V51/2014 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, Z 101-5-19/570001935, idF der Verordnung vom 21. November 2003, Z 101-5/19-330106993 war gesetzwidrig.
II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Oberösterreichischen Landesgesetzblatt verpflichtet.
Entscheidungsgründe
I. Anträge
1. Beim Verfassungsgerichtshof sind drei auf Art89 Abs2 B VG iVm Art139 Abs1 Z1 B VG gestützte Anträge des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: LVwG Oberösterreich) anhängig.
2. In den zu V51/2014 und zu V63/2014 protokollierten Anträgen wird wortgleich beantragt, "der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, dass die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 11.12.1998, GZ: 101-5-19/570001935 (Stammfassung), geändert am 5.9.2000, GZ: 101-5/19-330106993 idF der Verordnung vom 21.11.2003, GZ: 101-5/19-330106993 gesetzwidrig war".
3. In dem zu V86/2014 protokollierten Antrag wird beantragt, "der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 31.07.2000, GZ: 101-5/19-330106993, geändert am 05.09.2000, GZ: 101-5/19-330106993 idF der Verordnung vom 21.11.2003, GZ: 101-5/19-330106993 gesetzwidrig war".
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §43 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 159/1960, in der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung geltenden Fassung, BGBl 518/1994, lautete auszugsweise (Hervorhebungen im Original):
" §43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;
c) – d) […]
(1a) […]
(2) Zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, hat die Behörde, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung
a) für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen,
b) – c) […]
(2a) – (11) […]"
2. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, Z 101-5-19/570001935, geändert am 5. September 2000, Z101-5/19-330106993, idF der Verordnung vom 21. November 2003, Z 101-5/19-330106993, lautete (Hervorhebungen im Original):
2.1. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, Z 101-5-19/570001935, lautete:
"VERORDNUNG
Gemäß §43 StVO 1960, i.d.Fassung BGBlNr 92/1998, wird verordnet:
Die Einfahrt ist verboten (§52 lit.a Z2 StVO 1960)
Bereich: in den Franzosenhausweg an den im beiliegenden, vom Magistrat Linz, Planungsamt, am 20.10.1998 erstellten Plan M 1:1000 dargestellten Bereichen
Ausnahme: Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 8-24
Die Verkehrsregelung (Verkehrsverbote, -beschränkung) gilt dauernd.
Für den Bürgermeister:
Der Amtsleiter:
[…]"
2.2. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Juli 2000, Z 101-5/19-330106993, lautet:
" VERORDNUNG
Gemäß §43 StVO 1960, i.d.Fassung BGBlNr 145/1998, wird verordnet:
Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.12.1998 hat wie folgt zu lauten:
Die Einfahrt ist verboten ( §52 lita Z2 StVO)
Bereich: Franzosenhausweg gemäß Plan des Magistrates linz, Planungsamt vom 20.10.1998
Ausnahme: Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 8-24, 30a, 30b und 32
Die Verkehrsregelung (Verkehrsverbote, -beschränkung) gilt dauernd.
Für den Bürgermeister:
Der Amtsleiter:
[…]"
2.3. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5. September 2000, Z 101-5/19-330106993, lautete:
" VERORDNUNG
Gemäß §43 StVO 1960, i.d.Fassung BGBlNr 145/1998, wird verordnet:
Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31.7.2000 hat wie folgt zu lauten:
Bei dem am Franzosenhausweg bestehenden Einfahrtsverbot (§52 lita Z2 StVO), ausgenommen Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 13, 15, 17 und 25, Radfahrer und land- u. forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge und Linienbusse wird die Ausnahme Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 30a, 30b und 32 angefügt.
Die Verkehrsregelung (Verkehrsverbote, -beschränkung) gilt dauernd.
Für den Bürgermeister:
Der Amtsleiter:
[…]"
2.4. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. November 2003, Z 101-5/19-330106993, lautete:
" VERORDNUNG
Gemäß §43 StVO 1960, BGBI Nr 159/1960 i.d.g.F. wird im übertragenen Wirkungsbereich verordnet:
Die Ausnahme vom Einfahrtsverbot (§52 lit.a Z9 StVO 1960) für den in Nord — Südrichtung verlaufenden Teil des Franzosenhausweges hat wie folgt zu lauten: Ausgenommen Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 13 - 25, Radfahrer, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge, Linienbusse.
