G90/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Sachverhalt und Antrag
1. Mit dreizehn Beschlüssen des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. Juni 2024 wurden über die antragstellenden Parteien Zwangsstrafen gemäß §283 Abs3 UGB verhängt. Die antragstellenden Parteien hätten gegen die Verpflichtung verstoßen, die Unterlagen für die Rechnungslegung gemäß §§277 UGB zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt vollständig einzureichen.
2. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag begehren die antragstellenden Parteien die Aufhebung der "Offenlegungspflicht gegenüber Hinz und Kunz in den §§277 bis 283 UGB", in eventu von §277 Abs6 UGB bzw §277 Abs6 erster Satz UGB sowie §283 UGB. Die Antragsteller begründen ihr Begehren damit, dass an der Grundrechtskonformität der unbegrenzten öffentlichen Zugänglichmachung von Firmenbilanzen "samt Beilagen mit allen darin aufscheinenden persönlichen Daten und Geschäftsgeheimnissen" im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Verfassungsgerichtshofes "massive und wohlbegründete Zweifel" bestünden. §283 UGB sei verfassungswidrig, weil das Zwangsstrafensystem des §283 UGB "auf Kumulation und Rechtsdurchsetzung um jeden Preis, vor allem um den Preis der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet" sei. Für die antragstellenden Parteien sei fraglich, ob es zulässig sei, das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Kumulationsprinzip durch die Zersplitterung von Strafverfahren zu umgehen und Strafen für ein- und denselben Sachverhalt "bis ins Unerträgliche aufzukumulieren".
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über besondere zivilrechtliche Bestimmungen für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch – UGB), dRGBl. 219/1897, idF BGBl I 186/2022 lauten wie folgt:
"Offenlegung, Veröffentlichung und Vervielfältigung, Prüfung durch das Firmenbuchgericht
Offenlegung
(1) Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften haben den Jahresabschluss und den Lagebericht sowie gegebenenfalls den gesonderten nichtfinanziellen Bericht, den Corporate Governance-Bericht und den Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen nach seiner Behandlung in der Hauptversammlung (Generalversammlung), jedoch spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag, mit dem Bestätigungsvermerk beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Kapitalgesellschaft einzureichen; innerhalb derselben Frist sind der Bericht des Aufsichtsrats und der Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses einzureichen. Werden zur Wahrung dieser Frist der Jahresabschluss und der Lagebericht sowie gegebenenfalls der gesonderte nichtfinanzielle Bericht, der Corporate Governance-Bericht und der Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen ohne die anderen Unterlagen eingereicht, so sind der Bericht des Aufsichtsrats nach seinem Vorliegen, die Beschlüsse nach der Beschlussfassung und der Vermerk nach der Erteilung unverzüglich einzureichen. Wird der Jahresabschluss bei nachträglicher Prüfung oder Feststellung geändert, so ist auch diese Änderung einzureichen.
(2) Der Vorstand einer großen Aktiengesellschaft (§221 Abs3) hat die Veröffentlichung des Jahresabschlusses unmittelbar nach seiner Behandlung in der Hauptversammlung, jedoch spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag, mit dem Bestätigungsvermerk im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu veranlassen. Der Nachweis über die Veranlassung dieser Veröffentlichung ist gleichzeitig mit den in Abs1 bezeichneten Unterlagen beim Firmenbuchgericht einzureichen. Bei der Veröffentlichung ist das Firmenbuchgericht und die Firmenbuchnummer anzugeben. Dies gilt auch für allfällige Änderungen (Abs1 letzter Satz).
(2a) Anstatt die Veröffentlichung nach Abs2 selbst zu veranlassen, kann der Vorstand anlässlich der Einreichung der in Abs1 bezeichneten Unterlagen vom Firmenbuchgericht verlangen, dass dieses den Jahresabschluss oder allfällige Änderungen (Abs1 letzter Satz) zur Veröffentlichung an das „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ übermittelt. Zu diesem Zweck hat der Vorstand auch eine ohne weitere Bearbeitung zum Abdruck geeignete elektronische Fassung des Jahresabschlusses oder der Änderung einzureichen, die vom Firmenbuchgericht ohne weitere Prüfung an die Wiener Zeitung weiterzuleiten ist. Die Wiener Zeitung GmbH hat das Entgelt der Aktiengesellschaft unmittelbar in Rechnung zu stellen.
