JudikaturVfGH

V63/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
Energierecht
13. Juni 2025
Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Bestimmung der GaskennzeichnungsV betreffend die Ausgestaltung der Anforderungen an die Herkunft für Gas aus erneuerbaren Quellen; keine Unsachlichkeit der Verpflichtung zur Verwendung von Herkunftsnachweisen für die Lieferung von – nur im jeweiligen Kalenderjahr erzeugtem – Gas zur Information der Endverbraucher

Der Individualantrag auf Aufhebung des §7 Abs2 GaskennzeichnungsV (G-KenV) idF BGBl II 216/2023 wird abgewiesen.

Die antragstellende Gesellschaft betreibt ein Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft und erzeugt Biogas aus organischen Abfällen der Lebens- und Futtermittelindustrie. Dieses wird zu einspeisefähigem Biomethan aufbereitet und in weiterer Folge kontinuierlich in das öffentliche Gasnetz eingespeist.

§130 Abs1 und Abs6 GWG 2011 stellt zur Ausweisung der Herkunft der Gasmengen, mit denen ein Versorger die Endverbraucher beliefert, also für den von ihm auszuweisenden Versorgermix, auf den Zeitraum der Jahresabrechnung für das vorangegangene Kalenderjahr ab. Der angefochtene §7 Abs2 G-KenV verstößt daher nicht gegen gesetzliche Vorgaben, wenn er zur näheren Bestimmung der gemäß §130 GWG 2011 bestehenden Verpflichtungen vorsieht, dass für den Versorgermix iSd §130 GWG 2011 für die in einem Kalenderjahr gelieferten Mengen aus Gas nur Herkunftsnachweise verwendet werden dürfen, die in diesem Kalenderjahr in der Registerdatenbank der Regulierungsbehörde erzeugt wurden. Wie sich aus dem Verweis in §7 Abs1 G‑KenV auf §129b Abs4 GWG 2011 bzw §81 Abs3 EAG ergibt, ist der Herkunftsnachweis rechtzeitig erzeugt, wenn der Bilanzgruppenkoordinator auf Verlangen des Anlagenbetreibers für den betreffenden Monat des Kalenderjahres eine entsprechende, in das öffentliche Netz eingespeiste Gasmenge in der Herkunftsnachweisdatenbank eingemeldet und damit die Ausstellung eines Herkunftsnachweises durch die Regulierungsbehörde angefordert hat.

Keine Unsachlichkeit der Verpflichtung, für die an Endverbraucher in einem Kalenderjahr gelieferten Mengen an Gas mit bekannter Herkunft (nur) Herkunftsnachweise zu verwenden, die in diesem Kalenderjahr in der Registerdatenbank der Regulierungsbehörde erzeugt wurden:

Herkunftsnachweise haben vor dem Hintergrund von Art19 Abs1 Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (RED) die wesentliche Funktion, die Herkunft von Energieträgern gegenüber den Endverbrauchern auszuweisen. Sie dienen also einem Informationszweck. Die dadurch angestrebte Transparenz soll bei den Endverbrauchern ein Bewusstsein über die Herkunft des Gases schaffen und auf diese Weise einen Anreiz setzen, dass Endverbraucher verstärkt ihr Gas bei Versorgern nachfragen, die Gasmengen aus erneuerbaren Quellen liefern und demzufolge Herkunftsnachweise für Gas aus erneuerbaren Quellen einsetzen. Damit soll langfristig der faktische Anteil an Gas aus erneuerbaren Quellen im Leitungssystem erhöht werden.

Dass diese Herkunftsnachweise (international) handelbar sind, ist eine Folge der rechtlichen Einführung derartiger Herkunftsnachweise, die das Gesetz nicht unterbindet. Gleichwohl ist das Regelungssystem, das Versorger zur Ausweisung der Herkunft der Gasmengen verpflichtet, mit denen er die Endverbraucher beliefert, zunächst nicht auf eine möglichst effiziente wirtschaftliche Verwertbarkeit der Herkunftsnachweise für Unternehmen, die wie die antragstellende Gesellschaft über solche verfügen, im Handel mit anderen ausgerichtet. Im Vordergrund steht der Transparenzzweck für den Endverbraucher und die vom (europäischen) Gesetzgeber intendierte Anreizwirkung zur Stärkung der Nachfrage nach Gas aus erneuerbaren Quellen.

Dieser grundsätzlich sachlich nicht zu beanstandenden Zielsetzung (ob die intendierte Anreizwirkung bei den Endverbrauchern auch tatsächlich verfängt, ist keine am Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes vom VfGH zu beurteilende Frage) dient die Festlegung in §7 Abs2 G-KenV, weil die kalenderjahresbezogene Information die Transparenz für die Endverbraucher gegenüber einer etwa monatsweise rollierenden Information erhöhen und damit die Erfüllung der Zielsetzung der Herkunftsnachweise fördern kann. Angesichts des diese Regelung tragenden öffentlichen Interesses ist es weder unsachlich noch unverhältnismäßig, wenn die Unternehmen eine daraus resultierende gewisse Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Herkunftsnachweise im Handel hinnehmen müssen.