30Bs225/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Steindl als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 15. Juli 2025, GZ **-14, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein – teils nach Widerruf einer bedingten Strafnachsicht – wegen §§ 125, 127, 129 Abs 1 Z 1, 229 Abs 1, 241e Abs 3 StGB und § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 und 2a zweiter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von drei Jahren und drei Monaten mit urteilsmäßigem Strafende 9. November 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 23. März 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 9. Oktober 2025 erfüllt sein (ON 5,2).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen ab.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig erhobene, in der Folge unausgeführt gebliebene Beschwerde des A* (ON 15), die nicht berechtigt ist.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek / Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von begleitenden Maßnahmen - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Zutreffend verweist das Erstgericht darauf, dass die durch die massive einschlägige Vorstrafenbelastung dokumentierte hohe Rückfallswahrscheinlichkeit des Beschwerdeführers auf freiem Fuß gegen seine bedingte Entlassung spricht.
Abgesehen von den vollzugsgegenständlichen Verurteilungen wurde A* seit dem Jahr 2000 bereits sechs Mal (überwiegend) wegen Vermögens- und Suchtmitteldelikten, in einem Fall auch wegen des Vergehens der Körperverletzung zu teils bedingt nachgesehenen, aber auch unbedingt verhängten Freiheitsstrafen verurteilt (ON 4). Unbeeindruckt von den zahlreich gewährten - in der Folge fallweise auch widerrufenen - Rechtswohltaten (bedingte Strafnachsichten/bedingte Entlassung) und dem verspürten Haftübel setzte A*, dem es zwischenzeitig auch gelang, mehrere Jahre straffrei zu bleiben, sein inkriminiertes Verhalten im Jahr 2021 fort, indem er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer Mittäterin auf einer öffentlichen Verkehrsfläche Cannabiskraut an einen verdeckten Ermittler gegen Entgelt überließ sowie Suchtmittel ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erwarb und besaß (ON 10), im Jahr 2022 in mehreren Angriffen fremde Sachen beschädigte (ON 11.1) und zuletzt im Jahr 2023 das Vergehen des Diebstahls durch Einbruch sowie jeweils mehrere Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (§ 241e Abs 3 StGB) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB verwirklichte (ON 12).
Die sich aus der Strafregisterauskunft des an Suchtmittel gewöhnten Angeklagten erschließende kontinuierliche Straffälligkeit über mehr als zwanzig Jahre verdeutlicht nicht nur eine hohe kriminelle Energie des Beschwerdeführers, sondern auch seine ausgeprägte Ignoranz gegenüber staatlichen Sanktionen, die der für eine dem Antrag stattgebende Entscheidung zwingend erforderlichen positiven Verhaltensprognose, wonach ihn die bedingte Entlassung nicht weniger als die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten werde, klar entgegenstehen.
Diesem negativen Persönlichkeitskalkül vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf die Dauer des aktuellen Vollzugs, seine schlechte psychische Verfassung und seine Bereitschaft, sich einer Suchtmittelentwöhnungstherapie zu unterziehen (ON 2), nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.
Nicht nur, dass es dem Strafgefangenen selbst in geschützter Umgebung nicht gelang, sich hausordnungskonform zu verhalten (zahlreiche Ordnungswidrigkeiten s ON 6), ist die Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen, künftig ein drogenfreies und rechtskonformes Leben zu führen, mit Blick auf die Notwendigkeit des Abbruchs der im Frühjahr 2025 begonnenen Therapie zur Behandlung seiner tatkausalen Suchterkrankung in Ermangelung hinreichender Therapiemotivation (Stellungnahme des psychologischen Dienstes ON 8), in Zweifel zu ziehen.
Aufgrund der dargelegten Umstände stehen derzeit auch keine begleitenden Maßnahmen zur Verfügung, die geeignet wären, die Gefahr einer neuerlichen Delinquenz des Strafgefangenen nennenswert zu minimieren. Die (wiederholte) Anordnung von Bewährungshilfe (ON 4) erwies sich schon bisher als nicht erfolgversprechend.
Somit versagte das Erstgericht dem Beschwerdeführer eine bedingte Entlassung zu Recht aus spezialpräventiven Gründen, weshalb der Beschwerde nicht Folge zu geben war.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.