischen dem öffentlichen Interesse und der verkürzten Grundrechtsposition eine angemessene Relation besteht (vgl etwa VfSlg 11.558/1987). Gegenständlich ermöglichen die angefochtenen Bestimmungen aber einen Rücktritt bei bloßer Nichteinhaltung von Formvorschriften und völlig unabhängig davon, ob die Nichteinhaltung dieser Formvorschriften zu einem Informationsdefizit des Anlegers geführt hat, oder nicht. Dies auch in jenen Fällen, in denen die Person, der gegenüber der Rücktritt geltend gemacht wird, nicht mit jener ident ist, die das Bestätigungsschreiben nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 nicht gesetzeskonform ausgestellt hat. Demgemäß hat die Person, die sich der 'Gefahr' ausgesetzt sieht, dass ihr Vertragspartner den Rücktritt erklärt, auch keine Möglichkeit, etwa durch eigene, proaktive Information der Anleger diese Gefahr auszuschließen. Selbst wenn sie den Anlegern sämtliche Informationen über die Auffindbarkeit des Prospekts bzw allenfalls sogar den Prospekt selbst zukommen ließe, würde dies nichts daran ändern, dass die Anleger ihr gegenüber infolge nicht gesetzeskonformer Ausstellung einer Bestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 jederzeit den Rücktritt erklären könnten. Die angefochtenen Regelungen sind daher nicht adäquat und folglich verfassungswidrig.
3.2. Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B VG; Art2 StGG)
3.2.1. Nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen
Ganz grundsätzlich verbietet der Gleichheitssatz (Art7 B VG und Art2 StGG […]) dem Gesetzgeber die Ungleichbehandlung von Gleichem und die Gleichbehandlung von Ungleichem. Eine gleichheitswidrige Ungleich- bzw Gleichbehandlung liegt immer dann vor, wenn sie nicht auf Unterschieden bzw Gemeinsamkeiten 'im Tatsächlichen' beruht und im Hinblick auf diese sachlich gerechtfertigt werden kann (vgl dazu näher Holoubek in Korinek/Holoubek [Hrsg] Bundesverfassungsrecht [14[.] Lfg; 2018] Art7/1 S 1, 2 B VG, Rz 116 mwN).
Die angefochtenen Bestimmungen gebieten die Ausstellung einer Anlegerbestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 nur für Veranlagungen in Immobilien und dies auch nur dann, wenn die Veranlagung nicht wertpapiermäßig verbrieft ist. Eine sachliche Rechtfertigung für die erhöhten Anforderungen an den Abschluss von Immobilienanlegerverträgen (bzw den Ausschluss einer Rücktrittsmöglichkeit aus solchen) ist schon grundsätzlich nicht ersichtlich. Die Gesetzesmaterialien begründen diese zusätzliche Anforderung damit, dass die 'Veranlagung in Immobilen […] in der Regel über unterschiedlichste gesellschaftsrechtliche Konstruktionen [erfolgt], sodaß die Anleger häufig keine Wertpapiere erhalten'; die Pflicht zur Ausstellung von Bestätigungen über das Rechtsverhältnis dient diesfalls der zusätzlichen Information der Anleger (ErlRV 147 BlgNR XVIII, 21). Aus welchem Grund aber gerade bei Immobilienveranlagungen besondere Informationsinteressen vorliegen sollten, die bei anderen Anlageformen nicht bestehen, bleibt offen. Informationen über die Zugänglichkeit des Kapitalmarktprospekts sind auch außerhalb von Immobilienveranlagungen von grundlegendem und generellem Interesse der Anleger. Die Ungleichbehandlung von Immobilienveranlagungen gegenüber sonstigen Anlageformen erweist sich als sachlich nicht rechtfertigbar und folglich verfassungswidrig.
Ebenso stellt es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, dass Anlegerbestätigungen lediglich dann auszustellen sind, wenn die Veranlagung nicht wertpapiermäßig verbrieft ist. Damit verfolgt §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 offensichtlich den Zweck, dem Anleger grundlegende rechtliche Informationen, die im Fall der Verbriefung der Urkunde entnommen werden können, auf andere Weise zukommen zu lassen. Nun sind aber jene Angaben, die §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 als wesentliche Merkmale der Veranlagung nennt und die deshalb Inhalt einer Anlegerbestätigung zu sein haben, wie etwa der Ort und das Datum der Veröffentlichung des Prospekts, aus Wertpapieren regelmäßig gerade nicht ersichtlich. Demgemäß stellt es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, wenn in einer Anlegerbestätigung solche Angaben zu machen sind, die im Fall einer verbrieften Anlage auch der Urkunde nicht zu entnehmen sind. Die angefochtenen Bestimmungen sind daher gleichheits- und verfassungswidrig.
Schließlich erweist sich die unterschiedslose Vorgabe der Nennung des Datums der Veröffentlichung des Prospekts als nicht [zu] rechtfertigende Ungleichbehandlung: Bei Veröffentlichung des Prospekts im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in einer Zeitung mit einer Verbreitung im gesamten Bundesgebiet (vgl §10 Abs1 Z1 und Z2 KMG idF BGBl I 2/2001) mag die Angabe des Kundmachungsdatums noch sinnvoll sein. Bei Veröffentlichungen in einer Broschüre, die am Sitz des Emittenten und des Kreditinstituts, das die Aufgabe der Zahlstelle übernimmt, kostenlos zur Verfügung gestellt wird, oder auf der Homepage des Emittenten und des Kreditinstituts, das die Aufgabe der Zahlstelle übernimmt (vgl §10 Abs1 Z3 und Z4 KMG KMG idF BGBl I 2/2001[)], erweist sich die Forderung nach einer Datumsangabe aber schon als sinnentleert. Letzterenfalls ist der veröffentlichte Prospekt nämlich unabhängig von einer Datumsangabe auffindbar. Dass §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 dessen ungeachtet unterschiedslos die Angabe des Publikationsdatums erfordert und §5 Abs2 KMG idF BGBl I 2/2001 an die Missachtung dieser Vorgabe die Sanktion der Rücktrittsmöglichkeit knüpft, erweist sich als sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Die angefochtenen Regelungen sind daher auch insoweit gleichheits- und verfassungswidrig.
