JudikaturVfGH

E3674/2021 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
29. November 2022

Für die Annahme einer westlich orientierten Lebensweise (in Bezug auf die im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung zwölfjährige Viertbeschwerdeführerin) ist es - entgegen der Ausführungen des BVwG - nicht maßgeblich, dass ein solches Mädchen über ein intellektuell durchdachtes Wertegerüst verfügt, da dies dem unterschiedlichen Erfahrungshorizont, dem Alter und der Bildung der betroffenen Personen nicht gerecht wird. Hinzu kommt, dass entgegen der Rspr des VfGH, das angefochtene Erkenntnis keinerlei Ausführungen zur möglichen Schulbildung der Viertbeschwerdeführerin in Afghanistan enthält. Es verfängt auch nicht, wenn das BVwG festhält, dass die Viertbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht habe. Im Lichte des §18 Abs1 AsylG 2005 und angesichts der Minderjährigkeit der Viertbeschwerdeführerin war das BVwG gehalten von Amts wegen auf eine Vervollständigung des Nachfluchtvorbringens hinzuwirken.

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