18Bs156/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Dr. Hornich, LL.M. in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. A* gegen den Antragsgegner B*wegen § 7a MedienG über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. Juni 2025, GZ **-34, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert , dass die vom Antragsteller Mag. A* zu ersetzenden Kosten der Vertretung des Antragsgegners B* mit 3.888,60 Euro (darin enthalten gesamt 552,10 Euro an USt und 576 Euro an Barauslagen) bestimmt werden.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO iVm §§ 8a Abs 1, 41 Abs 1 MedienG hat der Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Text
Begr ündung:
Mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 15. Mai 2025 zu AZ * (ON 29) wurde das Begehren des Antragstellers Mag. A* den Antragsgegner wegen der identifizierenden Berichterstattung über den Antragsteller und dessen Strafverfahren vor dem Landesgericht * (AZ **) und den darin erhobenen Vorwurf, der Antragsteller habe Diebstahl und Betrug zum Nachteil der Bankkundin C* begangen, in den Sendungen "**" vom * und "**" vom *, die jeweils im Fernsehprogramm "**" und auf der unter ** erreichbaren Website veröffentlicht wurden, zur Zahlung jeweils einer Entschädigung nach § 7a MedienG an den Antragsteller zu verpflichten, abgewiesen. Mit selbigem Urteil wurde der Antragsteller zum Ersatz der Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz verpflichtet. In diesem Erkenntnis sprach das Oberlandesgericht Wien aus, dass der Antragsgegner gemäß §§ 390 Abs 1, 390a Abs 1 StPO iVm §§ 8a Abs 1, 41 Abs 1 MedienG die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zu tragen habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die dem Antragsgegner vom Antragsteller zu ersetzenden Verfahrenskosten antragsgemäß mit insgesamt 4.094,72 Euro inklusive USt, darin enthalten unter anderem die Vollmachtsbekanntgabe vom 19. April 2024 in Höhe von 61,55 Euro (exklusive USt), die Mitteilung und Urkundenvorlage vom 10. Oktober 2024 in Höhe von 233,30 Euro (exklusive USt) sowie Fahrtkosten in Höhe von 8,72 Euro (exklusive USt) für Fahrtkosten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die eingebrachte Beschwerde des Antragstellers (ON 36.1), welche moniert, die Vollmachtsbekanntgabe vom 19. April 2024 (ON 3) sowie die Mitteilung und Urkundenlage vom 10. Oktober 2024 (ON 19.1) seien mangels Notwendigkeit, die verzeichneten Fahrtspesen infolge fehlender Bescheinigung derselben nicht zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Vorweg ist festzuhalten, dass zum Eingabezeitpunkt der Beschwerde am 3. Juni 2025 (ON 36.2) die 14-tägige Beschwerdefrist (§ 88 Abs 1 zweiter Satz StPO) noch nicht zu laufen begonnen hat, weil der angefochtene Beschluss erst am 4. Juni 2025 (Zustellungszeitpunkt gemäß § 89d Abs 2 GOG) wirksam – und somit fristauslösend - zugestellt wurde (Einsicht in VJ und Zustellnachweis zu ON 35). Eine vor Beginn der Rechtsmittelfrist eingebrachte Beschwerde ist dennoch wirksam, sodass es vor der Entscheidung über diese keiner neuerlichen Zustellung des Beschlusses bedarf (RIS-Justiz RS0123942 [T4]). Auch erklärte der Beschwerdeführer durch die bereits ausgeführte Beschwerde unmissverständlich seine Anfechtungslegitimation schon vor Beginn der Beschwerdefrist in Anspruch zu nehmen, sodass über die Beschwerde in der Sache zu entscheiden ist.
