UA6/2015 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Teilweise Zulässigkeit der Anträge der Finanzmarktbeteiligung AG (FIMBAG) sowie eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gem Art138b Abs1 Z4 B-VG; im Übrigen Zurückweisung der Anträge (vgl E v 15.06.2015, UA2/2015 ua).
Art53 Abs3 B-VG bezieht sich auf "alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper". Die Informationspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss erfasst jedenfalls auch Organe von Rechtsträgern, die aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind, wenn diese hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Dieses Verständnis kommt in den Gesetzesmaterialien insoweit zum Ausdruck, als dort ausdrücklich auf die Verpflichtungen Beliehener Bezug genommen wird (AB 439 BlgNR 25. GP, 5: "Die Verpflichtungen des Abs3 treffen auch Beliehene, soweit diese Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes besorgen."). Der VfGH vermag jedoch nicht zu erkennen, dass der FIMBAG hoheitliche Befugnisse übertragen worden wären (vgl §2 Abs1 und Abs2 sowie §3 Abs2 bis Abs5 FinanzmarkstabilitätsG - FinStaG). Entsprechendes wurde auch in den Anträgen nicht behauptet. Die Übertragung der privatwirtschaftlichen Angelegenheiten einer Gebietskörperschaft auf einen Rechtsträger privaten Rechts (Aktiengesellschaft), der seine Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, hat aber zur Konsequenz, dass es sich bei dessen Aufgabenerfüllung nicht mehr um staatliche Verwaltung handelt. Hätte der Verfassungsgesetzgeber auch jene ausgegliederten Rechtsträger, die - wenn auch öffentliche - Aufgaben in den Formen des Privatrechts besorgen, erfassen wollen, hätte er dies ausdrücklich anordnen müssen.
Die FIMBAG ist somit nicht als "Organ" iSd Art53 Abs3 B-VG zu qualifizieren.