21Bs231/25m – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 5. Juni 2025, GZ **-66.1, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene, zu den Tatzeiten somit jugendliche A* wurde mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Jugendschöffengericht vom 5. September 2024 (ON 26.4), rechtskräftig mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 10. März 2025, AZ 21 Bs 34/25s, des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A./) und der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 3 StGB (B./) schuldig erkannt und hierfür unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 206 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil in der Dauer von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Die Aufforderung zum Strafantritt vom 5. Mai 2025 (ON 49) wurde ihm eigenhändig am 6. Mai 2025 (ON 56) zugestellt.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2025 (ON 50) beantragte er für den unbedingt zu verbüßenden Teil der Freiheitsstrafe einen Strafaufschub gemäß § 52 JGG mit der Begründung, dass er ab Juni 2025 eine Lehrausbildung zum Koch beginnen könne und derzeit über den Verein B* ein Praktikum im C* in ** absolviere.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des A* auf Strafaufschub ab und führte dazu begründend – zusammengefasst – aus, ein Aufschub nach § 52 JGG habe zur Voraussetzung, dem Verurteilten den Abschluss einer bereits begonnenen Berufsausbildung zu ermöglichen, nicht jedoch deren Beginn. Zudem könne ein Strafaufschub nach § 52 JGG nur unter den Voraussetzungen des § 6 StVG erfolgen, die jedoch nicht vorliegen würden.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 77), wonach die Ausbildung zum Koch eine große Chance für ihn sei und eine jetzige Inhaftierung ihn komplett aus der Bahn werfen würde.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Voraussetzungen des § 52 JGG zutreffend als nicht erfüllt angesehen, zumal der Wortlaut des § 52 JGG, der auf den Abschluss einer Ausbildung abstellt, unmissverständlich ist. Nach dieser Bestimmung ist einem Jugendlichen oder einem jungen Erwachsenen unter den Voraussetzungen des § 6 StVG ein Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe zur Förderung des späteren Fortkommens (§ 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG) auch für die Dauer von mehr als einem Jahr zu gestatten, wenn dies notwendig ist, um dem Verurteilten den Abschlussseiner Berufsausbildung zu ermöglichen. Die Aufschubsmöglichkeit nach § 52 JGG soll sowohl dem Wortsinn als auch seinem telos nach ausschließlich die Beendigung einer bereits begonnenen Ausbildung ermöglichen, nicht aber den Beginn. Dieser Aufschubsgrund stellt einen Unterfall der Zweckmäßigkeit für das spätere Fortkommen des Verurteilten dar (vgl Pieber, WK 2StVG § 6 Rz 10; OLG Wien, AZ 21 Bs 231/06h, 21 Bs 167/17p, 21 Bs 271/22i ua).
Ungeachtet dessen ist dem Erstgericht jedoch auch beizupflichten, dass ein Antrag auf Aufschub gemäß § 52 JGG mit Blick darauf, dass er nur unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 StVG erfolgen kann, im Zusammenhalt mit seiner Vorstrafenbelastung daran scheitert, weil durch die Verurteilung wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zum Nachteil seiner unmündigen Halbschwester deutlich zum Ausdruck kommt, dass A* als für die Sicherheit der Person besonders gefährlich iSd § 6 Abs 1 StVG anzusehen ist.
Das Erstgericht hat den Antrag des A* auf Strafaufschub gemäß § 52 JGG sohin zutreffend abgewiesen, sodass der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen ist.