JudikaturVfGH

E2686/2016 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 2017

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt worden, weil die Feststellung, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, nicht binnen einer Woche erging.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer durch Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden. Die Beschwerde wird daher insoweit abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt A) I. und A) III. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, abgelehnt.

3. Soweit die Beschwerde abgewiesen oder ihre Behandlung abgelehnt wird, wird sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und stellte nach illegaler Einreise am 23. Oktober 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab der Beschwerdeführer an, den im Kopf angeführten "alias"-Namen zu führen und am 28. Februar 1988 geboren zu sein. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. März 2007 gemäß §§3 und 8 Asylgesetz 2005 abgewiesen und die Ausweisung nach Nigeria verfügt. Das auf Grund der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde geführte Beschwerdeverfahren wurde eingestellt, weil der Beschwerdeführer zwischen 16. März 2007 und 4. April 2012 nicht in Österreich gemeldet war.

Am 15. April 2011 wurde dem Beschwerdeführer in der nigerianischen Botschaft in Madrid ein nigerianischer Reisepass ausgestellt, lautend auf den im Kopf angeführten Namen, geboren am 28. Februar 1972.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. April 2015 wurde der Beschwerdeführer wegen Suchtgiftdelikten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juni 2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen gemäß §52 Abs1 FPG und festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria gemäß §46 FPG zulässig sei. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen. Einer Beschwerde dagegen wurde gemäß §18 Abs2 Z1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26. August 2016 wurde gemäß §76 Abs2 Z1 FPG die Schubhaft über den Beschwerdeführer angeordnet und dieser nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 29. August 2016 unmittelbar in Schubhaft genommen. Begründet wurde der Bescheid mit dem Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, der Beschwerdeführer sei "nicht ansatzweise vertrauenswürdig" und der Termin betreffend Vorführung zur Identitätsfeststellung und Abschiebung sei bereits vereinbart.

Am 1. September 2016 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Schubhaftbeschwerde ein, in der im Wesentlich ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2007 nach Spanien übersiedelt sei und eine dort lebende Französin geheiratet und mit ihr ein Kind habe. Darum sei er in Spanien aufenthaltsberechtigt und als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" berechtigt, zu seiner Familie nach Spanien zurückzukehren. Eine Abschiebung nach Nigeria sei nicht notwendig und nicht zulässig. Auch verfüge er über eine spanische Aufenthaltskarte gemäß Art10 Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG. Die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot seien außerhalb des gesetzlichen Rahmens erfolgt.

Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist bis 5. September 2016 zur Belegung der Angaben betreffend die familiäre Situation in Spanien gewährt. Innerhalb dieser Frist legte der Beschwerdeführer seine spanische Heiratsurkunde sowie seine bis zum 13. Dezember 2014 gültige spanische Aufenthaltskarte samt undatiertem Verlängerungsantrag vor.

Am 8. September 2016 erging die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. Angaben des Beschwerdeführers zu Folge, sei die Entscheidung am 9. September 2016 eingelangt.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in Rechten gemäß Art47 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GRC) und Art6 EMRK behauptet wird und die (kostenpflichtige) Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses begehrt wird. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass eine mündliche Verhandlung unerlässlich gewesen wäre, um die strittige Frage, ob der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Spanien 2007, währenddessen er eine Französin geheiratet und mit ihr ein Kind bekommen habe, als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" nach Spanien zurückkehren darf, zu klären.

Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor.

II. Rechtslage

Die für die Beurteilung des vorliegenden Falles maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§76 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I 100/2005, idF BGBl I 70/2015 lautet:

"Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art28 Abs1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs2 Z1 oder im Sinne des Art2 litn Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§2 Abs1 Z23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund §34 Abs3 Z1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§56 oder 71 FPG, §13 Abs2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß §57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. §11 Abs8 und §12 Abs1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Artikel 6 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 684/1988 lautet:

"(1) Jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, hat das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Falle der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Die Entscheidung hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

(2) Im Fall einer Anhaltung von unbestimmter Dauer ist deren Notwendigkeit in angemessenen Abständen durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde zu überprüfen."

§21 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl I 10/2013, idF BGBl I 24/2017 lautet:

"4. Abschnitt

Elektronischer Rechtsverkehr

§21. (1) […]

(8) Als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes und Eingaben (Abs1) gilt jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten.

(9) Im Übrigen sind die §§89a bis 89g und 89o des Gerichtsorganisationsgesetzes GOG, RGBl. Nr 217/1896, sinngemäß anzuwenden."

§89d Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. 217/1896, idF BGBl I 26/2012 lautet:

"§89d. (1) Elektronische Eingaben (§89a Abs1) gelten als bei Gericht angebracht, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Ist vorgesehen, daß die Eingaben über eine Übermittlungsstelle zu leiten sind (§89b Abs2), und sind sie auf diesem Weg bei der Bundesrechenzentrum GmbH tatsächlich zur Gänze eingelangt, so gelten sie als bei Gericht mit demjenigen Zeitpunkt angebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Einbringer rückgemeldet hatte, daß sie die Daten der Eingabe zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat.

(2) Als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben (§89a Abs2) gilt jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten."