Die Verkehrsregelung gilt dauernd.
Für den Bürgermeister:
[…]"
3. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juli 2013, Z 0006141/2013, lautete:
" VERORDNUNG
Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz verordnet im übertragenen Wirkungsbereich nachstehende Verkehrsmaßnahmen:
1)
Die Verordnung vom 31.7.2000, GZ 101-5/19 — 330106993 in der Fassung der Verordnung vom 5.09.2000, GZ 101-5/19 — 330106993 und die Verordnung vom 21.11.2003, GZ 101-5/19 — 330106993, betreffend Einfahrverbote am Franzosenhausweg werden behoben .
2)
1. 'Einfahrt verboten' (§52 lit.a Z.2 StVO 1960)
Ausnahme: ausgenommen Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 8 — 24 und Radfahrerinnen
2. 'Einfahrt verboten' (§52 lit.a Z.2 StVO 1960)
Ausnahme: ausgenommen Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 13, 15, 17, 19, 25, 28, 30a, 30b, 32 u. Dohnalstraße 12 — 44, RadfahrerInnen, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge u. Linienbusse
Bereich: Franzosenhausweg, lt. beiliegendem Beschilderungsplan des Magistrates Linz, Stadtplanung, vom 20.06.2013;
Die Verkehrsregelung gilt dauernd.
Rechtsgrundlagen in der gültigen Fassung:
§43 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)
Für den Bürgermeister:
[…]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Den Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde: Beim LVwG Oberösterreich sind drei Beschwerden gegen Bescheide der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit denen über die Beschwerdeführer Verwaltungsstrafen wegen Missachtung des Verbotszeichens "Einfahrt verboten" am 19. Juli 2013 um 8:38 Uhr (V51/2014), am 19. Juli 2013 um 7:33 Uhr (V63/2014) bzw. am 18. Juli 2013 um 9:34 Uhr (V86/2013) in der Stadt Linz, jeweils auf der Höhe "Franzosenhausweg 24, Fahrtrichtung stadtauswärts", verhängt wurden.
2. Aus Anlass dieser Verfahren sind beim LVwG Oberösterreich Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz entstanden, mit der ein Fahrverbot im Bereich des Franzosenhausweges festgelegt wird.
2.1. Zur Frage der Präjudizialität wird in den Anträgen ausgeführt, dass die angefochtene Verordnung gemäß §99 Abs3 lita StVO Rechtsgrundlage der Straferkenntnisse sei.
2.2. In der Sache bringt das LVwG Oberösterreich in den Anträgen Folgendes vor:
In allen drei Anträgen wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich den Verordnungsakten des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz kein ordnungsgemäßes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren iSd §43 StVO iVm §94f StVO entnehmen lasse. Es liege eine sogenannte "Verbalverordnung" vor, zu der es keinen Plan gebe und deren sachliche Grundlage nicht erkennbar sei.
In den zu V51/2014 und V63/2014 protokollierten Anträgen wird ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die erzwungene Umleitung nicht zur Verkehrsvermeidung, sondern vielmehr zu einer Verkehrsverlagerung und einem Umweg von ca. zwei Kilometern führe. Zudem haben sie Medienberichte vorgelegt, wonach diese Verkehrsbeschränkung "politisch motiviert und auf Zuruf von irgendwelchen einflussreichen Persönlichkeiten gestützt worden sein könnte". Auch der Hinweis des Bezirksverwaltungsamtes der Stadt Linz in einem Schreiben vom 25. Februar 2013, wonach die Verkehrsbeschränkung bis in das Jahr 2013 nicht überwacht worden sei, würde in diese Richtung deuten. Der Meldungsleger bzw. der Anzeiger würden den durch die Sperre des 20 m langen Weges verursachten Umweg auf zwei Kilometer schätzen. Die große Anzahl der Betroffenen lasse sich aus den Zahlen nach zehn einstündigen Überwachungssequenzen ableiten: So seien in diesem Zeitraum 1.300 Fahrzeuglenker angezeigt worden. Allein deren vermiedener Umweg belaufe sich auf 2.600 km und entspreche einer Treibstoffeinsparung von 156 Litern. Das Mehr an Umwelt- und Verkehrsbelastung für die Umwegstrecke gelte es – unter Berücksichtigung des Sachlichkeitsgebotes – mit den Interessen der betroffenen Anrainer am Franzosenhausweg abzuwägen.
