U2087/2012 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Es ist aus der Beweiswürdigung nicht erkennbar, wie der AsylGH zur Ansicht kommt, dass der Beschwerdeführer nicht aus einer inneren Umkehr zum Christentum konvertiert wäre. Warum die Beziehung des Beschwerdeführers zu den Pastoren im Verhältnis zu den anderen Gemeindemitgliedern für die Herstellung dieser Glaubwürdigkeit eine "besondere" sein muss, vermag der VfGH weder nachzuvollziehen, noch wird dies vom AsylGH näher begründet.
Die regelmäßige Teilnahme des Beschwerdeführers an Gottesdiensten steht auch der Annahme des AsylGH entgegen, dass der Beschwerdeführer seine Konversion geheim halte.
Der Beurteilung des Asylgrundes hat der AsylGH nicht zu Grunde zu legen, ob der Beschwerdeführer in Afghanistan "mit allen Mitteln" versuchen werde, seinen Glaubenswechsel zu verheimlichen (vgl dazu EuGH 05.09.2012, Rs C-71/11 und C-99/11).
Der AsylGH unterlässt jede Auseinandersetzung mit der konkreten Gefahrensituation, der der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat ausgesetzt wäre. Er trifft weder Feststellungen zur Situation in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers (Provinz Ghazni) noch zur Frage, ob dessen persönliche Umstände die Rückkehr in eine andere Region, wie etwa Kabul, zulassen würden.
Unbeachtet bleibt im Rahmen der Interessenabwägung iSd Art8 Abs2 EMRK, dass der Beschwerdeführer offenbar auch die Schule besucht. Besonders bemerkenswert erscheint, dass die sozialen Aktivitäten, die der Beschwerdeführer als Mitglied der Freien Christengemeinde Gemeinde Wien setzt, bei der Abwägung keine Beachtung mehr finden, obwohl diese den inhaltlichen Schwerpunkt der mündlichen Verhandlungen darstellten.