III. Erwägungen

Die Beschwerde ist teilweise begründet:

1. Das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, mit dem darüber entschieden wird, ob eine Festnahme oder Anhaltung einer Person rechtmäßig war oder ist, verletzt das durch Art1 ff. des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit (im Folgenden: PersFrSchG) und durch Art5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit), wenn es gegen die verfassungsgesetzlich festgelegten Erfordernisse der Festnahme bzw. Anhaltung verstößt, wenn es in Anwendung eines verfassungswidrigen, insbesondere den genannten Verfassungsvorschriften widersprechenden Gesetzes erlassen wurde oder wenn es gesetzlos oder in denkunmöglicher Anwendung einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsgrundlage ergangen ist; ein Fall, der nur dann vorläge, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (VfSlg 13.708/1994, 15.131/1998, 15.684/1999 und 16.384/2001).

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ist auch verletzt, wenn die Entscheidung über die Recht-mäßigkeit des Freiheitsentzuges entgegen dem verfassungsgesetzlich festgelegten Erfordernis des Art6 Abs1 letzter Satz PersFrSchG nicht binnen einer Woche ergangen ist.

Im vorliegenden Fall wurde die Schubhaftbeschwerde vom Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter am 1. September 2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Die Entscheidung über diese Beschwerde hinterlegte das Bundesverwaltungsgericht am 8. September 2016 um 14:45 Uhr im elektronischen Rechtsverkehr. Die Entscheidung wurde mit dem Kanzleistempel des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers als am 9. September 2016 "eingelangt" versehen.

Aus der Anordnung in Art6 Abs1 letzter Satz PersFrSchG, dass die Entscheidung binnen einer Woche zu ergehen hat, erfließt auch die Verpflichtung des erkennenden Verwaltungsgerichtes, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, dass auch im Rahmen eines Verfahrens über die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid seine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Freiheitsentzuges gemäß §22a Abs3 BFA-VG möglichst bald, spätestens innerhalb einer Woche dem Beschwerdeführer (gegebenenfalls seinem Rechtsvertreter) und der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde zugeht (vgl. VfSlg 13.893/1994, 14.193/1995, 18.081/2007, 18.964/2009; 19.968/2015).

Die gemäß Art6 Abs1 letzter Satz PersFrSchG gebotene Frist von einer Woche ist grundsätzlich ab dem Einlangen einer Beschwerde bei der zuständigen Behörde zu berechnen (vgl. VfSlg 18.081/2007 und VfGH 12.12.2016, E931/2016 mH auf Kopetzki , Art6 PersFrG, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz 46 ff. sowie insb. Rz 50, wonach der Fristenlauf im Falle eines antragsbedürftigen Verfahrens mit der Antragstellung bzw. mit dem Einlangen des Antrags bei der zuständigen Behörde beginnt). Die Frist endet mit der außenwirksamen Erlassung der Haftprüfungsentscheidung. Zustellvorgänge müssen innerhalb der Wochenfrist stattfinden (vgl. VfSlg 13.893/1994; Kopetzki , Art6 PersFrG, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg], Bundesverfassungsrecht, Rz 51).

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der Verfas-sungsgesetzgeber unabhängig von behördeninternen Vorgängen eine einwöchige Frist als Obergrenze festgelegt hat (vgl. VfSlg 18.081/2007, 18.964/2009). Die aus Art6 Abs1 letzter Satz PersFrSchG erfließende Verpflichtung verlangt auch im Rahmen eines Verfahrens über die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Freiheitsentzuges gemäß § 22a Abs3 BFA-VG innerhalb einer Woche. Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung am 8. September 2016 abrufbar in das Web-ERV gestellt hat, genügt dies gemäß §§21 Abs8 und 9 BVwGG iVm §89d Abs2 GOG, der auf den auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgenden Werktag abstellt, nicht.

Der Beschwerdeführer wurde daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt.

2. Durch die begehrte Aufhebung der verspätet ergangenen Entscheidung könnte die Rechtsverletzung aber nicht beseitigt, sondern insoweit sogar verschärft werden, als die im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ergehende Entscheidung nur noch später ergehen könnte. Der Verfassungsgerichtshof hat sich deshalb auf den Ausspruch zu beschränken, dass eine Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) stattgefunden hat (vgl. VfSlg 18.014/2006 mwN, 18.964/2009, 19.968/2015).

3. Im Übrigen aber hat das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren nicht ergeben, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Fortsetzungsausspruches an einem weiteren in die Verfassungssphäre reichenden Mangel leidet. Angesichts des Umstandes, dass sowohl für die Anordnung als auch für die Aufrechterhaltung der Schubhaft eine – aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles unbedenkliche – gesetzliche Grundlage vorliegt und das Bundesverwaltungsgericht die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft aus verfassungsrechtlicher Sicht nachvollziehbar begründet hat, liegt keine (weitere) Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) vor.

Insoweit ist die Beschwerde daher abzuweisen.

4. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte A) I. und A) III. des angefochtenen Erkenntnisses wendet, abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Kostenersatz zu Recht unter Verweis auf §35 Abs3 VwGVG abgewiesen hat, nicht anzustellen.

IV. Ergebnis

1. Soweit durch Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochen wurde, dass gemäß §22a Abs3 BFA-VG die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlägen, wurde der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde gegen Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses abgewiesen.

2. Im Übrigen – sohin hinsichtlich der Spruchpunkte A) I. und A) III. des angefochtenen Erkenntnisses – wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Soweit die Beschwerde abgewiesen oder ihre Behandlung abgelehnt wird, wird sie gemäß Art144 Abs3 und 4 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG bzw. §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat (vgl. VfSlg 16.760/2002). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

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