JudikaturOLG Wien

20Bs188/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
21. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom (richtig:) 27. Mai 2025, GZ ** 12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene jordanische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von 22 Monaten und 20 Tagen, und zwar

- die über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Mai 2024 zu AZ ** wegen § 27 Abs 2a zweiter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten,

die mit dem genannten Urteil widerrufene, vom Landesgericht für Strafsachen Wien ursprünglich mit Urteil vom 24. Juli 2019, AZ **, wegen § 27 Abs 2a SMG verhängte, zunächst für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von sechs Monaten und

- einen Strafrest von einem Monat und 20 Tagen nach Widerruf der bedingten Entlassung mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. April 2021, AZ **, in Ansehung des unbedingten Teils der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. März 2021, AZ B*, verhängten Freiheitsstrafe (unbedingter Teil fünf Monate) mit errechnetem Strafende am 4. März 2026.

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 24. März 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit am 16. Juli 2025 (ON 2 S 6).

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 12) lehnte das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht den mit 17. März 2025 datierten Antrag auf bedingte Entlassung nach dessen Anhörung (ON 11) aus spezialpräventiven Gründen ab.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach dessen Verkündung erhobene (ON 11), unausgeführt gebliebene Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.

Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm nach § 46 Abs 1 StGB der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzuges begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Die Anwendung des Rechtsinstituts der bedingten Entlassung soll nach erkennbarer Intention des Gesetzgebers der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe hingegen auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben.

Vor der nunmehrigen Anlassverurteilung vom 10. Mai 2024 - die zugleich auch den Anlass für den Widerruf der bedingten Strafnachsicht bzw den Widerruf der bedingten Entlassung aus dem unbedingten Teil einer Freiheitsstrafe bildete - wies der nunmehrige Beschwerdeführer zwei spezifisch einschlägige Vorverurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz auf, wobei er von diesen staatlichen Sanktionen unbeeindruckt blieb und sich nicht von erneuter Delinquenz abhalten ließ. Es sind seit Haftbeginn keine Änderungen der Verhältnisse, unter denen er die Taten begangen hat, eingetreten.

Die Wirkungslosigkeit der Resozialisierungsmaßnahmen der bedingten Strafnachsicht/Entlassung ungeachtet der mehrmonatigen Erfahrung des Haftübels im Verfahren B* des Landesgerichts für Strafsachen Wien, verbunden mit der aufgezeigten, während offener Probezeiten begangener Delinquenz des Strafgefangenen dokumentiert eine beträchtliche kriminelle Energie des Beschwerdeführers. Da ihn weder gerichtliche Verurteilungen, die Erfahrung des Haftübels, noch die gewährten Resozialisierungschancen in Form von (teilweise) bedingten Strafnachsichten sowie einer bedingten Entlassung zu einem rechtschaffenen Wandel bewegen konnte, ist die Annahme keineswegs berechtigt, A* werde nunmehr durch eine bedingte Entlassung gegebenenfalls in Verbindung mit Weisungen und Anordnung von Bewährungshilfe nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten. Wie vom Vollzugsgericht zutreffend dargestellt, lässt die Gesamtwürdigung all dieser angesprochenen Aspekte die dem Strafgefangenen zu erstellende Kriminalprognose höchst negativ ausfallen.

Da der erstgerichtliche Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde kein Erfolg beschieden.