(3) In der Offenlegung und der Veröffentlichung können alle Posten in vollen 1 000 Euro angegeben werden, nach Maßgabe der Wesentlichkeit (§189a Z10) auch in größeren Einheiten.
(4) Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften haben spätestens mit den Einreichungen gemäß Abs1 oder auf dem Jahresabschluss selbst anzugeben, in welche der Größenklassen des §221 Abs1 bis 3 die Gesellschaft unter Bedachtnahme auf §221 Abs4 im betreffenden Geschäftsjahr einzuordnen ist und gegebenenfalls, dass die Gesellschaft die Kriterien der §243b Abs1 oder §243c Abs1 erfüllt.
(5) Sonstige Veröffentlichungs- und Informationspflichten bleiben unberührt.
(6) Die Unterlagen nach Abs1 sind elektronisch einzureichen, in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufzunehmen und gemäß §§33 f. FBG öffentlich zugänglich zu machen. Überschreiten die Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag des einzureichenden Jahresabschlusses nicht 70 000 Euro, kann der Jahresabschluss auch in Papierform eingereicht werden. Die Umsatzerlöse sind gleichzeitig mit der Einreichung bekannt zu geben. In Papierform eingereichte Jahresabschlüsse müssen für die Aufnahme in die Datenbank des Firmenbuchs geeignet sein. Der Bundesminister für Justiz kann durch Verordnung nähere Bestimmungen über die äußere Form der Jahresabschlüsse festlegen.
(Anm: Abs7 aufgehoben durch Art1 Z12, BGBl I Nr 186/2022)
(8) Die Oesterreichische Nationalbank ist berechtigt, von der BundesrechenzentrumGmbH die elektronische Übermittlung elektronisch eingereichter Jahresabschlüsse gegen kostendeckendes Entgelt zu verlangen, soweit sie diese Daten zur Erfüllung der ihr gesetzlich oder gemeinschaftsrechtlich zugewiesenen Aufgaben benötigt. Sie ist weiters berechtigt, die Daten an die Bundesanstalt Statistik Österreich weiterzugeben, soweit diese die Daten zur Erfüllung der ihr gesetzlich oder gemeinschaftsrechtlich zugewiesenen Aufgaben benötigt.
Offenlegung für kleine Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(1) Auf kleine Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§221 Abs1) ist §277 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die gesetzlichen Vertreter nur die Bilanz und den Anhang, bei Kleinstkapitalgesellschaften nur die Bilanz ohne die Angaben nach §242 Abs1 erster Satz, einzureichen haben. Die offenzulegende Bilanz braucht nur die in §224 Abs2 und 3 mit Buchstaben und römischen Zahlen versehenen Posten zu enthalten, wobei beim Posten nach §224 Abs2 B II alle zusammengefassten Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr und beim Posten nach §224 Abs3 C alle zusammengefassten Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr gesondert anzugeben sind; die Angaben nach §229 Abs1 erster bis dritter Satz sind zu machen. Ist die Gesellschaft gemäß §268 Abs1 prüfungspflichtig, so ist auch der Bestätigungsvermerk einzureichen.
(2) Der Bundesminister für Justiz hat durch Verordnung ein Formblatt festzulegen, dessen Verwendung zur Erfüllung der Verpflichtung gemäß Abs1 ausreichend ist.
Offenlegung für kleine und mittelgroße Aktiengesellschaften und mittelgroße Gesellschaften mit beschränkter Haftung
Für die Offenlegung kleiner und mittelgroßer Aktiengesellschaften (§221 Abs1 und Abs2) und mittelgroßer Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§221 Abs2) gilt Folgendes:
1. Die offenzulegende Bilanz braucht nur die in §224 Abs2 und 3 mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten, zusätzlich jedoch die folgenden Posten zu enthalten: auf der Aktivseite die Posten A I 2, A II 1, 2, 3 und 4, A III 1, 2, 3 und 4, B II 2 und 3, B III 1, auf der Passivseite die Posten B1 und 2 und C1, 2, 6 und 7. Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind bei den Posten nach §224 Abs2 B II 2 und 3 gesondert auszuweisen, ebenso Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bei den Posten nach §224 Abs3 C1, 2, 6 und 7. Die Angaben nach §229 sind zu machen.