3.2.2. Unsachliche Ungleichbehandlung – Wertungswidersprüche
Auch insgesamt erweist sich die gesetzlich vorgesehene Rücktrittsmöglichkeit bei nicht gesetzmäßig ausgestellter Anlegerbestätigung als systemwidrig innerhalb des KMG. Es liegt auch eine sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung von Fehlern bei der Ausstellung der Anlegerbestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 und Fehlern bei der Erstellung des Prospekts als solchem vor. Gemäß der im Anlassfall maßgeblichen Rechtslage hafteten gemäß §11 KMG die dort genannten Personen (auf Schadenersatz) für Schäden, die dem Anleger im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben und der sonstigen erforderlichen Angaben, die für die Beurteilung der Veranlagung erheblich sind. Diese Prospekthaftung unterscheidet sich in wesentlichen Aspekten von der 'Haftung' (iSd Einräumung einer Rücktrittsmöglichkeit mit Rückabwicklung) für fehlerhafte Anlegerbestätigungen:
Zunächst trifft die Prospekthaftung die haftpflichtigen Personen nur bei Verschulden; bei manchen Haftungsadressaten wird sogar grobes Verschulden vorausgesetzt.
Nach §11 Abs1 KMG tritt eine Prospekthaftung nur dann ein, wenn dem Anleger im Vertrauen auf die Prospektangaben ein Schaden entstanden ist; der Prospektinhalt muss also für die Anlageentscheidung kausal gewesen sein und der Anleger muss behaupten und beweisen, dass er die Prospektangaben zur Kenntnis genommen hat [und] bei Richtigkeit der Prospektangaben nicht investiert hätte (OGH 1Ob35/18f).
Die Prospekthaftung unterlag nach der im relevanten Zeitpunkt maßgeblichen Rechtslage einer 5-jährigen Verjährungsfrist.
Die Prospekthaftung bestand nach der maßgeblichen Rechtslage nur für solche Fehler, die für die Entscheidung eines verständigen Anlegers wesentlich sind (arg §7 Abs1 iVm §11 Abs1 KMG).
Vergleichbare Beschränkungen sind dem Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991 fremd. Dieses besteht völlig verschuldensunabhängig und sogar dann, wenn der zur Abgabe der Anlegerbestätigung Verpflichtete nicht ident ist mit dem Adressaten des Rücktrittsrechts. Das Rücktrittsrecht besteht auch unabhängig davon, ob die fehlerhafte Anlagebestätigung irgendwelche rechtlich relevanten Auswirkungen gezeitigt hat, ja sogar unabhängig davon, ob der Anleger die fehlerhafte Bestätigung überhaupt gelesen hat. Schließlich besteht die Rücktrittsmöglichkeit wegen fehlerhafter Anlegerbestätigung zeitlich unbeschränkt.
Die – von ihren möglichen Auswirkungen auf die Anlegerentscheidung – sohin weitaus gravierenderen Fehler in einem Prospekt können sohin nur unter deutlich restriktiveren Voraussetzungen geltend gemacht werden als die fehlerhaften Angaben in einer Anlegerbestätigung. Für diese Unterscheidung fehlt es an jeglicher sachlicher Rechtfertigung, weshalb die angefochtenen Regelungen auch aus diesem Grund gleichheits- und verfassungswidrig sind.
Ein vergleichbarer Wertungswiderspruch liegt auch im Hinblick auf das Rücktrittsrecht nach §5 Abs1 KMG idF [BGBl] 625/1991 vor. Demgemäß konnten Anleger, die Verbraucher iSd §1 Abs1 Z2 KSchG sind, vom Vertrag zurücktreten, wenn ein öffentliches Angebot ohne vorherige Veröffentlichung eines Kapitalmarktprospekts oder – bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse – ohne eines allenfalls nach §6 erforderlichen Nachtragsprospekts gestellt wurde. Nach dieser Bestimmung war ein Rücktritt getreu dem Regelungswortlaut aber nur dann zulässig, wenn der Prospekt oder gegebenenfalls der Nachtrag völlig fehlten, (OGH 5 Ob 56/11p) nicht aber, wenn diese inhaltlich fehlerhaft waren. Demgegenüber besteht das Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG idF [BGBl] 625/1991 nicht nur dann, wenn überhaupt keine Anlegerbestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 ausgestellt wurde, sondern auch dann, wenn eine solche bloß mit Formalfehlern behaftet war, die ohne jegliche Konsequenz geblieben sind. Für diese Unterscheidung fehlt es an jeglicher sachlicher Rechtfertigung, weshalb die angefochtenen Regelungen auch aus diesem Grund gleichheits- und verfassungswidrig sind.
3.2.3. Unsachlichkeit der Regelungen
In seiner Rechtsprechung hat der VfGH den Gleichheitssatz der Art7 B VG und Art2 StGG zu einem allgemeinen Sachlichkeitsgebot weiterentwickelt. Nach dieser bindet der Gleichheitsgrundsatz den Gesetzgeber und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Den gegenständlich angefochtenen Bestimmungen fehlt es an einer sachlichen Begründung, weshalb sie insoweit verfassungswidrig sind.
