E1909/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Niederösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.117,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
1. Am 16. Mai 2013 beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für den Zu- und Umbau ihres Wohnhauses auf dem Grundstück .179, KG Guntramsdorf, das unmittelbar an das Grundstück .307 angrenzt. Die Baubehörden erster und zweiter Instanz bewilligten das Bauvorhaben nicht. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 3. November 2014 wird die abweisende Entscheidung des Gemeindevorstands im Wesentlichen mit der Begründung bestätigt, dass der Bebauungsplan dem Bauvorhaben entgegenstehe. Aus diesem ergebe sich für das benachbarte Grundstück einer Bau- und Wohnungsgenossenschaft (.307) eine zulässige Bebauungshöhe von 14 Metern an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer. Bei einem Abstand des beantragten Hauptfensters von 7 Metern zu dieser Grundstücksgrenze wäre ein freier Lichteinfall unter 45° entsprechend §39 Abs3 NÖ Bautechnikverordnung 1997 nicht gesichert.
Gegen dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit des dem Erkenntnis zugrunde liegenden Teilbebauungsplans "TB10 - Wohngebietsbereiche", Bereich "Ortszentrum West und Nord", der Marktgemeinde Guntramsdorf bestreiten, die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behaupten und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte den Gerichtsakt vor, es verzichtete aber auf die Erstattung einer Äußerung. Die Marktgemeinde Guntramsdorf übermittelte die bezughabenden Akten und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die vom Beschwerdeführer bekämpfte Verordnung verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. In der Folge replizierten die Beschwerdeführer auf die Gegenschrift und übermittelten weiteres Dokumentationsmaterial.
2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 Z2 B VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Teilbebauungsplans "TB10 - Wohngebietsbereiche", Bereich "Ortszentrum West und Nord", der Marktgemeinde Guntramsdorf in der Fassung der vom Gemeinderat am 22. Dezember 2011 beschlossenen Verordnung, kundgemacht an der Amtstafel vom 25. Jänner bis 9. Februar 2012, insoweit er für das Grundstück .179, KG Guntramsdorf, "Bauklasse I/II" und für das Grundstück .307, KG Guntramsdorf, "Bauklasse III/IV" festlegt, ein. Mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, V2/2016, hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnung als gesetzwidrig auf.
3. Die Beschwerde ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 218,–, Umsatzsteuer in Höhe von € 479,60 sowie der Ersatz der Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von € 240,– enthalten.