2. Die Posten des §231 Abs2 Z1 bis 3 und 5 und Abs3 Z1 bis 3 dürfen zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“ zusammengefasst werden.
Offenlegung des Konzernabschlusses
(1) Die gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft, die einen Konzernabschluss aufzustellen hat, haben den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht sowie gegebenenfalls den gesonderten konsolidierten nichtfinanziellen Bericht, den konsolidierten Corporate Governance-Bericht und den konsolidierten Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen mit dem Bestätigungsvermerk gleichzeitig mit dem Jahresabschluss beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Gesellschaft einzureichen. §277 Abs3 und Abs6 erster Satz gelten sinngemäß. §277 Abs2 und 2a sind für die Veröffentlichung des Konzernabschlusses sinngemäß anzuwenden, wenn ein Tochterunternehmen eine große Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland ist.
(2) Ist ein Tochterunternehmen in einen ausländischen Konzernabschluß mit befreiender Wirkung gemäß §245 Abs1 einbezogen, so hat es diesen in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache bei dem zuständigen Firmenbuchgericht zu hinterlegen; das gleiche gilt, falls eine große Kapitalgesellschaft in einen ausländischen Konzernabschluß einbezogen ist.
Offenlegung der Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften
Sofern bei Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften Unterlagen der Rechnungslegung nicht über das System der Registervernetzung nach Art22 der Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. Nr L 169 vom 30.06.2017 S. 46, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr L 20 vom 24.01.2020 S. 24, in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache abrufbar sind, haben die Vertreter der Zweigniederlassung die Unterlagen der Rechnungslegung, die nach dem für die Hauptniederlassung der Gesellschaft maßgeblichen Recht erstellt, geprüft und offengelegt worden sind, gemäß den §§277, 281 und 282 in deutscher Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache offenzulegen.
Form und Inhalt der Unterlagen bei der Offenlegung, Veröffentlichung und Vervielfältigung
(1) Bei der vollständigen oder teilweisen Offenlegung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses und bei der Veröffentlichung oder Vervielfältigung in anderer Form auf Grund des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung sind der Jahresabschluß und der Konzernabschluß so wiederzugeben, daß sie den für ihre Aufstellung maßgeblichen Vorschriften entsprechen; sie haben in diesem Rahmen vollständig und richtig zu sein. Wurde der Jahresabschluß oder der Konzernabschluß auf Grund gesetzlicher Vorschriften durch einen Abschlußprüfer geprüft, so ist jeweils der vollständige Wortlaut des Bestätigungsvermerks wiederzugeben; wird der Jahresabschluß wegen der Inanspruchnahme von Erleichterungen nur teilweise offengelegt und bezieht sich der Bestätigungsvermerk auf den vollständigen Jahresabschluß, so ist hierauf hinzuweisen.
(2) Werden der Jahresabschluß oder der Konzernabschluß in Veröffentlichungen und Vervielfältigungen, die nicht durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung vorgeschrieben sind, nicht in der gemäß Abs1 vorgeschriebenen Form wiedergegeben, so ist jeweils in einer Überschrift darauf hinzuweisen, daß es sich nicht um eine der gesetzlichen Form entsprechende Veröffentlichung handelt. Ein Bestätigungsvermerk darf nicht beigefügt werden. Im Fall einer verpflichtenden Abschlussprüfung ist jedoch über den Inhalt des Bestätigungsvermerks zu dem in gesetzlicher Form erstellten Jahresabschluss oder Konzernabschluss einschließlich der Angaben nach §274 Abs3 zu berichten. Ferner ist anzugeben, bei welchem Firmenbuch und in welcher Nummer des Bekanntmachungsblattes die Offenlegung erfolgt oder daß die Offenlegung noch nicht erfolgt ist.