Wie bereits dargetan (vgl oben Punkt 3.1.2), führen die angefochtenen Regelungen dazu, dass einem Anleger ein Rücktrittsrecht wegen nicht gesetzeskonformer Ausstellung einer Bestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 auch dann zusteht, wenn dem Anleger jene Informationen, zu denen ihm die ausgestellte Bestätigung verhelfen soll, auf anderem Wege sehr wohl zugekommen sind. Schon aus diesem Grund sind die angefochtenen Regelungen unsachlich und daher verfassungswidrig.
Zusätzlich erweist es sich als unsachlich, dass mit den nachteiligen Folgen eines Rücktritts aufgrund der angefochtenen Bestimmungen eine Person belastet sein kann, die nicht mit der Person, die zur Ausstellung der Bestätigung nach §14 Z3 KMG idF BGBl I 2/2001 verpflichtet ist, ident ist, und die auch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bestätigung nehmen kann oder allfällige Mängel der Bestätigung durch eigenes Zutun (Übermittlung der bekannt zu gebenden Informationen) ausgleichen kann. Auch insoweit sind die angefochtenen Regelungen unsachlich und daher verfassungswidrig.
3.2.4. Unsachlichkeit der Unbefristetheit des Rücktrittsrechts
Des weiteren erweist es sich als sachlich nicht rechtfertigbar, dass Anlegern nach §5 Abs2 KMG idF BGBl 625/1991 ein unbefristetes Rücktrittsrecht mit Wirkung ex tunc eingeräumt wird, wohingegen der Gesetzgeber in anderen Konstellationen sehr wohl Befristungen und Schranken für Rückabwicklungen vorsieht.
Mit BGBl I 51/2018 wurde das VersVG durch Einfügung eines §176 Abs1a dahingehend geändert, dass bei potentiell 'unendlich' möglichem Rücktritt von einer Kapitalversicherung (infolge unvollständiger Informationen des Versicherungsnehmers) dem Versicherungsnehmer innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss die für das erste Jahr gezahlten Prämien zurückzuzahlen sind; ab dem zweiten bis zum Ablauf des fünften Jahres nach Vertragsabschluss gebührt der Rückkaufswert ohne Berücksichtigung der tariflichen Abschlusskosten und des Abzugs gemäß §176 Abs4 VersVG.
Lebensversicherungen sind von ihrem Anlagezweck her den hier in Rede stehenden Immoblienanlagen als 'Vorsorge' durchaus vergleichbar. Bezeichnenderweise haben die Kläger im Anlassverfahren die in Rede stehenden Anlagen gezeichnet 'um für ihre Pension vorzusorgen' (vgl S 9 des Urteils).
Da der Gesetzgeber aber in der vergleichbaren Konstellation des VersVG keine unbefristeten Rückabwicklungen (mehr) zulässt, erweist es sich als sachlich nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung, wenn er dies für Immobilienveranlagungen nach dem KMG weiterhin ermöglicht.
Zu den zeitlichen Verhältnisse[n] [sei] angemerkt, dass selbst wenn die hier angefochtenen Regelungen im Jahr 2004 in der hier relevierten Hinsicht noch verfassungskonform gewesen sein mögen, diese Verfassungskonformität spätestens mit jenem Zeitpunkt verloren ging, als sich der Gesetzgeber in vergleichbaren Konstellationen dafür entschied, Rückabwicklungen von abgeschlossenen Anlageverträgen zu befristen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten auch Rückabwicklungsmöglichkeiten nach dem KMG in der hier maßgeblichen Fassung zeitlich begrenzt werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, liegt nunmehr eine sachlich nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung vor, weshalb die angefochtenen Regelungen jedenfalls noch vor dem Zeitpunkt ihres Außerkrafttretens verfassungswidrig wurden (zum Inkrafttreten des KMG 2019 [BGBl I 62/2019]) und nunmehr verfassungswidrig sind."
4. Die Bundesregierung hat mit Eingabe vom 23. Juni 2021 von einer Äußerung abgesehen.
5. Die Kläger im zivilgerichtlichen Verfahren haben als beteiligte Parteien im verfassungsgerichtlichen Verfahren ebenfalls keine Äußerung erstattet.
6. Mit Eingabe vom 28. Juni 2021 teilte die antragstellende Partei mit, dass die angefochtenen Bestimmungen in zumindest zwölf weiteren zivilgerichtlichen Verfahren präjudiziell seien. Der Verfassungsgerichtshof möge im Falle einer Aufhebung der Bestimmungen aussprechen, dass diese nicht mehr anzuwenden seien und frühere Gesetzesbestimmungen nicht wieder in Kraft träten.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.
1.2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 29. März 2021 gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B VG).
1.3. Als beklagte Partei ist die antragstellende Gesellschaft Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit sie zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG berechtigt ist.
1.4. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Partei jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).
Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Handelsgerichtes Wien davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.
1.5. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).
1.6. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, die präjudiziell sind und mit präjudiziellen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.7. Die antragstellende Partei ficht mit ihrem Hauptantrag §5 und §14 KMG, BGBl 625/1991, idF BGBl I 2/2001 (in der Folge: KMG aF) zur Gänze an. In §5 KMG aF waren zwei verschiedene Rücktrittsrechte geregelt, nämlich einerseits das Rücktrittsrecht gemäß §5 Abs1 KMG aF wegen Nicht-Veröffentlichung des Kapitalmarktprospektes oder der erforderlichen Angaben nach §6 KMG aF sowie andererseits das Rücktrittsrecht gemäß §5 Abs2 iVm §14 Z3 KMG aF wegen unterlassener Bestätigung des Erwerbes einer Veranlagung in Immobilien.