In dem zu V63/2014 protokollierten Antrag wird überdies vorgebracht, dass als Rechtsgrundlage der Verordnung nur "§43 StVO" zitiert sei, ohne darauf Bezug zu nehmen, ob die Verordnung auf §43 Abs1 oder Abs2 StVO gestützt worden sei.
In dem zu V86/2014 protokollierten Antrag wird ergänzend vorgebracht, dass auf Grund der Nähe des Fahrverbots zu einem Betriebspark die Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe spezifisch berührt würden, und daher eine Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung notwendig gewesen sei. Eine Aufforderung dieser, zu der Verordnung Stellung zu nehmen, sei aus den Verordnungsakten nicht ersichtlich. Auch wenn der Zweck der Verordnung im Schutz der Anrainer vor dem Durchzugsverkehr im Zusammenhang mit dem dort befindlichen Betriebspark gelegen sei, können weder dieser Zweck noch eine Interessenabwägung dem Verordnungsakt vor der Erlassung der Verordnung entnommen werden. Ein verkehrstechnisches Gutachten werde nicht einmal behauptet.
3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er den in den Anträgen dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[…]
Zu III.2
Zum Tatzeitpunkt (…) war die VO vom 21.11.2003 in Geltung. Die VO war mittels Verkehrszeichen vor Ort kundgemacht.
Bei der VO vom 11.12.1998 handelt es sich nicht um die Stammfassung. Mit dieser wurde lediglich vor dem Beginn des 'westlichen Seitenarms', mit den Adressen Franzosenhausweg 8 — 24 - zusätzlich zu den bereits bestehenden Einfahrtsverboten - ein Einfahrtsverbot ausgesprochen, wobei die Zufahrt zu diesen Häusern ausgenommen wurde. Dieses Einfahrtsverbot diente dazu, die LinzerInnen der Wohnadressen Nr 8 —24 vor einem etwaigen Schleichverkehr - als Reaktion auf das seit 1991 bestehende Einfahrtsverbot am Franzosenhausweg - ins Betriebsbaugebiet und zurück – zu schützen.
Als 'Stammfassung' kann vielmehr jene VO vom 27.1.1992 angesehen werden, welche die VO vom 14.11.1991 hinsichtlich der Punkte, die den Franzosenhausweg betrafen, aufhob und damit das Einfahrtsverbot am Franzosenhausweg neu regelte und zusätzlich noch die land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeuge ausnahm.
Mit der VO vom 5.9.2000 wurde die VO vom 31.7.2000 behoben und von Nord- in Südrichtung Folgendes neu verordnet:
Einfahrtsverbot, ausgenommen Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 13, 15, 17 und 25, Radfahrer und land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge, Linienbusse und die Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 30a, 30b und 32. Diese Änderung war erforderlich, da bei der VO vom 31.7.2000 übersehen wurde, die Häuser Franzosenhausweg 13, 15, 17 und 25 aufzunehmen.
Gleichzeitig wurde aber bei der VO vom 9.5.2000 übersehen, die Häuser Franzosenhausweg Nr 8 — 24 wieder aufzunehmen, weswegen dieses Manko - gemeinsam mit einer notwendigen Ergänzung durch den Neubau des Hauses Franzosenhausweg 19 - mit VO vom 21.11.2003 behoben wurde. Dabei wurde die Zufahrt zu den Häusern Franzosenhausweg 13 — 25 ausgenommen, um nicht alle Häuser aufzählen zu müssen.
