JudikaturOLG Wien

23Bs219/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
31. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Staribacher und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 7. Juli 2025, GZ **-14, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßte zunächst bis 2. Jänner 2020 eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 8. Oktober 2018, AZ ** (ON 12), wegen des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB verhängte und mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 12. Februar 2019, AZ 22 Bs 341/18k (ON 13), unter Ausschaltung des § 43 Abs 1 StGB auf neun Monate erhöhte Freiheitsstrafe. Im unmittelbaren Anschluss daran wurde bis 18. Jänner 2023 eine mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Juni 2019, AZ B* (ON 8), wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB über ihn (unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die erstangeführte Verurteilung) verhängte dreieinhalbjährige Zusatzfreiheitsstrafe vollzogen. Seither steht – derzeit in der Justizanstalt Hirtenberg - eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. März 2023, AZ ** (ON 9), wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über ihn verhängte und mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 7. Juni 2023, AZ 19 Bs 134/23d (ON 10), auf fünf Jahre erhöhte Freiheitsstrafe in Vollzug. Das errechnete Strafende fällt auf den 18. Jänner 2028. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 5. Juni 2023 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 18. Dezember 2024.

Die bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum Hälftestichtag lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 13. Juli 2023, AZ **, rechtskräftig ab, mit Beschluss vom 16. September 2024, AZ **, versagte das Landesgericht Wiener Neustadt aus spezialpräventiven Erwägungen auch (unbekämpft geblieben) seine bedingte Entlassung zum Zweidrittelstichtag (jeweils Einsicht Verfahrensautomation Justiz).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.3) und jener des Anstaltsleiters (ON 5 S 2) – die seitens des Strafgefangenen neuerlich beantragte (ON 2) bedingte Entlassung wiederum aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 14).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Beschlussbekanntgabe erhobene (ON 15 S 2), in Folge nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper, WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Der Beschwerdeführer weist einschließlich der vollzugsgegenständlichen 22 bis ins Jahr 1982 zurückreichende, überwiegend wegen Vermögensdelinquenz erfolgte Verurteilungen (davon vier im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehend) auf (ON 7). Dabei konnten ihn weder mehrmals gewährte bedingte Strafnachsichten (Punkte 2, 12, 15 und 18 der Strafregisterauskunft) noch der Vollzug von zahlreichen Freiheitsstrafen (Punkte 2 bis 4, 6, 7, 9, 11 sowie 14 ff der Strafregisterauskunft) von neuerlicher Delinquenz abhalten. Vielmehr verstand er sich noch während des Vollzugs der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Juni 2019, AZ B* (ON 8), über ihn verhängte mehrjährigen Zusatzfreiheitsstrafe dazu, in vielfachen Angriffen und über einen langen Deliktszeitraum wiederum Betrügereien mit einem Gesamtschadensbetrag von mehr als 270.000 Euro zu begehen, woraus die derzeit noch in Vollzug stehende Verurteilung resultiert (vgl ON 9 und ON 10).

Angesichts der neuerlichen Straffälligkeit während des Strafvollzugs und trotz in der Vergangenheit bereits gewährter Resozialisierungschancen (bedingte Strafnachsichten) sowie des oftmals verspürten Haftübels kann nicht davon ausgegangen werden, der Strafgefangene werde durch die bedingte Entlassung (selbst unter Auferlegung von Maßnahmen im Sinne der §§ 50 bis 52 StGB) nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Freiheitsstrafe von einer neuerlichen Straffälligkeit abgehalten. Vielmehr lassen die angeführten Umstände die für eine bedingte Entlassung erforderliche positive Prognose nicht zu. Daran ändern die Beteuerungen des Strafgefangenen im Antrag auf bedingte Entlassung (ON 2), „keine Straftaten“ mehr „zu begehen und ein normales Leben […] führen“ zu wollen ebensowenig etwas, wie die Erklärungsversuche für sein deliktisches Verhalten, die Behauptung, „teilweise unschuldig“ zu sein, und der Verweis auf eine Wohnung, eine angebliche Arbeitsmöglichkeit sowie seine Familie (ON 2).

Da einer bedingten Entlassung somit weiterhin spezialpräventive Erwägungen unüberwindbar entgegenstehen, entspricht der angefochtene Beschluss der Sach- und

Rechtslage, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.