Gemäß § 395 Abs 1 StPO hat das Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, auf Antrag eines der Beteiligten die zu ersetzenden Kosten mit Beschluss zu bestimmen. Nach Abs 2 leg.cit. hat das Gericht bei der Bemessung der Kosten zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig oder sonst nach der Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt waren. Notwendig sind Vertretungshandlungen dann, wenn sie durch die Prozesslage und die Verfahrensvorschriften erzwungen werden. Diese Notwendigkeit ist nach den Umständen des Einzelfalls, aber am objektiven Maßstab einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu messen. Es ist zu fragen, was eine durchschnittliche, sorgfältige und informierte Verfahrenspartei bei gegebener Sachlage an kostenverursachenden Schritten gesetzt hätte. Zweckmäßig ist dabei alles, was ein den objektiven rechtlichen Gegebenheiten entsprechendes Maß an Erfolgschancen in sich birgt. Besteht die Wahl zwischen mehreren Prozesshandlungen, die zum gleichen Ergebnis führen, können nur die Kosten der billigeren Prozesshandlung beansprucht werden. Die Frage der Notwendigkeit ist aus einer ex ante Perspektive zu beantworten. Auch eine Prozesshandlung, die letztlich nicht erfolgreich war, kann notwendig gewesen sein. Ob eine Handlung gerechtfertigt war, ist ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls, aber aus einer ex-post-Betrachtung zu beurteilen. Die Rechtfertigung einer Handlung wird sich regelmäßig aus ihrem Erfolg ergeben. Nicht unbedingt notwendige, aber erfolgreiche Prozesshandlungen sind gerechtfertigt ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 395 Rz 14 ff).
Schriftsätze sind jedenfalls dann notwendig, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben sind oder vom Gericht aufgetragen wurden, im Übrigen sind Schriftsätze der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich, wenn sie einen rechts- und sachrelevanten Inhalt aufweisen und somit eine angemessene Vorbereitung des erkennenden Gerichts ermöglichen ( Lendl aaO § 395 Rz 18).
Im Lichte dieser Grundsätze erfolgte die Honorierung der Vollmachtsbekanntgabe vom 19. April 2024 (ON 3.1) - entgegen dem Beschwerdevorbringen - zurecht, da mit dieser zugleich nicht nur die Freischaltung zur elektronischen Akteneinsicht bewirkt wurde (ON 4), sondern dem Gericht auch die Einbringung der Äußerung zum einleitenden Schriftsatz nach Ablauf der 14-tägigen Frist (samt Begründung der Verzögerung) angekündigt wurde, worin sich der gegenständliche Sachverhalt zudem von jenen Sachverhalten, die den vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wiens zugrunde lagen, unterscheidet.
Dem Erstgericht ist auch darin beizupflichten, dass die Mitteilung und Urkundenvorlage vom 10. Oktober 2024 (ON 19.1) einen rechts- und sachrelvanten Inhalt aufwies, der für eine angemessene Vorbereitung des Gerichts zweckdienlich und sohin für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung dienlich und zu honorieren war. Allerdings ist der Schriftsatz – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - nur als kurze Mitteilung bzw Urkundenvorlage nach TP 1/I/a zu honorieren, weil er nur eine kurze Information über die (nicht rechtskräftige) Verurteilung des Antragstellers durch das Landesgericht Krems an der Donau zu AZ ** samt Vorlage zweier Online-Artikel von lokalen Medien enthielt.
Basierend darauf ist bei einer Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro (§ 10 Z 11 RATG) für diese Mitteilung und Urkundenvorlage (ON 19.1) nach TP 1/I/a RATG (nur) ein Betrag von 39,30 Euro zuzüglich eines ERV-Erhöhungsbetrags von 2,60 Euro (§ 23a RATG) und des Einheitssatzes von 50% (§ 23 Abs 3 RATG), sohin gesamt 61,55 Euro (statt 233,30 Euro) ersatzfähig.
Die Ersatz der Fahrtkosten vom 24. Juni 2024 und 15. Mai 2025 in Höhe von jeweils 4,36 Euro erfolgte wiederum zurecht, fanden doch an diesen beiden Tagen (aktenkundig) die Hauptverhandlungen in erster und zweiter Instanz statt. Nach ständiger Rechtsprechung (in Zivilrechtssachen vgl 2 R 171/04p, 12 R 160/13g; 1 R 190/14i uva) stehen an Fahrtkosten die Kosten für zwei VOR-Vorverkaufsfahrscheine (deren Preis notorisch € 2,40 je Fahrschein beträgt) pro Verhandlungsteilnahme zu (siehe auch OLG Wien, 18 Bs 167/15p). Der vom Antragsteller verzeichnete Betrag ist daher gesetzlich gedeckt.
Es ist daher der Beschwerde teilweise Folge zu geben und der erstgerichtliche Kostenersatzausspruch wie im Spruch ersichtlich so abzuändern, dass der Antragsteller die (auf volle zehn Cent gerundeten [§ 1 Abs 1 RATG]) Kosten in Höhe von insgesamt 3.888,60 Euro zu ersetzen hat.
Die Zuständigkeit der Einzelrichterin des Oberlandesgerichts ergibt sich aus § 33 Abs 2 StPO.