(3) In den Dokumenten, die den Jahresabschluss und den Konzernabschluss enthalten, sind die in §14 Abs1 erster Satz vorgeschriebenen Informationen anzugeben.
DRITTER TITEL
Prüfungspflicht und Zwangsstrafen
Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts
(1) Das Gericht hat zu prüfen, ob die gemäß §§277 bis 281 offenzulegenden Unterlagen vollzählig zum Firmenbuch eingereicht und ob, soweit Veröffentlichungen vorgeschrieben sind, diese veranlaßt worden sind.
(2) Gibt die Prüfung gemäß Abs1 Anlaß zu der Annahme, daß von der Größe der Gesellschaft abhängige Vorschriften nicht hätten in Anspruch genommen werden dürfen, so kann das Gericht zu seiner Unterrichtung von der Gesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist die Mitteilung der Bilanzsumme, der Umsatzerlöse gemäß §189a Z5 und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer gemäß §221 Abs6 verlangen. Unterläßt die Gesellschaft die fristgemäße Mitteilung, so gelten die Vorschriften als zu Unrecht in Anspruch genommen.
(2a) Das Gericht kann eine Gesellschaft zu folgenden Erklärungen auffordern:
1. ob sie oder eines ihrer Tochterunternehmen im Sinn des §243d Abs2 in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlages in Primärwäldern tätig ist;
2. ob ihre übertragbaren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne des §189a Z1 lita zugelassen sind.
Die Aufforderung ist zu begründen. Zur Abgabe einer Erklärung ist eine angemessene Frist zu setzen. Gibt die Gesellschaft innerhalb der Frist keine Erklärung ab, so wird vermutet, dass die Gesellschaft bei Unterlassen einer Erklärung nach Z1 in den Anwendungsbereich des §243d beziehungsweise des §267c und bei Unterlassen einer Erklärung nach Z2 in den Anwendungsbereich des §243b beziehungsweise des §267a fällt.
(3) Ist eine gebotene Veröffentlichung unterblieben, so hat das Gericht diese Tatsache ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens auf Kosten der Gesellschaft bekanntzumachen, wenn dies ein Gesellschafter, Gläubiger, Betriebsrat (Zentralbetriebsrat) oder eine gesetzliche Interessenvertretung beantragt. Die Antragsberechtigung ist glaubhaft zu machen. Ein späterer Wegfall der Antragsberechtigung ist unschädlich. Der Antrag kann nicht zurückgenommen werden.
Zwangsstrafen
(1) Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft sind, unbeschadet der allgemeinen unternehmensrechtlichen Vorschriften, zur zeitgerechten Befolgung der §§277 und 280 vom Gericht durch Zwangsstrafen von 700 Euro bis 3 600 Euro, bei Kleinstkapitalgesellschaften (§221 Abs1a) von 350 Euro bis 1 800 Euro anzuhalten. Die Zwangsstrafe ist nach Ablauf der Offenlegungsfrist zu verhängen. Sie ist wiederholt zu verhängen, soweit die genannten Organe ihren Pflichten nach je weiteren zwei Monaten noch nicht nachgekommen sind. Eine Gesellschaft ist als Kleinstkapitalgesellschaft im Sinn dieser Bestimmung anzusehen, wenn sie die gesetzlichen Vertreter zuletzt in plausibler Weise als solche eingestuft haben (§277 Abs4), es sei denn, es liegen Hinweise vor, dass die Schwellenwerte mittlerweile überschritten wurden. Ansonsten wird eine Kleinstkapitalgesellschaft nur über rechtzeitigen Einwand der Partei als solche behandelt, wobei §282 Abs2 anzuwenden ist.
