V105/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit der PlatzverbotsV der Landespolizeidirektion Steiermark vom 20.11.2012, ZP1/43991/2012 (betr ein Platzverbot für den Freiheitsplatz in Graz anlässlich einer Wahlveranstaltung der FPÖ).
§36 Abs1 SicherheitspolizeiG (SPG) intendiert durch die Erlassung einer Platzverbotsverordnung den Aufenthalt unterschiedslos jeder Person in einem als solchen begründet als Gefahrenbereich erkannten Bereich zu verhindern. Aus dem Umstand, dass im Übrigen stets sachlich begründete und somit gerechtfertigte Ausnahmen zulässig sind (zB zu Gunsten von Rettungsorganisationen, der betroffenen Anrainer oder ausführender Unternehmen), ist jedenfalls nicht abzuleiten, dass darüber hinaus in diskriminierender Weise der Zugang zum Gefahrenbereich manchen Gruppen erlaubt und manchen verboten werden darf. §36 Abs1 leg cit ist nicht geeignet, den ungestörten Besuch einer Versammlung in einem vom Platzverbot erfassten Bereich zu sichern.
Der VfGH bleibt bei seiner Auffassung, dass eine Verpflichtung des Staates zum Schutz von Versammlungen und auch Wahlveranstaltungen besteht und die Behörden daher gehalten sind, diese vor Störungen durch Dritte zu schützen (so etwa VfSlg 19741/2013; VfGH 13.09.2013, B1443/2012). §36 Abs1 SPG erlaubt dennoch nicht, ein Platzverbot genau an dem Ort, an dem die (allenfalls zu schützende) Versammlung selbst stattfindet, zu verhängen.
Die in Prüfung gezogene Platzverbotsverordnung wurde daher in einer dem §36 Abs1 SPG widersprechenden Weise erlassen.
(Anlassfall B985/2013, E v 02.07.2015, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).