WI1/2025 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Leitsatz
Zurückweisung der Anfechtungen der Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in der Gemeinde Nenzing am 16.03.2025 sowie der Bürgermeisterstichwahl am 30.03.2025 mangels Legitimation; keine Anfechtung durch den Anfechtungswerber einer Wählergruppe anstelle des zustellungsbevollmächtigten Vertreter
Die Anfechtung einer Wählergruppe hat durch deren zustellungsbevollmächtigten Vertreter zu erfolgen. Nicht anfechtungslegitimiert ist nach Rsp des VfGH hingegen ein Anfechtungswerber bzw ein einzelner Wahlwerber einer Wählergruppe, der eine Wahl im eigenen Namen anficht, mag er auch zustellungsbevollmächtigter Vertreter einer Wählergruppe sein. Sowohl die zur Zahl WI1/2025 protokollierte als auch die zu WI4/2025 protokollierte Anfechtungsschrift ist ausweislich des jeweiligen Rubrums jeweils vom "Anfechtungswerber" eingebracht und unterschrieben.
Auch den weiteren Ausführungen in den Anfechtungsschriften kann nicht entnommen werden, dass der Anfechtungswerber die Wahl in seiner Funktion als zustellungsbevollmächtigter Vertreter iSd §67 Abs2 zweiter Satz VfGG für eine und namens einer Wählergruppe anficht. Vielmehr wird in den Schriftsätzen mehrmals ausdrücklich Bezug auf den "Anfechtungswerber" genommen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Anfechtungswerber seine Legitimation zur Anfechtung damit begründet, er "sei einerseits selbst Wahlwerber […] sowie andererseits auch zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Wahlwerberin 'Liste Sauberes Nenzing – SPÖ und Parteifreie'". Vielmehr unterstreicht diese Formulierung, dass die Anfechtung vom Anfechtungswerber im eigenen Namen erhoben wird.
Gemäß §67 Abs2 letzter Satz VfGG kann eine Wahlanfechtung auch der Wahlwerber einbringen, der behauptet, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt wurde. Dies trifft auf den Anfechtungswerber auf Grund der nachfolgenden Erwägungen nicht zu: Unter Aberkennung der Wählbarkeit sind nur solche Maßnahmen zu verstehen, durch die der Wahlwerber davon ausgeschlossen wird, gewählt zu werden; andere Maßnahmen im Verlauf des Wahlverfahrens, mögen sie auch auf die Wahl und die durch diese bedingte Position des Wahlwerbers von Einfluss sein, haben keinen Einfluss auf die Wählbarkeit. Unter Aberkennung der Wählbarkeit ist demgemäß insbesondere auch die Nichtzulassung zur Wahl aus in der Person des Wahlwerbers gelegenen Gründen zu verstehen, nicht hingegen die Zurückweisung eines Wahlvorschlages aus anderen Gründen.
Die Nichtveröffentlichung der Wahlvorschläge der Wählergruppe "Liste Sauberes Nenzing – SPÖ und Parteifreie" erfolgte, weil die Frist für die Verbesserung des Wahlvorschlages für die Wahl in die Gemeindevertretung ungenützt verstrichen und der Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters in weiterer Folge gemäß §22 Abs2 lite GWG ungültig war. Somit waren für die Nichtveröffentlichung der Wahlvorschläge nicht in der Person des Wahlwerbers gelegene Gründe ausschlaggebend.
Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob die Anfechtungsbefugnis in dieser konkreten Konstellation mit der zur Zahl WI1/2025 protokollierten Anfechtung im Hinblick auf die Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen am 16.03.2025 bereits verbraucht war, mit der Konsequenz, dass die zur Zahl WI4/2025 protokollierte – die Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen am 16.03.2025 sowie die Stichwahl für die Wahl des Bürgermeisters am 30.03.2025 umfassende – Anfechtung (jedenfalls) in diesem Umfang zurückzuweisen wäre.