Im zivilgerichtlichen Ausgangsverfahren ging es ausschließlich um einen Vertragsrücktritt der Kläger gemäß §5 Abs2 (iVm Abs4 zweiter Satz) sowie §14 Z3 KMG aF; dementsprechend hat das Erstgericht auch nur diese Bestimmungen in seinem Urteil angewendet. Die genannten Bestimmungen sind zwar mittlerweile infolge der Erlassung des Kapitalmarktgesetzes 2019 durch Bundesgesetz BGBl I 62/2019 außer Kraft getreten; im Anlassverfahren vor dem Handelsgericht Wien waren die genannten Bestimmungen jedoch noch anzuwenden, weswegen diese als präjudiziell einzustufen sind.
1.8. Da die übrigen Bestimmungen des §5 sowie des §14 KMG aF im vorliegenden Verfahren nicht präjudiziell waren und von den präjudiziellen Bestimmungen (§5 Abs2 und Abs4 zweiter Satz sowie §14 Z3 KMG aF) nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auch offensichtlich trennbar sind, ist der Hauptantrag der antragstellenden Partei zu weit gefasst. Demgegenüber ficht sie mit ihrem ersten Eventualantrag zutreffend die genannten – präjudiziellen – Bestimmungen an.
1.9. Soweit sich der Antrag auf Aufhebung des §5 Abs2 und Abs4 zweiter Satz sowie des §14 Z3 KMG aF bezieht, ist er daher – weil auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig; im Übrigen ist der Antrag unzulässig.
2. In der Sache
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Der Antrag ist nicht begründet.
2.1. Zum behaupteten Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK:
2.1.1. Die antragstellende Partei ist zusammengefasst der Ansicht, die angefochtenen Bestimmungen bewirkten einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, weil diese einer Vertragspartei die Möglichkeit einräumten, von einem Vertrag bei Vorliegen bestimmter Umstände grundsätzlich unbefristet zurückzutreten. Dieses Rücktrittsrecht des Anlegers sei zwingend und könne nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen abbedungen werden.
Der Eingriff sei auch nicht sachlich gerechtfertigt: Die in Rede stehenden Bestimmungen dienten zwar dem Verbraucherschutz und damit einem öffentlichen Interesse; es würden damit aber auch andere Ziele verfolgt. Nach Auffassung des Erstgerichtes solle durch die angefochtenen Bestimmungen im Sinne eines "private enforcement" ein Anreiz geschaffen werden, dass sich Emittenten und sonstige Marktteilnehmer rechtskonform verhielten. Soweit die angefochtenen Bestimmungen tatsächlich diesem Ziel dienten, seien sie zur Zielerreichung ungeeignet: Das Rücktrittsrecht des Anlegers greife auch in Konstellationen, in denen die Bestätigung nach §14 Z3 KMG aF von einem anderen Unternehmer ausgestellt werde als jenem, dem gegenüber das Rücktrittsrecht auszuüben sei. Die Anlegerbestätigung sei nämlich vom Emittenten oder – bei ausländischen Emittenten – von jenem Rechtsträger, der das prospektpflichtige Angebot stelle, auszustellen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht die antragstellende Partei. Vor diesem Hintergrund verfehlten die angefochtenen Bestimmungen ihr Ziel, weil der Rücktrittsgegner nicht derjenige sei, der die Anlegerbestätigung auszustellen habe.
Ob im Innenverhältnis Rückgriffsansprüche bestünden, lasse sich nicht allgemein beantworten, sondern hänge davon ab, ob zwischen dem Anbieter und dem Rücktrittsgegner ein Vertragsverhältnis bestehe. Von Gesetzes wegen bestehe ein Rückgriffsanspruch jedenfalls nicht. Der Rücktrittsgegner habe jedenfalls das Insolvenzrisiko zu tragen. Bei Konstellationen wie im Anlassfall handle es sich auch nicht um einen Härtefall, sondern geradezu um den typischen Fall: Sei der Emittent der Veranlagung Inländer, habe er die Bestätigung auszustellen; Vertragspartner des Verbrauchers sei aber typischerweise nicht der Emittent, sondern ein Kreditinstitut oder ein sonstiges Dienstleistungsunternehmen, das die Veranlagung zeichne und an das anlagesuchende Publikum weitergebe. Durch die Regelung des §14 Z3 KMG aF komme es typischerweise zu einem Auseinanderfallen der Person des Ausstellers der Bestätigung und desjenigen, dem gegenüber der Rücktritt zu erklären sei.
Weiters sei der in Rede stehende Eingriff auch nicht zur Erreichung des angestrebten Zieles, nämlich des Verbraucherschutzes, notwendig im Sinne eines gelindesten Mittels: Selbst wenn man annähme, dass die Informationsverpflichtung eine "erzieherische" Wirkung haben könne, erweise es sich nicht als unbedingt erforderlich, dieses Mittel auch in Konstellationen zur Anwendung zu bringen, in denen die Person des Ausstellers der Bestätigung nicht ident mit jener sei, gegenüber welcher der Rücktritt zu erklären sei. Da der Aussteller der Bestätigung nicht unmittelbar von den nachteiligen Folgen getroffen werde, werde er aus dem Rücktrittsrecht keine Motivation zur Ausstellung gesetzeskonformer Bestätigungen ziehen.
