E385/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Im Zuge des Disziplinarverfahrens, das dem bekämpften Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Jänner 2015 voranging, wurde ein der Österreichischen Post AG gemäß §17 Poststrukturgesetz zugewiesener Beamter – nach Bekämpfung der Disziplinarverfügung – mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 29. Oktober 2014 für schuldig befunden, dadurch, dass er als Zusteller die ihm zugeschriebene PSK-Anweisung über € 102,24 als ausbezahlt verrechnet, den Geldbetrag vorschriftswidrig in seiner Privatgeldbörse aufbewahrt, bei der Abrechnung die Rückbuchung der Anweisung nicht berücksichtigt und den Kassenüberschuss nicht gemeldet habe, seine Dienstpflichten gemäß §§43 Abs2 und 44 Abs1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) verletzt zu haben, wodurch er Dienstpflichtverletzungen im Sinne des §91 BDG 1979 begangen habe. Von der Verhängung einer Strafe wurde gemäß §126 Abs2 in Verbindung mit §115 BDG 1979 abgesehen. Auf Grund der vom betroffenen Beamten eingebrachten Beschwerde behob das Bundesverwaltungsgericht dieses Disziplinarerkenntnis zur Gänze und sprach den Beamten von den erhobenen Tatvorwürfen gemäß §126 Abs2 BDG 1979 frei.
2. Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde der Österreichischen Post AG sowie des Personalamtes beim Vorstand der Österreichischen Post AG, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie besonderer Rechtsschutzgarantien im Zivil- und Strafrecht (Art6 EMRK) behauptet wird.
3. Die Beschwerde ist unzulässig.
3.1. Zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, dass die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, dh., wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (vgl. VfSlg 11.764/1988, 15.398/1999, 15.733/2000, 17.840/2006, 17.920/2006, 18.442/2008, 19.151/2010, 19.289/2011). Wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls schon ausgesprochen hat (VfSlg 5358/1966, 8746/1980, 14.575/1996, 15.733/2000), hat die Existenz subjektiv-öffentlicher Rechte zwingend die Parteistellung im Verwaltungsverfahren zur Folge, oder – anders ausgedrückt – es kann die für die Beschwerdeberechtigung maßgebende Möglichkeit, durch den Bescheid in der Rechtssphäre verletzt zu werden, nur bei Personen vorliegen, denen in der im konkreten Verwaltungsverfahren behandelten Sache die Stellung einer Partei zugekommen ist. Für die Beschwerdelegitimation gemäß Art144 Abs1 B VG in der mit 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Fassung gelten sinngemäß dieselben Voraussetzungen (vgl. VfGH 20.2.2014, B182/2014).
3.2. Die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ist somit nur gegeben, wenn der Österreichischen Post AG bzw. dem Personalamt beim Vorstand der Österreichischen Post AG Parteistellung im vorangegangenen Verfahren zukommt. In §106 BDG 1979 ist die Parteistellung im Disziplinarverfahren taxativ geregelt und auf den Beschuldigten und den Disziplinaranwalt, der gemäß §103 Abs1 BDG 1979 zur Vertretung der dienstlichen Interessen bestellt wird, beschränkt (vgl. auch Kucsko-Stadlmayer , Das Disziplinarrecht der Beamten 4 , 2010, 439). Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kommt zudem der belangten Behörde, im vorliegenden Fall somit der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, die das bekämpfte Disziplinarerkenntnis erlassen hat, Parteistellung zu (vgl. §18 VwGVG). Eine Parteistellung der Österreichischen Post AG oder des Personalamtes beim Vorstand der Österreichischen Post AG als oberster Dienst- und Pensionsbehörde für die dem jeweiligen Unternehmen zugewiesenen Beamten (vgl. §17 Abs2 Poststrukturgesetz) ist hingegen nicht vorgesehen und lässt sich auch nicht aus den allgemeinen Grundsätzen des §8 AVG und §3 DVG in Verbindung mit §105 BDG 1979 ableiten, weil die dienstlichen Interessen (worunter gemäß §17a Abs9 Poststrukturgesetz auch betriebliche Interessen zu verstehen sind) vom Disziplinaranwalt wahrzunehmen sind (s. §103 Abs1 BDG 1979; vgl. auch VfSlg 19.092/2010).
4. Die Beschwerde ist daher mangels Legitimation der Beschwerdeführer gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG zurückzuweisen.