JudikaturVfGH

E1734/2025 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
EU-Recht
11. September 2025
Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht sowie im Recht auf Achtung der Universitätsautonomie durch Verwarnung der beschwerdeführenden Universität wegen Anfertigung einer Audioaufnahme in einer Departmentsitzung; Regelung des Verhaltens der Universitätsangehörigen durch die im Mitteilungsblatt der Universität veröffentlichte – als Verordnung im Sinne der DSGVO zu qualifizierende – Richtlinie des Rektorats zu Kommunikations- und Meinungsbildungsprozessen

Die beschwerdeführende Universität wendet sich in ihrer Beschwerde an das BVwG insbesondere auch gegen Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides der Datenschutzbehörde, demzufolge die beschwerdeführende Universität wegen einer rechtsgrundlos angefertigten Audioaufnahme in der Departmentsitzung vom 28.11.2023 gemäß Art58 Abs2 litb DSGVO verwarnt wird und bestätigt diesen Ausspruch des Bescheides der Datenschutzbehörde mit folgender tragenden Begründung: Da die – Audioaufzeichnungen einer Departmentsitzung für Zwecke der Protokollierung für zulässig erklärende – Richtlinie des Rektorats zu den Kommunikations- und Meinungsbildungsprozessen der Departments an der Universität – zum maßgeblichen Zeitpunkt – im Mitteilungsblatt der Universität veröffentlicht war, habe das BVwG zu prüfen, ob diese Vorschrift eine Rechtsgrundlage iSd Art6 Abs3 DSGVO darstelle. Dafür sei notwendig, dass es sich bei dieser Vorschrift um eine Rechtsverordnung handle. Dies verneint das BVwG.

Gemäß Art81c Abs1 B‑VG handeln öffentliche Universitäten im Rahmen der Gesetze autonom und können Satzungen erlassen. Dieser Satzungsbegriff des Art81c Abs1 Satz 2 B‑VG ist weiter als derjenige des §19 Abs1 UG und erfasst alle, soweit im vorliegenden Fall maßgeblich, vom Rektorat oder Senat auf Grund des Art81c Abs1 B‑VG bzw auf Grundlage ausdrücklicher Verordnungsermächtigungen im UG erlassene Verordnungen. Schon aus Art81c Abs1 Satz 2 B‑VG folgt dabei, dass sich die von der Universität im Rahmen der Gesetze erlassenen Verordnungen vor allem auch an die Universitätsangehörigen richten, ist doch die autonome Regelung ihrer Angelegenheiten ein wesentlicher Grund für die Satzungsautonomie des Art81c Abs1 Satz 2 B‑VG.

Die Universitätsangehörigen sind die geradezu typischen Adressaten von Verordnungen des Rektorats oder des Senats, deren Verhalten von den zuständigen Leitungsorganen der Universität in bestimmter Hinsicht geregelt werden soll. Die der Rechtsansicht des BVwG zugrunde liegende Vorstellung, dass eine Rechtsverordnung im konkreten Fall des Rektorats nur vorliegen könne, wenn "externe Dritte" und nicht mehr Angehörige der Universität durch die Regelung berechtigt oder verpflichtet werden, steht damit in offensichtlichem Widerspruch zu Art81c Abs1 Satz 2 B‑VG.

Indem das BVwG somit die Bedeutung der Verordnungsermächtigung des Art81c Abs1 Satz 2 B‑VG grundsätzlich verkannt hat, hat es sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

Das BVwG wird sich im fortgesetzten Verfahren insbesondere mit der Argumentation der beschwerdeführenden Universität (die sie auch schon vor dem BVwG vorgebracht hat) auseinanderzusetzen haben, dass es sich gerade im Hinblick auf Art6 Abs1 lite DSGVO bei der in Rede stehenden Richtlinie des Rektorats um eine Rechtsverordnung handelt, und in diesem Zusammenhang auch zu prüfen haben, ob der Organisationsplan des Rektorats zulässigerweise eine beratende kollegiale Einrichtung "Departmentsitzung" einrichten darf (oder ob die Einrichtung von Kollegialorganen auch beratender Natur dem Senat vorbehalten ist) und weiters warum durch die (Ermächtigung zur Vornahme von) Audioaufzeichnungen zu Zwecken der Protokollierung in Departmentsitzungen der Universität aus den von der Datenschutzbehörde geltend gemachten Gründen gegen die DSGVO verstoßen wird.

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