JudikaturOLG Wien

31Bs199/25d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Juli 2025, GZ ** 14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene brasilianische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * eine wegen § 229 Abs 1; § 142 Abs 1; § 99 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren mit urteilsmäßigem Strafende am 19. September 2027. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 19. September 2025, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 19. Mai 2026 gegeben sein (ON 3 und ON 4).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht nach Anhörung des Genannten dessen bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG aus generalpräventiven Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Verkündung des Beschlusses erhobene, nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 13, 3), die nicht berechtigt ist.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg cit ist, wenn ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzuges der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Der Strafgefangene weist abgesehen von der vollzugsgegenständlichen Entscheidung keine Vorstrafen auf, sein Verhalten in Haft wird – abgesehen von einer Ordnungswidrigkeit (ON 9) – als vorbildlich beschrieben und die Anstaltsleitung sprach sich für eine bedingte Entlassung aus (ON 6), doch ist dem Erstgericht beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende generalpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen.

Der zu vollziehenden Verurteilung liegt zugrunde, dass der Strafgefangene im Dezember 2022 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter zunächst serbische Kennzeichentafeln ** von einem Fahrzeug abmontierten und diese an sich nahmen. Am 13. Dezember 2022 hat er sodann in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei Mittätern mit Gewalt B* und C* D* fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Standtresor mit darin befindlichem Bargeld in Höhe von 35.000 Euro, ein Armband im Wert von 33.000 Euro, Silber- und Goldmünzen, weiteren Schmuck, ein Mobiltelefon sowie zwei Laptops im Gesamtwert von zumindest 300.000 Euro mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie B* D* in ihrem Haus überwältigten, sie mittels Klebeband und Kabelbinder an einen Sessel fesselten, sie unter Drohungen aufforderten, den Öffnungscode für den Tresor zu nennen, den Tresor mit einem mitgebrachten Winkelschleifer zu öffnen versuchten und schließlich den Tresor samt Beute sowie die Gold-und Silbermünzen mitnahmen. Weiters hat er B* D* widerrechtlich gefangen gehalten, indem er und die Mittäter sie gefesselt im Haus zurückließen, nachdem sie mit der Beute davonfuhren. Bei der Tatausführung montierten sie auf dem Fluchtfahrzeug die in ** erlangten Kennzeichentafeln (ON 12, 3 ff).

Angesichts des arbeitsteiligen Vorgehens im Rahmen einer fünfköpfigen Tätergruppe, der peniblen Planung der Tat, samt Beschaffung von Kennzeichentafeln zur Verschleierung der Flucht, der schließlich – wenn auch zunächst nicht gewollten – brutalen Umsetzung der Tat unter Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses durch einen der Mittäter sowie des hohen Schadens stehen der bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt gewichtige generalpräventive Erwägungen entgegen. Eine solche würde Raubdelikte, die noch dazu in der besonders verwerflichen Form der sogenannten „Home Invasion“ begangen wurden, mit beträchtlichem Vermögensschaden in den Bereich des Symbolhaften rücken. Die Entlassung zum Hälftestichtag würde dem Auftrag der Strafrechtspflege, die generelle Normtreue in der Bevölkerung zu festigen, zuwiderlaufen und unweigerlich eine Bagatellisierung dieser Form der Delinquenz zum Ausdruck bringen. Ein stark verkürzter tatsächlicher Strafvollzug hätte auch den negativen Effekt, dass Personen aus dem Umfeld des Verurteilten mit einer baldigen bedingten Entlassung rechnen, wodurch die Hemmschwelle zur Straffälligkeit leichter überwunden würde als bei einem die Proportionen von Schuldgehalt und Strafhöhe wahrenden Strafvollzug.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.