(2) Ist die Offenlegung nach Abs1 nicht bis zum letzten Tag der Offenlegungsfrist erfolgt, so ist – sofern die Offenlegung nicht bis zum Tag vor Erlassung der Zwangsstrafverfügung bei Gericht eingelangt ist – ohne vorausgehendes Verfahren durch Strafverfügung eine Zwangsstrafe von 700 Euro, bei Kleinstkapitalgesellschaften (§221 Abs1a) von 350 Euro zu verhängen. Von der Verhängung einer Zwangsstrafverfügung kann abgesehen werden, wenn das in Abs1 genannte Organ offenkundig durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Offenlegung gehindert war. In diesem Fall kann – soweit bis dahin noch keine Offenlegung erfolgt ist – mit der Verhängung der Zwangsstrafverfügung bis zum Ablauf von vier Wochen nach Wegfall des Hindernisses, welches der Offenlegung entgegenstand, zugewartet werden. Zwangsstrafverfügungen sind wie Klagen zuzustellen. Gegen die Zwangsstrafverfügung kann das jeweilige Organ binnen 14 Tagen Einspruch erheben, andernfalls erwächst die Zwangsstrafverfügung in Rechtskraft. Im Einspruch sind die Gründe für die Nichtbefolgung der in Abs1 genannten Pflichten anzuführen. Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden (§21 AußStrG). Ist der Einspruch verspätet oder fehlt ihm jegliche Begründung, so ist er mit Beschluss zurückzuweisen.
(3) Mit der rechtzeitigen Erhebung des begründeten Einspruchs tritt die Zwangsstrafverfügung außer Kraft. Über die Verhängung der Zwangsstrafe ist im ordentlichen Verfahren mit Beschluss zu entscheiden. Ist nicht mit Einstellung des Zwangsstrafverfahrens vorzugehen, so kann – ohne vorherige Androhung – eine Zwangsstrafe von 700 Euro bis 3 600 Euro, bei Kleinstkapitalgesellschaften (§221 Abs1a) von 350 Euro bis 1 800 Euro verhängt werden. Gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren steht dem jeweiligen Organ ein Rechtsmittel zu (§§45 ff. AußStrG).
(4) Ist die Offenlegung innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des letzten Tages der Offenlegungsfrist noch immer nicht erfolgt, so ist durch Strafverfügung eine weitere Zwangsstrafe von 700 Euro, bei Kleinstkapitalgesellschaften (§221 Abs1a) von 350 Euro zu verhängen. Das Gleiche gilt bei Unterbleiben der Offenlegung für jeweils weitere zwei Monate; wird gegen eine solche Zwangsstrafverfügung Einspruch erhoben, so ist der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen. Zwischen dem Tag der Erlassung einer Zwangsstrafverfügung nach diesem Absatz und dem Tag der Erlassung einer vorangegangenen Zwangsstrafverfügung, die denselben Adressaten und denselben Bilanzstichtag betrifft, müssen mindestens sechs Wochen liegen.
(5) Richtet sich die Zwangsstrafverfügung gemäß Abs4 gegen ein in Abs1 genanntes Organ einer mittelgroßen (§221 Abs2) Kapitalgesellschaft, so erhöhen sich die damit zu verhängenden Zwangsstrafen sowie die in Abs1 und 3 angedrohten Zwangsstrafen im ordentlichen Verfahren jeweils auf das Dreifache. Wird das Zwangsstrafenverfahren gegen ein in Abs1 genanntes Organ einer großen (§221 Abs3) Kapitalgesellschaft geführt, so erhöhen sich diese Beträge jeweils auf das Sechsfache. Als Grundlage für die Größenklasse kann der zuletzt vorgelegte Jahresabschluss herangezogen werden.
(6) Die Zwangsstrafen sind auch dann zu vollstrecken, wenn die Bestraften ihrer Pflicht nachkommen oder deren Erfüllung unmöglich geworden ist.
(7) Die den gesetzlichen Vertretern in den §§277 und 280 auferlegten Pflichten treffen auch die Gesellschaft. Kommt die Gesellschaft diesen Pflichten durch ihre Organe nicht nach, so ist gleichzeitig auch mit der Verhängung von Zwangsstrafen unter sinngemäßer Anwendung der Abs1 bis 6 auch gegen die Gesellschaft vorzugehen."
III. Zur Zulässigkeit
Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Der Verfassungsgerichtshof hat die Rechtzeitigkeit eines solchen Antrages unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B VG zu beurteilen. Daraus folgt, dass ein solcher Antrag durch den Rechtsmittelwerber grundsätzlich dann rechtzeitig ist, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird (VfSlg 20.074/2016; VfGH 30.11.2016, G535/2015; 14.12.2016, G423/2016 ua; 30.11.2017, G213/2017).
