JudikaturVfGH

E2200/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 2016

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und der als "Antrag auf Ergänzung" bezeichnete Antrag werden zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Beschluss vom 18. Februar, E2200/2015-8, zugestellt am 9. März 2016, wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag der einschreitenden Gesellschaft auf Abtretung des beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrags auf Verfahrenshilfe an den Verwaltungsgerichtshof zurück.

2. Mit ihrer am 12. April 2016 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Eingabe begehrt die einschreitende Gesellschaft unter einem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §146 ZPO und offenbar die Berichtigung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Februar 2016, E2200/2015-8, im Sinne des §430 iVm §419 Abs1 ZPO. Der Verfassungsgerichtshof habe es unterlassen, "die Beschlussausfertigung gemäß dem Legalitätsprinzip zu verfügen, somit gemäß §20a Abs6 VfGG." Nicht vom Richter oder Leiter der Geschäftsstelle unterschriebene Beschlüsse genügten den Mindestanforderungen an eine öffentliche Urkunde nicht und seien gegenüber dem Empfänger nicht wirksam. Die Verwendung der Amtssignatur gemäß §19 E-Government-Gesetz sei rechtswidrig. Aus diesem Grund beantrage die antragstellende Gesellschaft Wiedereinsetzung in die 14-tägige Ergänzungsantragsfrist.

3. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden.

3.1. Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

3.2. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Zugleich mit dem Antrag ist dem §149 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.

3.3. Da die antragstellende Gesellschaft jedoch offenbar keine Ergänzung, sondern eine – nicht fristgebundene – Berichtigung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Februar 2016, E2200/2015-8, im Sinne des §430 iVm §419 Abs1 ZPO begehrt, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Versäumens einer befristeten Prozesshandlung zurückzuweisen.

4. Auch in Bezug auf den Antrag auf Berichtigung sind gemäß §35 Abs1 VfGG die Bestimmungen der Zivilprozessordnung und des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden, soweit das VfGG keine anderen Bestimmungen enthält.

4.1. §419 Abs1 ZPO zufolge kann das Gericht, welches das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in dem Urteil oder in dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen und die Angaben, die entgegen der Vorschrift des §417 Abs3 ZPO übergangen wurden, einfügen.

4.2. Nach §42 Abs1 der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes sind auf Antrag oder von Amts wegen den Parteien die ihnen zugestellten Ausfertigungen abzufordern und durch einen besonderen Zusatz zu berichtigen, wenn eine Ausfertigung Schreibfehler, Rechnungsfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten aufweist.

4.3. Gemäß §1 der auf Grundlage von §14 Abs1 VfGG beschlossenen Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofs über die elektronische Durchführung von Verfahren (VfGH-EVGO) können Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof elektronisch durchgeführt werden und es sind gemäß §2 VfGH-EVGO "soweit diese Geschäftsordnung keine besonderen Bestimmungen enthält, die Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofs […] und die für die ordentlichen Gerichte geltenden Vorschriften (§46 Geo VfGH) – sinngemäß – anzuwenden."

4.4. §62 der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (Geo) sieht vor, dass "[d]ie Urschrift […] vom Richter (vom Vorsitzenden des Senats) oder vom Bediensteten (im selbständigen oder erweiterten Wirkungskreise), von dem die Erledigung ausgeht, zu unterfertigen [ist], soweit es das Gesetz vorschreibt auch vom Schriftführer."

4.5. Gemäß §5 VfGH-EVGO tritt "[a]n die Stelle der handschriftlichen Unterfertigung (§62 Geo) […] die Signierung mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß §2 Z3a Signaturgesetz […]."

4.6. Da somit auf Grund der gesetzeskonformen Ausfertigung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes keine "Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten" im Sinne des §430 iVm §419 Abs1 ZPO vorliegen, ist der Antrag zurückzuweisen.

5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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