Selbst in Konstellationen, in denen Personenidentität zwischen dem Aussteller der Bestätigung und dem Rücktrittsgegner bestehe, gehe der Eingriff über das hinaus, was zur Zielerreichung erforderlich sei: So bestehe das Rücktrittsrecht unabhängig davon, ob tatsächlich ein Informationsinteresse des Anlegers vorliege. Beispielhaft könne auf den Anlassfall verwiesen werden: Dort sei in der Bestätigung nach §14 Z3 KMG aF lediglich das Datum der Prospektveröffentlichung in der Wiener Zeitung nicht angegeben worden. Die die Bestätigung ausstellende Stelle habe aber darauf hingewiesen, dass ein vollständiger Prospekt bei ihr und auch bei der Oesterreichischen Kontrollbank kostenlos angefordert werden könne. Ein niederschwelliger Zugang der Anleger zu Informationen bzw zum vollständigen Prospekt sei durch diese Vorgangsweise sichergestellt gewesen. Da die angefochtene Regelung aber zwingend die Angabe des Ortes und Datums der Prospektveröffentlichung verlange, gehe sie über das hinaus, was zur Zielerreichung erforderlich sei.
Schließlich erweise sich der in Rede stehende Eingriff auch nicht als adäquat. Die angefochtenen Bestimmungen ermöglichten einen Rücktritt bei bloßer Nichteinhaltung von Formvorschriften und unabhängig davon, ob der Verstoß zu einem Informationsdefizit des Anlegers geführt habe. Demgegenüber habe die Person, die sich der Gefahr ausgesetzt sehe, dass ihr Vertragspartner den Rücktritt erkläre, keine Möglichkeit, durch eigene Informationen gegenüber dem Anleger die Gefahr eines Rücktrittes auszuschließen. Selbst wenn Anlegern sämtliche Informationen zur Verfügung gestellt würden, ändere dies nichts am Vorliegen des Rücktrittsrechtes gemäß §5 Abs2 KMG aF.
2.1.2. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
2.1.2.1. §5 KMG aF regelt zwei unterschiedliche Rücktrittsrechte. Gemäß Abs1 leg cit kann ein Verbraucher von seinem Angebot oder dem bereits abgeschlossenen Vertrag zurücktreten, wenn "ein prospektpflichtiges Angebot ohne vorhergehende Veröffentlichung eines Prospekts oder der Angaben nach §6" erfolgt. Unbeschadet dieses Rücktrittsrechtes können Verbraucher nach Abs2 leg cit vom Vertrag darüber hinaus zurücktreten, wenn ihnen der Erwerb einer Veranlagung in Immobilien nicht gemäß §14 Z3 KMG aF bestätigt worden ist. Nach dieser Bestimmung ist dem Anleger der Erwerb der Veranlagung bei Vertragsabschluss in schriftlicher Form zu bestätigen; die Bestätigung gemäß §14 Z3 KMG aF hat "die wesentlichen Merkmale der Veranlagung, insbesondere deren Gegenwert und die Rechtsstellung des Anlegers sowie das Publikationsorgan und das Datum der Veröffentlichung des Prospekts sowie allfälliger sonstiger Angaben nach diesem Bundesgesetz zu enthalten; die Bestätigung ist vom Emittenten auszustellen; ist der Emittent Ausländer, ist sie vom Anbieter auszustellen; sind Emittent und Anbieter Ausländer, ist sie vom Vermittler auszustellen".
2.1.2.2. Die Materialien zur Stammfassung des Kapitalmarktgesetzes führen zu den genannten Bestimmungen das Folgende aus (Erläut zur RV 147 BlgNR 18. GP, 19 und 21 f.):
"Zu §5:
Verbrauchern, die sich durch Vertragserklärungen in bezug auf Wertpapiere oder Veranlagungen gebunden haben, ohne daß den einschlägigen Informationspflichten entsprochen wurde, sollen die Möglichkeit haben, sich von der Bindung zu lösen. Das Rücktrittsrecht wurde §3 Konsumentenschutzgesetz nachgebildet. Einbezogen als Rücktrittsgrund wurde auch die Nichtaushändigung der Bestätigung über das Rechtsverhältnis bei Veranlagungen in Immobilien nach §14, über die keine Wertpapiere ausgestellt werden, weil hiefür dieselben Schutzinteressen gelten.
[…]
Zu §14:
Entsprechend den Zielsetzungen des Kapitalmarktgesetzes wird den gesetzlich bisher nicht geregelten kollektiven Veranlagungen in Immobilien dadurch Rechnung getragen, daß für diese Anlegerschutzvorschriften in Form besonderer Informationspflichten der Emittenten geschaffen werden. Die Veranlagung in Immobilien erfolgt in der Regel über unterschiedlichste gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, sodaß die Anleger häufig keine Wertpapiere erhalten. Die Pflicht zur Ausstellung von Bestätigungen über das Rechtsverhältnis dient diesfalls der zusätzlichen Information der Anleger.
Der Prospekt über Veranlagungen in Immobilien ist um spezifische Angaben zu ergänzen (Anlage D).
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben auch gezeigt, daß die gesellschaftsrechtlichen Publikationspflichten dem Informationsbedarf der Anleger bei kollektiven Veranlagungen in Immobilien häufig nicht ausreichend entsprechen. Vor allem die Bewertungskriterien sowie die periodischen Geb[ar]ungserfolge und Angaben über das Veranlagungsvermögen und die Ausschüttung werden erstmals verpflichtend im Rahmen des Rechenschaftsberichtes, der für jede Veranlagungsgemeinschaft zu erstellen ist, zu veröffentlichen sein. Die Veranlagungsgemeinschaft kann, abhängig von ihrer jeweiligen rechtlichen Konstruktion, beispielsweise die emittierende Gesellschaft oder ein Rechnungskreis innerhalb dieser Gesellschaft sein. Der Rechenschaftsbericht ist von einem Abschlußprüfer zu prüfen und mit einem im Gesetz wiedergegebenen Bestätigungsvermerk zu versehen.