Die Formulierung 'Franzosenhausweg 13 — 25' war dann in der VO vom 30.7.2013 mittels Aufzählung der Häuser 13, 15, 17, 19 und 25 zu korrigieren, zumal mit der Zitierung der Häuser 13 — 25 unabsichtlich auch Adressen des 'westlichen Seitenarms' mitumschlossen waren.
Gleichzeitig wurden aufgrund eines Versehens in der Verordnung vom 21.11.2003 die Häuser 30a, 30b und 32 nicht mehr aufgezählt. Dieser Fehler wurde ebenfalls mit Verordnung vom 30.7.2013 saniert.
Zu III.2.1
Die am Franzosenhausweg erlassenen Einfahrtsverbote wurden zum Schutz der dortigen Wohnbevölkerung erlassen. Die in Rede stehende Verordnung vom 11.12.1998 wurde ausschließlich zum Schutz der BewohnerInnen der Häuser Franzosenhausweg 8 — 24 erlassen.
Zur Behauptung des fehlenden sachlichen Gebotes dieser Verkehrsbeschränkung erfolgte seitens der Stadtplanung, Abteilung Verkehrsplanung nachstehende Stellungnahme:
Als primäres Planungsprinzip im Bereich der aufeinander treffenden Widmungen 'Wohnen' und 'betriebliche Nutzung' war und ist gültig, eine strikte Trennung zwischen Wohnen und Betrieben umzusetzen und zu wahren.
Bei der Planung des Betriebsparks Franzosenhausweg (im Bereich des südlichen Franzosenhausweges) wurde strikt darauf geachtet, nicht zuletzt auch um Widmungskonflikte zu vermeiden, dass die Erschließung dieses Bereiches grundsätzlich nur von Süden erfolgen soll.
Das bestehende Wohngebiet Neue Heimat — im Norden liegend — behält die existierende Erschließung über das Straßennetz von der Salzburger- und Dauphinestraße. Auf dem bestehenden Straßenstück des Franzosenhausweges nach Süden wurde zwecks Trennung vom Betriebsbaugebiet ein Fahrverbot festgelegt.
Da die Firma ***** schon vor den Überlegungen zu diesem Verkehrskonzept ansässig war und Kunden sowohl von Norden als auch von Süden zufahren, wurde als Kompromiss in diesem Bereich des Franzosenhausweges eine Ausnahmeregelung vom Fahrverbot festgelegt. Das Gleiche gilt auch für jene Wohnbebauung, die vom Franzosenhausweg aus erschlossen wird, weil diese entweder ebenfalls vor der Umwidmung der Grundstücke schon bestanden hat, bzw. später errichtete Wohnbauten nur über den Franzosenhausweg erschließbar waren.
Um die Erschließung/Anbindung des neu zu widmenden Betriebsbaugebietes Franzosenhausweg qualifiziert gewährleisten zu können, hat sich die Stadt Linz jahrelang für einen Autobahnanschluss im Bereich Franzosenhausweg engagiert und mit dem Erhalt desselben die Straßenverbindung Dallingerstraße errichtet.
Das Wohngebiet der Neuen Heimat sollte über das bestehende Straßennetz von der Salzburger Straße und Dauphinestraße erschlossen werden.
Der dem Betriebsbaugebiet Franzosenhausweg zugeordnete Autobahnanschluss wurde auch nur als Halbanschluss ausgeführt, da die Gefahr von Durchzugsverkehr von Osten aus Richtung Ebelsberg/Kleinmünchen durch das Wohngebiet Auwiesen verhindert werden sollte.
Ein weiterer Aspekt für den Autobahnhalbanschluss Neue Heimat war das Planungsziel, den Verkehr, der von der Salzburger Straße vom Trauner Stadtgebiet zur A7 in Fahrtrichtung Süden führt, teilweise über die Dallingerstraße zu bringen und somit die Salzburger Straße zu entlasten.
Dieses Planungsziel wurde jedoch nicht erreicht, da zu dem Zeitpunkt, als die Stadt Linz das Fahrverbot am Franzosenhausweg verhängte, gleichzeitig auch die Stadt Traun die Durchfahrt für Gebietsfremde von der Salzburger Straße zur Dallingerstraße gesperrt hat.
