14R19/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Bartholner und Dr. Heissenberger in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , 2. C* B*, beide **, beide vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in Oberwart, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde D* , **, vertreten durch die Hohenberg Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen zuletzt nur noch Kostenersatz, über den Kostenrekurs der klagenden Parteien (Rekursinteresse: EUR 2.359,87), gegen das Endurteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 17.1.2025, ** 64, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs (ON 65) wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 370,19 (darin EUR 61,70 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 4.11.2024 (ON 50) beraumte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang des Verfahrens eine Tagsatzung für den 2.12.2024, 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr, im Saal 9 des Erstgerichts an.
Mit am 7.11.2024 um 18.50 Uhr eingelangtem Schriftsatz (ON 52) äußerte sich die beklagte Partei folgendermaßen:
„ Die beklagte Partei ersucht höflich darum, dass sie ohne persönliche Anwesenheit unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort und Bildübertragung an der anberaumten Tagsatzung am 2.12.2024 teilnehmen kann. “
Am 14.11.2024 fasste das Erstgericht daraufhin den Beschluss (ON 54) :
„ Über Anregung der beklagten Partei soll die für den 2.12.2024 anberaumte Tagsatzung unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel zur Wortund Bildübertragung (Zoom) ohne persönliche Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter durchgeführt werden (§ 132a ZPO). Ein allfälliger Widerspruch gegen dieses Vorgehen ist binnen einer Woche zu erklären. “
Dieser Beschluss (ON 54) wurde den Parteienvertretern jeweils mit ERV-Rückschein zugestellt.
Mit am 14.11.2024 eingelangtem Schriftsatz (ON 55) erklärten die Kläger , „aus Anlass der Schuldtilgungen der Beklagten“ das Klagebegehren nunmehr auf Kostenersatz einzuschränken (ON 55).
Mit am 21.11.2024 beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz (ON 57) erklärten die Kläger, sie erstatteten zur Anregung (Ersuchen) der Beklagten vom 7.11.2024 und zum diesbezüglichen Beschluss vom 14.11.2024, ON 54, folgende Stellungnahme: Die Anregung („Ersuchen“) der Beklagten vom 7.11.2024 laute dahin, (nur) ihr, der Beklagten, die Teilnahme an der Tagsatzung vom 2.12.2024 im Wege der Videokonferenz zu ermöglichen. Davon abweichend gehe der Beschluss ON 54 von einer Durchführung der Tagsatzung für beide Streitteile als Videoverhandlung aus. Aus den Gesetzesmaterialien (ErlRV) zu § 132a ZPO gehe hervor, dass eine Videoverhandlung auch dann möglich sei, wenn nicht beide Streitteile, sondern nur eine der Parteien oder nur ein anwaltlicher Vertreter mittels technischer Verbindung zugeschaltet sei. Die Klagsseite möchte und werde den Verhandlungstermin 2.12.2024 jedenfalls im Gerichtsgebäude wahrnehmen. Die Klagsseite sei aber mit einer Videozuschaltung (nur) der Beklagtenseite einverstanden (Unterstreichung durch die Kläger, Anm des Rekursgerichts ). Einer Verhandlung, an der beide Streitteile, also auch die Kläger, mittels Videozuschaltung teilnähmen, werde unbedingt widersprochen (Unterstreichung durch die Kläger, Anm des Rekursgerichts ).
Die Tagsatzung vom 2.12.2024 (Protokoll ON 58) führte das Erstgericht teilweise nämlich in Ansehung des auf diesen Weg zugeschalteten Beklagtenvertreters unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel zur Wort und Bildübertragung durch.
Der Klagevertreter war hingegen vor Ort im Gerichtssaal anwesend.
In dieser Tagsatzung fasste das Erstgericht den Beschluss auf den Schluss der Verhandlung. Der Klagevertreter legte dem Erstgericht eine Kostennote vor.
Die Beklagtenvertreterin brachte beim Erstgericht am 2.12.2024 um 12.36 Uhr im ERV-Weg ein Kostenverzeichnis der Beklagten ein (ON 59?).
Mit Verfügung vom 2.12.2024 ordnete das Erstgericht die wechselseitige Zustellung der Kostenverzeichnisse an den jeweils gegnerischen Parteienvertreter an (ON 60).
