29Ns23/25m – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien Mag. Lehmayer fasst über die im Verfahren ** des A* erhobene Anzeige der Ausgeschlossenheit durch die Richterin Mag. B* den
Beschluss
Spruch
Die Richterin des A* Mag. B* ist nicht ausgeschlossen.
Text
Begründung:
Im Verfahren AZ ** des C* gegen D* ua wegen §§ 28a SMG uaD wurde dem A* mit Vorlagebericht vom 31. Juli 2025 die Berufung der Staatsanwaltschaft ** wegen Strafe hinsichtlich dreier Angeklagter gegen das Schöffenurteil vom 24. April 2025 vorgelegt und fiel dem Senat ** zur Entscheidung an. Senatspräsidentin (und derzeit im Krankenstand) ist Mag. E*, zuständige Referentin ist Mag. F* und drittes Senatsmitglied (und im Vertretungsfall als Vorsitzende zuständig) ist Mag. B*.
Mit Schreiben vom 5. August 2025 zeigte Mag. B* ihre allfällige (objektive) Befangenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO im Hinblick darauf an, dass einer der von der Berufung betroffenen Angeklagten von einer Rechtsanwältin der Kanzlei G* Rechtsanwälte GmbH verteidigt werde. Ihr Ehemann, Mag. H*, sei angestellter Konzipient dieser Rechtsanwaltspartnerschaft, weshalb ein Fall der Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO vorliege. Im Übrigen könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass Mag. H* in der betroffenen Strafsache innerhalb der genannten Rechtsanwaltspartnerschaft zur Beratung zugezogen worden sei oder werde.
Nachdem Mag. B* um Konkretisierung dahingehend ersucht wurde, ob und bejahendenfalls in welcher Form ihr Ehemann Mag. H* im gegenständlichen Fall tatsächlich tätig geworden sei bzw welche Agenden er in der Rechtsanwaltspartnerschaft betreue (zumal dort ca 45 Juristen beschäftigt seien, einer davon Mag. H* als Senior Legal Expert), beantwortete sie mit Schreiben vom 6. August 2025, dass nach Rücksprache mit ihrem Ehemann dieser in gegenständliche Causa nicht in irgendeiner Weise involviert gewesen sei und bis zum heutigen Tage auch nichts von dieser gewusst habe.
Rechtliche Beurteilung
Eine Ausgeschlossenheit ist nicht gegeben.
Ausgeschlossen ist ein Richter unter anderem dann, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO). Dazu genügt bereits der Anschein seiner Befangenheit. Es müssen Anhaltspunkte gegeben sein, die bei einem unbeteiligten objektiv und emotionslos urteilenden Beobachter den Eindruck der (möglichen) Befangenheit, also einer auf unsachlichen Motiven beruhenden Beeinflussbarkeit hervorrufen können (RISJustiz RS0046052).
Nach ständiger Rechtsprechung liegt Befangenheit somit nicht nur vor, wenn ein Richter an eine ihm zukommende Tätigkeit nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten kann, sondern es genügt der äußere Anschein einer Hemmung vor unparteiischer Bearbeitung durch sachfremde psychologische Momente (** mwN). Befangenheit ist somit entweder eine tatsächliche Hemmung der unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive oder aber eine besondere Fallgestaltung, die einen unbefangenen Außenstehenden begründeterweise an der unparteiischen Entscheidungsfindung zweifeln lassen kann (RISJustiz RS0114514[T1]).
Zwar ist bei der Prüfung der Unbefangenheit im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen; es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der äußere Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Die Vermutung spricht dabei aber für die Unparteilichkeit eines Richters, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen.
Fallgegenständlich liegt der Mitteilung der anzeigenden Richterin des A* zufolge jedenfalls kein Fall einer Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 1 StPO vor.
Aber auch ein Ausschlussgrund des § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist nicht gegeben. Denn in fallgegenständlicher Konstellation, in der einer von mehreren Angeklagten von einer Rechtsanwältin einer Großkanzlei mit rund 45 juristischen Mitarbeitern vertreten wird, wovon ein Konzipient (Senior Legal Expert) der Ehemann einer Richterin des A* ist, der in keiner Weise in die Causa involviert gewesen war, nicht Partner der Kanzlei ist oder in deren (Firmen-)Namen vorkommt, kann auch ein unbefangener Beobachter nicht davon ausgehen, dass sich diese mit dem besonderen Schutz der Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit ausgestattete Richterin des A* deshalb von unsachlichen Motiven leiten lassen werde. Konkrete weitere Umstände, die eine Befangenheit befürchten lassen, liegen nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Gegen diesen Beschluss steht ein selbstständiges Rechtsmittel nicht zu (§ 45 Abs 3 StPO).