21Bs280/25t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Juli 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
B e g r ü n d u n g :
Der am ** geborene, zu den Tatzeiten teils bereits über 21-jährige A* verbüßt neben diversen Verwaltungsstrafen in der Justizanstalt * den mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 25. Februar 2025 zu AZ ** wegen §§ 15, 84 Abs 4; 83 Abs 1, 84 Abs 2; 88 Abs 1, 3 und 4 zweiter Fall; 89; 269 Abs 1 erster Fall StGB verhängten unbedingten Strafteil von sechs Monaten einer insgesamt verhängten Freiheitsstrafe von 20 Monaten, sowie eine aufgrund gleichzeitigen Widerrufs der bedingten Nachsicht in Vollzug gesetzte Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die durch das Landesgericht St. Pölten am 23. September 2021 zu AZ ** wegen §§ 142 Abs 1; 241e Abs 3; 229 Abs 1 StGB verhängt worden war. Insgesamt steht somit eine Strafzeit von zwölf Monaten in Vollzug.
Das errechnete Strafende fällt unter Bedachtnahme auf § 148 Abs 2 StVG auf den 14. Jänner 2026. Die Hälfte der Strafzeit hat A* am 15. Juli 2025 verbüßt, zwei Drittel am 15. September 2025.
Mit Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht vom 24. April 2025 zu AZ ** wurde die bedingte Entlassung des A* zum Hälfte-Stichtag abgelehnt.
Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Juli 2025 lehnte dieses in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), jedoch entgegen der Stellungnahme der Anstaltsleitung der Justizanstalt * (ON 3, 3), die bedingte Entlassung des A* nunmehr auch zum Zwei-Drittel-Stichtag vorwiegend unter Hinweis auf das getrübte Vorleben und die Art der Taten ab (ON 11).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen rechtzeitig angemeldete (ON 12) und zu ON 13 ausgeführte Beschwerde des A*, in der er auf die Wohnmöglichkeit bei seiner Schwester, die nach Haftentlassung in Aussicht genommene Suchtgifttherapie, sowie den Umstand, dass er sich in Erstvollzug befindet und seine Führung anstandslos ist, verweist, ist nicht berechtigt.
Die Strafregisterauskunft des A* weist neben den in Vollzug stehenden zwei weitere einschlägige Verurteilungen auf, die zueinander im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehen: Mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 15. Dezember 2022 zu AZ ** wurde er wegen §§ 15, 269 Abs 1; 164 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, deren Vollzug zunächst unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe bedingt nachgesehen wurde. Mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 15. Juni 2023 zu AZ ** wurde er wegen §§ 15, 142 Abs 1 und Abs 2; 83 Abs 1; 15, 105 Abs 1 StGB gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das zuvor genannte Urteil zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, deren Vollzug ebenfalls unter Bestimmung einer zunächst dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe bedingt nachgesehen wurde.
Beide Probezeiten wurden mit der hier in Vollzug stehenden Verurteilung vom 25. Februar 2025 auf fünf Jahre verlängert.
Mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 13. Mai 2025 zu AZ ** wurde A* schließlich wegen § 28a Abs 1 vierter und fünfter Fall, Abs 3 SMG unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die zuletzt erfolgte Verurteilung vom 25. Februar 2025 zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt, wozu ihm mittlerweile Strafaufschub gemäß § 39 SMG gewährt wurde (ON 3, 2).
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Gemäß § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die vom Erstgericht angestellten ersichtlich generalpräventiven Erwägungen, wonach die Art der gegenständlich verwirklichten Taten ein deutliches Zeichen nach außen für die Bevölkerung erfordern würden undeine bedingte Entlassung „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ auf völliges Unverständnis stoßen würden, sind insofern unzutreffend, als – hier in Frage stehend – nach Verbüßung von zwei Dritteln generalpräventive Erwägungen keine Rolle mehr spielen ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 17). Die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe soll demnach der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO Rz 17).
Ein solches Rückfallrisiko liegt hier jedoch vor:
A* weist unter Berücksichtigung der §§ 31, 40 StGB drei je als einschlägig zu beurteilende Vorstrafen auf; sämtliche Verurteilungen erfolgten innerhalb der letzten vier Jahre. Ungeachtet des Umstands, dass ihm bereits drei Mal die Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht unter gleichzeitig angeordneter Bewährungshilfe gewährt wurde, wurde er neuerlich rückfällig, wobei ihn weder die zwischenzeitig erfolgte Verlängerung der Probezeit im Hinblick auf die zeitlich erste Verurteilung noch der empfindliche, in Schwebe stehende Vollzug von Freiheitsstrafen in der Dauer von gesamt drei Jahren von weiterer Delinquenz abhalten konnte.
Nicht zuletzt mit Blick auf den hohen Unrechtsgehalt der begangenen Taten, die eine besondere Gleichgültigkeit nicht nur gegenüber fremdem Vermögen, sondern vor allem gegenüber der körperlichen Integrität anderer (vgl Urteil ON 9, wonach er unterem anderen wegen einer Körperverletzung mittels wuchtiger Faustschläge ins Gesicht sowie einer Fluchtfahrt vor der Polizei in einem durch Suchtgift und Alkohol beeinträchtigten Zustand mit weit überhöhter Geschwindigkeit von über 150 km/h im Ortsgebiet mit einem nicht zugelassenen Fahrzeug, die zu einer konkreten Gefährdung der Polizeibeamten und einer schweren Verletzung, nämlich mehrfacher Gesichtsbrüche seines Beifahrers führte) und dergestalt ein besonders hohes Maß an krimineller Energie manifestiert, vermögen die in der Beschwerde dargestellten Argumente an dieser Einschätzung nichts zu ändern.
Dass sich der Verurteilte in der kontrollierten Umgebung des Vollzugs wohlverhalten hat, stellt den Normfall dar. Die begonnene Psychotherapie scheint angesichts des dokumentierten, massiven Gewaltpotentials als jedenfalls geboten aber ebensowenig wie die Wohnmöglichkeit bei der Schwester oder die bislang nur in Aussicht genommene Suchttherapie ausreichend, die spezialpräventiv geprägten Bedenken auszuräumen.
Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).