Die Sonderbestimmungen des §14 gelten unabhängig von der gewählten Rechtsform und auch dann, wenn eine Zulassung zum amtlichen Handel an einer inländischen Börse beantragt ist. Sie gelten also ua auch dann, wenn die Anleger die Stellung von Aktionären haben."
2.1.2.3. Nach der hier einschlägigen Bestimmung des §5 Abs2 KMG aF hat der Verbraucher somit ein Rücktrittsrecht, wenn ihm der Erwerb einer Veranlagung in Immobilien nicht gemäß §14 Z3 KMG aF bestätigt wurde. Das Rücktrittsrecht besteht nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gegenüber dem Vertragspartner des Anlegers (OGH 26.11.2009, 2 Ob 32/09h; 29.9.2011, 1 Ob 85/11y). Der Oberste Gerichtshof führt in mittlerweile ständiger Rechtsprechung aus, dass nicht nur die gänzliche Unterlassung der Bestätigung der Veranlagung nach §14 Z3 KMG aF das Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG aF begründet, sondern auch eine in wesentlichen Punkten fehlerhafte Anlegerbestätigung (zB OGH 25.11.2020, 6 Ob 220/20a; 25.2.2021, 3 Ob 11/21w). Im Sinne dieser Rechtsprechung ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Datum der Prospektveröffentlichung – dem Wortlaut des §14 Z3 KMG aF zufolge – um ein wesentliches Merkmal der Veranlagung handle, weswegen den Klägern das Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG aF zukomme.
2.1.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die von der antragstellenden Partei vorgetragenen Bedenken hinsichtlich des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nicht.
2.1.3.1. Den Schutz des Art5 StGG genießt jedes vermögenswerte Privatrecht (vgl zB VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002). Dazu zählt auch die Privatautonomie (VfSlg 12.227/1989, 17.071/2003, 18.829/2009, 19.873/2014).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl dazu VfSlg 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl zB VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl etwa VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000).
2.1.3.2. Die antragstellende Partei hat in ihrem Antrag zutreffend ausgeführt, dass die angefochtenen Bestimmungen dem öffentlichen Interesse des Verbraucher- und Anlegerschutzes dienen. In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung VfSlg 13.327/1993 (hinsichtlich §14 Z2 KMG aF) ausgesprochen, dass der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des Kapitalmarktgesetzes das legitime Anliegen der Sicherung der Interessen der Anleger verfolgt hat.
Durch die Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen soll der vielfach bestehenden Informationsasymmetrie zulasten der Verbraucher entgegengewirkt werden (vgl Kalss , Das Rücktrittsrecht nach dem Kapitalmarktgesetz, FS Fenyves, 2013, 167 [169 f.]; Kalss/Oppitz/Zollner , Kapitalmarktrecht 2 , 2015, §7 Rz 30). Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel daran, dass die angefochtenen Bestimmungen, die im Fall der Nicht-Erteilung bestimmter Informationen ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers vorsehen, geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen.
2.1.3.3. Der Verfassungsgerichtshof geht darüber hinaus davon aus, dass der Gesetzgeber mit den angefochtenen Bestimmungen (auch) das Ziel verfolgt, Druck zur Einhaltung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten zu erzeugen (vgl Kalss , aaO, 171 f.; Frössel , §21 KMG, in: Toman/Frössel [Hrsg.], KMG, 2021, Rz 2 zur Nachfolgebestimmung des §5 KMG aF). In diesem Sinne werden Unternehmen, die Veranlagungen in Immobilien vertreiben, schon aus unternehmerischer Vorsicht danach trachten, nur Veranlagungen von Emittenten zu veräußern, die sich bei der Ausstellung der Anlegerbestätigung an die kapitalmarktrechtlichen Vorgaben halten. Darüber hinaus sollen Emittenten und sonstige Marktteilnehmer auch durch die (bloße) Möglichkeit eines Rückgriffsanspruches des Vertragspartners des Verbrauchers zur Einhaltung der kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen angehalten werden.
2.1.3.4. Soweit die antragstellende Partei vorbringt, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht verhältnismäßig seien, weil der Vertragspartner, dem gegenüber der Rücktritt zu erklären ist, vielfach nicht mit dem Informationsverpflichteten ident sei, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Zunächst ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er anordnet, dass der Verbraucher den Rücktritt gegenüber seinem Vertragspartner zu erklären hat. Die antragstellende Partei hat in ihrem Antrag zutreffend darauf hingewiesen, dass der Vertrieb von Wertpapieren und Veranlagungen am Kapitalmarkt regelmäßig arbeitsteilig erfolgt; in diesem Sinn muss der Vertragspartner des Verbrauchers insbesondere nicht ident mit dem zur Ausstellung der Anlegerbestätigung gemäß §14 Z3 KMG aF Verpflichteten sein. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ist dem Gesetzgeber nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht entgegenzutreten, wenn er – zur Erreichung des mit dieser Regelung verfolgten Zieles des Verbraucherschutzes – das Risiko einer nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Anlegerbestätigung dem Vertragspartner des Verbrauchers zuweist, selbst wenn dieser nicht zur Ausstellung der Anlegerbestätigung verpflichtet sein sollte.
Dies gilt umso mehr, als der Vertragspartner des Verbrauchers die Möglichkeit hat, sich privatautonom gegen die Ausstellung einer den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechenden Anlegerbestätigung abzusichern (zB durch Vereinbarung einer Bedingung iSd §901 ABGB; vgl etwa Rummel , §901 ABGB, in: Rummel/Lukas [Hrsg.] , ABGB 4 , rdb.at, Stand 1.11.2014, Rz 2 ff.).