Nördlich des im Norden an den Betriebspark Franzosenhausweg anschließenden Wohngebietes liegt die Straßenanbindung Neubauzeile-Rohrmayrstraße, welche bis zur Dauphinestraße ebenfalls durch Wohngebiet führt und nicht zuletzt auch ein Senioren- und ein Schulzentrum direkt tangiert.
Sämtliche Wege vom Wohngebiet der Neuen Heimat zum Schulzentrum verlaufen über die Rohrmayrstraße. Demnach müssen die SchülerInnen die Rohrmayrstraße queren. Eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Rohrmayrstraße, der zweifelsohne mit einer Rücknahme des Fahrverbotes am Franzosenhausweg erwartet wird, würde vermehrt zu Konfliktsituationen zwischen SchülerInnen einerseits und dem Pkw- und Lkw-Verkehr andererseits führen.
Das im Kreuzungsbereich Neubauzeile/Rohrmayrstraße situierte Seniorenzentrum wird vermehrt unter der Lärmbelastung des vorbeiführenden — erhöhten Verkehrsaufkommens - leiden. Durch eine Entfernung des Fahrverbotes im nördlichen Teil des Franzosenhausweges, d.h. bei einer Öffnung für den Allgemeinverkehr würde eine attraktivere Route über die Achse Dauphinestraße-Rohrmayrstraße-Neubauzeile und den Franzosenhausweg entstehen, die nicht nur für das Wohngebiet der Neuen Heimat bedeutsam wäre, sondern auch für Kleinmünchen (inkl. Auwiesen) eine günstige Anbindung an die A7 nach Süden bedeuten würde.
Potentielle Verkehrsbedürfnisse über die angeführte Achse zum Franzosenhausweg und weiter zur A7 vorwiegend in Richtung zum Knoten Linz zu fahren (Fernziele Wien und Salzburg). haben rund 34.500 BewohnerInnen der Stadtteile Neue Heimat und Kleinmünchen (inkl. Auwiesen). In diesem Bereich befinden sich rund 17.400 Wohnungen. Unter den Annahme, dass jeder Wohnung ein Auto zur Verfügung steht und dieses durchschnittlich 1 x pro Woche in Richtung zum und vom Knoten Linz bewegt wird, kann von ca. 35.000 zusätzlichen Fahrten pro Woche am Franzosenhausweg ausgegangen werden. Das bedeutet eine zusätzliche tägliche Verkehrsbelastung von 5.000 Fahrzeugen. Derzeit weist der Franzosenhausweg - je nach Querschnitt - eine Verkehrsbelastung von 5.000 — 7.000 Fahrzeugen/Tag auf.
Resümee
Bei einer Öffnung des nördlichen Teiles des Franzosenhausweges - durch Weglassen des Fahrverbotes - könnte alleine durch das geänderte Fahrverhalten der BewohnerInnen der Wohngebiete Neue Heimat und Kleinmünchen (inkl. Auwiesen) eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens am Franzosenhausweg prognostiziert werden. Dabei sind BesucherInnen und Gebietsfremde aus dem OÖ Zentralraum noch nicht berücksichtigt.
Als Auswirkung der deutlichen Verkehrszunahme durch Pkw- und Lkw-Verkehr auf dieser Route werden sich eine wesentlich erhöhte Störwirkung (Lärm und Abgase) sowie eine Abnahme der Verkehrssicherheit für die BewohnerInnen ausbilden.
Wenngleich die Stellungnahme der Verkehrsplanung auf aktuelle Gegebenheiten abstellt, so waren dennoch vor 23 Jahren genau die gleichen Beweggründe ausschlaggebend, eine solche Regelung zu erlassen. 1991 war zwar das Verkehrsaufkommen insgesamt noch geringer, aber eine Mehrbelastung hätte die Menschen im Verhältnis damals genauso getroffen wie heute.
Straßenpolizeiliche Beteiligungsverfahren nach §94 f StVO vor Erlassung der Verordnungen wurden eingeleitet. Die Tatsache, dass durch den Eröffnungstermin des Autobahnanschlusses Franzosenhausweg mit 15.11.1991 die Frist im Anhörungsverfahren nicht abgewartet werden konnte, führte zu einer Überprüfung der Verordnung bei der Oberbehörde. Im Ergebnis hatte die Verordnung aber Bestand.