Mit am 16.12.2024 eingelangtem Schriftsatz erhob die KlagevertreterinEinwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Beklagten. Soweit für das Rekursverfahren noch von Bedeutung, führte sie darin - unter anderem - aus, die Streitteile seien mit dem Beschluss vom 4.11.2024 (ON 50) zur Tagsatzung am 2.12.2024 um 9.00 Uhr in den Saal 9 des Gerichtsgebäudes geladen worden. Das Erstgericht habe aber keinen Beschluss über die (teilweise) Abhaltung der Tagsatzung unter Einsatz von Videotechnologie gefasst, und ein solcher Beschluss sei auch nicht zugestellt worden. Deshalb gelte für die Parteien die Ladung ON 50 mit den darin getroffenen Anordnungen unverändert. Die Beklagte sei zur Tagsatzung am 2.12.2024 nicht bei Aufruf der Sache im Gerichtsgebäude erschienen, und habe somit an der Tagsatzung vom 2.12.2024 nicht gehörig teilgenommen. Sie habe daher nach § 54 ZPO kein Kostenverzeichnis wirksam vorgelegt. Dies habe zum Verlust ihres (gesamten) Kostenersatzanspruchs geführt.
Mit am 16.12.2024 eingelangtem Schriftsatz erhob die Beklagtenvertreterin Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Klagevertreterin.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Kläger zum Kostenersatz von EUR 1.885,20 an die Beklagten. Begründend führte es dazu - soweit im Rekursverfahren noch von Bedeutung - aus, der Einwand, die Beklagte habe ihr Kostenverzeichnis nicht wirksam gelegt, sei nicht nachvollziehbar. Ein Beschluss sei im Gesetz nicht vorgesehen (S 2 der UA). Die wechselseitigen Kostenersatzansprüche seien zu saldieren.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Kostenrekurs der Kläger (ON 65) mit dem Abänderungsantrag, die Beklagte zu einem Kostenersatz von EUR 1.174,68 zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung (ON 67), dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
1.Der Kostenrekurs macht in weitwendigen Ausführungen im Kern geltend, das Erstgericht habe nach der Anregung der Beklagten keinen Beschluss gefasst, mit welchem es über die Abhaltung der Tagsatzung vom 4.11.2024 unter dem Einsatz von Videotechnologie entschieden und den Ladungsbeschluss vom 4.11.2024 insoweit abgeändert habe. § 132a ZPO sehe einen derartigen Beschluss aber vor.
Eine Videoverhandlung sei daher nicht mittels eines Gerichtsbeschlusses angeordnet worden, weshalb die Beklagte bei der Tagsatzung am 2.12.2024 säumig gewesen sei, und ihr Kostenverzeichnis daher prozessrechtlich rechtsunwirksam gelegt habe.
2. Bei dieser Argumentation übersieht der Rekurs aber den Beschluss des Erstgerichts vom 14.11.2024 (ON 54), in welchem es - mindestens im Sinnzusammenhang - unmissverständlich zum Ausdruck brachte, dass es beabsichtige („ … soll die für den 2.12.2024 anberaumte Tagsatzung unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel … ohne persönliche Anwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter durchgeführt werden … “), der Anregung der beklagten Partei in deren Schriftsatz ON 52 zu folgen, und ein allfälliger Widerspruch dagegen wäre binnen einer Woche zu erklären.
Diese Vorgangsweise entspricht allerdings der in § 132a Abs 1 ZPO vorgesehenen, wonach das Gericht eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort und Bildübertragung durchführen kann, soweit nicht eine der Parteien innerhalb einer vom Gericht festgesetzten angemessenen Frist dem angekündigten Vorgehen widerspricht , oder die ausdrückliche Zustimmung der Parteien dazu vorliegt, wobei die Parteien die Vorgangsweise bei Gericht anregen können.
Im vorliegenden Fall kündigte das Erstgericht im Beschluss ON 54 - bezogen auf die von der Beklagten in deren Schriftsatz ON 52 geäußerte Anregung - unmissverständlich an, dieser Anregung der Beklagten zu folgen, falls nicht binnen einer Woche ein Widerspruch gegen die von der Beklagten angeregte Vorgangsweise erhoben werde. Der vom Kostenrekurs vermisste Beschluss liegt daher sehr wohl vor.
Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 21.11.2024 erklärte Stellungnahme stand inhaltlich nicht im Widerspruch zur Anregung der Beklagten, die bloß eine Videozuschaltung der Beklagten vertreterin, aber keine Videozuschaltung der Kläger und /oder der Klagevertreterin vorgesehen hatte, weshalb diese Stellungnahme der Kläger inhaltlich auch nicht als „Widerspruch“ gegen den Beschluss vom 14.11.2024 (ON 54) in Ansehung der Beklagten/Beklagtenvertreterin zu werten war.
Die Tagsatzung vom 2.12.2024 wurde daher in Ansehung der Beklagten/Beklagtenvertreterin nach § 132a Abs 1 ZPO gesetzeskonform durchgeführt, weshalb die Beklagte ihr Kostenverzeichnis gemäß § 132a Abs 2 ZPO sehr wohl bis zum Ablauf des auf die mündliche Verhandlung folgenden Tags nach dem Schluss der Verhandlung dem Gericht übermitteln durfte.
Es besteht somit entgegen dem Kostenrekurs sehr wohl ein Kostenersatzanspruch der Beklagten.
3. Dem unberechtigten Rekurs war der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.