23Bs139/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Einzelrichter Mag. Trebuch LL.M. in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. Mai 2025, GZ **-12, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
B e g r ü n d u n g :
Text
Mit Verfügung vom 18. März 2025 (ON 1.5) stellte die Staatsanwaltschaft Wien das zu AZ ** gegen A* wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO ein, in Bezug auf weitere Beschuldigte ging sie mit Verfahrenstrennung vor. Der Ermittlungsakt bestand zu diesem Zeitpunkt aus zehn Ordnungsnummern, wovon es sich bei vier um Eingaben der Verteidigerin des A* handelte (ON 5, ON 6, ON 9 und ON 10). Eine polizeiliche Beschuldigtenvernehmung des A* hatte nicht stattgefunden, seine Verteidigerin hatte jedoch eine schriftliche Stellungnahme eingebracht (ON 2.5), mit welcher sich der Genannte auch dem Verfahren gegen einen (zu diesem Zeitpunkt) unbekannten Täter als Privatbeteiligter angeschlossen und diesbezüglich Urkunden vorgelegt hatte.
Mit Schriftsatz vom 20. März 2025 (ON 11.2) beantragte A* sodann unter Anschluss eines Kostenverzeichnisses über eine Gesamtsumme von 3.577,82 Euro brutto (ON 11.3) - darin enthalten ein Erfolgszuschlag von 1.074,91 Euro brutto und 353,09 Euro brutto an Kosten für den Antrag selbst - die Leistung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a StPO.
Im Verfahren gegen jenen mittlerweile Verurteilten, im welchem er sich als Privatbeteiligter angeschlossen hatte, beantragte er zwischenzeitig mit Schriftsatz vom 13. Mai 2025 gemäß § 395 Abs 1 StPO, „den Verurteilten zum Ersatz“ seiner „Vertretungskosten […] zu verpflichten“, wobei für die auch hier in Rede stehenden Leistungen ein Gesamtbetrag von 1.187,42 Euro brutto verzeichnet wurde (ON 21 in AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien [Einsicht Verfahrensautomation Justiz]).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Erstrichter den durch den Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des Beschuldigten (gemäß § 196a Abs 1 StPO) – unter Abweisung des Mehrbegehrens - mit 300 Euro (ON 12).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 13.2), der keine Berechtigung zukommt.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß (hier:) § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst – neben baren Auslagen – einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO). Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität gekennzeichnet sind, sowie im Falle der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108 Abs 1 StPO) um die Hälfte überschritten und im Falle extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (Abs 2 leg cit).
Der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der „Grundstufe (Stufe 1)“ in Höhe von 6.000 Euro soll grundsätzlich für alle jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die – wie der vorliegende – nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Dabei ist es angezeigt, für ein durchschnittliches Verfahren der „Stufe 1“ auch von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein sogenanntes „Standardverfahren“ auszugehen. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass ein durchschnittliches „Standardverfahren“ im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, der Erfolgszuschlag jedoch außer Betracht bleibt. Für Verfahren, die – wie das vorliegende – in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, ist angesichts deren im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer eine Reduktion der „Ausgangsbasis“ angezeigt, sodass hier als Richtwert die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500 Euro, angemessen erscheint (EBRV 2557 BlgNR 27. GP S 5). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Pauschalbeitrag stets nur ein Beitrag sein und nicht die gesamten Verteidigerkosten ersetzen darf (vgl Lendl, WK-StPO § 393a Rz 10 mwN).
Fallbezogen lag unter Bedachtnahme auf den geringen Umfang der Ermittlungen, die geringe Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sowie die Notwendigkeit der Einbringung einer (lediglich) wenige Seiten umfassenden Stellungnahme ein äußerst einfacher, hinter dem „Standardverfahren“ deutlich zurückbleibender Verteidigungsfall vor. Unter weiterer Berücksichtigung, dass die Verteidigerin gleichzeitig als Privatbeteiligtenvertreterin einschritt (vgl dazu Lendl, WK-StPO § 393a Rz 12 sowie § 10 Abs 5 zweiter Satz AHK), erweist sich der durch das Erstgericht zugesprochene Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ausmaß von 20 % der „Ausgangsbasis“ von 1.500 Euro durchaus als angemessen und sachgerecht.
Soweit der Beschwerdeführer unter Verweis auf § 10 Abs 2 Z 1 (richtig:) AHK (im Innenverhältnis; vgl dazu Lendl,WK-StPO § 393a Rz 10) eine Honorierung von „Vollmachtsbekanntgaben und Anträge[n] auf Akteneinsicht“ nach TP 2 des RATG ins Treffen führt, ist er darauf zu verweisen, dass in der oben dargestellten „Ausgangsbasis“ ohnehin die Tarifansätze der AHK Berücksichtigung finden.
Weshalb das Erstgericht schließlich durch Heranziehung der „Ausgangsbasis“ für Verfahren, die in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, und weitere Berücksichtigung, dass sich das gegenständliche Ermittlungsverfahren (ersichtlich: innerhalb dieser Kategorie) „als relativ einfach gestaltete“ (BS 4), „Umstände unzulässigerweise […] ‚doppelt verwertet‘“ haben sollte, macht die Beschwerde nicht klar.
Der gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss gerichteten Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.