JudikaturVfGH

G423/2016 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2016

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, "§42, in eventu insbesondere Abs2 MRG, sowie §35 EO zur Gänze in eventu §35 EO in Abs1 hinsichtlich der Worte/Teile 'nur insofern' und ', die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Executionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.' sowie Abs3 zur Gänze" als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Sachverhalt und Antragsvorbringen

1. Diesem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin war Antragsgegnerin zweier gegen sie erhobener Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diese Anträge wurden mit Beschlüssen vom 10. Oktober 2016, Zlen. 27 Se 118/16d und 27 Se 135/16d, vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Insolvenzgericht abgewiesen. Gegen diese Beschlüsse wurde am 25. Oktober 2016 von den Antragstellern der Insolvenzanträge Rekurs erhoben.

2. Die Rekurse wurden der Antragstellerin am 2. November 2016 zugestellt. Am 16. November 2016 erstattete die Antragstellerin fristgerecht eine Rekursbeantwortung.

3. Mit Eingabe vom 4. Dezember 2016 stellte die Antragstellerin beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Gesetzesprüfung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG.

3.1. Darin führt die Antragstellerin zur Zulässigkeit des Antrages im Wesentlichen aus, dass es ihr als Partei eines Rechtsmittelverfahrens und daher auch als Gegnerin der Rekurswerber möglich sein müsse, aus Anlass der Rechtsmittelgegenschrift einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu stellen und sich nicht zum Spielball der Antragstellungen der Rekurswerber machen zu lassen.

3.2. Zur Rechtzeitigkeit der Einbringung eines solchen Antrages führt die Antragstellerin aus, dass es sachlich nicht gerechtfertigt sei, "gleichzeitig" mit "demselben Tag" gleichzusetzen. Gleichzeitig bedeute vielmehr, dass es während der gesamten Dauer des anhängigen Rechtsmittelverfahrens möglich sein müsse, einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu erheben, da sich die verfassungsrechtliche Problematik unter Umständen erst durch die jeweiligen Gegenausführungen im Rechtsmittelverfahren erhelle (wie im konkreten Fall). Die Frist zur Erhebung eines Antrages auf Gesetzesprüfung sei durch die Formulierung "gleichzeitig" nicht starr mit dem Tag der Rekursbeantwortung fixiert, da dies zwangsläufig zu einer Überlastung jeder Kanzlei führen würde, die bekanntermaßen alle auf Grund des enormen Arbeitsanfalles erst am letzten Tag Beschwerden und Rekursbeantwortungen fertigstellen würden, wodurch idR keine Zeit für Überlegungen und Einbringungen von Anträgen auf Gesetzesprüfung bleiben würde. Aus diesen Gründen sei auch die Einbringung im konkreten Fall erst jetzt (gemeint ist am 4. Dezember 2016) – "parallel zur Rekursbeantwortung" – erfolgt.

III. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist unzulässig.

2. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2016, G95/2016, festgestellt hat, ist auch der in erster Instanz (vollständig) obsiegenden Partei, die im Falle eines Rechtsmittelverfahrens Prozessgegner ist, vom Gesetzgeber die Möglichkeit einer Antragstellung auf Gesetzesprüfung einzuräumen.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat die Rechtzeitigkeit eines solchen Antrages unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B VG zu beurteilen. Daraus folgt, dass ein solcher Antrag durch den Rechtsmittelwerber grundsätzlich dann rechtzeitig ist, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird, und für den Rechtsmittelgegner – jedenfalls bei zweiseitigen Rechtsmitteln – der Parteiantrag während der Frist zur Beantwortung des Rechtsmittels erfolgt (VfGH 2.7.2016, G95/2016).

5. Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung, der zufolge ein Parteiantrag des Rechtsmittelgegners grundsätzlich zulässig ist, die Einbringung des Antrags aber während der Frist zur Beantwortung des Rechtsmittels zu erfolgen hat, erweist sich der Antrag als verspätet:

Gemäß §72 Abs2a ZPO beträgt die Frist zur Einbringung einer Rekursbeantwortung 14 Tage ab Zustellung des Rekurses. Der Rekurs wurde der Antragstellerin am 2. November 2016 zugestellt. Die zweiwöchige Frist zur Rekursbeantwortung endete folglich am 16. November 2016. Der Antrag auf Gesetzesprüfung wurde nach Ablauf dieser Frist beim Verfassungsgerichtshof am 4. Dezember 2016 und damit verspätet eingebracht.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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