JudikaturOLG Wien

30Bs194/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssche des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 16. Juni 2025, GZ ** 12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der am ** geborene afghanische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt ** zwei wegen Vergehen und Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz verhängte Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von 21 Monaten mit Entlassungszeitpunkt am 4. April 2026. Die Hälfte der Strafzeit war am 19. Mai 2025 verbüßt, die zeitlichen Voraussetzungen der Zwei Drittel Entlassung werden am 4. September 2025 eintreten.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht zum einen unter Punkt 1./ die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG) aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 12), nachdem sich die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau ablehnend geäußert (ON 1.3) und der Anstaltsleiter einerseits auf den Vollzug ohne bisherige Ordnungswidrigkeiten, andererseits auf Risikofaktoren im Zusammenhang mit der Sucht verwiesen hatte (ON 2). Unter Punkt 2./ des Beschlusses wurde der Antrag auf Durchführung einer persönlichen Anhörung abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Strafgefangenen, in der er seine positive Veränderung und seinen Willen, ein straffreies Leben zu führen, bekundet (ON 14). Der Beschwerde kommt schon aus formalen Gründen Berechtigung zu.

Das Erstgericht kam dem ausdrücklich abgewiesenen Antrag des Verurteilten auf persönliche Anhörung (ON 3, 2) mit der wesentlichen Begründung nicht nach, gemäß § 152a Abs 1 erster Satz StVG könne von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nicht zweckdienlich erscheine. Aufgrund der konkreten Sachlage sei nicht erkennbar, dass eine persönliche Anhörung geeignet gewesen wäre, ein anderes Ergebnis zu erzielen, weshalb davon habe abgesehen werden können. Überdies sei bereits zu AZ ** am 7. März 2025 eine persönliche Anhörung durchgeführt worden. Dem gegenständlichen Verfahren ist ausschließlich das Protokoll dieser offenbar zum Stichtag der Hälfte Entlassung durchgeführten Anhörung, nicht aber der gesamte diesbezügliche Vorakt angeschlossen.

Die Möglichkeit nach § 152a Abs 1 StVG, von einer Anhörung nach Ermessen des Vollzugsgerichts Abstand zu nehmen, besteht gemäß § 152a Abs 1 zweiter Satz StVG jedoch dann nicht , wenn der Strafgefangene zum Zweck einer bedingten Entlassung zum ersten Mal selbst seine Anhörung beantragt. In diesem Fall darf sie nur dann unterbleiben, wenn das Gericht die Entlassung bewilligt. Das Recht des Strafgefangenen, seine Anhörung zu verlangen, bleibt unberührt, wenn ihn das Gericht aus eigenem anhört oder er seine Anhörung zuvor aus einem anderen Anlass beantragt hatte ( Pieberin WK² StVG § 152a Rz 2).

Das Vorliegen dieser Voraussetzung für das Absehen von der Anhörung ist nach der Aktenlage sowie nach der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht überprüfbar (§ 17 Abs 1 Z 3 iVm § 89 Abs 2a Z 3 zweiter Fall StPO), sodass der Beschluss zwecks Feststellung, ob der Strafgefangene zum ersten Mal seine Anhörung beantragte oder nicht und ob seit der damaligen Beschlussfassung und Aktenlage allenfalls berücksichtigungswürdige Änderungen in den Entscheidungsgrundlagen eingetreten sind, aufzuheben und an das Erstgericht zurückzuverweisen ist.