[…]
Zu III.4
Unter Zugrundelegung der Erwägungen der bereits weiter vorne angeführten gutachterlichen Stellungnahme der Stadtplanung, Abt. Verkehrsplanung ging die Interessensabwägung zugunsten des Schutzes der AnrainerInnen des betroffenen Gebietes aus.
Zu IV:
Die Ausführungen zur Verordnung vom 21.11.2003 entsprechen den Tatsachen. Die Formulierung 'Franzosenhausweg 13 — 25' wurde allerdings in einer späteren Verordnung (vom 30.7.2013) wieder korrigiert (und die Häuser des 'östlichen Seitenarms' wieder dezidiert aufgezählt), zumal mit der Zitierung der Häuser 13 — 25 unabsichtlich auch Adressen des 'westlichen Seitenarms' mitumschlossen waren. Gleichzeitig wurden aufgrund eines Versehens in der Verordnung vom 21.11.2003 die Häuser 30a, 30b und 32 nicht mehr aufgezählt. Dieser Fehler wurde ebenfalls mit Verordnung vom 30.7.2013 saniert.
Zu. IV. 2
[…]
Als Stammfassung der Verordnung ist unserer Ansicht nach jene vom 27.1.1992 anzusehen, welche die VO vom 14.11.1991 hinsichtlich der Punkte, die den Franzosenhausweg betrafen, aufhob und damit das Einfahrtsverbot am Franzosenhausweg neu regelte und hierbei noch die land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeuge hinzunahm.
Zu V.
Alle erlassenen Verordnungen über Einfahrtsverbote am Franzosenhausweg wurden lt. Stellungnahme der städtischen Verkehrsplanung, zum Schutze der Wohnbevölkerung verordnet (siehe Pkt. III.2.1).
Aus welchem Grund die Polizei jahrelang mehr oder weniger auf Kontrollen verzichtete und dann im Jahr 2013 umfangreiche Überprüfungen durchführte, entzieht sich unserer Kenntnis.
[…]"
4. Die Oberösterreichische Landesregierung hat zu dem zu V51/2014 protokollierten Antrag eine Äußerung erstattet, die auszugsweise lautet wie folgt:
"A. 1. Die vom Bezirksverwaltungsamt der Landeshauptstadt Linz dem Amt der Oö. Landesregierung vorgelegte charakterisierende Liste zum örtlichen und thematischen Umfeld 'Franzosenhausweg' Bezug habender Verordnungen belegt ein über Jahre hinweg offenbar vorherrschendes Unbehagen und entsprechend unausgewogenes behördliches Vorgehen. Kopien dieser zahlreichen Verordnungen folgten mit.
Daraus ergibt sich, dass bereits mit Verordnung des Bürgermeisters vom 14. 11. 1991, GZ 101-5-/19, fahrtrichtungsbezogen (`Süd´ bzw. Nord`) Einfahrtsbeschränkungen in den Franzosenhausweg in Höhe der Hausnummer 24 bzw. 13 nebst angrenzender Straßen im Sinne der StVO 1960 erlassen worden sind.
Diese Verordnung wurde in weiterer Folge mehrmals (anfänglich mittels expliziter und übersichtlicher formeller Derogation – Verordnung vom 27. 1. 1992, GZ 101-5-/19) abgeändert.
Die späteren Abänderungen des Regelungsgefüges (Verordnung vom 19. 8. 1992 und 14. 8. 1996) behalten zwar formell das Geschäftszeichen (inklusive Subzahl bei der VO vom 19.8. 1992) statisch bei, beschreiben aber nur materiell ohne formelle Änderungsanordnung Neugestaltungen (Änderungen) des fortan geltenden Verordnungswillens und werden von Magistratsmitarbeitern für den Bürgermeister gezeichnet. Der behördliche Wille in Bezug auf das formelle Regelungsziel bleibt über weite Strecken unbestimmt.