Mit entsprechenden privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten kann sich der Vertragspartner des Verbrauchers bereits im Zuge des Vertragsabschlusses vergewissern, dass bei der Ausstellung der Anlegerbestätigung die gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden sind und ihm daher in Zukunft kein Vertragsrücktritt aus diesem Grund droht. Gerade die im Anlassfall unterlassene Nennung des Datums der Prospektveröffentlichung stellt einen Umstand dar, der vom Vertragspartner des Verbrauchers besonders leicht überprüft werden kann. Die von der antragstellenden Partei behauptete Verfassungswidrigkeit liegt somit nicht vor.
2.2. Zum behaupteten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B VG und Art2 StGG:
2.2.1. Die antragstellende Partei erachtet die angefochtenen Bestimmungen darüber hinaus als gleichheitswidrig, weil diese die Ausstellung einer Anlegerbestätigung gemäß §14 Z3 KMG aF nur für Veranlagungen in Immobilien anordneten. Die Gesetzesmaterialien begründeten diese zusätzliche Anforderung damit, dass Veranlagungen in Immobilien in der Regel über verschiedene gesellschaftsrechtliche Konstruktionen erfolgten, sodass Anleger häufig keine Wertpapiere mit entsprechenden Informationen erhielten. Warum gerade bei Immobilienveranlagungen ein besonderes Informationsinteresse bestehe, bleibe aber offen.
In gleicher Weise stelle es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, dass Anlegerbestätigungen lediglich dann auszustellen seien, wenn die Veranlagung nicht wertpapiermäßig verbrieft sei. Damit verfolgten die angefochtenen Bestimmungen offensichtlich den Zweck, dem Anleger Informationen auf andere Weise als durch ein Wertpapier zukommen zu lassen. Nun seien aber jene Angaben, die §14 Z3 KMG aF als wesentliche Merkmale der Veranlagung nenne, wie etwa der Ort und das Datum der Prospektveröffentlichung, aus Wertpapieren regelmäßig nicht ersichtlich. Demgemäß stelle es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, wenn solche Angaben zwingend in die Anlegerbestätigung aufzunehmen seien.
Darüber hinaus erweise sich auch die undifferenzierte Vorgabe der Nennung des Datums der Prospektveröffentlichung als nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung: Bei Veröffentlichung des Prospektes im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in einer Zeitung mit einer Verbreitung im gesamten Bundesgebiet möge diese Angabe noch sinnvoll sein. Bei Veröffentlichung in einer Broschüre, die am Sitz des Emittenten kostenlos zur Verfügung gestellt werde, oder bei Veröffentlichung auf einer Homepage erweise sich diese Vorgabe aber schon als sinnentleert: Diesfalls sei der veröffentlichte Prospekt nämlich unabhängig von einer Datumsangabe auffindbar. Dass §14 Z3 KMG aF dessen ungeachtet unterschiedslos die Angabe des Publikationsdatums erfordere und §5 Abs2 KMG aF an die Missachtung dieser Vorgabe die Rücktrittsmöglichkeit knüpfe, erweise sich als sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Es liege auch eine sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung von Fehlern bei der Ausstellung der Anlegerbestätigung gemäß §14 Z3 KMG aF und Fehlern bei der Erstellung des Kapitalmarktprospektes vor: Fehler bei der Prospekterstellung führten gemäß §11 KMG aF zu allfälligen Ansprüchen auf Schadenersatz. Die Prospekthaftung unterscheide sich jedoch in wesentlichen Aspekten von der "Haftung" für fehlerhafte Anlegerbestätigungen: Zunächst trete die Prospekthaftung nur bei Verschulden ein; zudem müsse der Prospektinhalt für die Anlageentscheidung kausal und wesentlich gewesen sein. Darüber hinaus sehe das Gesetz eine fünfjährige Verjährungsfrist vor. Vergleichbare Beschränkungen seien dem Rücktrittsrecht gemäß §5 Abs2 KMG aF fremd. Dieses bestehe verschuldensunabhängig und sogar dann, wenn der zur Ausstellung der Anlegerbestätigung Verpflichtete nicht mit dem Adressaten des Rücktrittsrechtes ident sei. Das Rücktrittsrecht bestehe auch dann, wenn die fehlerhafte Anlegerbestätigung keine rechtlich relevanten Auswirkungen gezeitigt habe, ja sogar unabhängig davon, ob der Anleger die fehlerhafte Bestätigung überhaupt gelesen habe. Zudem stehe die Rücktrittsmöglichkeit zeitlich unbeschränkt zu. Fehler in einem Prospekt könnten sohin nur unter deutlich restriktiveren Voraussetzungen geltend gemacht werden als fehlerhafte Angaben in einer Anlegerbestätigung.
Ein vergleichbarer Wertungswiderspruch liege auch hinsichtlich des Rücktrittsrechtes gemäß §5 Abs1 KMG aF vor: Nach dieser Bestimmung sei ein Rücktritt nur dann zulässig, wenn der Prospekt oder gegebenenfalls der Nachtrag völlig fehlten, nicht aber, wenn diese inhaltlich fehlerhaft seien. Demgegenüber bestehe das Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG aF nicht nur, wenn es überhaupt keine Anlegerbestätigung nach §14 Z3 KMG aF gegeben habe, sondern auch, wenn eine solche bloß mit Formalfehlern behaftet gewesen sei. Dem Anleger stehe ein Rücktrittsrecht sogar dann zu, wenn ihm die Informationen auf andere Weise zugekommen seien.
