JudikaturOLG Wien

23Bs255/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Pasching und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes gemäß § 133a StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 17. August 2025, GZ **-4, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt (nunmehr) in der Justizanstalt Krems eine mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 7. Mai 2025, AZ ** (ON 2.4.1 = ON 2.10.7), wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 StGB über ihn verhängte zwölfmonatige Freiheitsstrafe. Das errechnete Strafende fällt auf den 11. März 2026. Die (auch für die Berechnung der Voraussetzungen des § 133a StVG zur Anwendung gelangenden – vgl Pieberin WK² StVG § 133a Rz 16) zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen mit dem heutigen Tag vor, zwei Drittel der Freiheitsstrafe werden am 11. November 2025 verbüßt sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss sah das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.3) – per 11. November 2025 „bzw mit der später eintretenden Rechtskraft dieses Beschlusses“ vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig ab, versagte – wie sich der Beschlussbegründung entnehmen lässt – ein solches Vorgehen nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit jedoch aus generalpräventiven Erwägungen (ON 4).

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Ablehnung des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG bereits zum Hälftestichtag richtet sich die rechtzeitig zu ON 5 ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt hat und gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2), sowie der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3). Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen des Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzuges bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2 leg cit).

Mit der in Vollzug stehenden Verurteilung wurde der Strafgefangene schuldig erkannt, am 4. Jänner 2025 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei Mittätern anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in eine Wohnstätte fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht zu haben, indem er und einer seiner Mittäter – unter Verursachung eines Sachschadens von über 12.000 Euro (ON 2.2 S 3 sowie ON 2.9 jeweils im Erkenntnisakt) - das Kellerfenster eines Wohnhauses und danach die Verbindungstüre zwischen Keller und Wohnbereich mit einem Werkzeug aufbrachen, sich dadurch Zutritt zum Wohnhaus verschafften und anschließend das Haus durchsuchten, wobei es beim Versuch blieb, weil sie von Nachbarn bemerkt wurden und das Vorhaben daraufhin aufgrund eines Anrufs des im Fahrzeug verbliebenen und aufpassenden weiteren Mittäters abbrachen.

Zwar erklärte sich der Strafgefangene bereit, seiner Ausreiseverpflichtung aufgrund des aktenkundigen, auf die Dauer von fünf Jahren befristeten rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes (ON 2.10.5 und ON 2.10.6) unverzüglich auf eigene Kosten nachzukommen (ON 2.10.3 S 2), auch stehen seiner Ausreise keine Hindernisse entgegen (ON 2.10.6). Das erstgerichtliche Kalkül, wonach das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit an generalpräventiven – in der Schwere der Anlasstat gelegenen – Gründen (§ 133a Abs 2 StVG) scheitert, erweist sich jedoch als zutreffend.

Denn das arbeitsteilige Vorgehen des Strafgefangenen mit zwei Mittätern (wovon einer Aufpasserdienste leistete), die kurz vor Tatbegehung (vgl dazu ON 2.2 S 4 im Erkenntnisakt) offenkundig nur zu diesem Zweck erfolgte Einreise ins Bundesgebiet, das Aufbrechen nicht nur eines Fensters sondern auch einer Tür und der damit einhergehende hohen Sachschaden stellen insgesamt jene Begleitumstände dar, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von regelmäßig vorkommenden, weniger organisierten (auch durch Einbruch in Wohnstätten begangenen) Diebstählen deutlich und auffallend abheben.

Würde trotz der konkreten Schwere der Tat bereits vor Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe vorläufig vom Strafvollzug abgesehen, wäre dies geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Effektivität des Strafrechts zu erschüttern und darüber hinaus die gebotene Abschreckungswirkung auf andere, vergleichbaren (schweren) Taten zugeneigte Personen zu verfehlen. Es bedarf daher zufolge der Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs, um die generelle Normtreue der Bevölkerung zu festigen (positive Generalprävention) und der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (negative Generalprävention).

Diesen Erwägungen vermag der Beschwerdeführer – der drei oberstgerichtliche Entscheidungen zitiert, die entweder nicht existent sind („13 Os 39/10w“, „11 Os 95/05m“) oder aber keinerlei Bezug zum hier zu beurteilenden Sachverhalt aufweisen (15 Os 114/12x), - mit dem Verweis auf „Geständnis und Bedauern, keinerlei Disziplinarverstöße, positive Haftführung“ sowie seinen Ausführungen zu einer „Resozialisierung im Inland“ nichts Stichhältiges entgegenzusetzen, spricht er damit doch ausschließlich – hier indes nicht relevante – spezialpräventive Gesichtspunkte an. Dass durch Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe „auch Generalprävention bereits ausreichend Rechnung getragen“ worden sei, behauptet er hinwieder bloß unsubstantiiert.

Damit entspricht der angefochtene Beschluss aber der Sach- und Rechtslage, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.