2. Die im übermittelten Prüfungsantrag als Stammfassung bezeichnete Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. 12. 1998, GZ 101-5/19 – 570001935, bringt nur scheinbar ohne formelle Bezugnahme auf (damals geltende) bestehende 'Fahrverbote' im Sinne von Einfahrtsverboten eine Neugestaltung der erlaubten bzw. verbotenen Fahrbeziehungen.
Der unter dem Aspekt 'Bereich:' eingebundene `Plan vom 20.10. 1998 M 1:1000´ weist, soweit uns dieser zugänglich war, keine eindeutige, unverwechselbare Kennzeichnung auf.
Es fällt auf, dass die zuvor mehrmals ausgeweiteten, statuierten Ausnahmen (zB. Linienbusse etc.) sich offenkundig - zumindest verbalisiert - im Verordnungstext überraschend nicht mehr finden.
Demnach bestehen erhebliche Zweifel über den normativen Stand des am 11. 12. 1998 (vorgeworfener Tatzeitpunkt im den Antrag auf Normenprüfung auslösenden Verwaltungsstrafverfahren) geltenden Normengeflechtes.
B.1. Die Durchführung eines sachverhaltsbezogenen Ermittlungsverfahrens, eine aktenkundige Nachvollziehbarkeit rechtlicher Erwägungen im Sinne des §43 StVO 1960 sowie die Beachtung des im §94f StVO 1960 festgelegten Anhörungsverfahrens scheint, soweit uns dies durch die übermittelten Unterlagen zugänglich ist, überhaupt stets zu fehlen.
2. – 4. […]
5. Es darf stark bezweifelt werden, ob ein Regelungsanspruch in dieser Form vom Regime des §43 StVO 1960 umfasst sein kann, weil offenkundig in völlig überschießender Weise raumplanerische Aspekte zu Unrecht in die Straßenverkehrsordnung 1960 verlagert werden. Schwerverkehr und normaler Individualverkehr werden gleichermaßen knappest vor ihrem Ziel ausgesperrt, obwohl es nach vernehmbarer Intention nur um den Schutz der Anrainer vor dem Schwerverkehr geht; die großzügigen Straßenquerschnitte auf dem Franzosenhausweg scheinen aber gerade darauf hin ausgelegt zu sein.
6. Es liegt in Verbindung mit den zahlreichen, immer wieder erschienen Pressemeldungen doch auch die Vermutung nahe, dass die offenkundige Absicht die Einhaltung eines Versprechens ohne wirklich tragfähigen sachlichen Hintergrund ist.
Niemand hat nach dem Regelungsgefüge der StVO 1960 einen Anspruch auf absolute Verkehrsfreihaltung, wie dies den wenigen begünstigten Anrainern etwa im Falle Franzosenhausweg 8-24 aber zugestanden wird, weil bis zu Ihnen niemand fahren darf, der nicht sie (diese Anrainer) zum Ziele hat.
C. Es muss bei Gesamtbetrachtung der Genesis der Thematik Franzosenhausweg in Linz bezweifelt werden, dass zum relevanten Zeitpunkt eine mit dem Gesetz, der Straßenverkehrsordnung 1960 im Einklang stehende Verordnungs- und Kundmachungslage vorlag. Als rechtspolitisch interessierende Fragestellung steht im Raum, ob bezogen auf die `komplexen´ Fahrbeschränkungen jemals eine mit §43 StVO 1960 vereinbare Regelung erlassen und kundgemacht worden ist."
5. Eine der beim LVwG Oberösterreich Beschwerde führenden Parteien hat eine Äußerung zu dem zu V51/2014 protokollierten Verfahren erstattet, in der sie sich den Bedenken des LVwG Oberösterreich anschließt.
IV. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Anträge
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Auch wenn das LVwG Oberösterreich zwei unterschiedliche Stammfassungen der Verordnung nennt (zweimal wird die Verordnung "vom 11.12.1998, GZ: 101-5-19/570001935" als Stammfassung, einmal wird die Verordnung "vom 31.07.2000, GZ: 101-5/19-330106993" als Stammfassung bezeichnet), geht aus den Anträgen iSd §57 Abs1 VfGG mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz in der Fassung vom 21.11.2003, GZ: 101-5/19-330106993, angefochten wird, die ein Fahrverbot im Bereich des Franzosenhausweges in Linz anordnet.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. §43 Abs1 litb Z1 StVO sieht die Erlassung dauernder oder vorübergehender Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung vor, "wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert".