Schließlich seien die angefochtenen Bestimmungen auch gleichheitswidrig, weil §5 Abs2 KMG aF ein unbefristetes Rücktrittsrecht mit der Wirkung ex tunc einräume, wohingegen der Gesetzgeber in anderen Zusammenhängen sehr wohl Befristungen und Schranken für die Rückabwicklung vorgesehen habe: So sei etwa mit Bundesgesetz BGBl I 51/2018 durch die Einfügung eines §176 Abs1a VersVG geregelt worden, dass bei einem Rücktritt von einer Kapitalveranlagung dem Versicherungsnehmer innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss die für das erste Jahr gezahlten Prämien zurückzubezahlen seien. Ab dem zweiten bis zum Ablauf des fünften Jahres gebühre der Rückkaufswert ohne Berücksichtigung der tariflichen Abschlusskosten und des Abzuges gemäß §176 Abs4 VersVG. Lebensversicherungsverträge seien vom Anlagezweck her mit den hier in Rede stehenden Immobilienveranlagungen vergleichbar. Da der Gesetzgeber im Versicherungsvertragsgesetz keine unbefristete Rückabwicklung mehr zulasse, erweise sich der Unterschied zu den Immobilienveranlagungen im Kapitalmarktgesetz als sachlich nicht gerechtfertigt.
2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die von der antragstellenden Partei unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B VG und Art2 StGG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht.
2.2.2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (siehe etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (siehe etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Er kann im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen (zB VfSlg 10.455/1985, 11.616/1988, 15.674/1999). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003 und 20.343/2019).
2.2.2.2. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung der angefochtenen Bestimmungen – wie unter Punkt 2.1.2.2. dargestellt – davon ausgegangen, dass bei Veranlagungen in Immobilien ein erhöhtes Informationsinteresse der Anleger bestehe, dem durch die Anlegerbestätigung nach §14 Z3 KMG aF Rechnung getragen werden soll.
Dieser Annahme eines erhöhten Informations- und Schutzinteresses der Anleger sowie der daraus erfließenden Erwägung, dass in diesem Bereich eine entsprechende Informationsverpflichtung im Interesse der Verbraucher festgeschrieben werden soll, tritt der Verfassungsgerichtshof nicht entgegen; dies liegt innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. In gleicher Weise ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er das Datum der Prospektveröffentlichung als verpflichtenden Bestandteil der Anlegerbestätigung iSd §14 Z3 KMG aF vorsieht. Dabei ist – wie bereits unter Punkt 2.1.3.4 ausgeführt – insbesondere zu berücksichtigen, dass das Datum der Prospektveröffentlichung ein vom Vertragspartner des Verbrauchers leicht zu überprüfendes Faktum darstellt und sich dieser gegen eine gesetzwidrige Anlegerbestätigung privatautonom absichern kann.
Der Verfassungsgerichtshof hat demgegenüber nicht zu beurteilen, ob die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, wonach die Unterlassung der Angabe des Datums der Prospektveröffentlichung bereits einen wesentlichen Fehler im Sinne der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (vgl OGH 25.11.2020, 6 Ob 220/20a; 25.2.2021, 3 Ob 11/21w) begründet, eine zutreffende Auslegung des einfachen Gesetzes darstellt.
2.2.2.3. Soweit die antragstellende Partei vorbringt, dass zwischen dem Rücktrittsrecht nach §5 Abs2 KMG aF und der Prospekthaftung nach §11 KMG aF ein Wertungswiderspruch bestehe, ist darauf zu verweisen, dass Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter oder unvollständiger Prospekte einerseits und die Rücktrittsrechte nach §5 KMG aF andererseits grundsätzlich verschieden ausgestaltet sind. Während die Rücktrittsrechte formal an die Nicht-Erteilung bestimmter Informationen anknüpfen, bestehen Schadenersatzansprüche im Falle der rechtswidrigen und schuldhaften Verursachung eines Schadens. Die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Rechtsbehelfe können im Einzelnen nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden. Eine Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen kann auch insofern nicht erkannt werden.
Die antragstellende Partei ist darüber hinaus der Auffassung, es bestehe ein Wertungswiderspruch zum Rücktrittsrecht nach §5 Abs1 KMG aF, weil dort nur die gänzliche Unterlassung der Veröffentlichung des Prospektes zum Rücktritt berechtige. In diesem Zusammenhang genügt es, auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu verweisen, wonach auch eine in wesentlichen Punkten fehlerhafte Prospektveröffentlichung zum Rücktritt berechtigt (vgl OGH 18.10.2016, 3 Ob 97/16k; 25.11.2020, 6 Ob 220/20a). Die von der antragstellenden Partei behauptete unsachliche Ungleichbehandlung liegt daher schon aus diesem Grund nicht vor.
2.2.2.4. Schließlich bringt die antragstellende Partei vor, dass die angefochtenen Bestimmungen deshalb unsachlich seien, weil diese die Möglichkeit eines zeitlich unbegrenzten Vertragsrücktrittes vorsähen. Hinsichtlich der Frage, wie lange ein bestimmtes Recht vom Berechtigten geltend gemacht werden kann, hat der Gesetzgeber stets eine Abwägung zwischen der Rechtsrichtigkeit auf der einen Seite und der Rechtssicherheit auf der anderen Seite vorzunehmen. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes steht es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes und bei Berücksichtigung des öffentlichen Interesses des Verbraucherschutzes frei, im Falle der gesetzwidrigen Nicht-Erteilung bestimmter Informationen auch ein zeitlich unbefristetes Rücktrittsrecht vorzusehen.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §5 Abs2 und Abs4 zweiter Satz sowie des §14 Z3 KMG aF erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insofern abzuweisen.
Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 20.102/2016, 20.112/2016).