JudikaturOLG Wien

31Bs220/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
12. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 15. Juli 2025, GZ ** 14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene ukrainische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * eine wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 erster Fall, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB; § 229 Abs 1 StGB; § 241e Abs 3 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 15 Monaten mit urteilsmäßigem Strafende am 15. März 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 30. Juli 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 15. Oktober 2025 gegeben sein (ON 5 und ON 12.2).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht St. Pölten als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Bekanntmachung des Beschlusses erhobene, nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 17 und ON 19), die nicht berechtigt ist.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Zwar trifft es zu, dass die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), doch ist dem Erstgericht beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen.

Der Strafgefangene ist vor der vollzugsgegenständlichen Verurteilung bereits einmal wegen gleichgelagerter Taten strafrechtlich in Erscheinung getreten und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden, wobei der unbedingte Strafteil am 15. November 2024 vollzogen wurde. Ungeachtete des bereits verspürten Haftübels beging er im akut raschen Rückfall ab spätestens 13. Dezember 2024 die dem nunmehrigen Vollzug zugrundeliegenden Straftaten (ON 3 und ON 5). Der akut rasche Rückfall, die Mehrzahl der Angriffe und die Deliktshäufung verdeutlichen nicht nur eine hohe kriminelle Energie des Beschwerdeführers, sondern auch seine ausgeprägte Ignoranz gegenüber staatlichen Sanktionen und unterschiedlichen Rechtsgütern, die der für eine bedingte Entlassung zwingend erforderlichen positiven Verhaltensprognose, wonach ihn die bedingte Entlassung nicht weniger als die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten werde, klar entgegenstehen.

Zum weiters relevanten sozialen Empfangsraum nach Haftentlassung erfolgten durch den Strafgefangenen keine für die Prognoseerstellung günstigen Angaben (ON 12.1 – Wohnsitznahme im Asylheim; kein Arbeitsplatz in Aussicht).

Eine bedingte Entlassung des Strafgefangenen, der in Haft nicht beschäftigt wird und dem bislang keine Vollzugslockerungen, in denen er sich bewähren musste, gewährt wurden, kommt daher trotz der hausordnungskonformen Führung und der eine bedingte Entlassung – unsubstanziierten, weil bloß auf die bisherige Nichtgewährung einer bedingten Entlassung verweisend - befürwortenden Stellungnahme des Anstaltsleiters (ON 12.3, 2) aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Auch unterstützende Maßnahme nach §§ 50 bis 52 StGB sind im Hinblick auf die aufgezeigten erheblichen spezialpräventiven Bedenken keineswegs ausreichend.

Da – wie schon vom Erstgericht zutreffend ausgeführt - aufgrund der Aktenlage nicht anzunehmen war, dass eine Anhörung die Entscheidungsgrundlagen wesentlich verändert hätte und diese fallkonkret nicht zwingend vorgesehen ist (vgl PieberaaO StVG § 152 Rz 10 und § 152a Rz 1), konnte diese zu Recht unterbleiben.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.