Wie der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen VfSlg 8984/1980 und 9721/1983 ausführte und in zahlreichen nachfolgenden Erkenntnissen wiederholte (vgl. VfSlg 13.371/1993, 14.051/1995, 15.643/1999, 16.016/2000, 16.805/2003, 17.573/2005), sind bei der Prüfung der Erforderlichkeit einer Verordnung nach §43 StVO 1960 die bei der bestimmten Straße oder Straßenstrecke, für die die Verordnung erlassen werden soll, anzutreffenden, für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen zu vergleichen, die für eine nicht unbedeutende Anzahl anderer Straßen zutreffen. Der Verfassungsgerichtshof geht sohin in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Behörde bei Anwendung der vom Gesetzgeber mit unbestimmten Begriffen umschriebenen Voraussetzungen für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen oder -verboten durch Verordnung einen Vergleich der Verkehrs- und Umweltverhältnisse anzustellen hat: Die betreffenden Verhältnisse an den Straßenstrecken, für welche ein Fahrverbot in Betracht gezogen wird, müssen derart beschaffen sein, dass sie gegenüber anderen Straßen die Verhängung eines Fahrverbotes gebieten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat die Behörde vor Erlassung einer Verordnung gemäß §43 StVO die im einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 13.449/1993, 17.573/2005, 18.579/2008, 18.766/2009). Die sohin gebotene Interessenabwägung erfordert sowohl die nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung "der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren (vgl. zB VfSlg 12.485/1990, 16.805/2003, 17.572/2005).
2.3. Dass die Erforderlichkeit der angefochtenen Verordnung in einem Ermittlungsverfahren festgestellt wurde, ist aus den vorgelegten Verordnungsakten nicht ersichtlich. Auch wenn die verordnungserlassende Behörde im Vorverfahren auf die Erforderlichkeit unter Verweis auf eine undatierte Stellungnahme der Stadtplanung, Abteilung Verkehrsplanung, hingewiesen hat, und diese Stellungnahme in ihrer Äußerung wiedergibt, so befindet sich diese Stellungnahme nicht (einmal) im Verordnungsakt. Wie der Bürgermeister selbst einräumt (vgl. S. 7 der Äußerung), nimmt die Stellungnahme auf "aktuelle Gegebenheiten" Bezug, allerdings "waren (…) vor 23 Jahren die gleichen Beweggründe ausschlaggebend, eine solche Regelung zu erlassen." Es ist daher davon auszugehen, dass diese Stellungnahme nicht im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens Berücksichtigung finden konnte. Auch für die folgenden Novellierungen konnten dem Verordnungsakt keine die Erforderlichkeit der Verordnung stützenden Unterlagen entnommen werden.
2.4. Da das versäumte Ermittlungsverfahren nicht nach Verordnungserlassung nachgeholt werden kann (VfSlg 15.643/1999, 16.805/2003, 17.573/2005), vermag die undatierte, jedenfalls nach Verordnungserlassung erstellte Stellungnahme der Stadtplanung, Abteilung Verkehrsplanung, die Erforderlichkeit des Fahrverbotes nicht zu rechtfertigen.
V. Ergebnis
1. Die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 1998, Z 101-5-19/570001935, idF der Verordnung vom 21. November 2003, Z 101-5/19-330106993, war gesetzwidrig, weil vor deren Erlassung kein ordnungsgemäßes Ermittlungs- und Anhörungsverfahren geführt wurde.
2. Da die angefochtene Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz nicht mehr in Kraft ist, hat sich der Verfassungsgerichtshof auf den Ausspruch zu beschränken, dass die Verordnung gesetzwidrig war.
3. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches gründet sich auf Art139 Abs5 B VG und §60 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z2 litb Oberösterreichisches Verlautbarungsgesetz 2015, LGBl 91/2014.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.