G190/2016 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Die Einschreiter sind die beklagten Parteien in einem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht Graz-Ost. Mit Beschluss vom 9. Mai 2016, 212 C62/15f, traf das Bezirksgericht Graz-Ost eine Vielzahl von verfahrensleitenden Verfügungen hinsichtlich dieses Verfahrens, welche die Änderung des Aktenzeichens wegen eines Richterwechsels, die Möglichkeit zur Stellungnahme hinsichtlich eines Ablehnungsantrages betreffend einen Sachverständigen binnen 14 Tagen, den Vorbehalt der Entscheidung über einen Unterbrechungsantrag, die Einräumung einer Frist zur Stellungnahme für die klagenden Parteien binnen vier Wochen und die Abweisung eines Antrages der beklagten Parteien auf Fristerstreckung zum Gegenstand hatten. In der Begründung seines Beschlusses hielt das Bezirksgericht Graz-Ost insbesondere fest, dass die aktuelle prozessleitende Verfügung der Information und dem Verfahrensfortgang dient.
2. Gegen diesen Beschluss erhoben die Einschreiter Rekurs und stellten den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten Antrag. In diesem Antrag begehren die Einschreiter die Aufhebung des §25 erster und zweiter Satz Jurisdiktionsnorm, RGBl. 111/1895, idF BGBl 346/1933 ("JN"), und die Aufhebung der Wörter "kann" und "bewilligen" in §128 Abs2 Zivilprozessordnung, RGBl. 113/1895 ("ZPO"). Ferner beantragen die Einschreiter, der Verfassungsgerichtshof möge die Wörter "kann" und "bewilligen" in §128 Abs2 ZPO durch "hat" und "zu bewilligen" ersetzen.
3. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".
4. Der Antrag ist nicht zulässig:
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Antragstellung nach Art140 Abs1 Z1 litd B VG iVm §62a Abs1 VfGG ist, dass auf Grund der gerichtlichen Entscheidung, gegen die ein Rekurs erhoben wurde, eine "entschiedene Rechtssache" vorliegt. Im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrensrechts ist im Wesentlichen zwischen drei Arten von Beschlüssen zu unterscheiden, nämlich zwischen prozessbeendenden, verfahrensgestaltenden (dazu gehört etwa die Unterbrechung oder die Zulassung einer Klageänderung) und prozessleitenden Beschlüssen im engeren Sinn (OGH 24.11.2010, 7 Ob 191/10d; vgl. auch M. Bydlinski in Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze 2 , Vor §425 ZPO, Rz 4 ff.). Der Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-Ost, der Anlass des vorliegenden Antrages ist, ist der letzten der drei genannten Kategorien zuzuordnen, weil mit diesem Beschluss Entscheidungen getroffen wurden, die den Ablauf des Verfahrens ordnen. Derartige Beschlüsse haben eine bloß prozessleitende Natur, weil sie der notwendigen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dienen; sie haben jedoch keinen Selbstzweck und kein vom Verfahren gelöstes Eigenleben ( Rechberger in Rechberger [Hrsg.], Kommentar zur ZPO 4 , §425 ZPO, Rz 3; OGH 24.11.2010, 7 Ob 191/10d). Ferner normiert §425 Abs2 ZPO, dass auch das Gericht selbst nicht an diese Beschlüsse gebunden ist. Ein prozessleitender Beschluss eines ordentlichen Gerichtes, der – wie im vorliegenden Fall – auf die Gestaltung der gerichtlichen Stoffsammlung abzielt, ist daher keine "entschiedene Rechtssache" im Sinne des Art140 Abs1 Z1 litd B VG (vgl. VfGH 22.9.2015, G120/2015).
5. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.