E1536/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Dem vorliegenden Fall liegt die Gesamtgrundabfindung des Beschwerdeführers im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens Maierhofen-Großenegg in den Gemeinden Berndorf bei Salzburg und Nußdorf am Haunsberg durch Erlassung des Zusammenlegungsplanes zugrunde. Dadurch werden die Eigentumsrechte des Beschwerdeführers sowie seine privatrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen berührt, weshalb Art6 EMRK auf das hier zu beurteilende Verfahren anzuwenden ist.
Zwar stellt der Umstand, dass ein fachkundiger Laienrichter eines Verwaltungsgerichtes Verwaltungsbeamter ist und als solcher in seiner sonstigen Tätigkeit weisungsgebunden ist, für sich allein noch keinen Grund dafür dar, an der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtes zu zweifeln (vgl VfSlg 15668/1999 und EGMR 16.07.1971, Fall Ringeisen, Serie A Nr 13).
Berechtigt sind Zweifel an der Unabhängigkeit einer Person, die einem Gericht iSd Art6 EMRK angehört, wenn sie sich sowohl im Hinblick auf ihre Pflichten als auch auf die Organisation ihres Amtes im Verhältnis zu einer der Parteien in untergeordneter Stellung befindet.
Da der in Rede stehende fachkundige Laienrichter Referatsleiter in jener Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung ist, in die auch die als belangte Behörde Parteistellung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren genießende Agrarbehörde Salzburg eingegliedert ist, sodass er sich gegenüber dem Leiter dieser Abteilung - der auch die Agrarbehörde leitet - in einer unmittelbar untergeordneten Stellung befindet, entspricht die Zusammensetzung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg im vorliegenden Fall nicht den Anforderungen des Art6 EMRK. Dies wiegt umso schwerer, als den Verwaltungsgerichten eine rechtsstaatliche Filterungsfunktion zukommt und die Anrufung des VwGH im Instanzenzug seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51, nur noch bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung erfolgt. Der im Instanzenzug anrufbare VwGH vermag aber nicht mehr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des VfGH zur nachprüfenden Kontrolle des VwGH die möglicherweise mangels Unabhängigkeit fehlende Gerichtsqualität der entscheidenden Verwaltungsgerichte zu ersetzen.
Die mangelnde Gerichtsqualität ist aber nicht dem Gesetz anzulasten, weil die gesetzlichen Bestimmungen über die Zusammensetzung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg bei Entscheidungen über Beschwerden gegen Bescheide der - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Parteistellung genießenden - Agrarbehörde Salzburg in Zusammenlegungs- und Flurbereinigungsverfahren eine personelle Besetzung erlauben (und im Hinblick auf Art6 EMRK auch gebieten), bei der die bedenklich erscheinende Verquickung der Tätigkeit als fachkundiger Laienrichter im Verwaltungsgericht einerseits mit der Tätigkeit als Angehöriger jener Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung, in der auch die Parteirechte im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht wahrgenommen werden, andererseits vermieden werden könnte.
(She ebenso E1595/2015, E v 09.10.2015).