E1583/2014 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angefochtenen Erkenntnisse wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt worden.
Die Erkenntnisse werden aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) ist schuldig, der Beschwerdeführerin in den zu E1583/2014 und E1439/2015 protokollierten Verfahren zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit insgesamt € 5.712,– bestimmten Prozesskosten sowie der Beschwerdeführerin im zu E886/2015 protokollierten Verfahren zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten jeweils binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und amtswegige Verordnungsprüfungsverfahren
1. Der Beschwerdeführerin in den zu E1583/2014 und E1439/2015 protokollierten Verfahren wurden auf Grund ihrer Mitgliedschaft in der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich (im Folgenden: WKOÖ) mit Bescheiden des Präsidenten der WKOÖ vom 1. Oktober 2013 und 27. Oktober 2014 die Bezahlung von Grundumlagen gemäß §123 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl I 103, im Folgenden: WKG, in Höhe von € 146.801,20 für das Jahr 2013 und in Höhe von € 295.294,29 für das Jahr 2014 vorgeschrieben. Die gegen diese Bescheide von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerden wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnissen vom 12. September 2014 und 15. Mai 2015 als unbegründet ab.
Die Beschwerdeführerin im zu E886/2015 protokollierten Verfahren betreibt an Standorten in Niederösterreich "ein Handelsgewerbe und Sägen", weshalb ihr als Mitglied der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (im Folgenden: WKNÖ) gemäß §123 WKG mit Bescheid der Präsidentin der WKNÖ vom 27. August 2014 eine Grundumlage für das Jahr 2014 in Höhe von € 313.893,– vorgeschrieben wurde. Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 27. März 2015 als unbegründet ab.
2. Gegen diese Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte Oberösterreich und Niederösterreich richten sich die vorliegenden, auf Art144 B VG gestützten und im Wesentlichen gleichlautenden Beschwerden, in denen die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B VG und (in den zu E1583/2014 und E1439/2015 protokollierten Beschwerden darüber hinaus) auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG bzw. Art1 1. ZPEMRK sowie in Rechten wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen (der den Grundumlagenvorschreibungen zugrunde liegenden Beschlüsse der Fachgruppentagungen der Fachgruppe Holzindustrie in der WKOÖ vom 7. Oktober 2011 und der Fachgruppe Holzindustrie in der WKNÖ vom 28. September 2012) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse beantragt wird.
3. Die belangten Behörden der Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in den beim Verfassungsgerichtshof zu E1583/2014 und E1439/2015 protokollierten Verfahren haben jeweils eine Gegenschrift erstattet, in denen sie den Beschwerdebehauptungen entgegentreten.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in den zu E1583/2014 und E1439/2015 protokollierten Verfahren die Gerichtsakten vorgelegt und jeweils eine Äußerung erstattet, in der es den Beschwerdebehauptungen entgegentritt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in dem zu E886/2015 protokollierten Verfahren den Gerichtsakt vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
5. Aus Anlass der unter Pkt. I.2. angeführten Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof am 24. September 2015 gemäß Art139 Abs1 Z2 B VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung "Beschluss der Fachgruppentagung" der Fachgruppe Holzindustrie in der WKOÖ vom 7. Oktober 2011, verlautbart in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 21. Dezember 2012, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2013, und in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 13. Dezember 2013, Nr 50, betreffend Grundumlage 2014, sowie ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung "Beschluss der Fachgruppentagung" der Fachgruppe Holzindustrie in der WKNÖ vom 28. September 2012, verlautbart in der "Niederösterreichischen Wirtschaft" vom 20. Dezember 2013, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2014, ein. Mit Erkenntnis vom 8. März 2016, V136/2015 ua., hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Verordnungen als gesetzwidrig auf.
II. Erwägungen
Die Beschwerden sind begründet:
1. Die Landesverwaltungsgerichte Oberösterreich und Niederösterreich haben die als gesetzwidrig erkannten Verordnungen angewendet. Es ist nach Lage der Fälle offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerinnen nachteilig war.
2. Die Beschwerdeführerinnen wurden somit durch die angefochtenen Erkenntnisse wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die angefochtenen Erkenntnisse sind daher aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Die Kostenentscheidungen beruhen auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist jeweils Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingaben-gebühr in der Höhe von € 240,– enthalten. Die von der Beschwerdeführerin in dem zu E886/2015 protokollierten Verfahren als "ERV-Erhöhungsbeitrag" geltend gemachten Kosten sind schon deshalb nicht zuzusprechen, da diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (VfGH 9.12.2014, B751/2013).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.