Die antragstellenden Parteien sind Parteien einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache und damit iSv Art140 Abs1 Z1 litd B VG antragslegitimiert.
Da den antragstellenden Parteien die schriftliche Ausfertigung der Beschlüsse vom 5. Juni 2024 am 6. Juni 2024 zugestellt wurde, dürfte der von den antragstellenden Parteien am 20. Juni 2024 erhobene Rekurs ebenso rechtzeitig sein wie der am 20. Juni 2024 gestellte Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B VG. Auf Grund der Mitteilung des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. Juli 2024 geht der Verfassungsgerichtshof überdies davon aus, dass der Rekurs auch sonst zulässig ist.
2. Nach §62 Abs1 VfGG muss der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Gemäß §62 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken "im Einzelnen" darzulegen. Wenn mehrere Bedenken vorgetragen werden und verschiedene Gesetze bzw Gesetzesstellen bekämpft werden, ist es auch Sache des Antragstellers, die jeweiligen Bedenken den verschiedenen Aufhebungsbegehren zuzuordnen (vgl VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua; 2.3.2015, G140/2014 ua). Dem Antrag muss mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, zu welcher Rechtsvorschrift jede von mehreren der zur Aufhebung beantragten Normen in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese These sprechen (VfSlg 14.802/1997, 17.752/2006, 19.938/2003). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – für den Antragsteller zu präzisieren (vgl VfSlg 17.099/2003, 17.102/2003, vgl auch VfSlg 19.825/2013, 19.832/2013, 19.870/2014; VfGH 20.11.2014, V61/2013). Anträge, die dem Erfordernis des §62 Abs1 VfGG nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht im Sinne von §18 VfGG verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VfSlg 12.797/1991, 13.717/1994, 17.111/2004, 18.187/2007, 19.505/2011, 19.721/2012 und zuletzt etwa VfGH 1.10.2020, V405/2020; 1.10.2020, G271/2020 ua).
3. Vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur erweist sich der Antrag als unzulässig:
Soweit die antragstellenden Parteien in ihrem Hauptantrag ohne nähere Bezeichnung der Fundstellen pauschal "das gesamte System der §§277 bis 283 UGB" anfechten, ist dieser Antrag im Lichte des Ausgangsverfahrens, in dem offensichtlich nur §277 Abs1 und §283 Abs3 UGB angewandt wurden, zu weit gefasst, weil nicht sämtliche Bestimmungen in einem offenkundigen Zusammenhang stehen.
Im Übrigen haben die antragstellenden Parteien nicht im Einzelnen und mit hinreichender Deutlichkeit dargelegt, zu welcher Rechtsvorschrift die jeweils im Hauptantrag und Eventualantrag zur Aufhebung beantragten Gesetzesbestimmungen im Widerspruch stehen sollen. Die antragstellenden Parteien führen in ihrem Antrag zwar aus, dass sie verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der "unbegrenzten öffentlichen Zugänglichmachung von Firmenbilanzen" gemäß §277 Abs6 UGB und der "unbegrenzten Kumulationsmöglichkeit" von Zwangsstrafen nach §283 UGB hätten. Für den Verfassungsgerichtshof ergibt sich aus dem Antrag nicht, zu welchen Rechtsvorschriften welche der angefochtenen Normen in Widerspruch stehen sollen. Soweit die antragstellenden Parteien zur Begründung ihres Vorbringens Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Verfassungsgerichtshofes selbst in ihrem Antrag wörtlich wiedergeben, ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, für den vorliegenden Fall passende, von diesen Gerichten angewendete Rechtsvorschriften für die antragstellenden Parteien herauszufiltern und dem Verfahren zugrunde zu legen.
4. Der Antrag entspricht daher nicht den Anforderungen des §62 Abs1 VfGG und ist daher schon aus diesem Grund wegen nicht behebbarer inhaltlicher Mängel als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen der weiteren Prozessvoraussetzungen zu prüfen ist.