30Bs85/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Pasching und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* und einen anderen Angeklagten wegen § 157 iVm § 156 Abs 1 StGB über die Beschwerden des B* C* und der Mag. D* C* gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Krems an der Donau vom 17. März 2025, GZ ** 87 und -88, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Beschwerden wird Folge gegeben, die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung:
B* C* und Mag. D* C* wurden in obiger Strafsache zu der für den 11. März 2025 anberaumten mündlichen Hauptverhandlung als Zeugen geladen, erschienen zu dieser jedoch nicht.
Mit den angefochtenen Beschlüssen verhängte die Vorsitzende des Schöffensenats über die ausgebliebenen Zeugen gemäß § 242 Abs 3 StPO Geldstrafen von jeweils 600 Euro (ON 87 und ON 88).
Gegen diese Beschlüsse richten sich die in einem gemeinsamen Schriftsatz rechtzeitig erhobenen Beschwerden des B* C* und der Mag. D* C* (ON 90).
Rechtliche Beurteilung
Den Rechtsmitteln kommt Berechtigung zu.
Wenn Zeugen oder Sachverständige, der an sie ergangenen Vorladung ungeachtet, bei der Hauptverhandlung nicht erscheinen, hat der Vorsitzende über den ausgebliebenen mit Beschluss eine Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu verhängen (§ 242 Abs 3 StPO).
Gemäß § 243 Abs 2 StPO hat der Vorsitzende die verhängte Strafe nachzusehen, wenn der Zeuge oder Sachverständige bescheinigt, dass ihm die Ladung zur Hauptverhandlung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist oder dass ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis von der Teilnahme an der Hauptverhandlung abgehalten hat. Der Vorsitzende kann auch eine Milderung aussprechen, wenn die Bescheinigung erbracht wird, dass die Strafe oder der Kostenersatz zur Schuld oder den Folgen des Ausbleibens unverhältnismäßig wäre. Wird der Beschwerde nicht durch eine in Abs 2 erwähnte Maßnahme zur Gänze entsprochen, so hat sie der Vorsitzende dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen (Abs 3 leg cit). Durch die Vorlage an das Beschwerdegericht ohne Vorerledigung hat die Vorsitzende klargestellt, die Prüfung im Sinn des § 243 Abs 2 StPO vorgenommen und keinen Grund für eine Nachsicht oder Milderung gesehen zu haben ( Danek/Mannin WK StPO § 243 Rz 9).
Vorführung wie auch Ordnungsstrafe bedingen zunächst die vorangegangene Zustellung der Ladung zu eigenen Handen und Ungehorsam des Ausgebliebenen (Danek/Mann aaO Rz 3 f). Die Rechtsprechung lässt für die Zulässigkeit der Vorführung auch eine Ersatzzustellung genügen, wenn ein Nachweis vorliegt, dass die Ladung dem Zeugen „wirklich persönlich zugekommen“ ist ( Danek/Mannin WK StPO § 242 Rz 4). Gleiches gilt für die Verhängung von Ordnungsstrafen über den unentschuldigt ferngebliebenen Zeugen.
Aus dem Akt ergibt sich, dass die Beschwerdeführer zur Hauptverhandlung vom 11. März 2025 jeweils mittels RSb Brief geladen wurden (ON 1.52) und die Ladungen am 17. Februar 2025 durch einen Arbeitnehmer übernommen wurden. Damit fehlt aber bislang ein Nachweis, dass den die Zustellung bestreitenden Beschwerdeführern die Ladung auch tatsächlich persönlich zugekommen wäre.
Die Verhängung einer Ordnungsstrafe setzt gleich wie die Anordnung der Vorführung auch in subjektiver Hinsicht einen „Ungehorsamstatbestand“ voraus. Im Falle einer Ersatzzustellung der Zeugenladung muss sich das Gericht daher davon überzeugen, ob die Ladung dem Zeugen auch wirklich persönlich zugekommen ist ( KirchbacherStPO 15§ 242 Rz 2). Da es das Erstgericht unterlassen hat, diesbezüglich geeignete Erhebungen anzustellen, waren die angefochtenen Beschlüsse gemäß § 89 Abs 2a Z 3 StPO aufzuheben.
Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren Erhebungen zur Frage der wirksamen Zustellung der Ladungen zur Hauptverhandlung am 11. März 2025 durchzuführen haben. Aus den Zustellscheinen ist ersichtlich, dass der die Ladungen übernehmende, namentlich nicht genannte Arbeitnehmer dem durch die angeführte Personalnummer identifizierbaren Zusteller persönlich bekannt ist. Für den Fall des Nachweises einer wirksamen Zustellung wird das Erstgericht sodann neuerlich zu entscheiden haben, wobei zur klaren Unterscheidung zu den bereits in der Vergangenheit verhängten Ordnungsstrafen eine Präzisierung des Termins, dem die Zeugen ferngeblieben sind, zu erfolgen haben wird.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).